28. August 2008

Hamburg: Querelen im Management von privatisierten Landeskliniken. Ver.di: »massiver Affront«

Schon wieder Ärger in den Hamburger Asklepios-Kliniken. Deren Presseabteilung teilte Anfang der Woche in einem Dreizeiler mit, daß Arbeitsdirektor Volker Frese um eine »einvernehmliche Beendigung seiner Tätigkeit« gebeten habe. Über die Neubesetzung der Stelle solle nun in einem Ausschuß beraten werden.

Der Vorsitzende des ver.di-Landesbezirks, Wolfgang Rose, wies diese Darstellung zurück. »Nach meinem Kenntnisstand ist das Arbeitsverhältnis mit Herrn Frese bereits beendet worden«, sagte er am Mittwoch in Hamburg vor Journalisten. Frese habe seine seine Position keineswegs freiwillig zur Disposition gestellt. Rose, der selbst im Aufsichtsrat des Unternehmens sitzt, sprach von einem »massiven Affront« gegenüber der gesamten Belegschaft.

Die Einsetzung eines Arbeitsdirektors, der sowohl das Vertrauen der Geschäftsführung als auch der Beschäftigtenvertreter im Aufsichtsrat besitzt, war auf Verlangen der Gewerkschaft ver.di vor drei Jahren von Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) im Zusammenhang mit der Privatisierung des ehemaligen Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) den Beschäftigten zugesichert worden. Die Gewerkschaft hatte die Einrichtung der Funktion zur Bedingung für ihre Zustimmung zur Privatisierung der Kliniken gemacht.. Erst als diese Position dann nach einem langwierigen Verfahren vor einigen Monaten besetzt werden konnte, habe die Belegschaft der gebeutelten Kliniken allmählich wieder Hoffnung geschöpft, sagt Rose. Nun aber sei der paritätisch besetzte Aufsichtsrat bei der »Entlassung« von Frese regelrecht »ausgebootet« worden, so der Gewerkschafter. Die Klinikbosse hätten offenbar kein Interesse an Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft und würden die rund 12000 Mitarbeiter nach »Gutsherrenart« behandeln. Doch sauer ist Rose auch über den Senat: Denn obwohl die Stadt weiterhin einen 25prozentigen Anteil an den Kliniken halte, weigere sich der Senat, irgendeine Verantwortung für die Mitarbeiter zu übernehmen. Entscheidungen der Konzernspitze würden im Aufsichtsrat lediglich abgenickt, berichtete Rose.

Gegenüber der Presse gab der Gewerkschaftschef in diesem Zusammenhang an, daß er selbst noch Ende letzter Woche eine Beteiligung des Gremiums in der Frage der Beendigung des Vertragsverhältnisses mit Frese gefordert hatte. Doch sei dies von Gesundheitssenator Dietrich Wersich (CDU) regelrecht »abgeblockt« worden. Mit einem derart »unprofessionellen Vorgehen« würde nun aber neue Unruhe in die Kliniken getragen werden.

Anerkennung in der Belegschaft hatte Frese zuvor auch in der Behandlung der sogenannten Rückkehrberechtigten gewonnen. Für etwa 1200 anspruchsberechtigte Vollzeitkräfte, die nach der Privatisierung des Unternehmens in den Staatsdienst zurückkehren können und wollen, hatte er dort bis Juni die entsprechenden Jobs vermittelt. Gleichzeitig setzte sich Frese so sehr für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein, daß es ihm gelang, rund 100 Rückkehrberechtigte für einen Verbleib in den Kliniken zu gewinnen. Nach der Privatisierung habe sich die Konzernleitung Mitarbeitern gegenüber »nicht immer klug verhalten und Fehler« gemacht, räumte Frese seinerzeit ein.

Anmerkung: In der Veröffentlichung dieses Textes in der Tageszeitung Junge Welt hat sich leider ein kleiner Fehler eingeschlichen. Dort hieß es, dass die Gewerkschaft ihre Zustimmung zur Privatisierung von der Einrichtung der Stelle eines Arbeitsdirektors abhängig gemacht habe. Tatsächlich hat verdi der Privatisierung des ehemaligen LBK natürlich niemals zugestimmt. Die fehlerhafte Stelle ist hier mit eingefügtem kursiven und durchgestrichenen Text verdeutlicht.

Verwendung: Junge Welt vom 28. August 2008
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17. Juli 2008

Hafenrundfahrt350 Kilometer Schienennetz sollen an die Hochbahn AG der Hansestadt übertragen werden

Dem Hamburger Hafen stehen gewaltige Veränderungen bevor, meldete Welt online Anfang der Woche. Offenbar, so der Springer-Internetdienst, habe der schwarz-grüne Senat sich vorgenommen, mit einem »ehernen Grundsatz« aller bisherigen Bürgermeister der Hansestadt zu brechen. Dieser besagt erstens, daß sich die Hafenwirtschaft zwar selbst um die sogenannte Suprastruktur ihrer Kaianlagen, also um Gebäude und Kräne, kümmern muß. Er besagt zweitens, daß die Stadt sämtliche Infrastrukturkosten für den Hafen übernimmt. Sollte das geändert werden, wäre die bisher bestimmende Hafenbehörde, die Hamburg Port Authority (HPA), weitgehend entmachtet. Das entspricht einer Forderung der Grünen, die schon seit Jahren vertreten, die HPA solle sich auf ihr Kerngeschäft, die Organisation des Hafens, zurückziehen. Pflege und Ausbau des Straßen- und Wegenetzes hingegen müßten der Stadtentwicklungsbehörde überlassen werden.

Entschieden sei diesbezüglich noch nichts, betonte am Dienstag ein Sprecher des Senats. Oder doch? Beschlossen scheint, daß die Hafenbahn mit ihrem fast 350 Kilometer langen Schienennetz aus dem HPA-Komplex herausgelöst werden soll. Senatsvertreter bestätigten ein erstes Treffen zwischen Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) und dem Chef der Hochbahn AG Günter Elste zur Übernahme der Hafenbahn. Die Hochbahn AG betreibt in Hamburg bisher nur das Bus- und U-Bahn-Netz.

Dahinter steckt der Gedanke, daß eine so »entschlackte« HPA ihre Restaufgaben, darunter den Ausbau der Kaianlagen, ohne weitere Haushaltsmittel, also aus eigener Kraft finanzieren könnte. Linkspartei, Grüne und Umweltschutzverbände fordern seit Jahren die Aufgabe der milliardenschweren Subventionspraxis. Erstaunlich wäre allerdings, wenn sich dem nun auch die CDU unter Bürgermeister Ole von Beust anschließen würde. Vieles spricht eher dafür, daß sich dort allmählich ein realistisches Bild vom Wachstum des Hafens und den damit verbundenen Infrastrukturkosten abzeichnet. Fast zehn Millionen Standardcontainer (TEU) werden an der Elbe schon jetzt jährlich umgeschlagen. Auf über 18 Millionen TEU soll diese Kapazität in den nächsten sieben Jahren anwachsen. Neues Geld muß dringend her. Geld, das die HPA durch eine Beleihung städtischer Grundstücke beschaffen soll – 700 Millionen Euro schon im nächsten Jahr. Erst nach und nach sollen dann auch die Hafenunternehmer zur Tilgung der Bankkredite durch leicht erhöhte Pachtzinsen herangezogen werden.

Dieses Prinzip nennen die Grünen »ökologisch«, weil es ein »nachhaltiges« Flächenmanagement ermögliche. Handelskammer-Syndikus Reinhard Wolf betont indes, daß durch die Mobilisierung des zusätzlichen Kapitals der Ausbau des Hafens »ein Stück weit von der Haushaltslage der Stadt« entkoppelt werden könnte, ohne diese allerdings aus ihrer »Verantwortung« zu entlassen. Ähnlich der Blick der Kammer auf die Hafenbahn: Um sie auszubauen, bestünde ein Investitionsstau von 500 Millionen Euro. Damit »private Partner« sich an der Lösung dieses Problems beteiligen könnten, sei ihre Ausgliederung in die rechtlich verselbständigte Hochbahn dringend erforderlich.

Sollte die Bürgerschaft so beschließen, wäre das für den städtischen Haushalt allerdings verheerend. Experten verweisen darauf, daß die Hochbahn – sollte sie die Regie über die Containerzüge übernehmen – auch die Eisenbahnlinie Altona–Kaltenkirchen–Neumünster (AKN) mitsamt der dort vorhandenen Rangierbetriebe übernehmen müßte. 50 Prozent der AKN-Anteile hält Schleswig-Holstein, das seine Anteile nicht unter Wert verkaufen will. So erweist sich das Gerede vom angeblichen Ausstieg aus der Hafensubventionierung bei näherer Betrachtung als reiner Betrug.

Verwendung: Junge Welt vom 17. Juli 2008
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11. Juni 2008

Beim größten Hamburger Pflegeunternehmen steht ein Arbeitskampf ins Haus. Warnstreiks noch diese Woche

Achtzehn Monate, nachdem das größte Hamburger Pflegeunternehmen »Pflege & Wohnen (p&w)« privatisiert wurde, steht dessen Alten- und Pflegeheimen ein heftiger Arbeitskampf ins Haus. Am Montag kündigte die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di an, daß es noch in dieser Woche zu ersten Warnstreiks kommen kann.

Die Nachricht erstaunt. Denn eigentlich hatte die Gewerkschaft mit der Geschäftsführung des Unternehmens bereits vor Wochen geeinigt. Mit einem neuen Haustarif sollten die Rechte aus den Arbeitsverträgen der ehemaligen Mitarbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg auch künftig gesichert werden. Weitgehend einig war man sich darin, den erst kürzlich im öffentlichen Dienst erzielte Tarifabschluß im Prinzip zu übernehmen sowie einen Beschäftigungspakt abzuschließen. Letzterer sollte betriebsbedingte und Änderungskündigungen bis 2012 ausschließen.

Doch die Rechnung hatte die Geschäftsführung von p&w ganz offenbar ohne die neuen Eigentümer von der Berliner Vitanas und der EAF-Holding GmbH gemacht. Sie teilen sich das Unternehmen zu jeweils gleichen Teilen und wiesen die Geschäftführung vergangene Woche an, auf der Basis erheblich geringerer Lohnvorgaben neu zu verhandeln. Auch von einem Beschäftigungspakt war nun nicht mehr die Rede.

Sich auf neue, möglicherweise monatelange Verhandlungen einzulassen, sei aber für ver.di unannehmbar, erklärte am Wochenende Verhandlungsführerin Angelika Detsch. Energisch verwahrte sich die Gewerkschaftssekretärin dagegen, zum Ausgangspunkt der bereits monatelang geführten Verhandlungen zurückzukehren. Statt dessen erklärte die ver.di-Verhandlungskommission, Warnstreiks seien »ab sofort« möglich.

Anfang der Woche goß EAF-Boß Andreas Francke noch mal Öl ins Feuer, indem er seinen Mitarbeitern mitteilen ließ, wer nicht zu den neuen Bedingungen bei p&w arbeiten wolle, könne das Unternehmen auch gern verlassen. Er selbst habe jedenfalls gute Kontakte zwecks Vermittlung einer Rückkehr zur Stadt, so Francke, hieß es aus Betriebsratskreisen. Zynisch habe er zudem hervorgehoben, daß dann möglicherweise auftretende Lücken, schnell durch neues Personal geschlossen werden könnten.

Ein Rückkehrrecht zur Stadt haben bei p&w etwa 650 der rund 1350 Beschäftigten. Doch würden so viele tatsächlich das Unternehmen verlassen und zur Stadt zurückkehren, wäre der Betrieb zahlreicher Pflegeheime gefährdet. Bisher ging man deshalb davon aus, daß auch die neuen Eigentümer ein Interesse daran haben, möglichst viele Mitarbeiter zu halten. Die Äußerungen von Francke seien ein Zeichen »der Nichtachtung und der Geringschätzung« gegenüber den Mitarbeitern, erklärte Detsch am Montag. Schon in dieser Woche werde es erste Arbeitskampfaktionen geben.

Verwendung: Junge Welt vom 11. Juni 2008
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22. Januar 2008

Gewerkschafter in Kompetenzteam berufen. Ver.di-Landeschef auch als Senator für Arbeit im Gespräch

In Hamburg hat SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann am Wochenende sein Kompetenzteam erweitert: Gesine Schwan, Koordinatorin der Bundesregierung für die Zusammenarbeit mit Polen, soll den SPD-Bürgermeisterkandidaten nun in Fragen der Europa-Politik beraten. Für den Wirtschaftsbereich übernimmt SPD-Landes­chef Ingo Egloff und für den Hafen der ehemalige Vorsitzende der Hamburger Hafen- und Logistik Aktiengesellschaft (HHLA), Peter Dietrich, die Verantwortung. Der eigentliche Clou: Zuständig für Arbeitsmarktpolitik wird ver.di-Landeschef Wolfgang Rose. Für den Fall eines Sieges bei den Bürgerschaftswahlen Ende Februar ist er sogar als ein künftiger Senator für Arbeit im Gespräch.

Am Wochenende kündigte Rose an, daß er die Ein-Euro-Jobs »drastisch zurückfahren« und statt dessen die in der Hansestadt gänzlich abgeschafften Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) wieder einführen werde. Unter tarifvertraglich gesicherten Bedingungen, fügte der Gewerkschafter hinzu. Mit einer »Hamburger Garantieerklärung« will Rose dafür sorgen, daß jeder Schulabgänger einen Ausbildungsplatz und eine berufliche Perspektive erhält.

Wahlpolitisch wird die Nominierung des populären Gewerkschaftsmanns indes vor allem der Linken Schwierigkeiten bereiten. Denn Rose gilt nicht nur als ausgesprochen glaubwürdig, sondern auch als willensstark. So stritt er jahrelang für eine Wende in der Arbeitsmarktpolitik, gegen die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen, gegen Dumpinglöhne und für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Für Linkspartei-Landessprecherin Christiane Schneider ist die Nominierung von Rose ein »deutliches Signal« dafür, daß auch in der Hamburger SPD »die soziale Realität wieder stärker zur Kenntnis genommen wird«, betonte sie am Montag gegenüber junge Welt. Sie sei allerdings »sehr gespannt«, wie Rose »seine Politik gegen die Armut und für mehr Arbeit« innerhalb der eigenen Partei und gegen die dortigen Wirtschaftslobbyisten, durchsetzen wolle, so Schneider.

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19. Oktober 2007

Rostock. Ihren Unmut über drohenden Stellenabbau in der Stadtverwaltung und die Teilprivatisierung des Rostocker Volkstheaters haben am Mittwoch abend rund 800 Menschen vor der Rostocker Bürgerschaft mit lauten Pfiffen und Buhrufen deutlich gemacht. »Wir haben mit unseren Protesten schon viel bewegt und geben nicht auf«, sagte ver.di- Gewerkschaftssekretär Frank Pieper zu den Demonstranten. Die Demonstration richtete sich gegen die Auswirkungen eines Nachtragshaushalts für 2007, den die Mehrheit der Abgeordneten aus CDU, SPD und Grünen beschlossen hatte.
(ag /jW)

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11. August 2007

Wolfgang Rosestrong>Hamburg: Ver.di-Landeschef freut, daß Die Linke DGB-Forderungen aufgreift, ­kandidiert aber für die SPD. Gespräch mit Wolfgang Rose

Wolfgang Rose ist Landesbezirksleiter der Gewerkschaft ver.di in Hamburg

Unter Ihrer Mitwirkung haben die Gewerkschaften Forderungen für die Bürgerschaftswahlen im Februar 2008 vorgelegt. Demnach sollen Ein-Euro-Jobs durch sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse ersetzt, die Privatisierungen gestoppt und ein neues integriertes Schulsystem eingeführt werden. Gefordert werden die Streichung der Studiengebühren, die Stärkung der Mitbestimmungsrechte und mehr Geld für Soziales. Von den Parteien vertritt das nur Die Linke. Sie selbst kandidieren für die SPD. Macht Ihnen das keine Schwierigkeiten?

Überhaupt nicht. Denn wenn Die Linke unsere nun schon vor Monaten erarbeiteten Forderungen einfach übernimmt, dann kann ich als Gewerkschafter da doch nichts dagegen haben. Im übrigen wird über diese Punkte auch bei der SPD und über manche auch bei der Grün-Alternativen Liste, GAL, beraten.

Doch als Abgeordneter der SPD werden Sie eine Politik vertreten müssen, die diesen Forderungen widerspricht.

Das sehe ich nicht so. Denn in einem Gespräch zwischen dem DGB und der Landesspitze der SPD konnten wir schon jetzt ein großes inhaltliches Einvernehmen feststellen.

Privatisierungsprojekte, wie etwa bei den Hamburgischen Elektrizitätswerken (HEW), gab es auch schon in der Regierungszeit der SPD. Und auch die Hartz-IV-Gesetze und die Ein-Euro-Jobs sind eine Erfindung der SPD.

Daß die Privatisierung der HEW ein Fehler war, ist inzwischen bei fast allen Parteien anerkannt. Doch heute haben wir es mit einer Situation zu tun, wo die SPD sowohl bei der Privatisierung des Landesbetriebs Krankenhäuser als auch bei der Privatisierung der Hamburger Hafen- und Logistik AG und auch bei der Hochbahn und den Altenpflegeheimen dem CDU-Senat energisch widerspricht. Daß wir als Gewerkschaften Hartz IV ablehnen, ist allgemein bekannt. Aber es steht als Bundesgesetz in Hamburg nicht zur Disposition. Doch der CDU-Senat hat sich in Hamburg entgegen dem Bundesgesetz ausschließlich auf 13000 Ein-Euro-Jobs konzentriert, alle anderen Beschäftigungsförderungs- und Weiterbildungsmaßnahmen wurden weitgehend liquidiert. Als Gewerkschaften fordern wir ein Sofortprogramm zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Ich denke, das wird im Wahlprogramm der SPD Verankerung finden.

Sie können doch nicht leugnen, daß es Widersprüche zwischen Sozialdemokraten und Gewerkschaften gibt. So hat etwa SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann die Forderung nach einer »Schule für alle« sofort in Frage gestellt. Und beim Mindestlohn verweigert er jegliche Konkretisierung bezüglich der Höhe. Sehr konkret wurde er hingegen, was Ihren künftigen Part in der Bürgerschaft anbetrifft: den eines »Korrektivs und Ermahners«. Das ist die typische Rolle eines vielleicht lauten, aber einflußlosen Jungsozialisten.

Sie können gerne weiterhin versuchen, fortwährend an Hand kleinster Meinungsunterschiede große Gegensätze zwischen den Gewerkschaften und der SPD in Hamburg aufzubauen. Daran beteilige ich mich nicht. Denn mir geht es darum, konkrete Verbesserungen für die Arbeitnehmer durchzusetzen. Beim Mindestlohn wie bei der Schulreform gab es in Gewerkschaft und Gesellschaft langwierige Diskussionsprozesse, die noch nicht zu Ende sind. Und diesbezüglich dann die Rolle eines Korrektivs oder eines Ermahners einzunehmen, um so gewerkschaftliche Positionen zu verankern, ist nicht ehrenrührig. Jedenfalls dann nicht, wenn es so gelingt, reale Verbesserungen für die Arbeitnehmer durchzusetzen.

Dann machen wir es konkret: Unmittelbar nach den Wahlen will Die Linke eine Bundesratsinitiative für einen Mindestlohn auf der Basis gewerkschaftlicher Forderungen in der Bürgerschaft beantragen. Werden Sie dem Antrag zustimmen, oder werden Sie sich der Fraktionsdisziplin unterwerfen?

Das werde ich heute noch nicht beantworten. Ich will beim Mindestlohn nicht nur recht haben, sondern ihn durchsetzen. Konkret wird dann zu berücksichtigen sein, welche Koalition nach den Wahlen möglich wird und wie es gelingt, Arbeitnehmerinteressen im Koalitionsvertrag und der Senatspolitik zu verankern. Denn dafür muß man Überzeugungsarbeit leisten, auch im Parlament. Wer hingegen nur plakative Forderungen aufstellt, der nützt den Arbeitnehmern nur wenig.

Verwendung: Junge Welt vom 11. August 2007



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04. August 2007

IMAG3091Hamburgs Bürgermeister in der Klemme: Docker auch gegen Teilverkauf der Hafen-AG. Grund: Gewinnsteigerung. Streiks im Wahlkampf?

Für Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) wird es eng: Entgegen der Strategie seiner Partei wird die Privatisierung städtischer Betriebe wahrscheinlich den Wahlkampf beherrschen. Der Konzernbetriebsrat der »Hamburger Hafen- und Logistik AG« (HHLA) lehnte den Verkauf des stadteigenen Unternehmens am Freitag grundsätzlich ab und distanzierte sich damit von seiner Zustimmung zu einer Teilprivatisierung. Beust ist wegen der rundum desaströsen Privatisierung der städtischen Krankenhäuser ohnehin schon unter Druck geraten. Sollte er weiterhin auf dem Verkauf der HHLA bestehen, muß er mit einem Streik vor der Bürgerschaftswahl rechnen.

Betriebsratschef Arno Münster sagte am Freitag, die HHLA stehe so gut da, daß nun auch auf den vereinbarten Verkauf von 30 Prozent der Anteile verzichtet werden könne. Urspünglich hatte der Senat die Hälfte der Anteile an einen Großinvestor verkaufen wollen, war damit jedoch am Widerstand der Docker gescheitert. Sie hatten wochenlang Überstunden verweigert und durch ausgedehnte Betriebsversammlungen auch die Kaianlagen bestreikt. Für den Börsengang konnten die Arbeiter neben dem Kompromiß noch besondere Konditionen durchsetzen: Die Anteile dürfen nur im Streuverfahren und mit einem Vorkaufsrecht durch die Hafenarbeiter selbst veräußert werden.

Die Beschäftigten der HHLA wollten eigentlich von Anfang an gar keine Privatisierung. Man habe sich mit dem Senat nur deshalb verständigt, um Schlimmeres zu verhindern, erklärte Münster am Freitag. Der am Donnerstag vorgelegte HHLA-Geschäftsbericht für 2006 weise einen Gewinn vor Steuern von 190 Millionen Euro aus – 64 Prozent mehr als im Vorjahr. Davon seien rund 15 Millionen Euro in den städtischen Haushalt geflossen. Die HHLA habe also genügend Mittel für alle Arten von Investitionen, sie sei das erfolgreichste städtische Unternehmen. »Die Docker leisten ihre Arbeit für die Hamburger Bürger, denen die HHLA gehört. Und dabei soll es bleiben!« sagte Münster.

Ein Börsengang der HHLA führe nicht zuletzt dazu, daß die Stadt Einnahmen verliere, sagte ver.di-Landeschef Wolfgang Rose. Sollte der CDU-Senat noch kurz vor den Bürgerschaftswahlen im Februar 2008 den Verkauf durchziehen, sei dies ein »undemokratischer Wählerbetrug«. An einer anderen Bürgertäuschung hat der Senat jetzt schon zu kauen: Der Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) wurde an einen Konzern verkauft, seitdem häufen sich Berichte über zum Teil gravierende Mißstände in den Krankenzimmern. Hinzu kommt, daß nicht nur 300 ehemalige LBK-Mitarbeiter, wie der Senat kalkuliert hatte, sondern fast 2000 von ihrem Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst Gebrauch machen wollen. Das aber belastet den Haushalt mit weiteren 100 Millionen Euro jährlich, allein für die Personalkosten.

Verwendung: Junge Welt vom 04. August 2007



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01. August 2007

Hamburg: 2000 Beschäftigte von verscherbelten Klinikum wollen in öffentlichen Dienst zurück. Ein Gespräch mit Ralf Bröcker-Lindenau

Ralf Bröcker-Lindenau ist stellvertretender Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Asklepios-Kliniken in Hamburg

In Hamburg wollen rund 2000 der etwa 12500 Beschäftigte des privatisierten ehemaligen Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK), nun Asklepios-Kliniken, von ihrem Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst Gebrauch machen. Dieses Recht haben rund 6000 Mitarbeiter, die schon 1995 bei dem LBK beschäftigt waren. Sind Sie überrascht?

Nein, als Betriebsrat haben wir immer gefordert, daß gemeinsam mit den Beschäftigten Zukunftsperspektiven erarbeitet werden müssen. So etwa im Bereich der Beschäftigungssicherung oder zur Verbesserung der unerträglichen Arbeitsbedingungen. Mehrfach haben wir außerdem Neueinstellungen für den Pflegebereich gefordert. Aber das Management reagierte nur ablehnend und hat die Fallzahlen für den Einzelnen immer höher geschraubt. Verunsichert sind auch die Mitarbeiter aus den Service- und Verwaltungsbetrieben. Asklepios hat angekündigt, dort Kosten einzusparen und einige Bereiche ganz aufzulösen.

Was heißt es für die Patienten, wenn so viele Mitarbeiter gehen wollen?

Um sie zu betreuen, steht immer weniger Personal zur Verfügung. Bei der Verbraucherzentrale häufen sich schon jetzt die Beschwerden. Wenn jetzt keine Maßnahmen ergriffen werden, dann steuern wir nicht nur auf einen Pflegenotstand zu, sondern auf eine einzige Katastrophe. Stationen in den Krankenhäusern müssen so besetzt sein, daß Patienten nicht stundenlang warten müssen.

Auf einigen Stationen steht manchmal schon jetzt nur ein einziger Mitarbeiter, manchmal sogar nur eine Aushilfskraft, zur Verfügung. Wenn dann fünf oder sechs Patienten gleichzeitig klingeln, kann man sich vorstellen, was da los ist. Die Patienten müssen warten, bis sie ihre Notdurft verrichten dürfen oder ihr Schmerzmittel erhalten. Das ist eine Situation, die auch unsere Kollegen krank macht.

Gleichzeitig ist klar, daß die Stadt so viele Rückkehrer in den öffentlichen Dienst gar nicht aufnehmen kann. Der Senat hat mit maximal 300 Personen gerechnet. CDU-Kreise überlegen, die Pflege- und Verwaltungsmitarbeiter als Ordnungskräfte zum Verteilen von Strafzetteln oder für Reinigungsarbeiten einzusetzen. Entspricht das dem von der Bürgerschaft beschlossenen Rückkehrrecht?

Die Rückkehrer müssen so eingesetzt werden, wie es ihrer bisherigen Eingruppierung entspricht. Es wäre völlig absurd eine ehemalige Stationsleitung oder einen Arzt für das Verteilen von Knöllchen einzusetzen. Das war auch nicht Sinn der Sache als das Rückkehrrecht im Vorlauf der Privatisierung beschlossen wurde.

Finanzstaatsrat Robert Heller verweist darauf, daß nur die eine Chance haben werden, eine Stelle bei der Stadt zu finden, die flexibel sind. Was ist aber mit denen, für die keine Arbeit gefunden wird? Gibt es dann betriebsbedingte Kündigungen?

Das stünde im Widerspruch zum Versprechen von Bürgermeister Ole von Beust (CDU). Diese Spekulationen sollen die Kollegen nur noch weiter verunsichern. Es soll verhindert werden, daß noch mehr von ihrem Rückkehrrecht Gebrauch machen.

Was wäre notwendig, um die Situation in den Kliniken zu verbessern?

Es müssen tragfähige Zukunftsmodelle für eine gute Patientenversorgung entwickelt werden. Das Gesundheitswesen ist doch keine Ware, wo es nur um Geld geht. Außerdem müssen die Rückkehrer durch neues Personal ersetzt werden.

Die Linke hat die Re-Kommunalisierung der Kliniken gefordert. Die SPD sagt, diese Privatisierung sei ein einziges Minus-Geschäft. Allein für die Personalkosten der Rückkehrer muß die Stadt nun jedes Jahr 90 Millionen Euro zusätzlich aufbringen.

Wenn Sie mich als Bürger und als Gewerkschafter fragen, dann kann ich ihnen bestätigen, daß diese Privatisierung vollständig mißlungen ist. Für die Stadt ist es ein einziges Minusgeschäft und für die Patienten und Beschäftigten eine Katastrophe. Und die große Zahl der Rückkehrer, es sind immerhin ein Drittel aller Berechtigten, bestätigt das auch. Es ist eine Abstimmung mit den Füßen.

Verwendung: Junge Welt vom 01. August 2007
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28. Juni 2007

Lübeck: Schauerleute verhindern mit »Dienst nach Vorschrift« Mehrheitsverkauf der städtischen Hafengesellschaft

Wochenlang haben Lübecks Schauerleute gegen den von der CDU-Mehrheit in der Lübecker Bürgerschaft geplanten Mehrheitsverkauf der bislang städtischen Hafengesellschaft (LHG) protestiert. Seit rund einem Monat verweigerten sie Mehrarbeit und Überstunden und gingen mehrfach auf die Straße. Dieser beharrliche Kampf hat sich nun ausgezahlt. Am Mittwoch gab der »Verhandlungsmoderator« und Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK), Bernd Rohwer, auf einer Pressekonferenz bekannt, daß nicht 90 Prozent – so hatte es die CDU in der Bürgerschaft durchgesetzt –, sondern nur 25,1 Prozent der Hafengesellschaft verkauft werden. Das aber ist ein Kompromiß, dem auch die Betriebsräte und die Gewerkschaft ver.di ihre Zustimmung nicht verweigern konnten.

Unklar war lange Zeit, ob Lübeck die LHG überhaupt verkaufen kann. Denn weil für die Modernisierung der Hafenanlagen allein in den letzten Jahren auch rund 60 Millionen Euro aus einem Gemeinschaftsförderprogramm von Bund und Ländern flossen, befürchteten nun viele, daß Lübeck künftig nicht mehr in den Genuß solcher Fördermittel kommt. Erst am Wochenende bestätigte deshalb nun das Bundeswirtschaftsministerium in einem Brief an das Bürgermeisteramt, dass die LHG so verkauft werden kann, wie die Stadt es möchte.

Doch die Docker ließen sich davon nicht kirre machen. »Wir wollen diese Privatisierung nicht«, lautete die knappe Antwort von LHG-Betriebsratschef Klaus-Peter Mialkas, selbst nachdem der CDU-Fraktionschef in der Bürgerschaft, Andreas Zander, den Betriebsräten ein Mitspracherecht bei der Auswahl eines Großinvestors angeboten hatte. Und auch, als fast alle Medien und fast alle Politiker den Hafenarbeitern eine »Totalblockade« vorwarfen, blieb Mialkas standhaft. Denn er wußte um die Kraft seiner Kollegen, die mit ihrem »Dienst nach Vorschrift« schon etliche Reeder dazu gezwungen hatten, ihre Schiffe zur Entladung in andere Ostseehäfen umzuleiten.

Das aber war eine Sprache, die dann schließlich auch die Privatisierungsfanatiker der CDU verstanden. In der gestern auch von ihnen unterschriebenen Vereinbarung heißt es nun, daß die »unternehmerische Führung für die LHG« in städtischer Hand verbleiben soll. Ein bereits eingeleitetes »Interessenbekundungsverfahren« zur Investorensuche wird wieder eingestellt. Unterschrieben wurde ebenfalls, daß auch in Zukunft ein weiterer Anteilsverkauf nur möglich ist, wenn dem auch die Hafenarbeiter zuvor ihre Zustimmung erteilen. Insgesamt dürfen bis 2012 maximal 37,5 Prozent privatisiert werden. Und daß eine mögliche weitere Teilveräußerung dann auch noch mit einer »Vereinbarung zur Arbeitnehmersicherung« gekoppelt sein müßte, setzt dem Ganzen noch ein Sahnehäubchen auf.

Das ist der Hintergrund, vor dem die Auseinandersetzungen um drohende Privatisierungen in Lübeck weitergehen werden. So schon heute, wenn die Gewerkschaft ver.di für 16 Uhr zu einer Demonstration vor dem Rathaus gegen den drohenden Verkauf der städtischen Entsorgungsbetriebe aufruft. Es gehe eben nicht nur um einen einzelnen Betrieb, sondern um die Verhinderung der Privatisierungsstrategien insgesamt, betonte der Lübecker ver.di-Geschäftsführer Ulrich Praefke.

Verwendung: Junge Welt vom 28. Juni 2007
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18. Juni 2007

Nach Verkauf von Hamburger Landeskliniken an Asklepios-Konzern »flüchten« die Mitarbeiter zu Hunderten

Hoffnungsvoll und gespannt richten sich die Blicke von fast 11 500 Mitarbeitern der As­klepios-Kliniken in Hamburg am heutigen Montag auf eine Sitzung des Aufsichtsrats. Sie erwarten Beschlüsse zur Beschäftigungssicherung und für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Sonst bestehe die Gefahr, daß der Betrieb »zerbrösele«, sagte Betriebsratsvorsitzende Katharina Ries-Heidtke. Sie verwies auf fast 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich schon jetzt dafür entschieden haben vom ihrem Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst Gebrauch zu machen. Ihnen würden bis zum 30. Juni noch Hunderte Mitarbeiter folgen, falls nichts geschehe, befürchtet Ries-Heidtke. Am 30. Juni endet die Frist für das Rückkehrrecht. Dieses haben im früheren Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) alle Mitarbeiter, die hier schon vor 1995 beschäftigt waren. Die Rückkehrmöglichkeit war ein Zugeständnis an die Gewerkschaft, als Anfang des Jahres die kommunalen Mehrheitsanteile des bislang städtischen Unternehmens an den Gesundheitskonzern Asklepios verkauft wurden.

Initiativen für eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen erhoffen sich die Mitarbeiter vor allem durch den Senat. Hamburg ist nach wie vor Minderheitsgesellschafter und muß auch die Kosten für die Rückkehr der Mitarbeiter in den öffentlichen Dienst tragen. Für die tausend, die sich bereits dafür entschieden haben, sind dies rund 50 Millionen Euro im Jahr. Asklepios übernimmt davon im Rahmen einer Ausgleichszahlung lediglich 15 Millionen. Doch am schwersten wiegt wohl, daß Hamburg für seine Rückkehrer keine Beschäftigungsmöglichkeiten hat.

Dennoch hält die »Fluchtwelle« an. Unter denen, die Asklepios davonlaufen sind ganze Operationsteams, Mitarbeiter der Anästhesie und Endoskopie, aus den Labor- und Blutspendediensten, aus der Verwaltung und Technik – vor allem aber Hunderte Pflegekräfte. Schlimmer als bei Asklepios könne es nicht werden, meinen hier viele. Während sich die Geschäftsführung des Konzerns beharrlich weigert, Beschäftigungsgarantien auszusprechen, werden ständig neue Umstrukturierungspläne entwickelt. Die Arbeit auf den Stationen der Krankenhäuser verdichtet sich. Ganze Bereiche, wie die Servicebetriebe und die Verwaltung, will das Unternehmen zudem einfach outsourcen.

Damit die Versorgung der Patienten gesichert bleibt, müsse nun der Senat eingreifen, sagen die Betriebsräte. Mit einem offenen Brief wandten sie sich in der vergangenen Woche an alle Bürgerschaftsfraktionen. Antworten liegen bisher nicht vor.

Verwendung: Junge Welt vom 18. Juni 2007
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14. Juni 2007

Lübecks Schauerleute protestieren gegen den Verkauf der Hafengesellschaft. Die ersten Schiffe mußten schon umgeleitet werden

Der Streit um die Privatisierung der Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) spitzt sich zu. Die ersten Reeder mußten ihre Schiffe bereits umleiten, nachdem die rund 1000 Hafenarbeiter der LHG nun schon seit sechs Tagen Überstunden verweigern. Vor allem an den Papierterminals staut sich deshalb die Ladung.

Die Schauerleute fordern, daß die Lübecker Bürgerschaft ihren Beschluß zurücknimmt, 90 Prozent der Anteile ihres bislang städtischen Hafenunternehmens an einen Großinvestor zu verkaufen. Dazu aber ist die CDU-Mehrheit weiterhin nicht bereit. Ihr Fraktionschef Andreas Zander warf der Gewerkschaft ver.di und den Hafenarbeitern am Mittwoch sogar eine »Totalblockade« vor. Die Überstundenverweigerung gehe weit über den tariflichen Gestaltungsauftrag der Gewerkschaften hinaus.

Zander hatte dem Betriebsrat und ver.di am Sonntag angeboten, wenn sie ihren Widerstand gegen den Verkauf aufgäben, könnten sie sogar bei der Auswahl des Investors mitreden. Selbst von einem »Vetorecht« war die Rede. Doch das kommt für LHG-Betriebsratschef Klaus-Peter Mialkas nicht in Frage: Seine Belegschaft will überhaupt keine Privatisierung.

Die Hafenarbeiter verweisen darauf, daß die rund 100 Millionen Euro, die zur Modernisierung der Anlagen notwendig seien, notfalls auch bei der Investitionsbank Schleswig-Holstein aufgenommen werden könnten. Zudem verlangen sie eine Arbeitsplatzgarantie, die aber potentielle Investoren, wie die internationale Finanzgruppe Babcock & Brown, verweigern.

Auf rechtliche Schwierigkeiten verweist die oppositionelle SPD. Die Kernfrage sei, ob der Hafen überhaupt verkauft werden könne, sagte SPD-Fraktionsvize Frank-Thomas Gaulin bei einer Sitzung der Bürgerschaft Ende Mai. Seine Partei befürchtet nämlich, daß nach einem Verkauf Fördergelder der EU zurückgezahlt werden müssen. Deshalb solle nun ein Schlichter her, fordern auch Abgeordnete der Grünen. Etliche liebäugeln offenbar mit einer »Hamburger Lösung«. Denn als dort der CDU-Senat mit seinem Plan, die »Hafen- und Lagerhausgesellschaft« (HHLA) zu verkaufen, am Widerstand der Beschäftigten gescheitert war, konnten Finanzmittel durch einen »Börsenverkauf in Streubesitz« (und für eine begrenzte Menge der Anteile) gewonnen werden.

Wie groß der Druck der Schauerleute inzwischen aber auch in Lübeck ist, machte am Dienstag die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Lübeck deutlich. Sie forderte die Wiederaufnahme der Gespräche mit den Arbeitern und erinnerte daran, daß vom Hafen weitere 6000 Arbeitsplätze abhängig seien. Noch deutlicher wurden die Fachvereinigungen der Spediteure und der Schiffsmakler. Sie forderten den sofortigen Stopp des laufenden Verkaufsprozesses.

Verwendung: Junge Welt vom 14. Juni 2007
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15. März 2007

Portrait Mendrzik
Hamburg: Senat verzichtet auf Verkauf von 49.9 Prozent der HHLA. Teil geht dennoch an die Börse. Ein Gespräch mit Thomas Mendrzik

Thomas Mendrzik ist stellvertretender Konzernbetriebsratsvorsitzender und Sprecher der Vertrauensleute der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA)

Der Hamburger Senat hat am Dienstag nachmittag einen Rückzieher gemacht und beschlossen, das bisherige Bieterverfahren, das einen Direktverkauf von 49,9 Prozent der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) vorsah, zu stoppen. Statt dessen sollen 30 Prozent des Aktienkapitals an der Börse verkauft werden. Wie bewerten Sie das?

Das ist ein hervorragendes Ergebnis –für den Erhalt aller Arbeitsplätze, für die Sicherung sozialer Standards, für eine gute Entwicklung des Hafens. Internationale Finanzspekulanten haben hier keinen Platz. Wir haben uns heute bei allen Kollegen für die große Solidarität und ihre Entschlossenheit bedankt, mit der alle an einem Strang gezogen haben. Nur deshalb konnten wir uns in den Verhandlungen auch an allen Punkten durchsetzen, die uns wichtig waren.

Die Gefahr, daß Großinvestoren nun doch noch über die Börse in die HHLA hineindringen, sehen Sie nicht?

30 Prozent sind nicht 49,9 Prozent. Und diese 30 Prozent sollen als Streubesitz an möglichst viele Aktionäre verkauft werden. Bei einem Weiterverkauf gibt es dann auch Rückkaufoptionen. Außerdem wird zudem noch über eine Mitarbeiterbeteiligung durch stimmrechtslose Vorzugsaktien verhandelt.

Der Börsengang ist trotzdem nur die »zweitbeste Lösung«. Sie selber haben gesagt, daß eigentlich nichts hätte verkauft werden müssen, um die Modernisierung der Hafenanlagen zu finanzieren.

Das wäre sicher noch besser gewesen. Doch nachdem wir uns in allen Kernfragen, wie etwa der Verhinderung eines Großinvestors, durchgesetzt hatten, war nun die Zeit für einen Kompromiß bei dem dann auch der Senat irgendwie mitziehen kann. Das ist dann die Logik solcher Verhandlungen. Doch hierzu möchte ich anmerken, daß wir diese Lösung schon vor Wochen als einen denkbaren Kompromiß selbst angeboten hatten. Von Anfang an haben wir deutlich gemacht, wo unsere Schmerzgrenzen liegen.

Positiv ist auch, daß der Fischmarkt und die Speicherstadt nicht aus der HHLA herausgelöst werden. Das hatte der Senat ja bereits beschlossen. In den Gesprächen haben wir deutlich gemacht, daß dies mit uns auch dann nicht zu machen ist, wenn es nur wenige betrifft. Hätte sich der Senat darauf nicht eingelassen, hätte es schon heute ziemlich gerappelt im Hamburger Hafen. Einen Überstundenboykott, der den Hafen dann weitgehend lahmgelegt hätte, hatten wir ja bereits beschlossen.

Was ist das Geheimnis Ihres Erfolgs?

Die große Solidarität zwischen allen Hafenarbeitern, aber ebenso zwischen den Belegschaften der unterschiedlichsten Hafenbetriebe. Hätten wir die Überstunden boykottiert, dann wären die Schiffe auch nicht in anderen Hafenbetrieben entladen worden. Nur so ist es möglich gewesen, weit über das Betriebsverfassungsgesetz hinauszugehen: Wir haben gesagt, daß die HHLA auch unser Unternehmen ist und wir schon deshalb die Geschäftspolitik nicht nur dem Management oder diesem Senat überlassen. Geholfen hat uns natürlich die große Solidarität der Bürger unserer Stadt. Viele spürten wohl, daß es hier um etwas Grundsätzliches geht. Der Senat hat demgegenüber den Fehler gemacht, diese Solidarität und diese Kampfbereitschaft zu unterschätzen.

Was ist das Besondere am Hafen. Was lief hier anders als bei den Kliniken, wo selbst mit einem Volksentscheid die Privatisierung nicht zu stoppen war?

Wir sind sehr gut organisiert. Wir arbeiten zudem direkt am Flaschenhals einer großen Transportkette. Wird im Hafen nicht gearbeitet, geht das sofort in die Millionen. Doch auch bei den Kliniken wäre dann mehr drin gewesen, wenn deutlicher geworden wäre, daß da wirklich alle an einem Strang ziehen. Die Botschaft unseres Kampfes war hingegen ziemlich klar: Nur wenn dein starker Arm es will, stehen alle Räder still.

Bernt Kamin, Betriebsratschef der Gesamthafenarbeiter, hat nun vorgeschlagen, diesen Gedanken der Solidarität auch außerhalb des Hafen wieder stärker zu entwickeln. Er schlägt die Bildung von Koordinationsgremien der Interessenvertreter aller öffentlichen Unternehmen vor. Was halten Sie davon?

Das ist ein guter Vorschlag, der schon auf der nächsten Landeskonferenz von ver.di diskutiert und auch beschlossen werden sollte.

Verwendung: Junge Welt



5. März 2007

Betriebsrat der Hamburger Hafen und Logistik AG reagiert mit Überstundenstopp auf Verkaufsverhandlungen

Der Konflikt um die vom CDU-Senat angestrebte Teilprivatisierung der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) spitzt sich zu. »Unsere Leute sind nur noch wütend«, sagte Thomas Mendrzik, Vizechef des HHLA-Konzernbetriebsrats, am Samstag gegenüber jW. Zuvor hatte der Senat angekündigt, mit der australischen Macquarie-Bank und einem Konsortium um den Baukonzern Hochtief in konkretere Verhandlungen über den Verkauf von 49,9 Prozent der HHLA-Anteile einzutreten. Für diesen Fall hatten die Hafenbetriebsräte jedoch schon im Januar beschlossen, jede Form von Mehrarbeit abzulehnen – und das unbefristet. In einer Mitteilung des Betriebsrates heißt es, dieser Beschluß werde schon am 12. März in Kraft treten, sollte der Senat seine Verkaufsverhandlungen nicht sofort stoppen.

Diese Ankündigung läuft faktisch auf Streik hinaus, denn im Hafen werden rund ein Drittel aller Arbeitsleistungen durch Überstunden erbracht. Ohne diese würden sich die Liegezeiten an den Kaimauern schon binnen weniger Tage um etwa 50 Prozent verlängern. Die Folge wäre ein riesiger Stau auf der Elbe. Große Containerschiffe könnten den Hamburger Hafen dann nicht mehr anlaufen.

Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) nannte die angekündigte »Streik­aktion« verärgert »völlig überzogen und nicht gerechtfertigt«. Der Industrieverband Hamburg (IVH) warnte vor den Folgen für das angeschlossene Transportgewerbe: Der Streik würde Unternehmen mit etwa 100000 Mitarbeitern treffen. Der Senat beteuerte, man strebe eine Lösung an, die die »berechtigten Interessen aller Beteiligten« berücksichtige und forderte die Betriebsräte zu »besonnenem Handeln« auf.

Doch von solchem Gerede haben die Hafenarbeiter erst einmal genug. Neben dem Stopp aller Verkaufsverhandlungen fordern sie das Einfrieren aller Planungen des Senats zur Herauslösung der Speicherstadt und des Fischmarkts aus der HHLA. Selbst einen HHLA-Börsengang mit stimmrechtslosen Vorzugsaktien lehnen sie nun ab, nachdem der unter den Beschäftigten zuvor als ein denkbarer Kompromiß diskutiert worden war. HHLA-Betriebsratschef Arno Münster warf dem Senat »völlige Konzeptionslosigkeit« vor. Er habe bei den Arbeitern »jegliche Glaubwürdigkeit« verloren.

Verwendung: Junge Welt
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2. März 2007

Demonstration der Hafenarbeiter gegen drohende Privatisierung

Die Auseinandersetzung um den vom CDU-Senat geplanten Verkauf von 49,9 Prozent der Anteile der bislang städtischen Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), spitzen sich zu. Am Donnerstag den 22.2. legten Tausende Hafenarbeiter mit Beginn der Frühschicht ihre Arbeit nieder. Bis in die Abendstunden hinein, lag alles still: Containerriesen wurden nicht abgefertigt, LKWs und Schienenfahrzeuge nicht beladen.

Das war der Ausgangpunkt der Protestaktionen, die dann ihren Fortgang in einer Betriebsversammlung nahmen. Eingeladen hatten dazu die Konzernbetriebsräte, dieses mit bundesweit rund 4 200 Mitarbeitern größten deutschen Hafenunternehmens. Die Krönung des Protesttages lag in einer sehr machtvollen Demonstration quer durch die Innenstadt und vorbei an der Wirtschafts- und Finanzbehörde zum Sitz des HHLA-Aufsichtsrats. Besonders laut wurde es dabei am Rathaus, wo die Verantwortlichen für den Ausverkauf der HHLA sitzen. Mit dabei auch DKP-Vorsitzender Heinz Stehr, der wiederholt die Kämpfe der Hafenarbeiter begleitet hat.

Wie groß die Wut der Docker ist, wurde indes schon auf der Betriebsversammlung deutlich, als HHLA-Konzernbetriebsratsvorsitzender Arno Münster den Kreis jener Finanzspekulanten und „Heuschrecken“ nannte, die sich aktuell noch um den Aufkauf der Anteile bemühen. Dazu gehört der arabische Großkonzern Dubai Ports World, Allianz Capital Partners, die Finanzgruppe 3i und die australische McQuire-Bank. Doch Angebote haben auch Hochtief und die Bahn AG vorgelegt. Sie alle, so will es Finanzsenator Michael Freytag (CDU), sollen nun ihre Angebote noch präzisieren. Freytag erhofft sich davon einen Erlös von 1,5 bis zwei Milliarden Euro. Ursprünglich hieß es: dies sei notwendig um die Hafenanlagen der HHLA zu modernisieren.

Doch die Hafenarbeiter wiesen nach, dass dies gar nicht erforderlich ist, weil solche Modernisierungsinvestitionen aus eigener Kraft geschultert werden können. Auf der Betriebsversammlung hat dann HHLA-Vorstandschef Klaus-Dieter Peters bestätigt, dass der Umsatz des Unternehmens 2006 um weitere 20 Prozent auf rund eine Milliarde Euro im Jahr gestiegen ist. Erstmals, so Peters, werde auch ein Gewinn nach Steuern von über 100 Millionen Euro erwirtschaftet. Und die Tendenz sei steigend. Doch warum muss ein solches Unternehmen dann privatisiert werden, fragte ver.di-Landeschef Wolfgang Rose. Er jedenfalls sieht „keinen vernünftigen Grund“ die HHLA dem Finanzkapital zum Fräße vorzuwerfen, während deren Gewinne dann im Stadthaushalt fehlen.

Doch Hamburgs Senatoren wechseln ihre Begründungen, wie andere das Hemd. Das Geld aus dem Erlös für die Anteile werde auch benötigt um neue Kaianlagen für die gesamte Hafenwirtschaft zu finanzieren, sagte Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) erst kürzlich. Thomas Mendrzik, selbst Betriebsvorsitzender im Containerterminal Altenwerder, nannte das eine Zumutung. Nicht die HHLA sei für solche Infrastrukturinvestitionen zuständig, sondern die Stadt, die sich dieses Geld dann über Umlagen von privaten Hafenbetreibern auch wieder refinanzieren lassen müsse. Erschüttert stellte Mendrzik fest, dass bereits über Investitionen spekuliert werde, die erst in vielen Jahren aktuell würden. Nach Prüfung des Finanzplans von Uldall stellte der Betriebsrat fest, dass in etlichen Positionen nur mit dem Daumen geschätzt worden sei. Mendrzik nannte Uldall deshalb einen „unfähigen Senator“, der zudem auch die Bürger „belüge“.

So sieht es auch Bernt Kamin, der als Betriebsratsvorsitzender der Gesamthafenarbeiter den HHLA-Kollegen die solidarischen Grüße der anderen Hafenbetriebe überbrachte. „Wir Hafenarbeiter sind stolz auf unsere gute Arbeit“, sagte Kamin, und schlussfolgerte daraus, dass deshalb niemand das Recht habe, die Arbeitsbedingungen der Docker so einseitig in Frage zu stellen. Wenn dies nun doch stattfinde, so habe dies auch mit „großer Politik“ zu tun, die auch international nur noch auf Privatisierung setze. Bernt Kamin rief alle Hafenarbeiter dazu auf, sich an den Gegenaktionen zum G8-Gipfel im Juni zu beteiligen.

Verwendung: Wochenzeitung „Unsere Zeit“, 02.03.07, Seite 5
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2. März 2007

BRIAN GARVEY und BARRY FAWCETTBritische Lehrergewerkschafter über die Folgen der Bildungsreformen Tony Blairs

In der schulpolitischen Debatte wird hierzulande gern auf das britische Vorbild verwiesen. Doch mittlerweile warnen selbst konservative Politiker vor einer »Rückkehr ins viktorianische Klassenschulsystem«. ANDREAS GRÜNWALD sprach am Rande des von der GEW organisierten »deutsch-britischen Gewerkschafterdialogs« in Hamburg mit den beiden britischen Lehrergewerkschaftern BRIAN GARVEY und BARRY FAWCETT.

ND: Welche Erfahrungen haben Sie mit der von Tony Blair forcierten Schulpolitik?

Barry Fawcett: Unsere Regierung versteht Erziehung als ein kommerzielles Geschäft. Wie auf dem Markt sollen die Schulen in einen Wettbewerb treten. Alle Schüler müssen sich deshalb gleich vier Mal in ihrer Schulkarriere einem landesweiten Test unterziehen. Das Ergebnis determiniert die weitere Laufbahn eines Schülers, entscheidet aber auch über das Wohl und Wehe ganzer Schulen. Sind die Ergebnisse schlecht, werden die Schulen geschlossen und das Personal entlassen. In den Tests wird aber nur Faktenwissen in Englisch, Mathematik und den Naturwissenschaften abgefragt. Die Lernfortschritte des Einzelnen und Allgemeinbildung spielen keine Rolle. Auch nicht die Umfeldbedingungen einer Schule.

Brian Garvey: Ähnlich verlaufen die Schulinspektionen, bei denen externe Prüfer die Standards und Abläufe einer Schule bewerten. Das fließt in ein Ranking-System, das dann, wie der Medaillenspiegel bei olympischen Spielen, in den Massenmedien veröffentlicht wird. Schulen, die gut abschneiden, sind so in die Lage versetzt, sich Schüler selbst auszusuchen. Schwerer haben es dann die Kinder aus den bildungsferneren Schichten.

Welche Auswirkungen hat das für die Lehrer?

Brian Garvey: Da vom Test das Image einer Schule abhängt, wird vielfach nur noch für den Test gelernt. Für Projektunterricht oder das Eingehen auf Schülerwünsche bleibt keine Zeit. Völlig unberücksichtigt ist dabei auch die pädagogische Arbeit, die gerade Schulen in den sozialen Brennpunkten leisten müssen.

Barry Fawcett: Dieses Kontrollsystem belastet sowohl die Lehrer als auch die Schüler. Viele Kollegen klagen über gestiegene Arbeitszeiten und den zunehmenden Stress. Und bei den Schülern weist bereits ein Drittel aller siebenjährigen Kinder Stresssymptome auf.

Was passiert, wenn Schulen geschlossen werden?

Brian Garvey: Sie werden durch privat gesponserte City-Akademien ersetzt, die je nach dem Einsatz der privaten Mittel zusätzliches Geld aus dem Erziehungsministerium erhalten. Das ist eine oberflächliche Politik, denn dieses Geld fehlt anschließend bei der Masse »normaler« Schulen.

Barry Fawcett: Diese Akademien werden nur noch durch die privaten Träger kontrolliert. Sie legen den Lehrplan fest, entscheiden über das Schulbudget, haben die Personal- und Tarifhoheit. Sie suchen auch die Schüler aus.

Von wem werden solche Akademien denn gegründet?

Barry Fawcett: Häufig von Großbetrieben oder Universitäten. In letzter Zeit auch von rechts-religiösen Sekten. Dort wird dann Evolutionstheorie durch die »Schöpfungsgeschichte« ersetzt. Das ist nicht nur eine Geldverschwendung, sondern auch höchst gefährlich.

Verwendung: Neues Deutschland



23. Februar 2007

Portrait MendrzikHamburger Hafenarbeiter w­ehren sich mit Arbeitsniederlegungen und Großdemonstrationen gegen Teilverkauf der HHLA. Ein Gespräch mit Thomas Mendrzik

Thomas Mendrzik ist stellvertretender Konzernbetriebsratsvorsitzender und Sprecher der Vertrauensleute der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) sowie Betriebsratsvorsitzender im Containerterminal Altenwerder

Mit Arbeitsniederlegungen, einer Betriebsversammlung und einer großen Demonstration haben die Hamburger Hafenarbeiter am Donnerstag erneut gegen den Plan des Senats protestiert, 49,9 Prozent der Anteile der Hafen und Logistik AG (HHLA) zu verkaufen. Während die Arbeit seit Beginn der Frühschicht und bis in die Spätschicht auf allen Containerterminals ruhte, zogen Tausende Hafenarbeiter quer durch die Innenstadt. Was macht die Docker so wütend?

Diese sogenannte Teilprivatisierung ist nichts anderes als eine Enteignung der Hamburger Bürger, die der Senat auf kaltem Weg durchsetzen will. Enteignet wird das größte deutsche Hafenunternehmen, das bisher den Bürgern unserer Stadt jedes Jahr einen beträchtlichen Gewinn einbrachte. 2006 lag der nach Steuern bei über 100 Millionen Euro, und die Tendenz geht weiter nach oben. Warum der Senat unser Unternehmen verkaufen will, ist völlig unklar. Die Argumente wechseln ständig. Zunächst hieß es, daß mit dem Erlös die Hafenanlagen der HHLA modernisiert werden sollen. Inzwischen heißt es, daß mit dem Geld die Infrastruktur des Hamburger Hafens ausgebaut werden soll. Das ist nicht Aufgabe der HHLA, sondern eine Aufgabe des Senats, bei der dann auch die privaten Hafenbetreiber zu beteiligen sind. Die Modernisierung unserer Anlagen können wir aus eigener Kraft schultern. Hinzu kommt, daß alle Berechnungen, die uns der Senat vorlegt, offenbar mit dem dicken Daumen erstellt wurden. Seriös ist das alles nicht.

Der Senat hält dem entgegen, daß er das Geld, gerechnet wird mit einem Erlös von 1,5 bis 2 Milliarden Euro, dringend benötigt.

Auch wir haben uns mit Haushaltsexperten zusammengesetzt und dabei festgestellt, daß die Finanzplanung des Senats Posten enthält, die überhaupt nicht ableitbar und offenbar nur sehr willkürlich festgelegt worden sind. Da wird über Investitionen spekuliert, die, wenn überhaupt, erst in Jahren aktuell und auch äußert fragwürdig sind. Ein Beispiel dafür ist der mittlere Freihafen, den der Senat zuschütten will. Wir bezweifeln, daß es sinnvoll ist, weitere Containerterminals in der unmittelbaren Nähe von Wohngebieten zu schaffen. Da gäbe es doch ganz andere Möglichkeiten, wie etwa eine intensivere Nutzung vorhandener Flächen. Bezüglich dieses angeblichen Finanzbedarfs werden die Bürger durch Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) regelrecht belogen. Tatsächlich ist seine Hafenentwicklungsbehörde nicht einmal in der Lage, die schon jetzt zur Verfügung stehenden Mittel sinnvoll zu investieren. Diese sogenannten Wirtschaftsexperten und dieser unfähige Wirtschaftssenator gefährden mit ihren Milchmädchenrechnungen die Zukunft des Hamburger Hafens.

Sie hatten Herrn Uldall zur Belegschaftsversammlung eingeladen. Warum ist er nicht gekommen?

Er hat sich gedrückt. Seine Absage ist ein klarer Affront gegen alle Hafenarbeiter. Zu EADS ist er hinmarschiert und hat sich als Kämpfer für die Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen aufgespielt. Doch dort, wo er der unmittelbare Dienstherr ist, ist er zu feige, sich einer Diskussion zu stellen.

Werden die Arbeitsbedingungen bei einem Teilverkauf denn schlechter?

Wenn wir uns die Häfen anschauen, wo sich solche Heuschrecken bereits festgesetzt haben, kann ich Ihre Frage eindeutig mit Ja beantworten. Investitionsentscheidungen werden dort nicht mehr von lokalen Standortfaktoren, sondern nur noch von den Rendite- und Profiterwartungen der internationalen Großkonzerne abhängig gemacht. Das geht auf die Knochen der Hafenarbeiter, die ihre Sozialstandards verlieren.

Inzwischen wird auch ein Börsengang als Alternative zum Direktverkauf diskutiert. Wäre das besser?

Wir wollen überhaupt keine Privatisierung. Ein Börsengang ist deshalb auch nur als ein möglicher Kompromiß im Gespräch. Vorstellbar ist er nur, wenn es stimmrechtslose Aktien sind und eine Mitarbeiterbeteiligung möglich wird. Daß es diese Option mit dem Börsengang nun gibt, ist ein erster Erfolg unserer Aktionen. Deshalb müssen wir diese fortsetzen.

Verwendung: http://www.jungewelt.de/2007/02-23/057.php



22. Februar 2007

IMAG3031Von der Betriebsversammlung
zur Demonstration

Hafenarbeiter der Hamburger HHLA wollen heute die Arbeit niederlegen: Protest gegen Privatisierungspläne

Die Auseinandersetzung um den vom Hamburger Senat geplanten Teilverkauf der Hafen und Logistik AG (HHLA) spitzt sich zu: Mit Beginn der Frühschicht wollen heute Tausende Hafenarbeiter an allen Containerterminals ihre Arbeit niederlegen. Vorgesehen ist ferner, daß sie nach einer Betriebsversammlung bis in den frühen Abend hinein durch die Hamburger Innenstadt demonstrieren.

Unterdessen hat der Senat die sechs verbliebenen Anbieter für den von ihm geplanten Verkauf von 49,9 Prozent der HHLA-Anteile aufgefordert, ihre Angaben im Bieterverfahren zu präzisieren. Bis zum 26. Februar sollen diese nun auch im Detail nachweisen, wie sie einen Aufkauf der Anteile, von dem sich der Senat inzwischen einen Erlös von 1,5 bis zwei Milliarden Euro erhofft, finanzieren können. Belegt werden soll dabei ebenfalls, wie künftige Modernisierungen aus dem Eigenkapital finanziert werden könnten.

Die Hafenarbeiter halten dem entgegen, daß solche Investitionen auch aus eigener Kraft möglich sind. Bei einem Verkauf an internationale Finanzspekulanten – wie etwa Dubai Ports World, die australische Macquarie Bank oder auch die Deutsche Bahn– fürchten sie den Verlust sozialer Standards. Daß ein Verkauf der Anteile gar nicht nötig ist, hat mittlerweile auch der Vorstand des Unternehmens bestätigt. In einer Pressemitteilung von Mittwoch hieß es, das Unternehmen sei so erfolgreich, daß nun erstmals sogar mit einem Gewinn nach Steuern von über 100 Millionen Euro zu rechnen sei.

HHLA-Vorstandschef Klaus-Dieter Peters erläuterte dazu, daß sich der Umsatz des Unternehmens, das allein in Hamburg rund 3400 und bundesweit über 4200 Beschäftigte zählt, 2006 auf über eine Milliarde Euro gesteigert hat. Das ist ein Plus von rund 20 Prozent. Peters verwies auf Wachstumsraten in allen Geschäftsfeldern der HHLA, die nun »die Früchte einer vertikal-integrierten Strategie entlang der Transportkette vom Überseehafen bis zum Kunden im Hinterland« ernte. Peters nahm auch gegen Pläne des Senats Stellung, der im Zusammenhang mit einem Teilverkauf bestimmte Unternehmensbereiche, wie etwa den Fischmarkt oder die Speicherstadt, ausgliedern will.

Doch auch im Kerngeschäft des Containerumschlags ist die HHLA auf Erfolgskurs. Der Containerumschlag hat sich den Firmenangaben zufolge 2006 auf 6,6 Millionen Standardcontainer gesteigert. Das ist ein Wachstum von rund 18 Prozent. Peters sagte dazu, die Finanzkraft des Unternehmens sei so stark, daß auch aus eigener Kraft bis 2011 rund 1,2 Milliarden Euro in die Modernisierung gesteckt werden können.

Das sind Zahlen, die den Widerstand der Docker noch beflügeln dürften. Sie sind stolz auf ihre Arbeit und wehren sich mit aller Kraft gegen einen Ausverkauf ihres Traditionsunternehmens. Der heutige Protesttag beginnt deshalb mit einer Betriebsversammlung, auf der neben ver.di-Landeschef Wolfgang Rose Betriebsräte aus den anderen Hafenbetrieben sprechen werden. So etwa Bernt Kamin, selbst Betriebsratschef im Gesamthafenbetrieb GHB, der auch auf internationale Solidaritätsaktionen verweisen will. Damit soll dann verhindert werden, daß Reeder ihre für Hamburg bestimmten Schiffe bei einem Dauerstreik nicht einfach nach Rotterdam oder Antwerpen umleiten können.

Verwendung: http://www.jungewelt.de/2007/02-22/020.php



22. Januar 2007

Bernt KaminHamburger Docker wehren sich gegen Teilverkauf. Organisationsgrad kann zu Erfolg verhelfen. Ein Gespräch mit Bernt Kamin

Bernt Kamin ist Betriebsratsvorsitzender der Gesamthafenarbeiter in Hamburg

Der Hamburger CDU-Senat will 49,9 Prozent der Anteile an der bislang städtischen Hafen- und Logistik AG (HHLA) an einen Privatinvestor verkaufen. Nach einer ersten Protestwelle im Dezember hat der Konzernbetriebsrat nun dazu aufgefordert, jegliche Mehrarbeit zu verweigern. Eskaliert der Konflikt?

Wir haben immer gesagt: Wenn der Senat an seinen Plänen festhält, muß er mit Widerstand rechnen. Die HHLA ist mit ihren 3400 Mitarbeitern nicht nur der größte Hafenbetrieb, sondern auch ein Unternehmen, das mit seiner bisherigen Struktur für alle Mitarbeiter eine gute und dauerhafte Beschäftigungsperspektive sichert.

Privatisierungen führen dazu, daß schon nach kurzer Zeit der Druck auf die Beschäftigten steigt und soziale Standards verlorengehen. Da die HHLA auch für die Stadt ein sehr profitables Unternehmen ist, brauchen wir keinen Privatinvestor.

In den Medien hieß es, daß die Deutsche Bahn und die Investmentbank Morgan Stanley bis zu eine Milliarde Euro für den Aufkauf angeboten haben. Ohne dieses Geld, so sagte es Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU), könnten weder die HHLA noch die Kaianlagen ausgebaut und modernisiert werden.

Die HHLA-Modernisierung kann aus eigener Kraft geschultert werden, wie auch der Unternehmensvorstand betonte. Das andere Problem betrifft die Erweiterung des Binnenhafens, die notwendig wird, weil sich der Containerumschlag insgesamt vergrößern wird. Dafür ist dann aber nicht die HHLA, sondern die Hafenentwicklungsgesellschaft Port Authority zuständig, die 2005 aus dem ehemaligen Amt für Strom und Hafenbau gebildet wurde.

Wenn ich dieser Linie, die der Senat vorgab, folge, muß ich mich doch fragen, warum dieses Unternehmen auch noch öffentlich subventioniert werden soll. Ich hatte am Freitag Gelegenheit an einer Anhörung der Europäischen Kommission teilzunehmen. Dort wurde betont, daß sich Port Authorithy nach den EU-Richtlinien die Kosten für den Bau der neuen Kaianlagen durch die Hafenunternehmer refinanzieren lassen muß. Diese sind es ja auch, die aus dem Betrieb solcher Anlagen Gewinn ziehen.

Bürgermeister Ole von Beust (CDU) will aber auch »strategischen Partnerschaften«.

Wenn ich Beust reden höre, bekomme ich fast den Eindruck, daß es haufenweise Reiche und Superreiche gibt, die nichts anderes als das Wohl unserer Stadt im Sinn haben. Die Spielregeln des Kapitalismus sind aber andere. Sie bestehen darin, daß Investoren ihr Geld nicht zur Verfügung stellen, um Wohlstand zu stiften, sondern um möglichst hohe Profitraten zu erzielen. Die HHLA bringt es auf einen Gewinn nach Steuern von jährlich 100 Millionen Euro. Wäre dies die Rendite, die sich die Investoren künftig in die eigene Tasche stecken? Bislang kam dieses Geld ausschließlich dem Hafen und der Stadt zugute.

Sind deshalb jetzt auch die anderen Hafenbetriebe mit der HHLA solidarisch?

Nicht nur deshalb, sondern wir sehen die Gefahr, daß eine Teilprivatisierung nur der erste Schritt in Richtung eines Totalausverkaufs der HHLA sein könnte. Dann könnten die neuen Besitzer geneigt sein, einzelne besonders profitable Teile aus dem Gesamten herauszubrechen. Chaos bei der HHLA würde dann auch auf die anderen Hafenbetriebe und die dortigen Arbeitsbedingungen negative Auswirkungen haben. Als Hafenarbeiter haben wir gelernt, daß wir immer erfolgreich sind, wenn wir solidarisch zusammenhalten. So war es schon beim Kampf gegen die EU-Hafenrichtlinie Port Package.

Privatisierungsvorhaben gibt es nicht nur im Hafen, sondern auch für die Hochbahn und weitere öffentliche Unternehmen. Haben Sie eine Idee, wie Solidarität über den Hafen hinaus zu entwickeln wäre?

Auf der ver.di-Landeskonferenz werden wir die Bildung eines Koordinationsgremiums für die Interessenvertreter aus allen öffentlichen Unternehmen vorschlagen. Dem Spiel des Senats, nach und nach alles zu zerlegen, müssen wir gemeinsam entgegentreten. Dafür ist unser Widerstand gegen den Ausverkauf der HHLA besonders wichtig. Wir sind im Hafen besser organisiert als in anderen Branchen. Wo, wenn nicht im Hafen, könnte deshalb eine solche Privatisierung auch tatsächlich gestoppt werden? Ein Erfolg wäre über den Hafen hinaus von großer Bedeutung.

Verwendung: http://www.jungewelt.de/2007/01-22/030.php



05. Januar 2007

Durch den »Verkauf« der städtischen Krankenhäuser an den Gesundheitskonzern Asklepios hat Hamburg weit mehr Geld bezahlt als eingenommen

Der Verkauf der Hamburger Landeskrankenhäuser an die Asklepios-Gruppe entwickelt sich zu einem echten Lehrstück über den tieferen Sinn öffentlich-privater »Partnerschaften«. 18,3 Millionen Euro Zuschuß zahlt die Stadt für das abgelaufene Geschäftsjahr an den Privatkonzern. Dies geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Antwort des CDU-Senats auf eine Anfrage der SPD hervor. Dieser Zuschuß wurde demnach fällig, weil der Senat Asklepios in dem Anfang 2005 abgeschlossenen Kaufvertrag ein bestimmtes Nettoumlaufvermögen für die Kliniken in den Jahren 2005 und 2006 zusicherte. Dieses ist – so belegen es die Bilanzen – auch 2006 unterschritten worden. Für 2005 hatte die Stadt 19,5 Millionen an Asklepios gezahlt. Der Konzern hat damit von der Hansestadt inzwischen weit mehr Geld erhalten, als er selbst hingeblättert hat.

Nominell lag der Kaufpreis zwar bei 319 Millionen Euro, zahlbar in zwei Raten von 200 und 119 Millionen. Aus eigener Tasche zahlte der »Investor« aber nur 19, 2 Millionen. Der »Rest« der ersten Rate mußte kreditfinanziert werden – aber nicht durch Asklepios, sondern die Kliniken selbst. Die Schulden drücken seither die Ertragslage beim Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK), was für Asklepios aber nicht schlecht ist, sondern gut: Die zweite Rate wird für den Konzern deshalb wohl erst gar nicht fällig. Rund 44 Millionen wurden in einen zinslosen Stundungskredit umgewandelt, den Asklepios erst zurückzahlen muß, wenn es die Geschäftslage erlaubt oder das Unternehmen an die Börse geht. Und weitere 75 Millionen Euro waren von Anfang an ohnehin nur als »variabler Betrag« eingeplant. Erreicht der LBK zum 1. Januar 2009 nicht ein bestimmtes vertraglich festgelegtes Geschäftsergebnis, entfällt die Rate komplett.

Die Privatisierung des LBK erweise sich als »Faß ohne Boden«, erklärte der SPD-Bürgerschaftsfraktionsvize Martin Schäfer am Mittwoch vor der Presse. Ein Alarmsignal sei der zweite Nachzuschuß in Folge aber nun nicht nur für die Finanzen der Stadt, sondern auch für die Sicherheit der Arbeitsplätze im LBK selbst. Nach dem Kaufvertrag sind betriebsbedingte Kündigungen im laufenden Jahr nämlich nur dann ausgeschlossen, wenn auch eine positive Ertragslage bilanziert werden kann. Betriebsräte und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di haben bereits vor drohenden Massenentlassungen gewarnt. Sie rechnen mit dem Verlust von mindestens 600 Arbeitsplätzen im laufenden Jahr.

Die Stadt ihrerseits trägt übrigens sämtliche Altlasten, darunter auch Pensionsverpflichtungen in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro, während sie gleichzeitig auf alle Pachtzinsen für Gebäude und Grundstücke verzichtet hat. Der CDU-Senat hatte die Privatisierung 2004 durchgedrückt, obwohl die Hamburger sich in einem Volksentscheid dagegen entschieden hatten.

Verwendung: http://www.jungewelt.de/2007/01-05/052.php



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IMAG3037Hamburger Hafen lahm gelegt: Mehr als 2000 HHLA-Beschäftigte demonstrierten am 14. Dezember gegen die geplante Teilprivatisierung ihres Unternehmens. Nun aber steuern Senat und Betriebsräte auf einen Großkonflikt zu

Kraftvoll, kampfbereit und sehr entschlossen, haben die Beschäftigten der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) gegen den Plan des CDU-Senats demonstriert, 49,9 Prozent der HHLA Anteile an einen Privatinvestor zu verkaufen. Auf drei von vier der großen Containerterminals im Hamburger Hafen ruhte deshalb während der gesamten Frühschicht von sechs bis 15 Uhr die Arbeit. Doch weil politische Streiks in Deutschland noch immer als verboten angesehen werden, waren die Hafenarbeiter dabei so schlau, ihren Ausstand nun mit dem „Recht auf Information“ und einer Belegschaftsversammlung zu begründen. Gleich im Anschluss fand dann aber ihre Demonstration zunächst quer durch die Innenstadt und dann zum Sitz des Aufsichtsrats der HHLA statt, denn auch von diesem wollten die Hafenarbeiter ja eine Menge wissen.

Doch schon vor der Demo hatten Vertreter der Hafenarbeiter ebenfalls erklärt, dass dies nun nur der Auftakt für weitere Aktionen ist. Halte der Senat dann unverändert an seinen Verkaufsplänen fest, wollte HHLA-Konzernbetriebsrat Arno Münster auch einen „Dienst nach Vorschrift“ nicht mehr ausschließen. Dieser könne dann schnell dazu führen, dass sich die Abfertigung der Schiffe auch dauerhaft verzögere, was dann aber die Kosten des Konflikts gleich explosionsartig in die Höhe schießen lässt. Letzteres gilt dann aber nicht nur für die Hafenwirtschaft, denn die Häfen bilden ja bekanntlich nur den Flaschenhals einer großen volkswirtschaftlichen Transportkette.

So aber ist das Ziel der Hafenarbeiter, nun nicht nur gegen die Teilprivatisierung der HHLA zu protestieren, sondern diese dann auch tatsächlich und durch wirkungsvolle Aktionen zu verhindern. Angeheizt hat diese Stimmung auch Katharine Ries-Heidtke, selbst Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats im Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK). Sie berichtete auf der Belegschaftsversammlung der Hafenarbeiter wie nach der Privatisierung der Krankenhäuser dort nun auch Ausgliederungen und Entlassungen drohen. So aber sei nun recht klar, dass Privatisierungen nur dazu dienen, „die Profitgier privater Unternehmer zu befriedigen“. Mit „allen Mitteln“ müsste „so eine Sauerei“ deshalb nun im Hafen verhindert werden. Das aber traf den Nerv der Docker, die ja ebenfalls befürchten, dass sich nun über den Verkauf der Anteile auch so genannte „Edelheuschrecken“ aus den internationalen Großkonzernen im Hamburger Hafen festsetzen. „Diese warten doch nur darauf, uns kaputt zu machen“, warnte seine Kollegen Konzernbetriebsrat Münster.

„Doch wir Hafenarbeiter sind stolz auf unsere Arbeit und das, was wir tun“, sagte dazu Bernt Kamin, selbst Vorsitzender des Gesamthafenbetriebsrats GHB auf einer Zwischenkundgebung ganz in der Nähe des Rathauses. Deshalb habe aber auch niemand das Recht, „die Arbeit der Hafenarbeiter so in Frage zu stellen und ihre Arbeitsbedingungen so einseitig zu verschlechtern“. Kamin versprach den HHLA-Arbeitern die Solidarität der anderen Hafenbetriebe, während er den Senat mit den Worten, dass die Hafenarbeiter „einen Arsch in der Hose“ hätten und sich deshalb zu wehren wüssten, deutlich warnte.

Doch ob solche Warnungen dann im Rathaus auch wirklich ankommen, ist eher zweifelhaft. Denn der CDU-Senat will die HHLA Anteile ja auch deshalb verkaufen, um mit dem Erlös die Kaianlagen und den weiteren Hafenausbau zu finanzieren. Dies aber gehört zu den Schlüsselprojekten dieses Senats, der sich davon dann auch einen nachhaltigen Impuls für sein Konzept von der „wachsenden Stadt“ verspricht. So aber steuern nun mit dem Senat und den Betriebsräte quasi zwei Dampflokomotiven und mit voller Gewalt aufeinander zu. Bis es dann kracht.

http://85.183.64.11/archiv/Lokal/Hamburg/2006/26hh.pdf // Seite 3



IMAG3099Hamburger Hafen lahmgelegt: Mehr als 2000 HHLA-Beschäftigte demonstrieren gegen geplanten Teilverkauf. Nächster Protest: »Dienst nach Vorschrift«.

Kraftvoll, kampfbereit und entschlossen haben gestern mehr als 2000 Beschäftigte der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) gegen den Plan des CDU-Senats demonstriert, 49,9 Prozent der Anteile des Unternehmens an Privatinvestoren zu verkaufen. Auf drei von vier der großen Containerterminals im Hamburger Hafen wurde mit Beginn der Frühschicht von sechs Uhr früh bis 15 Uhr nicht gearbeitet. Einfallsreich hatten die Hafenarbeiter ihrem Ausstand eine Belegschaftsversammlung vorgeschaltet, denn der politische Streik wird in Deutschland als verboten angesehen. Doch das Recht auf Information ist geschützt. Geschützt war deshalb auch der Marsch zum HHLA-Aufsichtsrat, von dem die Hafenarbeiter eine Menge erfahren wollten.

Hält der Senat der Hansestadt an seinen Verkaufsplänen für die HHLA fest, könnte es künftig zu weiteren derartigen Aktionen kommen. »Wir Hafenarbeiter sind sehr phantasievoll«, hatte HHLA-Konzernbetriebsratschef Arne Münster bereits am Vortag erklärt und dabei weitere Eskalationsstufen angedeutet. So komme ein »Dienst nach Vorschrift« in Betracht, der dazu führen würde, daß die Kräne demnächst häufiger stillstehen. Das würde die Kosten des Konflikts für Reeder und Hafenwirtschaft und damit auch für den Senat explosionsartig in die Höhe treiben.

Bei Privatisierungen gehe es lediglich darum, »die Profitgier privater Unternehmer zu befriedigen«, so Katharina Ries-Heidtke, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats im Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK), vor den versammelten Hafenarbeitern. Um »so eine Sauerei« zu verhindern, sei jedes Mittel recht. Eindrucksvoll schilderte Ries-Heidtke, wie die Kliniken bereits von »Edelheuschrecken« erobert wurden. Die Folge seien Sozialdumping und Entlassungen gewesen. Das traf den Nerv der Hafenarbeiter, deren Wut und Empörung bei der anschließenden Demonstration deutlich zu spüren war. Am Rathaus angekommen gingen etliche Beschäftigte auf die dort postierten Polizisten zu. Sie fragten die Beamten, für wen sie eigentlich Dienst täten und was sie machen würden, wenn sie selbst von Entlassungen und Sozialabbau bedroht seien.

Die Wut ist verständlich. Schließlich ist klar: Die Teilprivatisierung – die von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) noch am Tag zuvor in einer Bürgerschaftsdebatte mit dem Argument verteidigt worden war, nur so seien die Finanzierungsprobleme beim Bau neuer Kaianlagen zu lösen – ist der Einstieg in den Totalausverkauf des traditionsreichen Unternehmens. Stolz sagen die Hafenarbeiter deshalb, daß die HHLA solche Investitionen auch aus eigener Kraft schultern könne. Das meint auch ver.di-Landeschef Wolfgang Rose. Dieser warnte zudem davor, daß der Hamburger Hafen in die Hände des internationalen Finanzspekulanten Dubai Ports World geraten könnte, der sich keine Gedanken um Arbeitsplätze oder lokale Infrastruktur machen werde. »Wir sind stolz auf unsere gute Arbeit«, sagte Bernt Kamin, Betriebsratschef im Gesamthafenbetrieb GHB, der die HHLA-Beschäftigten der Solidarität aller anderen Mitarbeiter der Hafenbetriebe versicherte. Niemand habe das Recht, »unsere Arbeit so in Frage zu stellen und unsere Arbeitsbedingungen so zu verschlechtern«, kritisierte Kamin. Die Hafenarbeiter hätten »einen Arsch in der Hose« und wüßten sich wirksam zu wehren, warnte er.

http://www.jungewelt.de/2006/12-15/060.php

Diese Story erschien als Titel in der Jungen Welt. Hier sehen Sie das Originallayout:

PDF Datei Junge Welt



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IMAG3091Hafenarbeiter protestieren gegen Teilverkauf des Hamburger Hafens

Mehr als 2000 Beschäftigte der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) haben sich am Donnerstag zu einer Protestaktion gegen die geplante Teilprivatisierung ihres Unternehmens versammelt. »Die Stimmung ist sehr gereizt«, sagte der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats Arno Münster.

Auf drei der vier großen Containerterminals im Hamburger Hafen ruhte gestern die Arbeit. Von 7 bis 15 Uhr wurde kein einziger der Containerriese abgefertigt. Kraftvoll, kampfbereit und entschlossen demonstrierten stattdessen rund 2000 Docker aus dem mit 3500 Beschäftigten größten Hamburger Hafenbetrieb, der Hafen und Logistik AG, quer durch die Innenstadt. Sie fordern den Stopp einer Teilprivatisierung ihres bislang städtischen Unternehmens, wie es der CDU-Senat plant.

Weil es aber dafür eigentlich kein Streikrecht gibt, begann der Tag mit einer Belegschaftsversammlung, denn das Recht auf Information ist für die Belegschaften geschützt. Informationen wollten die Hafenarbeiter dann aber auch von ihrem Aufsichtsrat haben, weshalb sie zu dessen Sitz in der Speicherstadt zogen, wo die Aktion am frühen Nachmittag ihr Ende nahm.

Solche Aktionen sollen nun auch künftig fortgesetzt werden, kündigte Konzernbetriebsratsvorsitzender Arno Münster schon auf der Abschlusskundgebung an. Zuvor waren die Hafenarbeiter mit ihren lauten Signalhörnern auch am Rathaus vorbeigezogen, wo Bürgermeister Ole von Beust (CDU) erst am Tag zuvor in einer Bürgerschaftsdebatte den geplanten Verkauf von 49,9 Prozent der HHLA-Anteile erneut verteidigt hatte. Mit den Einnahmen will der Senat neue Kaianlagen finanzieren, damit dann noch mehr Containerriesen in Hamburg anlegen und ihre wertvolle Fracht umschlagen können.

Die Betriebsräte befürchten, dass der Teilverkauf nur ein erster Schritt in Richtung eines Totalausverkaufs ihres Unternehmens sein könnte. Sie argwöhnen vor allem, dass sich dadurch global agierende Großkonzerne, wie zuvor schon in Rotterdam und Antwerpen, auch im Hamburger Hafen festsetzen könnten.

Von diesen Konzernen geht für die Hafenarbeiter europaweit die Gefahr des Sozialdumpings aus, das sich dann auch in Hamburg durch die Zerschlagung der traditionsreichen HHLA realisieren lassen könnte. Nur der Erhalt der bisherigen Unternehmensstruktur, zu der, neben dem Containerumschlag, auch die Geschäftsfelder Lager- und Kontraktlogistik sowie eine Immobilien- und Grundstücksgesellschaft gehören, garantiere aber den Erhalt vorhandener Arbeitsplätze, argumentieren die Betriebsräte. Die HHLA sei zudem so »kerngesund«, dass sie die nötigen Ausbauinvestitionen auch selbst schultern könne. So sieht es auch ver.di-Landeschef Wolfgang Rose, der zudem vor der Gefahr eines möglichen Verkaufs an Dubai Ports World (DP World) warnte. Dieser weltweit drittgrößte Hafenkonzern aus den Vereinigten Arabischen Emiraten ist dafür bekannt, gekaufte Hafenanlagen schnell wieder gewinnbringend an Dritte zu verschleuden. Das sind reine »Finanzspekulanten«, die sich um die Arbeitsplätze keine Gedanken machen, sagte Rose. »Wir wollen, dass die HHLA zu 100 Prozent im Eigentum der Stadt verbleibt«, forderte indes auch Frank Ladwig, Betriebsratschef im Container-Terminal Tollerort. »Wir wollen hier keine Edelheuschrecken«, sagte dann Bernt Kamin, selbst Betriebsratschef beim HHLA-Partner GHB. Kamin war es, der den HHLA-Mitarbeitern nun die Solidarität aller anderen Hafenbetriebe versicherte.

Das aber ist eine offene Kampfansage an den Senat, denn die Betriebsräte haben unterschwellig längst verdeutlicht, dass Solidarität für sie dann auch heißen kann, nur noch »Dienst nach Vorschrift« zu machen. Das aber könnte sehr schnell zu dauerhaften Verzögerungen bei der Schiffsabfertigung führen und die Verluste für die Reeder sowie die Hafenwirtschaft, und damit dann indirekt auch für den Senat, schnell in Schwindel erregende Höhe treiben.

http://www.nd-online.de/funkprint.asp?AID=102067&IDC=3&DB=



[Anmerkung am 18.12.06: Meine interne Seitenstatistik zeigt mir, dass dieser Beitrag bisher sehr häufig gelesen / angesehen wurde. Deshalb lasse ich die Bilder weiterhin stehen!]

Machtvoll haben heute rund 2000 HHLA-Mitarbeiter gegen die Teilprivatisierung ihres Unternehmens durch die Hamburger Innenstadt demonstriert. Die Arbeit auf den Containerterminals ruhte von 7 bis 15 Uhr.

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Andreas Grünwald

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Verwendung dieses Bildes: Landesinfo Linkspartei / WASG Nr. 1/2007 Seite 5

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Verwendung dieses Fotos in: Landesinfo PDS/WASG Hamburg Dez. 06, Seite 1 und Seite 21

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Verwendung dieses Fotos in: Landesinfo PDS/WASG Hamburg Dez. 06, Seite 5

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Verwendung dieses Fotos in: Landesinfo PDS/WASG Hamburg Dez. 06, Seite 10

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hhlaStreik gegen Teilprivatisierung der Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA). Stimmung »hochexplosiv«. Unterstützung von WASG und Linkspartei.

Im Hamburger Hafen soll heute ab sieben Uhr an allen Kaimauern und in sämtlichen Betrieben der Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA) die Arbeit ruhen. Nach einer Belegschaftsversammlung, die um acht Uhr beginnt, ist ein Demonstrationszug Tausender Hafenarbeiter quer durch die Innenstadt zum Sitz des HHLA-Aufsichtsrats geplant, wie es gestern in einer Ankündigung der Betriebsräte hieß. Die Stimmung unter den Kollegen sei »hochexplosiv«, betonten die Belegschaftsvertreter. Die Proteste in dem mit rund 3500 Beschäftigten größten Hafenunternehmen der Hansestadt richten sich gegen die Absicht des CDU-Senats, 49,9 Prozent der Anteile des bislang städtischen Unternehmens kurzfristig zu verkaufen. »Bis zu 30 ernstzunehmende Anbieter« hätten sich hierfür bereits gemeldet, hieß es aus dem Senat. Doch die Hafenarbeiter befürchten, daß eine Teilprivatisierung nur der erste Schritt in Richtung eines Totalausverkaufs sein könnte. Sie vermuten, daß das Unternehmen mittelfristig komplett zerschlagen und in seine einzelnen Bestandteile aufgelöst werden könnte.

Da der Hamburger Senat einen besonders finanzstarken Investor sucht – der neben einem ordentlichen Kaufpreis für die HHLA-Anlagen, deren Marktwert auf 1,5 bis zwei Milliarden Euro geschätzt wird, auch den geplanten Ausbau neuer Kaianlagen finanzieren soll – wird wohl ein »Global Player« bei der Ausschreibung das Rennen machen. Dem Vernehmen nach haben u.a. Dubai Ports World (DPW), Eurogate, der Finanzkonzern 3i, Rhenus und die Bahn AG Angebote zur Übernahme der HHLA-Anteile vorgelegt.

Der Hafen gehöre den Hafenarbeitern und den Bürgern Hamburgs, erklärte hingegen Konzernbetriebsratschef Arno Münster gestern. Er fürchte, daß private Investoren nur ein Interesse daran hätten, sich mittelfristig einzelne, besonders profitable »Filetstücke« aus der HHLA herauszuschneiden. »Diese Terminalbetreiber warten doch nur darauf, uns kaputtzumachen«, warnte Münster, der zudem bestritt, daß für den Ausbau der Kaianlagen private Investoren erforderlich sind. Die HHLA sei »kerngesund« und könne schon deshalb entsprechende Mittel auch aus eigenem Bestand erwirtschaften. Daß die Betriebsräte einem Anteilsverkauf »niemals« zustimmen werden, betonte auch der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Harald Erven. »Wir wollen keine Edelheuschrecken in unserem Konzern«, sagte er. Frank Ladwig, Betriebsratschef im Container Terminal Tollerort (CTT), meinte zudem, daß schon der Verkauf der Hamburger Krankenhäuser gezeigt habe, wie soziale Standards bei solchen Privatisierungsstrategien stets über Bord gingen. Auf Anfrage erklärte er, falls der Senat an seinen Privatisierungsplänen festhalte, seien die heutigen Protestaktionen nur der Auftakt für einen längeren Arbeitskampf. Als mögliche Aktionsform nannte der Betriebsrat einen »Dienst nach Vorschrift«, der zu Verzögerungen in der Schiffsabfertigung führen würde. Die Solidarität der anderen Belegschaften im Hamburger Hafen sei in einem solchen Fall gesichert, so Ladwig.

Solidarisch zeigten sich am Mittwoch bereits die örtlichen Gliederungen von WASG und Linkspartei, die ihre Ablehnung der Teilprivatisierung in einer Pressemitteilung bekräftigten. »Der Betrieb schreibt nicht nur schwarze Zahlen, sondern erwirtschaftet genug, um notwendige Investitionen selbst zu finanzieren und die Einnahmen des Hamburger Haushalts zu stärken«, erklärte Berno Schuckart von der WASG.

http://www.jungewelt.de/2006/12-14/062.php

Diese Story erschien als Titel in der Jungen Welt. Hier sehen sie die Seite im Originallayout:
Hafenanlagen_stillgelegt



Hamburg: Die Folgen der Privatisierung des Landesbetrieb Krankenhäuser für die Beschäftigten sind dramatischer als ohnehin befürchtet

Beim Hamburger Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) stehen Massenentlassungen bevor. Bis zu 600 betriebsbedingte Kündigungen seien bereits »eingetütet«, hieß es am Freitag auf einem Krisengipfel aller Betriebsräte des mit 12500 Beschäftigten nach wie vor größten Klinikverbundes in ganz Norddeutschland. Betroffen von dem Stellenabbau, der sich unmittelbar nach der Übertragung der LBK-Mehrheitsanteile an den Gesundheitskonzern Asklepios ab Januar vollziehen soll, sind vor allem die Mitarbeiter in den Servicebetrieben des LBK. Dazu gehören die Bereiche Einkauf und Logistik, Bau und Technik sowie Finanzen und Controlling. Gefährdet sind nun aber auch rund 300 Arbeitsplätze in den Küchenbetrieben, die Asklepios an einen Billiganbieter ausgliedern will. Entlassungen sind ferner für Teile des pflegerischen und ärztlichen Personals in Vorbereitung. Im Allgemeinen Krankenhaus (AK) Barmbek, sollen rund 90 Mitarbeiter ihren Hut nehmen. In Harburg könnten es bis zu 400 Kollegen sein, befürchten die Betriebsräte.

Doch die Angst vor Arbeitslosigkeit grassiert auch deshalb, weil inzwischen nun auch offiziell bestätigt wurde, daß das Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst, das für jene 6800 Beschäftigte gilt, die schon im Mai 1995 einen festen Arbeitsvertrag mit der Stadt hatten, das Papier nicht Wert ist, auf dem es vereinbart wurde. Dieses Rückkehrrecht wirkte 2005, als der CDU-Senat die Privatisierung trotz anderslautenden Volksentscheides in der Bürgerschaft durchsetzte, wie eine Beruhigungspille. Auf Info-Veranstaltungen hat das städtische Personalamt inzwischen aber alle Rückkehrwilligen vor einem solchen Schritt gewarnt, denn entsprechende Arbeitsplätze stünden im öffentlichen Dienst überhaupt nicht mehr zur Verfügung. Und für die Beschäftigten aus den Tochterfirmen des LBK wurde das Gesetz inzwischen klammheimlich dahingehend manipuliert, daß es für sie keine Anwendung mehr findet.

»Lug und Trug« wirft deshalb Katharina Ries-Heidtke, Gesamtbetriebsratsvorsitzende des LBK, Hamburgs Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) vor. Peiner hatte immer versichert, daß durch die Privatisierung keine Arbeitsplätze verloren gehen würden. Nun aber stelle sich heraus, daß die Asklepios-Manager »wie Heuschrecken« über die Krankenhäuser herfallen. Ries-Heidtke forderte eine Ausweitung bisheriger Beschäftigungsgarantien. Und die zuständige ver.di-Sekretärin Hilke Stein verlangt nun sogar, daß die Privatisierung wieder rückgängig gemacht wird. Das forderte auch Martin Wittmaack, Landesgeschäftsführer der Linkspartei.PDS, der von einer »rein ideologisch begründeten Privatisierungspolitik« sprach, die dem Asklepios-Management einen »marktradikalen Amoklauf« ermögliche.

Zynisch weisen die Asklepios-Manager darauf hin, daß auch die Gewerkschaft ver.di eine weitere Beschäftigungssicherung gar nicht mehr wollte. Von den Dienstherren vor die Wahl gestellt, entweder einen Beschäftigungspakt oder aber die Übernahme des Tarifvertrags öffentliche Dienste (TVöD) für die Hamburger Krankenhäuser zu erhalten, entschied sich die Gewerkschaft für den TVöD.

»Wir müssen selber kämpfen«, sagen deshalb nun immer mehr Beschäftigte. Vorbereitet werden derzeit Aktionen und Infoveranstaltungen auch während der Arbeitszeit, denn dies sei die einzige Sprache, die Konzernmanager verstünden. Am heutigen Montag, wenn der LBK-Aufsichtsrat das letzte Mal in seiner alten Zusammensetzung, also unter Beteiligung der Stadt, zusammentritt, besteht dazu eine erste Gelegenheit.

http://www.jungewelt.de/2006/12-11/034.php



Nach der Privatisierung des Hamburger Landesbetriebs Krankenhäuser wurde 6.800 Beschäftigten zugesichert, in den öffentlichen Dienst zurückkommen zu dürfen. Jobs allerdings gibt es für sie keine, es drohen Zeitarbeit und Einkommensverlust

Für die Beschäftigten wirkte es wie eine Beruhigungspille. Als im Januar 2005 der städtische Hamburger Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) teilprivatisiert wurde, trat für knapp 7.000 der gut 12.000 LBK-Mitarbeiter ein verbrieftes Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst ab 2007 in Kraft. Angesichts der von Neubesitzer Asklepios geplanten Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und bevorstehender Ausgliederung ganzer Service-Betriebe wurde diese Garantie für viele der Beschäftigten zu einem wichtigen Rettungsanker.

Doch jetzt, kurz bevor die Rückkehr-Frist abläuft, wird klar: Die Zusicherung ist das Papier kaum wert, auf dem sie verfasst wurde. Die versprochenen städtischen Jobs existieren gar nicht, rückkehrwillige Mitarbeiter des größten norddeutschen Klinikverbundes sollen zu öffentlich bediensteten Zeitarbeitern heruntergestuft und so abgeschreckt werden, ihre Come-back-Rechte wahrzunehmen.

Wenn die Asklepios GmbH Anfang 2007 weitere 25 Anteilsprozente an den sieben LBK-Kliniken übernimmt und damit endgültig zum neuen Mehrheitseigentümer des Verbundes wird, beginnt die Uhr zu ticken. Die rund 6.800 Beschäftigten, die schon im Mai 1995 einen festen Arbeitsvertrag hatten, haben noch bis Juli 2007 Zeit, von ihrem verbrieften Rückkehrrecht Gebrauch zu machen.

Doch die Stadt will möglichst keinen einzigen der LBK-Bediensteten zurücknehmen – und setzt auf Abschreckung. So lud das städtische Personalamt in den vergangenen Tagen alle Berechtigten zu so genannten „Info-Veranstaltungen“ ein. Doch statt konkreter Angebote bekamen die LBK-Beschäftigten nur ein Papier in die Hand, in dem es heißt, dass „strukturelle Veränderungsprozesse“ den öffentlichen Arbeitsmarkt inzwischen so verkleinert hätten, dass die dort vorhandenen Arbeitsplätze für Rückkehrer „nicht mehr zur Verfügung“ stünden.

Diese müssten aller Voraussicht nach in einem noch zu gründenden städtischen Betrieb unterschlüpfen, der sie zu „wechselnden Aushilfs- und Vertretungstätigkeiten in verschiedenen Behörden und Ämtern“ einteilt. Jedes Stellenangebot, das der eigenen Entgeltgruppe entspricht, müsse dabei angenommen werden. Zudem müssten die Wechselwilligen nach spätestens einem Jahr mit Einkommensverlusten rechnen. „Das ist die Einführung von Zeitarbeit im öffentlichen Dienst“, sagt die LBK-Betriebsratsvorsitzende Katharina Ries-Heidtke. Sie sieht in diesen Plänen eine völlig neue Qualität.

Die Details des Angebots blieben den Teilnehmern der Veranstaltungen indes vorenthalten: Weder wurde die Frage beantwortet, in welchem Rhythmus sie von Aushilfsjob zu Aushilfsjob springen sollen, noch jene, ob sich das Ausleihverfahren nur auf öffentliche oder auch auf private Unternehmen bezieht.

Der Grund: Die dafür zuständige Hamburger Finanzbehörde hat keinen Plan. All diese Fragen könnten „zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ gar nicht beantwortet werden, sagt ihr Sprecher Sebastian Panknin. So gebe es in der Behörde „keine Prognosezahlen“ über die Zahl der Rückkehrwilligen und für deren Versorgung im Haushaltsplan nur einen „Leertitel“, in dem noch kein einziger Euro eingestellt sei.

Betriebsrätin Ries-Heidtke hingegen rechnet damit, dass „mindestens 500, wahrscheinlich über 1.000 LBK-Mitarbeiter“ ihre Rückkehr in den öffentlichen Dienst erwägen. Ein Beleg für diese Schätzung: Schon auf den ersten beiden von insgesamt sechs geplanten Info-Veranstaltungen drängelten sich Anfang der Woche knapp 1.000 Klinik-Bedienstete in einer Hamburger Hochschul-Aula. Am Dienstag musste der Saal gar wegen Überfüllung geschlossen werden, Interessierte wurden abgewiesen.

Als „skandalöses Abschreckungsmanöver mit dem Ziel, den Beschäftigten ihre verbrieften Rechte zu rauben“, bewertet der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Jens Kerstan den städtischen Umgang mit den LBK-Mitarbeitern. Auch der stellvertretende LBK-Betriebsratsvorsitzende Ully Schnee wirft dem federführenden Personalamt vor, „die Angst der Mitarbeiter systematisch zu schüren“.

[Anmerkung: dieser Beitrag wurde gemeinsam mit Marco Carini verfasst. Quelle: http://www.taz.de/pt/2006/11/17/a0033.1/text]

Marco schrieb dazu noch folgenden Kommentar:

Klinik-Privatisierung: Verkauft und verraten

Es geht um Millionen, nicht um Menschen. Beim Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) an die Asklepios GmbH spielte für den Hamburger Senat allein die Sanierung seines maroden Haushalts eine Rolle. Die Interessen der Beschäftigten und der Patienten verkamen bei den Verhandlungen zur Fußnote. Erträgliche Arbeitsbedingungen und eine optimale Krankenversorgung tauchen in den Verkaufsbilanzen beider Seiten nur noch als Kostenfaktor auf.

Die Botschaft Hamburgs an die Rückkehrwilligen ist klar: Bleibt bloß wo Ihr seid, für euch ist im öffentlichen Dienst kein (Arbeits-)Platz mehr. Systematisch werden die verbrieften Garantien der altgedienten LBK-Beschäftigten ausgehöhlt, um sie von einem Comeback in den Schoß der Stadt abzuschrecken. Währenddessen verschlechtert Asklepios aus Kostengründen Schritt um Schritt die Arbeitsbedingungen, streicht die Pflegeschichten an seinen Kliniken und plant hinter den Kulissen längst betriebsbedingte Kündigungen.

So werden die langjährigen Mitarbeiter bei dem Gefeilsche um ihre Zukunft zwischen zwei Mühlsteinen zerrieben. Zusammen mit dem Landesbetrieb Krankenhäuser wurden sie von Hamburg gleich mitverkauft. Mit der Posse um ihre Rückkehr-Rechte werden sie nun auch noch verraten.

[Quelle für den Kommentar: http://www.taz.de/pt/2006/11/17/a0039.1/text]



Klinikverkauf: Hat sich ver.di Hamburg über den Tisch ziehen lassen?

Bei der Privatisierung der Hamburger Kliniken verzichtete die Gewerkschaft auf eine Jobsicherung, weil sie sich auf ein Rückkehrrecht für Beschäftigte verließ. Dies könnte nun für Hunderte verhängnisvoll werden.

Die Privatisierung des Hamburger Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) mit 12 500 Beschäftigten wird zum Januar 2007 abgeschlossen. Der Klinikkonzern Asklepios übernimmt weitere 25 Prozent und wird mit 74,9 Prozent Mehrheitseigentümer. In den heftigen Auseinandersetzungen um die Privatisierung hatte ver.di stes auf das sogenannte Rückkehrrecht verwiesen, das für zwei Drittel der Beschäftigten gilt. Das LBK-Gesetz besagt, dass Mitarbeiter, die zum 1. Mai 1995 einen unbefristeten Vertrag hatten, in den öffentlichen Dienst zurückkehren können, sobald eine LBK-Mehrheit verkauft ist. Doch nun stellt sich offenbar heraus, dass dieses Recht löchrig ist und die Stadt nicht daran denkt, hunderte, oder gar tausende Rückkehrer aufzunehmen.

Das Gesetz stammt von 1995, als der rot-grüne Senat den LBK in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführen wollte, was ohne Rückkehrrecht nicht durchsetzbar gewesen wäre. Im Artikel 17 des Gesetzes steht sogar, dass Rückkehrer bis dahin erreichte Entgeltgruppen nicht verlieren dürfen.

Dieses Rückkehrrecht ist vor allem in den Servicebetrieben des LBK, die Asklepios ab Juli 2007 ausgliedern will, die letzte Rettung. Denn die ver.di-Verhandler hatten beim Tarifabschluss im Oktober dieses Jahres keine Beschäftigungssicherung gefordert, weil sie sich darauf verlassen hatten. Im Gegenzug hatten die Arbeitgeber auf Mehrarbeit verzichtet.

Doch nun haben die Betroffenen eine Einladung zu Informationsveranstaltungen erhalten, auf denen die Stadt »über die aktuelle Arbeitsmarktsituation in der Hamburgischen Verwaltung informieren« will. Das Problem scheint zu sein, dass die Stadt – anders als noch 1995 – geeignete Stellen für die Pfleger sowie die Handwerker und Angestellten der Servicebetriebe gar nicht mehr hat. Damit wäre aber die Gefahr, dass nach einer Rückkehr betriebsbedingte Kündigungen greifen, groß. Auch der besondere Kündigungsschutz im öffentlichen Dienst der Hansestadt, der für Mitarbeiter mit mehr als 15 Dienstjahren gilt, wenn sie älter als 40 sind, hilft da wenig. Dies gilt nur, wenn die Stellen auch vorhanden sind.

Dass sich ver.di über den Tisch hat ziehen lassen, vermuten Aktive aus dem Marburger Bund ( MB ): Das Rückkehrrecht wäre zwar als politisches Instrument geeignet gewesen, Druck auf die Stadt zu entfalten. Aber den einzelnen Mitarbeitern gebe es keine echte Sicherheit. Ärzte sind aber bislang von Ausgliederungen kaum betroffen, deswegen will sich der MB nicht offiziell einmischen.

Ver.di-Sekretärin Hilke Stein glaubt indes, dass solche Kündigungen »juristisch nur schwer durchsetzbar« seien und wertet die Info-Veranstaltungen als »Panikmache«. Vor einer Kündigung sei die Stadt zu Qualifizierung verpflichtet, um Rückkehrern einen Job anbieten zu können. Dass es »im Einzelfall« zu Lohnminderungen kommen kann, wollte auch Stein nicht mehr auschließen.

Völlig verschwiegen zeigt sich derweil die Stadt. Sebastian Panknin, Sprecher der Finanzbehörde, lehnt Stellungnahmen »zum gegenwärtigen Zeitpunkt« ab. Zunächst müsse abgewartet werden, wie viele LBK-Mitarbeiter zurückkehren wollten.

http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=100099&IDC=42

[Dieser Artikel wurde aus einer längeren Originalfassung abgeleitet. Siehe dazu:
Hat sich ver.di über den Tisch ziehen lassen?]



Hamburg: Nach Krankenhausprivatisierung sollten Mitarbeiter in den öffentlichen Dienst zurückkehren dürfen

Die Privatisierung des Hamburger Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) mit seinen rund 12500 Beschäftigten wird zum Januar 2007 abgeschlossen. Der Klinikkonzern Asklepios übernimmt weitere 25 Prozent der Anteile und wird mit 74,9 Prozent Mehrheitseigentümer. Das LBK-Gesetz sagt aus, daß Mitarbeiter, die bereits am 1. Mai 1995 einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit der Stadt hatten, wieder in den öffentlichen Dienst zurückkehren können, sobald eine Mehrheit der LBK-Anteile an Dritte übertragen wird. Doch nun stellt sich kurz vor Ultimo heraus, daß dieses Recht offenbar sehr löchrig ist und das städtische Personalamt gar nicht daran denkt, Hunderte, vielleicht sogar Tausende dieser Rückkehrer weiterzubeschäftigen.

Betroffene Mitarbeiter haben mit der letzten Gehaltsabrechnung eine Einladung zu Informationsveranstaltungen erhalten, auf denen das Amt »über die aktuelle Arbeitsmarktsituation in der Hamburgischen Verwaltung informieren« will. Das Problem scheint zu sein, daß die Stadt – anders als 1995 – keine geeigneten Arbeitsplätze für Krankenpfleger oder Handwerker aus den Servicebetrieben mehr hat. Damit wäre die Gefahr, daß nach einer Rückkehr betriebsbedingte Kündigungen greifen, sehr groß.

Ver.di-Sekretärin Hilke Stein glaubt dennoch, daß solche Kündigungen, »juristisch nur schwer durchsetzbar« seien.

Stein wertete gegenüber jW die städtischen Info-Veranstaltungen als »reine Panikmache«. Daß Beschäftigte »im Einzelfall« Lohnminderungen hinnehmen müßten, wollte sie aber nicht ausschließen.

Sebastian Panknin, Sprecher der Finanzbehörde, lehnte gegenüber jW jegliche Stellungnahme »zum gegenwärtigen Zeitpunkt« ab. Zunächst müsse abgewartet werden, wie viele der LBK-Mitarbeiter denn tatsächlich zurückkehren wollen.

http://www.jungewelt.de/2006/11-09/044.php

[Dieser Beitrag wurde aus einer erheblichen längeren Fassung nur sehr verkürzt abgeleitet. Das Orginal lesen Sie bitte hier: Hat sich ver.di über den Tisch ziehen lassen?]



Hamburg: Nach Krankenhausprivatisierung sollten Mitarbeiter in den öffentlichen Dienst zurückkehren dürfen

Die Privatisierung des Hamburger Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) mit seinen rund 12500 Beschäftigten wird zum Januar 2007 abgeschlossen. Der Klinikkonzern Asklepios übernimmt weitere 25 Prozent der Anteile und wird mit 74,9 Prozent Mehrheitseigentümer. Doch in den heftigen Auseinandersetzungen um diese Privatisierung und den dann folgenden Tarifkämpfen, hatte die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auch immer wieder auf das so genannte Rückkehrrecht verwiesen, das für rund Zweidrittel aller Belegschaftsangehörigen gilt. Dies ist im LBK-Gesetz geregelt und sagt aus, daß Mitarbeiter, die bereits am 1. Mai 1995 einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit der Stadt hatten, wieder in den öffentlichen Dienst zurückkehren können, sobald eine Mehrheit der LBK-Anteile an Dritte übertragen wird. Doch nun stellt sich kurz vor Ultimo heraus, daß dieses Recht offenbar sehr löchrig ist und das städtische Personalamt gar nicht daran denkt, Hunderte, vielleicht sogar Tausende dieser Rückkehrer weiterzubeschäftigen.

Beschlossen wurde das Gesetz als im Mai 1995 der damals noch rot-grüne Senat den LBK in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführen wollte, was aber ohne ein Rückkehrrecht zu verankern, politisch nicht durchsetzbar gewesen wäre. Im Artikel 17 des Gesetzes heißt es deshalb sogar, daß Beschäftigte, die von ihrem Rückkehrrecht Gebrauch machen, bis dahin erreichte Lohn- und Vergütungsgruppen nicht verlieren dürfen.

Letzter Rettungsanker

Aktuell gilt dieses Rückkehrrecht vor allem den Beschäftigten in den Servicebetrieben des LBK, die Asklepios schon ab Juli 2007 ausgliedern will, als ein letzter Rettungsanker. Mit Blick auf dieses Rückkehrrecht hatte es ver.di nämlich versäumt beim Tarifabschluss im Oktober dieses Jahres eine langfristige Beschäftigungssicherung bis 2011 durchzusetzen. In den Tarifverhandlungen hatten die Arbeitgeber zuvor angeboten, auf ihrerseits geforderte Arbeitszeitverlängerungen zu verzichten, gibt die Gewerkschaft bei der Beschäftigungssicherung nach. Ver.di hatte sich darauf und mit Blick auf das Rückkehrrecht eingelassen.

Doch nun haben die betroffene Mitarbeiter mit der letzten Gehaltsabrechnung eine Einladung zu Informationsveranstaltungen erhalten, auf denen das städtische Personalamt »über die aktuelle Arbeitsmarktsituation in der Hamburgischen Verwaltung informieren« will. Das Problem scheint zu sein, daß die Stadt – anders als noch 1995 – geeignete Arbeitsplätze sowohl für die Krankenpfleger, als auch für die Handwerker und die Verwaltungsangestellten in den Servicebetrieben, gar nicht mehr hat. Damit wäre aber die Gefahr, daß auch nach einer Rückkehr betriebsbedingte Kündigungen greifen, nun sehr groß. Und auch der besondere Kündigungsschutz im öffentlichen Dienst der Hansestadt, der für Mitarbeiter gilt, die hier schon länger als 15 Jahre beschäftigt und älter als 40 Jahre sind, hilft den Rückkehrern nur wenig. Diese Regelung gilt nämlich nur dann, wenn reale Arbeitsmöglichkeiten auch tatsächlich vorhanden sind.

Ver.di hat sich über den Tisch ziehen lassen

Daß sich ver.di über den Tisch hat ziehen lassen, vermuten Aktive aus dem Marburger Bund ( MB ), die darauf verwiesen, daß das Rückkehrrecht zwar als politisches Instrument durchaus geeignet gewesen wäre, Druck auf die Stadt zu entfalten, aber den einzelnen Mitarbeitern eine wirkliche Sicherheit nicht geben könne. Öffentlich will man sich in die Angelegenheiten von ver.di aber nicht einmischen, denn Ärzte sind bislang von den geplanten Ausgliederungen nur wenig betroffen.

Ver.di Sekretärin Hilke Stein glaubt indes, daß solche Kündigungen »juristisch nur schwer durchsetzbar« seien. Stein wertete die städtischen Info-Veranstaltungen als »reine Panikmache«. Vor einer Kündigung sei die Stadt zudem verpflichtet, Qualifizierungsmaßnahmen anzubieten, um so den Rückkehrern dann doch noch einen geeigneten Arbeitsplatz anbieten zu können. Daß es dann »im Einzelfall« auch zu Lohnminderungen kommen kann, wollte aber auch Stein nicht mehr auschließen.

Völlig verschwiegen zeigt sich unterdessen die Stadt. Sebastian Panknin, Sprecher der Finanzbehörde, lehnte jegliche Stellungnahme »zum gegenwärtigen Zeitpunkt« ab. Zunächst müsse abgewartet werden, wie viele der LBK-Mitarbeiter tatsächlich zurückkehren wollen.

[Nur leicht gekürzt wurde dieser Beitrag auch vom Neuen Deutschland übernommen. Siehe dazu: Löchriges Rückkehrrecht. Nur kurz problematisiert wurde der Zusammenhang hingegen in der Tageszeitung Junge Welt. Siehe hierzu: Rückkehrrecht eine Mogelpackung?



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Renditeerwartungen um zehn Prozent. Altschulden trägt die Stadt

In Hamburg hat der Senat den Verkauf aller städtischen Pflegeheime an die Berliner Vitanas-Gruppe beschlossen. Zum Preis von 65 Millionen Euro gehen die zwölf Heime, die bisher von der städtischen Gesellschaft »pflege & wohnen« (p & w) betrieben wurden, mitsamt ihren 1600 Mitarbeitern und 2827 Heimbewohnern bereits zum 1. Januar 2007 in die Verantwortung von Vitanas über. Dafür verpflichtet sich der Gesundheitskonzern, der allein in Berlin 25 Gesundheitszentren betreibt, weitere 53 Millionen Euro in die Modernisierung der teils maroden Häuser bis 2011 zu investieren. Doch die Schulden von p & w, die sich zum Schluß auf 347 Millionen Euro beliefen, verbleiben bei der Stadt. Sie resultieren aus Altlasten, wie Pensionsverpflichtungen und Verbindlichkeiten, die dem Träger 1997 bei dessen Umwandlung in eine »Anstalt öffentlichen Rechts« aufgebrummt wurden. So aber hätten die Häuser auch an einen gemeinnützigen Träger, in dem nicht nur Gewinnabsichten zählen, verkauft werden können, kritisierte am Mittwoch Landespastorin Annegrethe Stoltenberg die Senatsentscheidung vom Vortag.

Kritik am Verkauf kommt auch von der oppositionellen SPD. Hier hält man einen Totalrückzug der Stadt aus dem Pflegebereich auch deshalb für falsch, weil sich die Anzahl pflegebedürftiger Menschen erhöhe. Sozialpolitische Steuerungsmöglichkeiten dürften deshalb nicht vollständig aus der Hand gegeben werden. Moniert wird zudem, daß die Investitionen für die Umbauten der Häuser nun auch zum Teil durch die Heimbewohner durch teurere Pflegeplätze refinanziert werden sollen.

Alarmstimmung herrscht jetzt ebenso unter den Angestellten, wo man schlechtere Arbeitsbedingungen befürchtet. Zwar hat sich der Gesundheitskonzern zur Beschäftigungssicherung bis 2009 verpflichtet, doch als Vitanas erst kürzlich drei Häuser des Deutschen Roten Kreuzes in Schleswig-Holstein übernahm, wurden dort den Mitarbeitern sofort neue Arbeitsverträge aufgedrängt, während man einen Überleitungstarifvertrag mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ablehnte.

Gegenüber junge Welt verwiesen Mitarbeiter auf die hohen Renditeerwartungen von Privatanbietern im Pflegebereich, die im Schnitt bei rund zehn Prozent liegen würden. Bei Einhaltung von Qualitätsstandards wären aber, da die Pflegesätze nicht zu beeinflussen sind, maximal drei bis vier Prozent drin, weshalb nun Leistungsverdichtungen befürchtet werden.

http://www.jungewelt.de/2006/08-24/013.php