Widerstand gegen Konsum- und Castingwahn

Am 10. Januar 2005 zeigte ein erhöhtes Polizeiaufkommen im Hamburger Schanzenviertel für jeden deutlich an: der Umbau des Wasserturms im Schanzenpark hat begonnen. Seit vielen Monaten wehren sich die Anwohner der Schanze, dass ihr Wahrzeichen in ein Mövenpick-Hotel verwandelt werden soll. 40 Millionen Euro will die Augsburger Firma Patrizia dafür aufwenden. Diese plant ein Hotel mit 226 Zimmern, Fitnesscenter und Restaurant. Dagegen organisiert ein „Freies Netzwerk für den Erhalt des Schanzenparks“ seit Mitte letzten Jahres Aktionen und Demonstrationen, oft begleitet durch ein Großaufgebot der Polizei. 1 100 Demonstranten war es allein beim Baubeginn. Inzwischen gleicht die Baustelle einer Festung mit hohen Zäunen und Stacheldraht. Wer sich dem Areal nähert erhält Platzverweis. Doch zum 5. Februar hat die Initiative erneut zu einer Großdemonstration an der Sternschanze aufgerufen.

Die Initiative befürchtet, dass der acht Hektar große Schanzenpark in dem der Wasserturm liegt, nach dem Bau des Hotels für viele Menschen nicht mehr nutzbar ist. Hier treffen sich die Menschen aller Altersstufen und Herkunft vor allem im Sommer, werfen Frisbee-Scheiben, grillen und spielen Fußball. Das soll so bleiben, sagt das Protest-Netzwerk in einer Stellungnahme. Schon jetzt nach dem Baubeginn würden Menschen afrikanischer Herkunft verdrängt. Man unterstelle ihnen pauschal als Dealer tätig zu sein. Der Park sei der einzige verbliebene Ort im Stadtteil, der noch nicht Teil des Konsum- und Castingwahns ist, wie er in der Schanze Einzug gehalten habe.

Die Schanze ist seit Mitte der 80er Jahre Treffpunkt der links-alternativen Szene. In dem ursprünglich eher proletarisch geprägten Viertel entstanden linke Projekte und Buchläden, Kneipen und Geschäfte. Häuser, die zum Abriss vorgesehen waren, wurden besetzt. Hier liegt die „Rote Flora“, kultureller Treffpunkt der Autonomen. Zum Bild des Stadtteils gehören auch zahlreiche ausländische Bewohner, mit ihren Geschäften und Cafés. Doch längst hat ein Umstrukturierungsprozess eingesetzt. Vom Pferdemarkt kommend zeigt die Schanze ihr neues Gesicht: Häuser mit erkennbar teuren Wohnungen. Mobilfunkläden und Edel-Boutiquen, Grafik- und Werbeagenturen prägen das Bild. Überteuerte Öko-Märkte verweisen auf die Bedürfnisse grüner Wohlstandsbürger. 110 Millionen Euro hat die Stadt für Sanierungsmaßnahmen investiert. Aus dem linken Schmuddelkind ist so längst ein angesagter Stadtteil geworden. Dagegen gibt es seit langem Widerstand, der sich jetzt bei der Auseinandersetzung um den Wasserturm kumuliert. Man wolle, sagt das Bündnis, den Protest auch als solchen gegen die Privatisierung öffentlicher Räume verstanden wissen. Zudem sei das Hotelprojekt Teil der Konzeption der „wachsenden Stadt“, mit der die regierende CDU ihre kommunalpolitischen Ziele umschreibt. Diese Konzeption setze auf Verdrängungsprozesse in verschiedenen Stadtteilen.

http://www.dkp-online.de/uz/3706/s1202.htm