Hamburgs Wirtschaft und Politprominenz buhlten bei Visite von Ministerpräsident Wen Jiabao um Gunst der Mächtigen im Reich der Mitte. Festwochen eröffnet

Mit einem Gespräch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel endete am Donnerstag eine Stippvisite des chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao in der BRD, der zuvor am China-Gipfel der EU in Helsinki teilgenommen und dann den britischen Premier Anthony Blair in London besucht hatte. Wie es hieß, ging es bei dem Gespräch im Kanzleramt vor allem um Probleme wie den amerikanisch-iranischen Atomkonflikt, aber auch um den weiteren Ausbau der deutsch-chinesischen Handelsbeziehungen, die nach chinesischen Angaben im ersten Halbjahr 2006 einen Rekordwert von fast 42 Milliarden Euro erreichten. Strittige Fragen wie die in China verbreitete Produktpiraterie könnten nur in gleichberechtigten Konsultationen gelöst werden, betonte Wen dabei gegenüber der Kanzlerin.

Doch im Mittelpunkt des Besuchs stand nicht Berlin, sondern Hamburg, wo Wen schon am Abend zuvor am Eröffnungsdinner für die Wirtschaftskonferenz »China trifft Europa« teilgenommen hatte. Schließlich werden in der Hansestadt jedes Jahr fast 2,2 Millionen Standardcontainer mit chinesischen Absende- oder Empfängeradressen umgeschlagen und mit rund 400 Filialen haben in Hamburg mehr chinesische Firmen einen Sitz als in jeder anderen europäischen Stadt. Das bringt allein im Containerverkehr Zuwachsraten von jährlich fast 30 Prozent. Gleichzeitig sind 700 Hamburger Unternehmen in China tätig.

Da sich auch Xu Kuangdi, Präsident des chinesischen Industrieverbandes, vor der Konferenz für die Ausweitung dieser Wirtschaftsbeziehungen ausgesprochen hatte, wurde Wen besonders herzlich begrüßt. Nicht nur Bürgermeister Ole von Beust (CDU), sondern auch Altbundeskanzler Helmut Schmidt, Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Handelskammerpräses Karl-Joachim Dreyer waren als Festredner angetreten. Der Konferenz folgen anläßlich des 20. Geburstages einer Städtepartnerschaft mit Shanghai nun auch noch drei Festwochen, mit denen Hamburg seine China-Kompetenz in nahezu allen Bereichen unter Beweis stellen will. Ein Spektakel, das am Mittwoch abend mit einer »Nacht der Harmonie« begann. Werner Marnette, Chef der Norddeutschen Affinerie, der nach eigenen Angaben ins chinesische Kupfergeschäft einsteigen möchte, hatte dafür extra einen 5,50 Meter hohen und sieben Meter langen Kupferdrachen anfertigen lassen, der nun auf einem Alsterponton die Stadt bewacht.

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