12. April 2007

Wilhelm_Achelpöhler»Grüne Friedensinitiative« will durchsetzen, daß in der ehemaligen Antikriegspartei wieder über Friedenspolitik diskutiert wird. Ein Gespräch mit Wilhelm Achelpöhler

Der Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler ist Sprecher des Kreisverbandes von Bündnis 90/Die Grünen in Münster

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth hat den Ostermarschierern Schwarzweißmalerei vorgeworfen. Das Militärische würde durch die Friedensbewegung zu pauschal abgelehnt, hieß es. Einige Grünen-Politiker haben deshalb am Ostermontag die »Grüne Friedensinitiative« (GFI) gegründet. Was ist deren Ziel?

Wir wollen die Debatte um friedenspolitische Alternativen wieder voranbringen, denn in der Friedensbewegung liegen die Wurzeln unserer Partei. Dafür stehen ja auch Namen, wie etwa Petra Kelly. Dafür steht aber auch unser jahrelanger Kampf gegen die Nachrüstung und für Abrüstungsinitiativen. Wenn Claudia Roth diese Traditionen jetzt negiert, so verdeutlicht das eine unheilvolle Entwicklung in unserer Partei. Als GFI betonen wir hingegen: Wir stehen in der Tradition dieser Ostermärsche. Wir sind gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr. Wir wollen, daß auch bei den Grünen wieder mehr über Friedenspolitik diskutiert wird.

Sie sind Mitglied einer Partei, die nicht nur den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der NATO gegen Jugoslawien, sondern auch den ebenso völkerrechtswidrigen Bundeswehreinsatz in Afghanistan gebilligt hat. Auf dem Rostocker Parteitag im November 2001 stimmten 80 Prozent aller Delegierten dem Militäreinsatz in Afghanistan zu. Das ist doch kaum noch zu wenden?

Kurzfristig nicht. Ob es langfristig möglich ist, weiß ich nicht. Ein wichtiger Unterschied zu den 80ern besteht ja darin, daß sich die weltpolitischen Konstellationen grundlegend verändert haben. Heute geht es auch um die Außenpolitik Deutschlands. In den 80er Jahren kritisierten wir die Politik der USA und des Warschauer Paktes. Die Kritik an der eigenen Außenpolitik ist aber deshalb sehr schwierig, weil dies mit einer Denkblockade verbunden ist. Es wird gesagt, daß nur diejenigen regierungsfähig sind, die diese Militäreinsätze der NATO billigen. Das ist ein sehr merkwürdiges Verständnis unserer parlamentarischen Demokratie. Denn im Grunde wird damit gesagt, daß es zwar Wahlen gibt, daß sich an der Politik, zumindest an der Außenpolitik, aber nichts verändern darf.

Sie haben sich eine große Aufgabe gestellt, denn alle Umfragen zeigen, daß die Zustimmung zu den Kriegseinsätzen unter den Anhängern Ihrer Partei besonders groß ist.

Das liegt doch auch daran, daß über Alternativen kaum noch nachgedacht und diskutiert wird. Wenn aber nun am Samstag im Länderrat der Grünen über einen Antrag des Bundesvorstandes diskutiert wird, mit dem dieser die Fortsetzung des ISAF-Einsatzes in Afghanistan billigen will, soll es anders sein. Wir werden dann darauf hinweisen, daß derjenige, der zum ISAF-Einsatz ja sagt, auch ja zum Einsatz der »Tornado«-Flugzeuge sagt.

Ihr Kreisverband gilt als links. Doch im Bundestag werden Sie durch Winfried Nachtwei vertreten. Der war nicht nur für den Militäreinsatz in Jugoslawien, sondern er hat auch dem Bundeswehreinsatz in Afghanistan zugestimmt. Wie paßt das zusammen?

Winni und ich sind hier unterschiedlicher Meinung, so wie sich sicher auch die Mitglieder unseres Kreisverbandes in dieser Frage nicht einig sind. Auch wenn Winni nicht immer die Mehrheit auf seiner Seite hatte, so wird er doch sicher von einer ganz großen Mehrheit des Kreisverbandes respektiert, mich eingeschlossen.

Wen vertritt die GFI dann aber eigentlich?

Daß wir mit unseren Positionen in der Minderheit sind, wissen wir selbst. Unsere Grundsatzkritik ist ja erst der Einstieg in eine neue Debatte. Völlig verloren hätten wir dann, wenn selbst eine solche Kritik nicht mehr möglich wäre.

Doch was verbindet Sie dann noch mit dieser Partei? Etwa die Sozialpolitik?

Ich bin seit 1980 dabei. Es gibt ja eine ganze Reihe von Themen, wie etwa beim Klimaschutz, bei denen ich mit meiner Partei sehr konform bin. In sozialpolitischen Fragen bin ich allerdings auch in der Minderheit. Und überhaupt: Was ist ein Ketzer ohne seine Kirche? Münster war schon immer ein Nest von Wiedertäufern.

Nähere Infos unter www.gruene-friedensinitiative.de

Verwendung: Junge Welt