04. September 2007

Lorenz Gösta Beutin, Landessprecher der Partei Die Linke in Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein: In Kiel gründete sich Landesverband der Linkspartei. Ein Gespräch mit Lorenz Gösta Beutin

Lorenz Gösta Beutin ist Landessprecher der Partei Die Linke in Schleswig-Holstein

Auf dem Fusionsparteitag von WASG und Linkspartei am Sonntag in Kiel wurden Sie mit großer Mehrheit zum Landessprecher gewählt. Dies geschah, obwohl Sie in der Debatte um die strittige Satzung mehrfach sehr zugespitzte Beiträge lieferten. Was waren dafür Ihre Motive?

Mit der Landessatzung haben wir den Rahmen für unser politisches Eingreifen festgelegt. Zwei Grund­entwürfe standen sich dabei gegenüber: ein eher vorstandsorientiertes und ein eher basisdemokratisches und auf die Rechte der Mitglieder orientiertes Parteimodell. Die Debatte hat sich dann an der Frage zugespitzt, ob die politische Führung im Landesverband beim Vorstand oder aber bei unserem Landesrat, in dem die Kreisverbände durch Delegierte vertreten sind, liegen soll.

Mehrheitlich entschied sich der Parteitag dann dafür, daß der Landesrat das »höchste beschlußfassende Organ« unseres Landesverbandes zwischen den Parteitagen ist. Für mich war das eine wichtige Frage. Das alte hierarchische Parteienmodell, bei dem nur die Vorstände über die Politikrichtung entscheiden, hat sich überlebt. Wenn wir »mehr Demokratie« fordern, dann müssen wir das auch in der eigenen Partei anwenden. Zudem wird hiermit und mit den Möglichkeiten des Mitgliederentscheids die Teilnahme der Mitglieder am Parteileben gestärkt.

Lothar Bisky hat auf dem Parteitag kritisch bemerkt, daß sich Die Linke nur mit zehn Prozent ihrer Zeit um eigene, sonst aber um die Probleme der Bürger kümmern sollte.

Das können wir doch aber erst, wenn wir uns einen vernünftigen Rahmen für dieses Eingreifen und Kümmern geschaffen haben. Den zu schaffen, das stand am Sonntag im Mittelpunkt. Die weiteren Fragen, wie etwa die Ausarbeitung unseres programmatischen Profils im Vorfeld der im Mai 2008 anstehenden Kommunalwahlen, werden wir im Oktober auf der Fortsetzung des Parteitages behandeln.

Sie selbst haben dafür ein »bewegungsorientiertes Konzept« vorgeschlagen. Was soll das heißen?

Das heißt, daß wir unsere Forderungen eben nicht am »grünen Tisch«, sondern als ein Teil der sozialen Bewegungen und unter Einbeziehung dieser Bündnisse entwickeln werden. Wir sind Teil der Bewegung gegen Sozialabbau, der antifaschistischen Initiativen und der Aktionen gewerkschaftlicher Gegenwehr.

Ist dies der Grund, warum Sie in einem weiteren Antrag eine Bestätigung der Antikriegspolitik Ihrer Partei gefordert haben?

Daß es im Umfeld des »Forums demokratischer Sozialismus« einige gibt, die auf eine Revision unserer Positionen und vor allem unseres bedingungslosen Neins zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr drängen, ist doch inzwischen offensichtlich. Sie meinen, so regierungsfähig zu werden. Wir betonen hingegen, daß unsere Partei oppositionsfähig werden muß. Ohne eine glasklare Antikriegspolitik geht das nicht.

In Ihrer Kandidatenvorstellung haben Sie kein Geheimnis daraus gemacht, zur »Antikapitalistischen Linken« zu gehören. Was sagen Sie denen, die nun befürchten, Schleswig-Holstein könne zu einem neuen Sammelbecken der Parteiopposition werden?

Als Landessprecher vertrete ich alle Mitglieder und nicht nur einzelne Strömungen. Doch in Schleswig-Holstein haben sich sowohl die ehemalige Linkspartei als auch die WASG stets für die friedenspolitischen Positionen des Münsteraner und des Dortmunder Parteitags stark gemacht. Und auch in vielen anderen Fragen, wie etwa dem Problem der Regierungsbeteiligungen oder auch der Perspektive einer Gesellschaft der Freien und Gleichen, gibt es innerhalb des Landesverbandes keine wesentlichen Widersprüche. Besonders wichtig ist es mir, daß in unserem Landesvorstand alle Strömungen und alle Positionen vertreten sind. Bei uns wird niemand ausgegrenzt. Wir setzen auf gemeinsame Diskussionen, auf konstruktive Zusammenarbeit und darauf basierende Integration.

Wie bereiten Sie sich auf die Kommunalwahlen vor?

Mit einer Kampagne gegen die Privatisierung und für die Rekommunalisierung der bereits privatisierten Bereiche, mit der Ausarbeitung unserer Forderungen und im Rahmen eines antikapitalistischen Kommunalwahlprogramms. Gegen die neoliberale Politik aller anderen Parteien setzen wir auf klare Opposition. Und so schaffen wir auch die Voraussetzungen dafür, mit offenen Listen, also unter Beteiligung von Vertretern aus den sozialen Bewegungen, aus Erwerbsloseninitiativen, aus den Gewerkschaften und anderen linken Gruppen, bei den Wahlen anzutreten.

Verwendung: Junge Welt vom 4. September 2007
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