11. August 2007

Wolfgang Rosestrong>Hamburg: Ver.di-Landeschef freut, daß Die Linke DGB-Forderungen aufgreift, ­kandidiert aber für die SPD. Gespräch mit Wolfgang Rose

Wolfgang Rose ist Landesbezirksleiter der Gewerkschaft ver.di in Hamburg

Unter Ihrer Mitwirkung haben die Gewerkschaften Forderungen für die Bürgerschaftswahlen im Februar 2008 vorgelegt. Demnach sollen Ein-Euro-Jobs durch sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse ersetzt, die Privatisierungen gestoppt und ein neues integriertes Schulsystem eingeführt werden. Gefordert werden die Streichung der Studiengebühren, die Stärkung der Mitbestimmungsrechte und mehr Geld für Soziales. Von den Parteien vertritt das nur Die Linke. Sie selbst kandidieren für die SPD. Macht Ihnen das keine Schwierigkeiten?

Überhaupt nicht. Denn wenn Die Linke unsere nun schon vor Monaten erarbeiteten Forderungen einfach übernimmt, dann kann ich als Gewerkschafter da doch nichts dagegen haben. Im übrigen wird über diese Punkte auch bei der SPD und über manche auch bei der Grün-Alternativen Liste, GAL, beraten.

Doch als Abgeordneter der SPD werden Sie eine Politik vertreten müssen, die diesen Forderungen widerspricht.

Das sehe ich nicht so. Denn in einem Gespräch zwischen dem DGB und der Landesspitze der SPD konnten wir schon jetzt ein großes inhaltliches Einvernehmen feststellen.

Privatisierungsprojekte, wie etwa bei den Hamburgischen Elektrizitätswerken (HEW), gab es auch schon in der Regierungszeit der SPD. Und auch die Hartz-IV-Gesetze und die Ein-Euro-Jobs sind eine Erfindung der SPD.

Daß die Privatisierung der HEW ein Fehler war, ist inzwischen bei fast allen Parteien anerkannt. Doch heute haben wir es mit einer Situation zu tun, wo die SPD sowohl bei der Privatisierung des Landesbetriebs Krankenhäuser als auch bei der Privatisierung der Hamburger Hafen- und Logistik AG und auch bei der Hochbahn und den Altenpflegeheimen dem CDU-Senat energisch widerspricht. Daß wir als Gewerkschaften Hartz IV ablehnen, ist allgemein bekannt. Aber es steht als Bundesgesetz in Hamburg nicht zur Disposition. Doch der CDU-Senat hat sich in Hamburg entgegen dem Bundesgesetz ausschließlich auf 13000 Ein-Euro-Jobs konzentriert, alle anderen Beschäftigungsförderungs- und Weiterbildungsmaßnahmen wurden weitgehend liquidiert. Als Gewerkschaften fordern wir ein Sofortprogramm zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Ich denke, das wird im Wahlprogramm der SPD Verankerung finden.

Sie können doch nicht leugnen, daß es Widersprüche zwischen Sozialdemokraten und Gewerkschaften gibt. So hat etwa SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann die Forderung nach einer »Schule für alle« sofort in Frage gestellt. Und beim Mindestlohn verweigert er jegliche Konkretisierung bezüglich der Höhe. Sehr konkret wurde er hingegen, was Ihren künftigen Part in der Bürgerschaft anbetrifft: den eines »Korrektivs und Ermahners«. Das ist die typische Rolle eines vielleicht lauten, aber einflußlosen Jungsozialisten.

Sie können gerne weiterhin versuchen, fortwährend an Hand kleinster Meinungsunterschiede große Gegensätze zwischen den Gewerkschaften und der SPD in Hamburg aufzubauen. Daran beteilige ich mich nicht. Denn mir geht es darum, konkrete Verbesserungen für die Arbeitnehmer durchzusetzen. Beim Mindestlohn wie bei der Schulreform gab es in Gewerkschaft und Gesellschaft langwierige Diskussionsprozesse, die noch nicht zu Ende sind. Und diesbezüglich dann die Rolle eines Korrektivs oder eines Ermahners einzunehmen, um so gewerkschaftliche Positionen zu verankern, ist nicht ehrenrührig. Jedenfalls dann nicht, wenn es so gelingt, reale Verbesserungen für die Arbeitnehmer durchzusetzen.

Dann machen wir es konkret: Unmittelbar nach den Wahlen will Die Linke eine Bundesratsinitiative für einen Mindestlohn auf der Basis gewerkschaftlicher Forderungen in der Bürgerschaft beantragen. Werden Sie dem Antrag zustimmen, oder werden Sie sich der Fraktionsdisziplin unterwerfen?

Das werde ich heute noch nicht beantworten. Ich will beim Mindestlohn nicht nur recht haben, sondern ihn durchsetzen. Konkret wird dann zu berücksichtigen sein, welche Koalition nach den Wahlen möglich wird und wie es gelingt, Arbeitnehmerinteressen im Koalitionsvertrag und der Senatspolitik zu verankern. Denn dafür muß man Überzeugungsarbeit leisten, auch im Parlament. Wer hingegen nur plakative Forderungen aufstellt, der nützt den Arbeitnehmern nur wenig.

Verwendung: Junge Welt vom 11. August 2007