Airbus-Belegschaften werfen Management schwere Versäumisse vor
Belegschaftsvertreter aus allen deutschen Airbus-Standorten wollen gemeinsam gegen Standortschließungen und Personalabbau kämpfen. »Wenn einer von uns angegriffen wird, sind wir alle angegriffen«, betonte am Freitag Thomas Busch, stellvertretender Gesamtbetriebsratsvorsitzender auf dem Krisengipfel der Belegschaftsvertreter in Hamburg.
Eine Verlagerung der A 380 Produktion nach Toulouse werde nicht hingenommen. »Wenn jemand uns dieses Projekt wegnehmen will, wird er spüren, was Hamburg auf die Beine stellen kann«, sagte der Betriebsratschef des Hamburger Werks, Horst Niehus.
Kurzfristig setzen die Betriebsräte auf ein System von Arbeitszeitkonten, das, um branchentypische Auftragsschwankungen abzufangen, schon 2003 eingeführt wurde. Die Strukturprobleme müssten hingegen in einer gemeinsamen Steuerungsgruppe von Management und Belegschaftsvertretern besprochen werden. Dem schloss sich IG-Metall-Küste-Chefin Jutta Blankau an, die zudem eine »andere Unternehmenskultur« und mehr Risikomanagement forderte. Arbeitnehmer hätten immer wieder auf technische Probleme, die jetzt zu den Produktionsverzögerungen führten, hingewiesen. Doch solche Einwände habe das Management stets »vom Tisch gewischt«, weshalb zeitliche Fertigungsvorgaben unrealistisch blieben.
Fertigungsschwierigkeiten haben bei Airbus auch etwas mit der komplizierten Eigentümerstruktur des Mutterkonzerns EADS zu tun, der zudem von Rüstungsaufträgen der französischen, deutschen, spanischen und britischen Regierung vielfältig abhängig ist. So war die Verteilung von Produktionskomponenten auf weit entfernte Standorte, was erhebliche logistische und technische Koordinationsprobleme auslöste, stets auch eine Frage des Proporzes. Dazu kommen Eitelkeiten und Machtkämpfe im Management, das sich auch letzte Woche wieder wunderbar austobte.
Während der deutsche EADS-Co-Chef Tom Enders in Berlin gegenüber Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) vom Erhalt aller deutschen Standorte sprach, erklärte in Paris der Franzose Christian Streiff, dass dies keineswegs sicher sei. Im Tausch für den Großraumjet A 380 könne Hamburg gegebenenfalls Produktionsanteile der Flugzeugtypen A 330 und A 340 übernehmen. Bisher war dafür nur der Verkaufsschlager A 320 im Gespräch, was aber in Frankreich auf heftigen Widerstand stieß. Für Analysten wird indes zunehmend unklar, ob der A 380 überhaupt noch die Phase einer Serienproduktion erreicht. 12 Milliarden Euro hat das deutsch-französische Prestigeprojekt schon an Entwicklungskosten verschlungen. Nun kommen weitere 5 Milliarden Euro hinzu, die an die Fluggesellschaften gezahlt werden müssen. Um das aufzufangen, müssten mindestens 400 Flugzeuggiganten mittelfristig verkauft werden. Bestellt sind aber erst 159. Großabnehmer wie Emirate Airline (43 georderte Maschinen) denken längst über einen Wechsel zu Boeing nach.
Der US-Konkurrent bietet ab 2009 eine überarbeitete Version des B 747 an, der dem Fassungsvermögen des A 380 weitgehend entspricht, aber billiger ist. So werden nun selbst in Hamburg Stimmen laut, die von einer Fehlplanung der Stadtregenten sprechen, die Industriepolitik mit Prestige verwechselt hätten.
http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=98287&IDC=3