22. Februar 2008

Menschen haben andere Sorgen als DKP-Kandidatur auf der Liste der Linkspartei. Ein Gespräch mit Olaf Harms

Olaf Harms ist Kandidat auf Listenplatz 10 der Partei Die Linke für die Hamburger Bürgerschaftswahl am Sonntag und Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP)

Wie Ihre Genossin Christel Wegner waren auch Sie Donnerstag letzter Woche in einer »Panorama«-Sendung im ARD zu sehen, die DKP-Kandidaturen auf Linkspartei-Listen zu skandalisieren versuchte. Wurden Sie inzwischen bei Veranstaltungen oder an Infoständen darauf angesprochen?

Olaf Harms

Meiner Erfahrung nach – und das haben mir andere bestätigt – hat sich diese »Panorama«-Sendung in Hamburg nicht großartig ausgewirkt. Das liegt wohl daran, daß die Leute zur Zeit andere Sorgen haben und wissen, wer ihnen Hartz IV beschert hat. Das ist jedenfalls mein Eindruck, der auch durch die aktuellen Umfragewerte für die Partei Die Linke gestützt wird.

Was war Ihrer Meinung nach Sinn und Zweck der »Panorama«-Sendung zu diesem Zeitpunkt?

Die Sendung hatte zwei Aufgaben: Erstens, Einfluß auf den Hamburger Wahlkampf zu nehmen und durch antikommunistische Hetze die generelle Unwählbarkeit der Partei Die Linke aufzuzeigen. Zweitens sollte sie innerhalb der Linkspartei eine Distanzierungswelle auslösen. Das ist in Hamburg beides nicht gelungen, obwohl es auch Reaktionen der Sorte »Muß das denn sein?« in der Linkspartei gab – was ich teilweise verstehen kann, wenn es von politisch unerfahrenen Mitgliedern kommt. Aber letztlich zieht das Argument, daß man Kommunisten nicht von der sonst so geschätzten Meinungsvielfalt in diesem Projekt ausnehmen kann.

Was sagen Sie zum Vorwurf der Wählertäuschung, der Ihnen zumindest indirekt gemacht wurde, weil Sie Ihre DKP-Mitgliedschaft bei Wahlkampfauftritten nicht in den Vordergrund gestellt haben?

Im Wahlkampf werbe ich um Stimmen für Die Linke, weil ich auf ihrer Liste kandidiere – da kann man mir nicht vorwerfen, ich würde meine DKP-Mitgliedschaft verschleiern, nur weil ich sie nicht in den Vordergrund stelle. Wenn ich an einem Infostand der Linkspartei darauf angesprochen werde, daß wir ja alle Kommunisten seien, kann ein »Panorama«-Reporter auch nicht erwarten, daß ich sofort sage »stimmt«. Schließlich stehen über 100 Kandidaten auf den Listen, darunter nur wenige organisierte Kommunisten. Wesentlicher ist doch, daß ich voll hinter dem Sofortprogramm stehe, das der Landesparteitag der Partei Die Linke beschlossen hat.

Was sind die wichtigsten Programmpunkte, für die Sie sich in der Bürgerschaft einsetzen wollen?

Zusammen mit der Fraktion und den Menschen dieser Stadt zunächst einen Stopp von weiteren Privatisierungen öffentlichen Eigentums erreichen. In der Planung ist ja, daß nun auch die Augenklinik des UKE verkauft werden soll. Dann geht es darum, den Landesbetrieb Krankhäuser und die Einrichtungen von »pflegen & wohnen« zu rekommunalisieren. Ein weiterer Punkt ist mehr Demokratie – also dafür zu kämpfen, daß Volksentscheide Gültigkeit haben und nicht wie bisher von der CDU ignoriert werden. Ein Landesprogramm für Arbeit aufzusetzen, Ein-Euro-Jobs in sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze umzuwandeln, Arbeitszeitverkürzung im öffentlichen Bereich, ein Tariftreuegesetz in Form einer Vergaberichtlinie für öffentliche Aufträge. Im Bildungsbereich geht es um die Kampagne »Eine Schule für alle«. Dafür setze ich mich ein, da habe ich keine Differenzen mit der Linkspartei – und im übrigen auch nicht mit den Menschen dieser Stadt.

Wird die Art der Zusammenarbeit mit der Linkspartei und die Medienkampagne gegen Christel Wegner auf Ihrem Parteitag am Wochenende eine Rolle spielen?

Sicher wird das Gegenstand von Analysen sein. Aber ich will an dieser Stelle betonen,daß ich gegebenenfalls für Die Linke, und nicht für die DKP in der Bürgerschaft sitzen würde.

[Dieser Beitrag meiner jW-Kollegin Claudia Wangerin ist Teil einer gemeinsamen Schwerpunktseite in der Jungen Welt vom 22. Februar 2008. Deshalb wird er hier dokumentiert. Lesen Sie dazu auch meine Beiträge Bürgerschaft mit links und Dokumentiert: Gewerkschafter für die Linke. Die gesamte und gestaltete Seite können Sie sich hier auch als PDF-Datei downloaden.]

Verwendung: Junge Welt vom 22. Februar 2008