3. März 2007

portrait_Juergen_BrunsDie Airbus-Beschäftigten in Varel wollen den Verkauf des Werkes nicht kampflos hinnehmen. Ein Gespräch mit Jürgen Bruns

Jürgen Bruns ist Betriebsratsvorsitzender des Airbus-Werkes in Varel und Mitglied im Europäischen Komitee der Airbus-Betriebsräte

Im Rahmen des Sparprogramms »Power 8« hat hat die Airbus-Konzernspitze am Mittwoch verkündet, gleich mehrere Werke in Deutschland und Frankreich aufzugeben. Verkauft werden soll auch das Werk in Varel. Was aber wird dann aus den 1350 Mitarbeitern?

Das kann ich Ihnen leider auch nicht sagen, denn außer dieser allgemeinen Ankündigung, gibt es bisher keine konkreten Daten. Völlig unklar ist auch, was eigentlich das Ziel eines solchen Ausverkaufs sein soll.

Daß aber verkauft werden soll, steht offenbar fest. Wie wurde diese Nachricht aufgenommen?

Mit sehr viel Enttäuschung. Etliche Kollegen waren sehr deprimiert. Doch immer stärker wuchs dann auch die Wut. Sechs Monate haben diese Spitzenmanager nun über dieses angebliche Sanierungskonzept diskutiert. Sechs Monate lang wurde auch über unsere Arbeitsplätze spekuliert. Und dann kommt so ein Papier. Völlig ohne Details und in bezug auf die Einzelmaßnahmen völlig unbegründet. Das ist doch absolut konzeptionslos! In Varel haben wir jahrelang für den Erfolg von Airbus hart gearbeitet. Manchmal auch in Sonderschichten am Samstag und Sonntag. Immer wieder wurde uns dabei die hohe Qualität unserer Arbeit bestätigt. Und nun soll unser Werk, das schon 50 Jahre existiert, einfach verramscht werden.

Wir waren die Reaktionen in der Bevölkerung?

Viele Einwohner haben uns schon am Mittwoch besucht. Denn würde das Werk tatsächlich in Gefahr geraten, wäre dies auch für die gesamte Region fatal.

Abgesehen von dem Verkauf einzelner Werke stehen europaweit mindestens 10000 Jobs zur Disposition. Nur so könne Airbus wieder flott und wettbewerbsfähig gemacht werden, heißt es. Wie sehen Sie das?

Die These, daß nur mit einer Kürzung der Personalkosten Airbus noch zu retten ist, müßten uns die Manager erst noch belegen. Fest steht aber, daß Airbus nicht wegen zu hoher Personalkosten in die Krise geraten ist, sondern aufgrund eklatanter Fehlplanungen des Managements. Auch darüber wurde nun monatelang gebrütet. Und was ist herausgekommen? Ein einfacher Dreisatz, bei dem die vorgegebene Sparsumme dann einfach durch die Personalkosten geteilt wird. So ergibt sich diese Zahl von 3700 Arbeitsplätzen allein für Deutschland. Auf welche Leistungen und an welchen Standorten nun aber konkret verzichtet werden soll, dazu gibt es dann keine Silbe. Ist das seriös?

Wie hat sich die Wut der Kollegen geäußert?

Als die Nachricht am Mittwoch bekannt wurde, haben die Kollegen ihre Arbeit spontan niedergelegt. Auch die Spät- und die Nachschicht trat dann nicht mehr an. Am Donnerstag wurde das mit einer Blockade des Werktors fortgesetzt; dabei haben die Kollegen dann auch die weitere Entwicklung erst einmal diskutiert. Das haben wir dann am Freitag mit einer Betriebsversammlung fortgeführt.

Sind weitere Aktionen geplant?

Der Kampf um unsere Arbeitsplätze, wird noch sehr lange dauern. Wir brauchen einen langen Atem, damit wir auch langfristig jederzeit mit den richtigen Aktionen antworten können. Ein dauerhafterer Arbeitskampf wäre jetzt noch verfrüht.

Das betont auch die IG Metall, die zunächst auf weitere Verhandlungen setzt. Doch worauf wartet man? »Power 8« ist in seinen Grundzügen doch festgelegt.

Gar nichts steht fest! Das war doch allenfalls ein erster Aufschlag, der uns da vorgelegt wurde. Deshalb denke ich, daß auch in Verhandlungen noch einiges zu bewegen ist. Wir haben schließlich die besseren Argumente. Der Druck aus den Betrieben muß allerdings aufrechterhalten werden. Wir müssen alle Handlungsspielräume, die sich uns anbieten, voll nutzen. Rechtlich und politisch. Und nicht nur in Deutschland, sondern auch europaweit.

Was haben Sie konkret vor?

Schon Mitte März wird es einen ersten europaweiten Aktionstag geben. Im Kreis der Betriebsräte und der beteiligten Gewerkschaften haben wir uns gerade darauf geeinigt. So setzen wir auch ein Zeichen der Solidarität, denn wir haben immer gesagt: Wird nur ein einziges Werk angegriffen, dann sind wir alle angegriffen. Das gilt europaweit. In Varel werden wir uns mit der ganzen Belegschaft an diesem Aktionstag beteiligen.

Verwendung: Junge Welt