Antikommunistische Kampagne ändert nichts an den guten Prognosen für Die Linke in Hamburg. Selbst Lafontaine und Gysi reichen DKP-Kandidaten der Hansestadt die Hand
Endspurt in Hamburg. Am Mittwoch abend feuerten die Parteichefs der Linken, Gregor Gysi und Oskar Lafontaine, ihre Mannschaft in der Hansestadt noch einmal richtig an. Über 1000 Anhänger drängten sich in der Altonaer »Fabrik«. Mehrere hundert mußten draußen bleiben. Es war einfach zu voll. Hamburgs Linke-Spitzenkandidatin Dora Heyenn gab sich überzeugt, daß es einen »Politikwechsel im Rathaus« nur mit Einzug einer starken Fraktion in die Bürgerschaft geben könne. »Nur wir stehen für Glaubwürdigkeit«, rief sie. Dem konnte sich Gysi nur anschließen: »Ich will, daß ihr so stark werdet wie möglich«, denn nur dann bestünde die Chance, daß »die SPD wieder etwas sozialdemokratischer« und die Grünen »vielleicht wieder etwas friedlicher« werden. Nur seine Partei stünde »für soziale Gerechtigkeit«, für das Ende des Niedriglohns, für die Streichung von Leiharbeit. Die bezeichnete Gysi als eine »moderne Form der Sklaverei«. Energisch forderte der Redner den »Aufbruch von Monopolstrukturen durch staatliches Eigentum«, vor allem im Energiesektor. Forderungen der Linken, wie etwa die nach einer Rekommunalisierung der Kliniken in Hamburg, seien durchaus finanzierbar: »Wenn wir die Steuern auf europäisches Normalniveau anheben, dann haben wir 120 Milliarden Euro zusätzlich in die öffentlichen Kassen«, so Gysi. Auf Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und seinen SPD-Herausforderer Michael Naumann eingehend, betonte Gysi, daß diese sich so ähnlich seien, daß es ohne die Linke »kotzlangweilig« in der Bürgerschaft werden würde.
Ein Ball, den Linke-Parteichef Oskar Lafontaine aufnahm: »Naumann, der sich nun über die Existenz von Armenküchen in Hamburg beklagt«, habe »diese Suppe selbst mit eingebrockt«, als er und seine Partei die Hartz-IV-Gesetze einführten. Nur die Linke halte an der Forderung nach Streichung dieser Gesetze fest. Auf die Steueraffäre um den ehemaligen Post-Chef Zumwinkel eingehend, forderte Lafontaine die Einführung einer »Reichensteuer«. Empört zeigte sich der Redner schließlich über die »scheinheilige Kommunistendebatte« [… der letzten Tage. // …, die nach einem Interview der DKP-Landtagsabgeordneten Christel Wegner in der ARD-Sendung »Panorama« losgetreten wurde]. Der Forderung des Grüne-Parteichef Reinhard Bütikofer, Angehörige ehemaliger K-Gruppen und DKP-Landeschef Olaf Harms, von der Bürgerschafsliste der Linken zu streichen, quittierte der Redner mit der Bemerkung, ob Bütikofer nicht mehr wisse, woher er selbst komme. Scharf attackierte Lafontaine auch CDU und FDP. Diese hätten offenbar vergessen, wie viele »Blockflöten« sich in den eigenen Reihen befinden. »Ich dachte, die CDU wäre stolz darauf eine ehemalige FDJ-Funktionärin zur Bundeskanzlerin gemacht zu haben«, scherzte Lafontaine. Auch seiner Partei empfahl er dringend, diese »antikommunistischen alten Kamellen« von der heiteren Seite zu nehmen. »Das zieht doch nicht mehr«, so der Redner mit Blick auf jüngste Wahlumfragen in Hamburg. Demnach könnte die Linke mit neun Prozent am Sonntag sogar als drittstärkste politische Kraft in die Bürgerschaft einziehen. Lafontaine fügte hinzu, daß der Maßstab für die Listenvorschläge doch darin bestehen müsse, daß »unsere Kandidaten nicht auf den Gehaltslisten der Großkonzerne stehen.«
Gysi hatte kurz vor Veranstaltungsbeginn vor einigen Journalisten betont, daß er die Mitnahme von DKP-Mitgliedern auf den linken Wahllisten nicht als Zukunftsmodell betrachte. Doch mit dem Hamburger DKP-Landeschef Olaf Harms habe er »kein Problem«. Ein Standpunkt, den auch Dora Heyenn in den letzten Tagen immer wieder betont hatte. Sie lasse auf die zehn DKP-Mitglieder, die für die Bürgerschaft und die Bezirksversammlungen auf linken Listen in Hamburg kandidieren, nichts kommen. Sie stünden auf der Grundlage des linken Sofortprogramms.
* Wahlparty der Partei Die Linke in Hamburg, Sonntag, 24. Februar, ab 17 Uhr, Fabrik in Altona, Barnerstraße 36
[Dieser Beitrag ist Teil einer Schwerpunktseite in der Jungen Welt vom 22. Februar 2008. Lesen Sie dazu auch meinen Beitrag Dokumentiert: Gewerkschafter für die Linke und das Interview meiner jW-Kollegin Claudia Wangerin mit Olaf Harms »Panorama hat in Hamburg nicht gewirkt«. Die gesamte und gestaltete Seite können Sie sich hier auch als PDF-Datei downloaden.]
Richtigstellung:
Bei der Veröffentlichung dieses Textes in der Tageszeitung Junge Welt, wurde ein bestimmter Textabschnitt durch das Redigieren völlig verfälscht. Der entsprechende Textabschnitt ist oben durch eine Streichung gekennzeichnet. Näheres dazu lesen Sie hier.
Verwendung: Junge Welt vom 22. Februar 2008
Ich verstehe derzeit nicht, aus welchem Grund man über eine Woche von Zumwinkel und Konsorten
berichten muss und andere ebenfalls wichtige Themen aus den Nachrichtensendungen verbannt werden.
Ich höre fast nichts mehr von den ganzen Landesbanken, die von uns Steuerzahlern gestützt werden müssen.
WestLB, Bayern LB, Sachsen LB… ok da weiß man bescheid.
Doch was ist mit folgenden LB´s: Berlin LB, Hamburg & Schleswig Holstein LB
Da muss man schon gezielt nach suchen, um etwas zu finden… (Google News hilft dabei)
Ich sehe Zumwinkel als krasses Ablenkungsmanöver…