WASG in Bremen diskutiert über linkes Bündnis zu Bürgerschaftswahlen 2007. Bundesvorstand interveniert. Ein Gespräch mit Heino Berg

* Heino Berg ist Mitglied im Bremer Länderrat der WASG und des Koordinierungskreises des »Netzwerks Linke Opposition«

Fast 40 Mitglieder der Bremer WASG haben sich für die Bildung einer überparteilichen linken Wählergemeinschaft zu den Bürgerschaftswahlen im Mai 2007 ausgesprochen. Warum?

Dieser Vorschlag, über den die Mitgliederversammlung am 29. Oktober entscheiden wird, liegt bereits seit dem Frühjahr vor, wurde aber von der Linkspartei.PDS und dann auch vom neuen WASG-Landesvorstand kassiert. Eine linke Wählergemeinschaft als Personenbündnis könnte einen unpolitischen Parteienstreit über die Listenführung vermeiden und die inhaltlichen Alternativen zur Senatskoalition ins Zentrum rücken.

Die Bundesvorstände beider Parteien favorisieren eine Linkspartei.PDS-Liste.

Das würde vorhandenes Widerstands­potential gegen die Politik der großen Koalition nicht ausschöpfen, denn die PDS ist von ihrer Vergangenheit belastet und hat durch ihre Regierungsbeteiligungen bei vielen Bürgern an Glaubwürdigkeit verloren. Wenn wir unter dem Dach der Linkspartei.PDS gegen Stellenstreichungen, Privatisierungen oder Ein-Euro-Jobs antreten, würden uns die Betroffenen sofort entgegengehalten, daß wir in Berlin solche Maßnahmen mittragen.

Mit welchem Profil wollen Sie antreten?

Auch in Bremen werden nur die Armen, die Erwerbslosen und die abhängig Beschäftigten zur Kasse gebeten. Ohne eine klare linke Opposi­tion bestünde die Gefahr, daß die vom Sozialraub betroffenen Menschen zu Hause bleiben oder vielleicht sogar die Rechten wählen. Wir können uns nicht nur auf die Umverteilung knapper Haushaltsmittel beschränken, sondern müssen grundsätzliche Alternativen etwa in der Steuer- und Lohnpolitik oder durch Arbeitszeitverkürzungen betonen. Sonst können wir niemanden überzeugen, selbst aktiv zu werden.

Auch der Bremer Axel Troost, Bundestagsabgeordnete und WASG-Mitglied hat sich für eine PDS-Kandidatur ausgesprochen.

Ja, obwohl er bis vor kurzem immer eine Kandidatur der WASG angekündigt hatte. Er will damit angeblich den Parteibildungsprozeß für eine Neue Linke erleichtern. Aber eine Vereinigte Linke kann nicht durch eine Unterordnung der WASG unter die Linkspartei.PDS und ihre Regierungspolitik entstehen. Durch diese Art von »Parteibildung« gewinnen wir nicht die vielen Menschen, die von der SPD enttäuscht sind, sondern verlieren eigene Mitglieder. Jeder in der WASG spürt, daß es so nicht weitergehen darf. Ich bin mir sicher, daß unser Antrag für eine Wählervereinigung auf der Mitgliederversammlung eine Mehrheit findet.

Der Bremer Landesvorstand hatte sich schon einstimmig für eine solche Wählergemeinschaft entschieden. Vier von sieben Vorstandsmitgliedern sind dann unter dem Druck des Bundesvorstandes umgekippt. Es ist skandalös, daß sich der Bundesvorstand schon wieder in die Angelegenheiten der Landesverbände einzumischen versucht.

Wenn Ihr Antrag angenommen wird, besteht dann nicht trotzdem die Gefahr einer Konkurrenzkandidatur durch die Linkspartei?

Wenn die Idee einer überparteilichen Wählergemeinschaft greift und sich daran auch Betriebsräte, soziale Initiativen und andere Linke, zum Beispiel aus der DKP, beteiligen, halte ich das für weitgehend ausgeschlossen. In Bremerhaven haben sich an der Ausarbeitung der inhaltlichen Grundlagen auch die PDS-Vertreter beteiligt. Das Störfeuer kommt fast ausschließlich von oben.

http://www.jungewelt.de/2006/10-24/004.php