Gemeinsam handeln: Die DKP unterstützt Die Linke bei den Bürgerschaftswahlen in Hamburg. Ein Gespräch mit Olaf Harms
Olaf Harms ist Vorsitzender der DKP in Hamburg. Für die Wahlen am 24. Februar tritt er dort als Bürgerschaftskandidat für Die Linke an
Meinungsforscher sagen der Linken ein gutes Wahlergebnis voraus. Mit welchem Ergebnis rechnen Sie selbst?
Hamburg ist immer für Überraschungen gut. Doch Fakt ist, daß die Linke in die Bürgerschaft einziehen und dort dann als eine klare linke Oppositionskraft wirken wird. Wenn ich von Stimmungen ausgehe, die ich an Infoständen mitnehme, könnte es ein sehr gutes Wahlergebnis werden. Und dies zu erreichen, kommt es nun darauf an, Stimmungen in Stimmen zu verwandeln.
Sie wohnen in Wilhelmsburg, wo fast 50 Prozent der Menschen auf Hartz IV angewiesen sind. Wie verwandeln Sie dort Stimmungen in Stimmen?
Vor meiner Haustür sprach mich kürzlich ein Bürger mit »Lafontaine« an. Er brachte damit seine Zustimmung zu unserem Oppositionskurs zum Ausdruck. Gleichzeitig machte er deutlich, wie enttäuscht er von der SPD ist. Das sind Erlebnisse, wie wir sie vielfach haben, denn die Leute wissen genau, wer für Hartz IV und die Agenda-Politik Verantwortung trägt. Leider gibt es auch viele, die sagen, daß »die da oben« am Ende doch machen, was sie wollen. Diesen Menschen Mut zu machen, sich selbst zu wehren, ist eine gute Methode um sie auch für die Wahl der Linken zu gewinnen.
In ihrem Sofortprogramm schlägt die Linke die Umwandlung aller Ein-Euro-Jobs in reguläre Arbeitsverhältnisse, die Zurücknahme der Sozialkürzungen des CDU-Senats, den Stopp aller Privatisierungen, die Re-Kommunalisierung der Kliniken und ein neues Gesamtschulsystem vor. Wie wollen Sie das finanzieren?
Wer Politik verändern will, der muß dafür Geld in die Hand nehmen. Deshalb wollen wir auf teure Prestigeprojekte verzichten, schlagen zudem aber auch vor, wie man durch mehr Steuerprüfer und Veränderungen in der Steuerpolitik die Einnahmeseite verbessern kann. Generell gilt, daß wir das, was wir den Ärmeren geben, bei den Reichen holen. Bei der SPD befürchte ich hingegen, daß sie nur innerhalb der Klasse umverteilen wird. Also nach dem Motto: Was ich den Erwerbslosen gebe, hole ich mir von den Lohnabhängigen oder umgekehrt. Das ist mit uns nicht zu machen.
Angenommen, es käme zu »hessischen Verhältnissen«. Wie sollte die Linke ihre Tolerierungspolitik gestalten?
So, wie auf einem Linke-Landesparteitag Anfang dieses Jahres und davor auf einem weiteren beschlossen. Eine SPD-Grünen-Minderheitsregierung werden wir nur tolerieren, wenn sie das linke Sofortprogramm umsetzt. Verhandlungen nach dem Motto, wir geben euch die Abschaffung der Ein-Euro-Jobs, ihr schluckt dafür das Kohlekraftwerk in Moorburg oder das alte Schulsystem, darf es nicht geben.
Im Klartext also Opposition?
Nur dafür werden wir gewählt. Mit kluger Oppositionspolitik ist eine Menge zu bewegen und durchzusetzen.
Sie sind Mitglied der DKP. Warum unterstützt Ihre Partei die Linke im Wahlkampf?
In Hamburg lebt jedes fünfte Kind in Armut. 30000 Menschen verdienen so wenig, daß sie zusätzlich Transferleistungen benötigen. 12000 Menschen arbeiten als Ein-Euro-Jobber. Hamburg ist eine reiche Stadt, aber zugleich auch eine Stadt, in der Armut und Ausgrenzung regieren. Dies zu ändern, den Sozialraub zu stoppen, ist das Ziel von Kommunisten. Am besten geht dies, wenn wir gemeinsam handeln.
Gregor Gysi hat gerade erklärt, daß er die Aufstellung von DKP-Mitgliedern bei der Linkspartei mißbilligt. Er betonte, daß die DKP-Forderung, große Produktionsmittel zu vergesellschaften, mit der Linken nicht zu machen sei.
Dann stößt man aber schnell an Grenzen. Was wollen wir denn machen, wenn wie bei Allianz, bei Siemens oder Nokia Tausende Mitarbeiter entlassen werden und gleichzeitig die Kapitaleigentümer riesige Gewinne einfahren? Im Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes ist das Sozialstaatsgebot vorgeschrieben. Wer dagegen verstößt, kann enteignet werden. Was nützt es, wenn man den Raubtierkapitalismus rhetorisch geißelt, sich davor aber scheut, ihm Grenzen aufzuzeigen?
Ich mache in Hamburg seit über 30 Jahren Politik. Zumindest meine Erfahrung besagt, daß wir als Linke immer dort erfolgreicher sind, wo wir gemeinsam handeln. Die Mitglieder unserer Partei sind wie Hunderte andere am Wahlkampf beteiligt. Auch mit eigenem Material und in dem wir begründen, warum wir die Linke unterstützen. In Hamburg findet das eine positive Resonanz.
[Dieses Interview ist Teil einer Schwerpunktseite, die ich für die Tageszeitung Junge Welt gestaltete. Lesen Sie deshalb auch Dokumentation: Sechs Punkte für soziale Gerechtigkeit und Zünglein an der Waage. Die gesamte und gestaltete Seite können Sie hier auch als PDF-Datei herunterladen.]
Verwendung: Junge Welt vom 14. Februar 2008