IMAG3037Hamburger Hafen lahm gelegt: Mehr als 2000 HHLA-Beschäftigte demonstrierten am 14. Dezember gegen die geplante Teilprivatisierung ihres Unternehmens. Nun aber steuern Senat und Betriebsräte auf einen Großkonflikt zu

Kraftvoll, kampfbereit und sehr entschlossen, haben die Beschäftigten der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) gegen den Plan des CDU-Senats demonstriert, 49,9 Prozent der HHLA Anteile an einen Privatinvestor zu verkaufen. Auf drei von vier der großen Containerterminals im Hamburger Hafen ruhte deshalb während der gesamten Frühschicht von sechs bis 15 Uhr die Arbeit. Doch weil politische Streiks in Deutschland noch immer als verboten angesehen werden, waren die Hafenarbeiter dabei so schlau, ihren Ausstand nun mit dem „Recht auf Information“ und einer Belegschaftsversammlung zu begründen. Gleich im Anschluss fand dann aber ihre Demonstration zunächst quer durch die Innenstadt und dann zum Sitz des Aufsichtsrats der HHLA statt, denn auch von diesem wollten die Hafenarbeiter ja eine Menge wissen.

Doch schon vor der Demo hatten Vertreter der Hafenarbeiter ebenfalls erklärt, dass dies nun nur der Auftakt für weitere Aktionen ist. Halte der Senat dann unverändert an seinen Verkaufsplänen fest, wollte HHLA-Konzernbetriebsrat Arno Münster auch einen „Dienst nach Vorschrift“ nicht mehr ausschließen. Dieser könne dann schnell dazu führen, dass sich die Abfertigung der Schiffe auch dauerhaft verzögere, was dann aber die Kosten des Konflikts gleich explosionsartig in die Höhe schießen lässt. Letzteres gilt dann aber nicht nur für die Hafenwirtschaft, denn die Häfen bilden ja bekanntlich nur den Flaschenhals einer großen volkswirtschaftlichen Transportkette.

So aber ist das Ziel der Hafenarbeiter, nun nicht nur gegen die Teilprivatisierung der HHLA zu protestieren, sondern diese dann auch tatsächlich und durch wirkungsvolle Aktionen zu verhindern. Angeheizt hat diese Stimmung auch Katharine Ries-Heidtke, selbst Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats im Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK). Sie berichtete auf der Belegschaftsversammlung der Hafenarbeiter wie nach der Privatisierung der Krankenhäuser dort nun auch Ausgliederungen und Entlassungen drohen. So aber sei nun recht klar, dass Privatisierungen nur dazu dienen, „die Profitgier privater Unternehmer zu befriedigen“. Mit „allen Mitteln“ müsste „so eine Sauerei“ deshalb nun im Hafen verhindert werden. Das aber traf den Nerv der Docker, die ja ebenfalls befürchten, dass sich nun über den Verkauf der Anteile auch so genannte „Edelheuschrecken“ aus den internationalen Großkonzernen im Hamburger Hafen festsetzen. „Diese warten doch nur darauf, uns kaputt zu machen“, warnte seine Kollegen Konzernbetriebsrat Münster.

„Doch wir Hafenarbeiter sind stolz auf unsere Arbeit und das, was wir tun“, sagte dazu Bernt Kamin, selbst Vorsitzender des Gesamthafenbetriebsrats GHB auf einer Zwischenkundgebung ganz in der Nähe des Rathauses. Deshalb habe aber auch niemand das Recht, „die Arbeit der Hafenarbeiter so in Frage zu stellen und ihre Arbeitsbedingungen so einseitig zu verschlechtern“. Kamin versprach den HHLA-Arbeitern die Solidarität der anderen Hafenbetriebe, während er den Senat mit den Worten, dass die Hafenarbeiter „einen Arsch in der Hose“ hätten und sich deshalb zu wehren wüssten, deutlich warnte.

Doch ob solche Warnungen dann im Rathaus auch wirklich ankommen, ist eher zweifelhaft. Denn der CDU-Senat will die HHLA Anteile ja auch deshalb verkaufen, um mit dem Erlös die Kaianlagen und den weiteren Hafenausbau zu finanzieren. Dies aber gehört zu den Schlüsselprojekten dieses Senats, der sich davon dann auch einen nachhaltigen Impuls für sein Konzept von der „wachsenden Stadt“ verspricht. So aber steuern nun mit dem Senat und den Betriebsräte quasi zwei Dampflokomotiven und mit voller Gewalt aufeinander zu. Bis es dann kracht.

http://85.183.64.11/archiv/Lokal/Hamburg/2006/26hh.pdf // Seite 3



IMAG3099Hamburger Hafen lahmgelegt: Mehr als 2000 HHLA-Beschäftigte demonstrieren gegen geplanten Teilverkauf. Nächster Protest: »Dienst nach Vorschrift«.

Kraftvoll, kampfbereit und entschlossen haben gestern mehr als 2000 Beschäftigte der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) gegen den Plan des CDU-Senats demonstriert, 49,9 Prozent der Anteile des Unternehmens an Privatinvestoren zu verkaufen. Auf drei von vier der großen Containerterminals im Hamburger Hafen wurde mit Beginn der Frühschicht von sechs Uhr früh bis 15 Uhr nicht gearbeitet. Einfallsreich hatten die Hafenarbeiter ihrem Ausstand eine Belegschaftsversammlung vorgeschaltet, denn der politische Streik wird in Deutschland als verboten angesehen. Doch das Recht auf Information ist geschützt. Geschützt war deshalb auch der Marsch zum HHLA-Aufsichtsrat, von dem die Hafenarbeiter eine Menge erfahren wollten.

Hält der Senat der Hansestadt an seinen Verkaufsplänen für die HHLA fest, könnte es künftig zu weiteren derartigen Aktionen kommen. »Wir Hafenarbeiter sind sehr phantasievoll«, hatte HHLA-Konzernbetriebsratschef Arne Münster bereits am Vortag erklärt und dabei weitere Eskalationsstufen angedeutet. So komme ein »Dienst nach Vorschrift« in Betracht, der dazu führen würde, daß die Kräne demnächst häufiger stillstehen. Das würde die Kosten des Konflikts für Reeder und Hafenwirtschaft und damit auch für den Senat explosionsartig in die Höhe treiben.

Bei Privatisierungen gehe es lediglich darum, »die Profitgier privater Unternehmer zu befriedigen«, so Katharina Ries-Heidtke, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats im Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK), vor den versammelten Hafenarbeitern. Um »so eine Sauerei« zu verhindern, sei jedes Mittel recht. Eindrucksvoll schilderte Ries-Heidtke, wie die Kliniken bereits von »Edelheuschrecken« erobert wurden. Die Folge seien Sozialdumping und Entlassungen gewesen. Das traf den Nerv der Hafenarbeiter, deren Wut und Empörung bei der anschließenden Demonstration deutlich zu spüren war. Am Rathaus angekommen gingen etliche Beschäftigte auf die dort postierten Polizisten zu. Sie fragten die Beamten, für wen sie eigentlich Dienst täten und was sie machen würden, wenn sie selbst von Entlassungen und Sozialabbau bedroht seien.

Die Wut ist verständlich. Schließlich ist klar: Die Teilprivatisierung – die von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) noch am Tag zuvor in einer Bürgerschaftsdebatte mit dem Argument verteidigt worden war, nur so seien die Finanzierungsprobleme beim Bau neuer Kaianlagen zu lösen – ist der Einstieg in den Totalausverkauf des traditionsreichen Unternehmens. Stolz sagen die Hafenarbeiter deshalb, daß die HHLA solche Investitionen auch aus eigener Kraft schultern könne. Das meint auch ver.di-Landeschef Wolfgang Rose. Dieser warnte zudem davor, daß der Hamburger Hafen in die Hände des internationalen Finanzspekulanten Dubai Ports World geraten könnte, der sich keine Gedanken um Arbeitsplätze oder lokale Infrastruktur machen werde. »Wir sind stolz auf unsere gute Arbeit«, sagte Bernt Kamin, Betriebsratschef im Gesamthafenbetrieb GHB, der die HHLA-Beschäftigten der Solidarität aller anderen Mitarbeiter der Hafenbetriebe versicherte. Niemand habe das Recht, »unsere Arbeit so in Frage zu stellen und unsere Arbeitsbedingungen so zu verschlechtern«, kritisierte Kamin. Die Hafenarbeiter hätten »einen Arsch in der Hose« und wüßten sich wirksam zu wehren, warnte er.

http://www.jungewelt.de/2006/12-15/060.php

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IMAG3091Hafenarbeiter protestieren gegen Teilverkauf des Hamburger Hafens

Mehr als 2000 Beschäftigte der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) haben sich am Donnerstag zu einer Protestaktion gegen die geplante Teilprivatisierung ihres Unternehmens versammelt. »Die Stimmung ist sehr gereizt«, sagte der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats Arno Münster.

Auf drei der vier großen Containerterminals im Hamburger Hafen ruhte gestern die Arbeit. Von 7 bis 15 Uhr wurde kein einziger der Containerriese abgefertigt. Kraftvoll, kampfbereit und entschlossen demonstrierten stattdessen rund 2000 Docker aus dem mit 3500 Beschäftigten größten Hamburger Hafenbetrieb, der Hafen und Logistik AG, quer durch die Innenstadt. Sie fordern den Stopp einer Teilprivatisierung ihres bislang städtischen Unternehmens, wie es der CDU-Senat plant.

Weil es aber dafür eigentlich kein Streikrecht gibt, begann der Tag mit einer Belegschaftsversammlung, denn das Recht auf Information ist für die Belegschaften geschützt. Informationen wollten die Hafenarbeiter dann aber auch von ihrem Aufsichtsrat haben, weshalb sie zu dessen Sitz in der Speicherstadt zogen, wo die Aktion am frühen Nachmittag ihr Ende nahm.

Solche Aktionen sollen nun auch künftig fortgesetzt werden, kündigte Konzernbetriebsratsvorsitzender Arno Münster schon auf der Abschlusskundgebung an. Zuvor waren die Hafenarbeiter mit ihren lauten Signalhörnern auch am Rathaus vorbeigezogen, wo Bürgermeister Ole von Beust (CDU) erst am Tag zuvor in einer Bürgerschaftsdebatte den geplanten Verkauf von 49,9 Prozent der HHLA-Anteile erneut verteidigt hatte. Mit den Einnahmen will der Senat neue Kaianlagen finanzieren, damit dann noch mehr Containerriesen in Hamburg anlegen und ihre wertvolle Fracht umschlagen können.

Die Betriebsräte befürchten, dass der Teilverkauf nur ein erster Schritt in Richtung eines Totalausverkaufs ihres Unternehmens sein könnte. Sie argwöhnen vor allem, dass sich dadurch global agierende Großkonzerne, wie zuvor schon in Rotterdam und Antwerpen, auch im Hamburger Hafen festsetzen könnten.

Von diesen Konzernen geht für die Hafenarbeiter europaweit die Gefahr des Sozialdumpings aus, das sich dann auch in Hamburg durch die Zerschlagung der traditionsreichen HHLA realisieren lassen könnte. Nur der Erhalt der bisherigen Unternehmensstruktur, zu der, neben dem Containerumschlag, auch die Geschäftsfelder Lager- und Kontraktlogistik sowie eine Immobilien- und Grundstücksgesellschaft gehören, garantiere aber den Erhalt vorhandener Arbeitsplätze, argumentieren die Betriebsräte. Die HHLA sei zudem so »kerngesund«, dass sie die nötigen Ausbauinvestitionen auch selbst schultern könne. So sieht es auch ver.di-Landeschef Wolfgang Rose, der zudem vor der Gefahr eines möglichen Verkaufs an Dubai Ports World (DP World) warnte. Dieser weltweit drittgrößte Hafenkonzern aus den Vereinigten Arabischen Emiraten ist dafür bekannt, gekaufte Hafenanlagen schnell wieder gewinnbringend an Dritte zu verschleuden. Das sind reine »Finanzspekulanten«, die sich um die Arbeitsplätze keine Gedanken machen, sagte Rose. »Wir wollen, dass die HHLA zu 100 Prozent im Eigentum der Stadt verbleibt«, forderte indes auch Frank Ladwig, Betriebsratschef im Container-Terminal Tollerort. »Wir wollen hier keine Edelheuschrecken«, sagte dann Bernt Kamin, selbst Betriebsratschef beim HHLA-Partner GHB. Kamin war es, der den HHLA-Mitarbeitern nun die Solidarität aller anderen Hafenbetriebe versicherte.

Das aber ist eine offene Kampfansage an den Senat, denn die Betriebsräte haben unterschwellig längst verdeutlicht, dass Solidarität für sie dann auch heißen kann, nur noch »Dienst nach Vorschrift« zu machen. Das aber könnte sehr schnell zu dauerhaften Verzögerungen bei der Schiffsabfertigung führen und die Verluste für die Reeder sowie die Hafenwirtschaft, und damit dann indirekt auch für den Senat, schnell in Schwindel erregende Höhe treiben.

http://www.nd-online.de/funkprint.asp?AID=102067&IDC=3&DB=



hhlaStreik gegen Teilprivatisierung der Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA). Stimmung »hochexplosiv«. Unterstützung von WASG und Linkspartei.

Im Hamburger Hafen soll heute ab sieben Uhr an allen Kaimauern und in sämtlichen Betrieben der Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA) die Arbeit ruhen. Nach einer Belegschaftsversammlung, die um acht Uhr beginnt, ist ein Demonstrationszug Tausender Hafenarbeiter quer durch die Innenstadt zum Sitz des HHLA-Aufsichtsrats geplant, wie es gestern in einer Ankündigung der Betriebsräte hieß. Die Stimmung unter den Kollegen sei »hochexplosiv«, betonten die Belegschaftsvertreter. Die Proteste in dem mit rund 3500 Beschäftigten größten Hafenunternehmen der Hansestadt richten sich gegen die Absicht des CDU-Senats, 49,9 Prozent der Anteile des bislang städtischen Unternehmens kurzfristig zu verkaufen. »Bis zu 30 ernstzunehmende Anbieter« hätten sich hierfür bereits gemeldet, hieß es aus dem Senat. Doch die Hafenarbeiter befürchten, daß eine Teilprivatisierung nur der erste Schritt in Richtung eines Totalausverkaufs sein könnte. Sie vermuten, daß das Unternehmen mittelfristig komplett zerschlagen und in seine einzelnen Bestandteile aufgelöst werden könnte.

Da der Hamburger Senat einen besonders finanzstarken Investor sucht – der neben einem ordentlichen Kaufpreis für die HHLA-Anlagen, deren Marktwert auf 1,5 bis zwei Milliarden Euro geschätzt wird, auch den geplanten Ausbau neuer Kaianlagen finanzieren soll – wird wohl ein »Global Player« bei der Ausschreibung das Rennen machen. Dem Vernehmen nach haben u.a. Dubai Ports World (DPW), Eurogate, der Finanzkonzern 3i, Rhenus und die Bahn AG Angebote zur Übernahme der HHLA-Anteile vorgelegt.

Der Hafen gehöre den Hafenarbeitern und den Bürgern Hamburgs, erklärte hingegen Konzernbetriebsratschef Arno Münster gestern. Er fürchte, daß private Investoren nur ein Interesse daran hätten, sich mittelfristig einzelne, besonders profitable »Filetstücke« aus der HHLA herauszuschneiden. »Diese Terminalbetreiber warten doch nur darauf, uns kaputtzumachen«, warnte Münster, der zudem bestritt, daß für den Ausbau der Kaianlagen private Investoren erforderlich sind. Die HHLA sei »kerngesund« und könne schon deshalb entsprechende Mittel auch aus eigenem Bestand erwirtschaften. Daß die Betriebsräte einem Anteilsverkauf »niemals« zustimmen werden, betonte auch der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Harald Erven. »Wir wollen keine Edelheuschrecken in unserem Konzern«, sagte er. Frank Ladwig, Betriebsratschef im Container Terminal Tollerort (CTT), meinte zudem, daß schon der Verkauf der Hamburger Krankenhäuser gezeigt habe, wie soziale Standards bei solchen Privatisierungsstrategien stets über Bord gingen. Auf Anfrage erklärte er, falls der Senat an seinen Privatisierungsplänen festhalte, seien die heutigen Protestaktionen nur der Auftakt für einen längeren Arbeitskampf. Als mögliche Aktionsform nannte der Betriebsrat einen »Dienst nach Vorschrift«, der zu Verzögerungen in der Schiffsabfertigung führen würde. Die Solidarität der anderen Belegschaften im Hamburger Hafen sei in einem solchen Fall gesichert, so Ladwig.

Solidarisch zeigten sich am Mittwoch bereits die örtlichen Gliederungen von WASG und Linkspartei, die ihre Ablehnung der Teilprivatisierung in einer Pressemitteilung bekräftigten. »Der Betrieb schreibt nicht nur schwarze Zahlen, sondern erwirtschaftet genug, um notwendige Investitionen selbst zu finanzieren und die Einnahmen des Hamburger Haushalts zu stärken«, erklärte Berno Schuckart von der WASG.

http://www.jungewelt.de/2006/12-14/062.php

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Hafenanlagen_stillgelegt



Umweltschutzverbände: Ausbau dreier konkurrierender Tiefseehäfen in der BRD kostet die Steuerzahler Milliarden

Aus Anlaß der am gestrigen Dienstag zu Ende gegangenen »Fünften Nationalen Maritimen Konferenz« haben Umweltschutzverbände ihre Forderung nach einem Kurswechsel in der bislang nur auf Standortkonkurrenz basierenden Hafenpolitik von Bund und Ländern bekräftigt. 3,3 Milliarden Euro würde dies sonst dem Steuerzahler allein bis 2010 kosten, hatte Beatrice Claus vom World Wide Fund for Nature (WWF) schon vor der Konferenz gewarnt.

Rund 1000 Hafenmanager, Verwaltungsfachleute und Politiker des Bundes und der Länder Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Bremen hatten seit dem 3. Dezember im Hamburger Kongreßzentrum getagt. Eine koordinierte deutsche Hafenstrategie, die aus dem Bundesumweltministerium bereits im Sommer angemahnt worden war, stand jedoch nicht auf der Agenda der Konferenz, die »konkrete Handlungsempfehlungen zur weiteren Gestaltung der operativen Rahmenbedingungen für die Branche« erarbeiten sollte. Die Einschränkung des Wettbewerbs widerspreche »politischen Vorgaben«. Vielmehr solle er »belebt« werden, betonte die »maritime Koordinatorin der Bundesregierung« und parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium Dagmar Wöhrl (CSU) zu Beginn der Tagung. Darin sieht sie auch die größte Chance zur Stärkung der deutschen Wettbewerbsposition gegenüber den Niederlanden und Belgien.

Gleich drei deutsche Tiefwasserhäfen, die um dieselben großen Containerschiffe mit einer Ladekapazität von bis zu 11000 Standardcontainern (TEU) konkurrieren, sollen entstehen: Zunächst der neue Hafen bei Wilhelmshaven, auf den vor allem Niedersachsen setzt. Allein die dafür erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen werden rund 1,1 Milliarden Euro kosten. Dazu kommen Hamburg und Bremerhaven, wo Elbe und Außenweser mit Landes- und Bundesmitteln in Höhe von 400 Millionen Euro so ausgebaggert werden sollen, daß auch hier die neuen Containerriesen an die Kaimauern gelangen können. Diese müssen ebenfalls für mehrere hundert Millionen Euro ausgebaut und verlängert werden.

Nach Einschätzung von Bernd Quellmalz, Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND), ist dieses Vorgehen volkswirtschaftlich ein Nullsummenspiel. Er erinnerte am Dienstag auch daran, daß mit der weiteren Vertiefung von Elbe und Weser die Gefahr von Sturmfluten weiter wachsen wird. Die Sturmflutwasserstände würden sich dadurch so weit erhöhen, daß auch die Deiche im Unterelbebereich akut gefährdet seien. Weitere Kosten für die Deichsicherung seien eine schon jetzt absehbare Folge. Der BUND forderte deshalb eine »standortübergreifende Hafenplanung« und ein neues Logistikkonzept. Danach würde Wilhelmshaven Hauptanlaufpunkt für die Containerriesen werden. Gleichzeitig könne gewährleistet werden, daß in Hamburg oder Bremen keine Arbeitsplätze verloren gehen.

Doch volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen interessieren die Politik längst nicht mehr. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte jede erdenkliche Unterstützung der Interessen der maritimen Wirtschaft in Hamburg zur »nationalen Aufgabe«.

http://www.jungewelt.de/2006/12-06/029.php



Nach der Privatisierung des Hamburger Landesbetriebs Krankenhäuser wurde 6.800 Beschäftigten zugesichert, in den öffentlichen Dienst zurückkommen zu dürfen. Jobs allerdings gibt es für sie keine, es drohen Zeitarbeit und Einkommensverlust

Für die Beschäftigten wirkte es wie eine Beruhigungspille. Als im Januar 2005 der städtische Hamburger Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) teilprivatisiert wurde, trat für knapp 7.000 der gut 12.000 LBK-Mitarbeiter ein verbrieftes Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst ab 2007 in Kraft. Angesichts der von Neubesitzer Asklepios geplanten Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und bevorstehender Ausgliederung ganzer Service-Betriebe wurde diese Garantie für viele der Beschäftigten zu einem wichtigen Rettungsanker.

Doch jetzt, kurz bevor die Rückkehr-Frist abläuft, wird klar: Die Zusicherung ist das Papier kaum wert, auf dem sie verfasst wurde. Die versprochenen städtischen Jobs existieren gar nicht, rückkehrwillige Mitarbeiter des größten norddeutschen Klinikverbundes sollen zu öffentlich bediensteten Zeitarbeitern heruntergestuft und so abgeschreckt werden, ihre Come-back-Rechte wahrzunehmen.

Wenn die Asklepios GmbH Anfang 2007 weitere 25 Anteilsprozente an den sieben LBK-Kliniken übernimmt und damit endgültig zum neuen Mehrheitseigentümer des Verbundes wird, beginnt die Uhr zu ticken. Die rund 6.800 Beschäftigten, die schon im Mai 1995 einen festen Arbeitsvertrag hatten, haben noch bis Juli 2007 Zeit, von ihrem verbrieften Rückkehrrecht Gebrauch zu machen.

Doch die Stadt will möglichst keinen einzigen der LBK-Bediensteten zurücknehmen – und setzt auf Abschreckung. So lud das städtische Personalamt in den vergangenen Tagen alle Berechtigten zu so genannten „Info-Veranstaltungen“ ein. Doch statt konkreter Angebote bekamen die LBK-Beschäftigten nur ein Papier in die Hand, in dem es heißt, dass „strukturelle Veränderungsprozesse“ den öffentlichen Arbeitsmarkt inzwischen so verkleinert hätten, dass die dort vorhandenen Arbeitsplätze für Rückkehrer „nicht mehr zur Verfügung“ stünden.

Diese müssten aller Voraussicht nach in einem noch zu gründenden städtischen Betrieb unterschlüpfen, der sie zu „wechselnden Aushilfs- und Vertretungstätigkeiten in verschiedenen Behörden und Ämtern“ einteilt. Jedes Stellenangebot, das der eigenen Entgeltgruppe entspricht, müsse dabei angenommen werden. Zudem müssten die Wechselwilligen nach spätestens einem Jahr mit Einkommensverlusten rechnen. „Das ist die Einführung von Zeitarbeit im öffentlichen Dienst“, sagt die LBK-Betriebsratsvorsitzende Katharina Ries-Heidtke. Sie sieht in diesen Plänen eine völlig neue Qualität.

Die Details des Angebots blieben den Teilnehmern der Veranstaltungen indes vorenthalten: Weder wurde die Frage beantwortet, in welchem Rhythmus sie von Aushilfsjob zu Aushilfsjob springen sollen, noch jene, ob sich das Ausleihverfahren nur auf öffentliche oder auch auf private Unternehmen bezieht.

Der Grund: Die dafür zuständige Hamburger Finanzbehörde hat keinen Plan. All diese Fragen könnten „zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ gar nicht beantwortet werden, sagt ihr Sprecher Sebastian Panknin. So gebe es in der Behörde „keine Prognosezahlen“ über die Zahl der Rückkehrwilligen und für deren Versorgung im Haushaltsplan nur einen „Leertitel“, in dem noch kein einziger Euro eingestellt sei.

Betriebsrätin Ries-Heidtke hingegen rechnet damit, dass „mindestens 500, wahrscheinlich über 1.000 LBK-Mitarbeiter“ ihre Rückkehr in den öffentlichen Dienst erwägen. Ein Beleg für diese Schätzung: Schon auf den ersten beiden von insgesamt sechs geplanten Info-Veranstaltungen drängelten sich Anfang der Woche knapp 1.000 Klinik-Bedienstete in einer Hamburger Hochschul-Aula. Am Dienstag musste der Saal gar wegen Überfüllung geschlossen werden, Interessierte wurden abgewiesen.

Als „skandalöses Abschreckungsmanöver mit dem Ziel, den Beschäftigten ihre verbrieften Rechte zu rauben“, bewertet der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Jens Kerstan den städtischen Umgang mit den LBK-Mitarbeitern. Auch der stellvertretende LBK-Betriebsratsvorsitzende Ully Schnee wirft dem federführenden Personalamt vor, „die Angst der Mitarbeiter systematisch zu schüren“.

[Anmerkung: dieser Beitrag wurde gemeinsam mit Marco Carini verfasst. Quelle: http://www.taz.de/pt/2006/11/17/a0033.1/text]

Marco schrieb dazu noch folgenden Kommentar:

Klinik-Privatisierung: Verkauft und verraten

Es geht um Millionen, nicht um Menschen. Beim Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) an die Asklepios GmbH spielte für den Hamburger Senat allein die Sanierung seines maroden Haushalts eine Rolle. Die Interessen der Beschäftigten und der Patienten verkamen bei den Verhandlungen zur Fußnote. Erträgliche Arbeitsbedingungen und eine optimale Krankenversorgung tauchen in den Verkaufsbilanzen beider Seiten nur noch als Kostenfaktor auf.

Die Botschaft Hamburgs an die Rückkehrwilligen ist klar: Bleibt bloß wo Ihr seid, für euch ist im öffentlichen Dienst kein (Arbeits-)Platz mehr. Systematisch werden die verbrieften Garantien der altgedienten LBK-Beschäftigten ausgehöhlt, um sie von einem Comeback in den Schoß der Stadt abzuschrecken. Währenddessen verschlechtert Asklepios aus Kostengründen Schritt um Schritt die Arbeitsbedingungen, streicht die Pflegeschichten an seinen Kliniken und plant hinter den Kulissen längst betriebsbedingte Kündigungen.

So werden die langjährigen Mitarbeiter bei dem Gefeilsche um ihre Zukunft zwischen zwei Mühlsteinen zerrieben. Zusammen mit dem Landesbetrieb Krankenhäuser wurden sie von Hamburg gleich mitverkauft. Mit der Posse um ihre Rückkehr-Rechte werden sie nun auch noch verraten.

[Quelle für den Kommentar: http://www.taz.de/pt/2006/11/17/a0039.1/text]



Klinikverkauf: Hat sich ver.di Hamburg über den Tisch ziehen lassen?

Bei der Privatisierung der Hamburger Kliniken verzichtete die Gewerkschaft auf eine Jobsicherung, weil sie sich auf ein Rückkehrrecht für Beschäftigte verließ. Dies könnte nun für Hunderte verhängnisvoll werden.

Die Privatisierung des Hamburger Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) mit 12 500 Beschäftigten wird zum Januar 2007 abgeschlossen. Der Klinikkonzern Asklepios übernimmt weitere 25 Prozent und wird mit 74,9 Prozent Mehrheitseigentümer. In den heftigen Auseinandersetzungen um die Privatisierung hatte ver.di stes auf das sogenannte Rückkehrrecht verwiesen, das für zwei Drittel der Beschäftigten gilt. Das LBK-Gesetz besagt, dass Mitarbeiter, die zum 1. Mai 1995 einen unbefristeten Vertrag hatten, in den öffentlichen Dienst zurückkehren können, sobald eine LBK-Mehrheit verkauft ist. Doch nun stellt sich offenbar heraus, dass dieses Recht löchrig ist und die Stadt nicht daran denkt, hunderte, oder gar tausende Rückkehrer aufzunehmen.

Das Gesetz stammt von 1995, als der rot-grüne Senat den LBK in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführen wollte, was ohne Rückkehrrecht nicht durchsetzbar gewesen wäre. Im Artikel 17 des Gesetzes steht sogar, dass Rückkehrer bis dahin erreichte Entgeltgruppen nicht verlieren dürfen.

Dieses Rückkehrrecht ist vor allem in den Servicebetrieben des LBK, die Asklepios ab Juli 2007 ausgliedern will, die letzte Rettung. Denn die ver.di-Verhandler hatten beim Tarifabschluss im Oktober dieses Jahres keine Beschäftigungssicherung gefordert, weil sie sich darauf verlassen hatten. Im Gegenzug hatten die Arbeitgeber auf Mehrarbeit verzichtet.

Doch nun haben die Betroffenen eine Einladung zu Informationsveranstaltungen erhalten, auf denen die Stadt »über die aktuelle Arbeitsmarktsituation in der Hamburgischen Verwaltung informieren« will. Das Problem scheint zu sein, dass die Stadt – anders als noch 1995 – geeignete Stellen für die Pfleger sowie die Handwerker und Angestellten der Servicebetriebe gar nicht mehr hat. Damit wäre aber die Gefahr, dass nach einer Rückkehr betriebsbedingte Kündigungen greifen, groß. Auch der besondere Kündigungsschutz im öffentlichen Dienst der Hansestadt, der für Mitarbeiter mit mehr als 15 Dienstjahren gilt, wenn sie älter als 40 sind, hilft da wenig. Dies gilt nur, wenn die Stellen auch vorhanden sind.

Dass sich ver.di über den Tisch hat ziehen lassen, vermuten Aktive aus dem Marburger Bund ( MB ): Das Rückkehrrecht wäre zwar als politisches Instrument geeignet gewesen, Druck auf die Stadt zu entfalten. Aber den einzelnen Mitarbeitern gebe es keine echte Sicherheit. Ärzte sind aber bislang von Ausgliederungen kaum betroffen, deswegen will sich der MB nicht offiziell einmischen.

Ver.di-Sekretärin Hilke Stein glaubt indes, dass solche Kündigungen »juristisch nur schwer durchsetzbar« seien und wertet die Info-Veranstaltungen als »Panikmache«. Vor einer Kündigung sei die Stadt zu Qualifizierung verpflichtet, um Rückkehrern einen Job anbieten zu können. Dass es »im Einzelfall« zu Lohnminderungen kommen kann, wollte auch Stein nicht mehr auschließen.

Völlig verschwiegen zeigt sich derweil die Stadt. Sebastian Panknin, Sprecher der Finanzbehörde, lehnt Stellungnahmen »zum gegenwärtigen Zeitpunkt« ab. Zunächst müsse abgewartet werden, wie viele LBK-Mitarbeiter zurückkehren wollten.

http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=100099&IDC=42

[Dieser Artikel wurde aus einer längeren Originalfassung abgeleitet. Siehe dazu:
Hat sich ver.di über den Tisch ziehen lassen?]



Hamburg: Nach Krankenhausprivatisierung sollten Mitarbeiter in den öffentlichen Dienst zurückkehren dürfen

Die Privatisierung des Hamburger Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) mit seinen rund 12500 Beschäftigten wird zum Januar 2007 abgeschlossen. Der Klinikkonzern Asklepios übernimmt weitere 25 Prozent der Anteile und wird mit 74,9 Prozent Mehrheitseigentümer. Das LBK-Gesetz sagt aus, daß Mitarbeiter, die bereits am 1. Mai 1995 einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit der Stadt hatten, wieder in den öffentlichen Dienst zurückkehren können, sobald eine Mehrheit der LBK-Anteile an Dritte übertragen wird. Doch nun stellt sich kurz vor Ultimo heraus, daß dieses Recht offenbar sehr löchrig ist und das städtische Personalamt gar nicht daran denkt, Hunderte, vielleicht sogar Tausende dieser Rückkehrer weiterzubeschäftigen.

Betroffene Mitarbeiter haben mit der letzten Gehaltsabrechnung eine Einladung zu Informationsveranstaltungen erhalten, auf denen das Amt »über die aktuelle Arbeitsmarktsituation in der Hamburgischen Verwaltung informieren« will. Das Problem scheint zu sein, daß die Stadt – anders als 1995 – keine geeigneten Arbeitsplätze für Krankenpfleger oder Handwerker aus den Servicebetrieben mehr hat. Damit wäre die Gefahr, daß nach einer Rückkehr betriebsbedingte Kündigungen greifen, sehr groß.

Ver.di-Sekretärin Hilke Stein glaubt dennoch, daß solche Kündigungen, »juristisch nur schwer durchsetzbar« seien.

Stein wertete gegenüber jW die städtischen Info-Veranstaltungen als »reine Panikmache«. Daß Beschäftigte »im Einzelfall« Lohnminderungen hinnehmen müßten, wollte sie aber nicht ausschließen.

Sebastian Panknin, Sprecher der Finanzbehörde, lehnte gegenüber jW jegliche Stellungnahme »zum gegenwärtigen Zeitpunkt« ab. Zunächst müsse abgewartet werden, wie viele der LBK-Mitarbeiter denn tatsächlich zurückkehren wollen.

http://www.jungewelt.de/2006/11-09/044.php

[Dieser Beitrag wurde aus einer erheblichen längeren Fassung nur sehr verkürzt abgeleitet. Das Orginal lesen Sie bitte hier: Hat sich ver.di über den Tisch ziehen lassen?]



Hamburg: Nach Krankenhausprivatisierung sollten Mitarbeiter in den öffentlichen Dienst zurückkehren dürfen

Die Privatisierung des Hamburger Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) mit seinen rund 12500 Beschäftigten wird zum Januar 2007 abgeschlossen. Der Klinikkonzern Asklepios übernimmt weitere 25 Prozent der Anteile und wird mit 74,9 Prozent Mehrheitseigentümer. Doch in den heftigen Auseinandersetzungen um diese Privatisierung und den dann folgenden Tarifkämpfen, hatte die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auch immer wieder auf das so genannte Rückkehrrecht verwiesen, das für rund Zweidrittel aller Belegschaftsangehörigen gilt. Dies ist im LBK-Gesetz geregelt und sagt aus, daß Mitarbeiter, die bereits am 1. Mai 1995 einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit der Stadt hatten, wieder in den öffentlichen Dienst zurückkehren können, sobald eine Mehrheit der LBK-Anteile an Dritte übertragen wird. Doch nun stellt sich kurz vor Ultimo heraus, daß dieses Recht offenbar sehr löchrig ist und das städtische Personalamt gar nicht daran denkt, Hunderte, vielleicht sogar Tausende dieser Rückkehrer weiterzubeschäftigen.

Beschlossen wurde das Gesetz als im Mai 1995 der damals noch rot-grüne Senat den LBK in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführen wollte, was aber ohne ein Rückkehrrecht zu verankern, politisch nicht durchsetzbar gewesen wäre. Im Artikel 17 des Gesetzes heißt es deshalb sogar, daß Beschäftigte, die von ihrem Rückkehrrecht Gebrauch machen, bis dahin erreichte Lohn- und Vergütungsgruppen nicht verlieren dürfen.

Letzter Rettungsanker

Aktuell gilt dieses Rückkehrrecht vor allem den Beschäftigten in den Servicebetrieben des LBK, die Asklepios schon ab Juli 2007 ausgliedern will, als ein letzter Rettungsanker. Mit Blick auf dieses Rückkehrrecht hatte es ver.di nämlich versäumt beim Tarifabschluss im Oktober dieses Jahres eine langfristige Beschäftigungssicherung bis 2011 durchzusetzen. In den Tarifverhandlungen hatten die Arbeitgeber zuvor angeboten, auf ihrerseits geforderte Arbeitszeitverlängerungen zu verzichten, gibt die Gewerkschaft bei der Beschäftigungssicherung nach. Ver.di hatte sich darauf und mit Blick auf das Rückkehrrecht eingelassen.

Doch nun haben die betroffene Mitarbeiter mit der letzten Gehaltsabrechnung eine Einladung zu Informationsveranstaltungen erhalten, auf denen das städtische Personalamt »über die aktuelle Arbeitsmarktsituation in der Hamburgischen Verwaltung informieren« will. Das Problem scheint zu sein, daß die Stadt – anders als noch 1995 – geeignete Arbeitsplätze sowohl für die Krankenpfleger, als auch für die Handwerker und die Verwaltungsangestellten in den Servicebetrieben, gar nicht mehr hat. Damit wäre aber die Gefahr, daß auch nach einer Rückkehr betriebsbedingte Kündigungen greifen, nun sehr groß. Und auch der besondere Kündigungsschutz im öffentlichen Dienst der Hansestadt, der für Mitarbeiter gilt, die hier schon länger als 15 Jahre beschäftigt und älter als 40 Jahre sind, hilft den Rückkehrern nur wenig. Diese Regelung gilt nämlich nur dann, wenn reale Arbeitsmöglichkeiten auch tatsächlich vorhanden sind.

Ver.di hat sich über den Tisch ziehen lassen

Daß sich ver.di über den Tisch hat ziehen lassen, vermuten Aktive aus dem Marburger Bund ( MB ), die darauf verwiesen, daß das Rückkehrrecht zwar als politisches Instrument durchaus geeignet gewesen wäre, Druck auf die Stadt zu entfalten, aber den einzelnen Mitarbeitern eine wirkliche Sicherheit nicht geben könne. Öffentlich will man sich in die Angelegenheiten von ver.di aber nicht einmischen, denn Ärzte sind bislang von den geplanten Ausgliederungen nur wenig betroffen.

Ver.di Sekretärin Hilke Stein glaubt indes, daß solche Kündigungen »juristisch nur schwer durchsetzbar« seien. Stein wertete die städtischen Info-Veranstaltungen als »reine Panikmache«. Vor einer Kündigung sei die Stadt zudem verpflichtet, Qualifizierungsmaßnahmen anzubieten, um so den Rückkehrern dann doch noch einen geeigneten Arbeitsplatz anbieten zu können. Daß es dann »im Einzelfall« auch zu Lohnminderungen kommen kann, wollte aber auch Stein nicht mehr auschließen.

Völlig verschwiegen zeigt sich unterdessen die Stadt. Sebastian Panknin, Sprecher der Finanzbehörde, lehnte jegliche Stellungnahme »zum gegenwärtigen Zeitpunkt« ab. Zunächst müsse abgewartet werden, wie viele der LBK-Mitarbeiter tatsächlich zurückkehren wollen.

[Nur leicht gekürzt wurde dieser Beitrag auch vom Neuen Deutschland übernommen. Siehe dazu: Löchriges Rückkehrrecht. Nur kurz problematisiert wurde der Zusammenhang hingegen in der Tageszeitung Junge Welt. Siehe hierzu: Rückkehrrecht eine Mogelpackung?



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Hamburg: ver.di-Landeschef präsentierte Liste der Superreichen der Hansestadt und fordert ungewohnt deutlich Umverteilung von oben nach unten

In Hamburg hat die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in ungewöhnlich scharfer Form einen grundlegenden politischen Kurswechsel für die Hansestadt gefordert. Grundsätzlich gelte dabei, daß, wer den Reichen nichts nehme, den Armen auch nichts geben könne, sagte ver.di-Landeschef Wolfgang Rose, der am Dienstag nachmittag eine Liste mit detaillierten Angaben zu den 36 reichsten Bürgern der Stadt vorlegte. Deren Gesamtvermögen liegt demnach bei rund 43,2 Milliarden Euro. Geld zur Lösung der Probleme der über 200000 Armen in Hamburg sei also genug da, so Rose. Deren Armut gebe es »nicht trotz, sondern wegen des Reichtums« der anderen, sagte Rose.

Angeführt wird die Liste von der Familie Herz, die allein rund 10,1 Milliarden Euro ihr eigen nennt. Ihr folgen die Familie Otto mit rund 5,4 Milliarden sowie die Zeitungsverleger Heinz Bauer und Friede Springer mit 2,95 bzw. 2,75 Milliarden Euro. Das allein ist schon mehr, als die Stadt jedes Jahr in ihrem Haushalt zur Verfügung hat. Für diese Superreichen forderte Rose eine »gerechte Vermögens- und Erbschaftssteuer«, die jährlich 423 Millionen Euro zusätzlich in die städtischen Kassen bringen soll. Damit könnten Maßnahmen gegen die soziale Spaltung finanziert werden könnten. Rose schlug eine entsprechende Bundesratsinitiative zur Veränderung des Steuersystems vor.

Darüber hinaus verlangte der ver.di-Landeschef konkrete Maßnahmen für Hamburg, die »Hauptstadt der Steuerhinterziehung«. Nach Roses Vorstellung sollen künftig 200 zusätzliche Betriebsprüfer den Reichen bei ihren Steuerabrechnungen genauer auf die Finger schauen. Sonst würden weiterhin jedes Jahr Hunderte Millionen Euro verlorengehen. Rose will sich auch dafür einsetzen, daß der CDU-Senat einen Armuts- und Reichtumsbericht vorlegt. Weiter forderte er einen Stopp der Privatisierungen und ein Ende der »Kaputtsparpolitik«.

Daß sich Rose so deutlich für eine Umverteilung von Reichtum aussprach, zeugt durchaus von Mut, denn die mächtige Springerpresse wird ihn dafür vermutlich regelrecht zerreißen. Handelskammer-Chef Hans-Jörg Schmidt-Trenz gab dafür bereits eine Vorlage, als er der Gewerkschaft am Mittwoch vorwarf, in »populistischer Weise Sozialneid zu schüren« und »Menschen an den Pranger« zu stellen.

Doch Rose hatte bei seinen Einlassungen vermutlich eine Umfrage der vergangenen Woche im Blick. Diese zeigte, wie groß die Unzufriedenheit mit der amtierenden Landesregierung inzwischen ist. Wäre am Sonntag Bürgerschaftswahl, würde demnach die CDU von bisher 47,2 auf rund 35 Prozent absacken. Doch die Umfrage verdeutlichte auch, daß die »linken« Oppositionsparteien nur teilweise von diesem Absturz profitieren. Während SPD und Grüne immerhin noch leichte Gewinne verzeichnen konnten, sank der Umfragewert für die Linkspartei sogar von sechs auf unter vier Prozent.

So ist die Gefahr groß, daß Rechts­populisten den verbreiteten Unmut ausnutzen, denn die Oppositionsparteien haben durch ihre Politik in anderen Landesregierungen und im Bund für etliche Wähler jede Anziehungskraft verloren. Rose kritisierte insbesondere die in fast allen Parteien geführte Diskussion über die »Unterschicht«. Dabei tue man so, als sei für Armut und Arbeitslosigkeit vor allem das Verhalten der Betroffenen verantwortlich. »Armut, Hoffnungslosigkeit und das Abdriften ganzer Bevölkerungsgruppen« hätten ihre Ursache aber in der »ungleichen Verteilung von Einkommen und Vermögen«, so der Gewerkschaftsfunktionär.

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Projekt findet nicht nur Gegenliebe / Zweifel an avisierten Arbeitsplätzen

Hamburgs Hafen steht vor einem immensen Ausbau mit erheblichen Folgen für die Stadtentwicklung. Es sollen jedoch anderseits 16 000 Arbeitsplätze entstehen.

Die Containerumschlagskapazität im hanseatischen Hafen soll kolossal steigen – bis 2015 von rund 8,7 auf 21,3 Millionen Standardcontainer (TEU), bestätigte CDU-Wirtschaftssenator Gunnar Uldal dieser Tage im Hafen-Club. Bislang war selbst im von Optimismus geprägten Entwicklungsplan nur von 17,7 Millionen TEU die Rede. Doch die Erweiterung verläuft nicht ohne Widerstand, denn die neuen Kaimauern ragen gefährlich nah an einige Stadtteile heran, und auch der Bau einer Verbindungsautobahn zwischen der A 1 und der A 7 stößt auf heftige Gegenwehr.

Rund 800 Mitglieder zählt dieser Hafen-Club der Hafenwirtschaftsmanager, in dessen stilvollem Ambiente direkt an den St. Pauli Elbbrücken Uldall seine Pläne besprach. Einlass erhält hier nur, wer von drei der Refugiumsmitglieder vorgeschlagen wurde, denn bei edlem Wein und bestem Fisch wurde hier schon manche Grundsatzentscheidung für Hafen und Stadt diskutiert. Dass der Hafen wachsen muss, war hier noch nie umstritten. Mittelfristig soll er nun sogar, vorbei an Antwerpen und nach Rotterdam, EU-weit Platz zwei werden.

Wachsen werden vor allem die Containerterminals am Tollerort und am Burchardkai im mittleren Hafen, wo die Lärmbelästigung für die Bewohner auf der anderen Elbseite schon jetzt besonders groß ist und man das Dröhnen der Schiffsaggregate bis tief in die Nacht hört. 31 Bürger klagen deshalb gegen den Ausbau. Für die West-Erweiterung bei Eurogate soll zudem der alte Petroleumhafen zugeschüttet werden. Doch wenn die Terminals wachsen, müssen auch die Hinterlandanbindungen mithalten. Uldall geht davon aus, dass der Transport auf Schienenwegen bis 2015 von 190 auf 450 Güterzüge täglich steigen wird. [Anmerkung: in der Printausgabe im ND ist von jährlich die Rede. Das aber ist ein Fehler] Die Hafenbahnstrecke soll dafür mit einer neuen Süderelbe-Querung ausgebaut werden. Hinzu kommt die neue Verbindungsautobahn, die als Hafenquerspange auch den Stadtteil Wilhelmsburg tangiert, wo 50 000 Menschen wohnen. Das ist eines der ärmsten Viertel der Stadt, das schon durch zahlreiche Verkehrsachsen belastet ist. Aber die Bewohner des Stadtteils, der selbst eine Insel ist, sind kampfstark und haben schon manches Senatsprojekt auch wieder zu Fall gebracht.

Doch woher kommen Uldalls Umschlagsprognosen? Der Senator rechnete vor, dass sich das Frachtvolumen in allen EU-Seehäfen bis 2030 mehr als verdoppeln werde, laut einer Studie des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts und der Berenberg Bank. Sei dies richtig, würde sich in den wichtigsten EU-Häfen der Containerumschlag sogar versechsfachen. Durch seine enge Anbindung an den Asienhandel will die Hafenwirtschaft davon besonders profitieren, woran der Bau eines neuen Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven nichts ändert.

16 000 neue Arbeitsplätze allein im Hafen verspricht sich Uldall von dieser Entwicklung. Doch Skeptiker wenden ein, dass auch die neue Containeranlage in Altenwerder, für welche die Stadt fast eine Milliarde Euro investierte und auch ein ganzes Elbdorf opferte, kaum neue Arbeitsplätze brachte. Die Anlagen sind hier so modern, dass der Mensch als Arbeitskraft eigentlich nur noch in der Funktion als Kapitän der riesigen Containerbrücken vorkommt. Alles andere übernehmen Computer.

Quelle: Printausgabe Neues Deutschland vom 01.11.06, Seite 10



Kritiker an geplanter Fehmarnbelt-Brücke bekommen Rückenwind: Kapital setzt auf Fährverbindung. Investoren bieten Milliardenbetrag für Scandlines-Reederei

Eigentlich sollte die Ostsee-Fährreederei Scandlines am Freitag letzter Woche praktisch schon verkauft sein. Doch wie die Financial Times Deutschland am Montag unter Berufung auf »Informationen aus dem Umfeld der Verhandlungen« meldete, konnten sich die Eigentümer – Deutsche Bahn und dänische Regierung – nicht einigen, ob der Zuschlag an den internationalen Finanzinvestor 3i oder ein Konsortium aus Deutscher Seereederei (DSR) und Allianz gehen sollte. Beide Interessenten bieten laut FTD »rund 1,5 Milliarden Euro«, 3i angeblich etwa 50 Millionen mehr als DSR und Allianz.

Zu Beginn der Verhandlungen hatte man mit Erlösen von 600 bis 800 Millionen Euro gerechnet. Scandlines erwirtschaftete 2005 einen operativen Gewinn von 70 Millionen – bei einem Umsatz von 523 Millionen Euro. Sein größtes Geschäft macht das Unternehmen mit dem Fährverkehr zwischen Puttgarden auf Fehmarn und Rødby auf dem dänischen Lolland, auf der sogenannten Vogelflugroute. Die Monopolstellung dieser Verbindung ist allerdings strategisch durch den geplanten Bau der Fehmarnbelt-Brücke gefährdet. Daß die Kaufangebote trotzdem auf solch astronomische Summen geklettert sind, könnte darauf hindeuten, daß die Investoren nicht mehr recht daran glauben, daß es mit der Megabrücke noch etwas wird.

Zwar hatte Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Dietrich Austermann (CDU) kürzlich erst betont, daß Spitzenbeamte der EU eine Teilfinanzierung für das Projekt in Aussicht gestellt hätten. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte schon während des Landtagswahlkampfes in Mecklenburg-Vorpommern Zweifel an dem rund fünf Milliarden Euro teuren Bauprojekt geäußert. Selbst bei einem hohen Anteil privater Investoren und einer Teilfinanzierung durch die EU müßte nämlich der Bund zur Gewährleistung des Projekts eine Staatsbürgschaft über die Gesamtkosten übernehmen. Kritiker aus dem Bundesfinanzministerium befürchten zudem, daß die Hinterlandanbindung weitere Folgekosten in Milliardenhöhe entstehen läßt. Eine endgültige Entscheidung zum Brückenbau müssen deutsche und dänische Regierung aber schon bis Ende des Jahres treffen, weil sonst Haushaltsmittel aus der Europäischen Union zur Kofinanzierung nicht mehr zur Verfügung stünden.

Umstritten ist das Großprojekt, das allein für seine bislang 35 Machbarkeitsstudien fast 20 Millionen Euro verschlungen hat (und seit 20 Jahren diskutiert wird), aber nicht nur zwischen Berlin und Kiel. Selbst in Schleswig-Holstein wächst die Kritik an der geplanten Schrägseilbrücke, wo nun Linke und Grüne, vor allem aber der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) auf »völlig falsche« Verkehrsprognosen hinweisen. Sorgen macht sich der SSW auch um die infrastrukturschwachen Gebiete im Norden Schleswig-Holsteins, die damit »völlig abgehängt« würden, so Landtagsabgeordneter Lars Harms.

Daß nun ausgerechnet die Partei der dänischen Minderheit so offensiv gegen die Fehmarnbelt-Querung polemisiert, ist für diejenigen überraschend, welche die Positionen der Regierung in Kopenhagen und der dortigen Industrielobbyisten mit denen der dänischen Bevölkerung verwechselt hatten. Die Industrie verspricht sich von der Brücke einen besseren Zugang zu den Märkten in Westeuropa, doch in der Bevölkerung wächst die Skepsis, wie Meinungsumfragen zeigen. Selbst in Kopenhagen, das wie Hamburg, zu den eigentlichen ökonomischen Nutznießern einer solchen Querung gehören würde, werden inzwischen heftig die ökologischen Konsequenzen eines solchen Brückenbaus diskutiert. Hintergrund: Der Fehmarnbelt wird alljährlich von Millionen arktischer Zugvögel gekreuzt. An einer 70 Meter hohen und rund 19 Kilometer langen Brücke könnten, so fürchten Ornithologen, bis zu 100000 Vögel pro Jahr ums Leben kommen. Außerdem weist der deutsche Naturschutzbund NABU darauf hin, daß ein stärkerer Verkehrsstrom über kurz oder lang eine weitere Brücke, nämlich über den Fehmarnsund, der das deutsche Festland mit Fehmarn verbindet, erforderlich machen würde. Diese Brücke müßte quer durch ein Naturschutzgebiet führen.

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Wann schenkt Airbus seinen 57 000 Mitarbeitern (22 000 arbeiten allein in Deutschland) endlich reinen Wein ein? Diese Frage beschäftigte in der letzten Woche Airbus-Betriebsräte und Vertrauenskörperleitungen der IG Metall aus ganz Deutschland, die sich dafür zur Krisensitzung in Hamburg versammelt hatten. Nun wollen die Kollegen gemeinsam für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze kämpfen, ohne sich dabei auf die Standortkonkurrenz ihres Managements einzulassen.

„Wenn einer von uns angegriffen wird, sind wir aber alle angegriffen“, sagte dazu Thomas Busch, stellv. Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats (GBR). „Wir sind nicht bereit, einzelne Auswirkungen aus dem Kostenreduzierungsprogramm ´Power 8´ zu verhandeln, ohne dass wir das gesamte Ausmaß im Airbus-Konzern kennen“, unterstrich dies auch der Hamburger Betriebsratsvorsitzende Horst Niehus, der zudem eine vollständige Offenlegung aller Planungen im Management des Airbus-Mutterkonzern EADS einforderte.

Für die eingeforderten Verhandlungen hat die Sicherung der Arbeitsplätze in den einzelnen Standorten für die Betriebsräte oberste Priorität. Aber auch um die Qualität ihrer Arbeitsplätze, die Bewahrung arbeits- und sozialrechtlicher Standards sowie die Einhaltung vertraglicher Regelungen über die Arbeitsaufteilung zwischen Deutschland und Frankreich wollen die Betriebsräte kämpfen. Eine notwendige Strategie, denn wie die EADS-Manager Beschäftigte, aber auch Steuerzahler austricksen, wurde spätestens beim Krisengipfel in Berlin klar. Während sich EADS-Co-Chef Tom Enders in Berlin für den Erhalt der Standorte in Hamburg, Nordenham, Bremen, Varel, Buxtehude und auch in Stade aussprach, erklärte Damals-noch-Airbus-Konzernchef Christian Streiff in Paris eher Gegenteiliges. Standortschließungen könnten auch in Deutschland nicht ausgeschlossen werden, verkündete er.

Alle Pläne müssen auf den Tisch, forderte deshalb nun auch der GBR-Vorsitzende Rüdiger Lütjen, der aber durchaus auch Kompromissbereitschaft, etwa bei den Arbeitszeiten, andeutete. Auch dies entspricht einem Positionspapier der Betriebsräte, in dem diese die Globalstrategie von EADS genauso verteidigen, wie etwa die Orientierung des Konzerns auf Großraumraumflugzeuge oder den systematischen Ausbau des Rüstungssegments bei Airbus und EADS. Nur von „Strukturproblemen“ wollte Lütjen reden, die durch Fehlplanungen im Management entstanden seien.

Doch solche Produktionsschwierigkeiten, die zu Lieferverzögerungen beim A 380 und der Airbus-Krise führten, haben durchaus auch etwas mit der EADS-Eigentümerstruktur und dessen vielfacher Abhängigkeit von Rüstungsaufträgen der Regierungen in Berlin und Paris, aber auch in London und Madrid zu tun. Dass etwa 12 Milliarden Euro für die Entwicklungskosten des A 380 übernommen werden konnten, wäre etwa ohne eine gleichzeitige Nutzung solcher Forschungsergebnisse für den Militärtransporter A 400 M, völlig undenkbar gewesen. Doch nun erhöhen sich die Kosten um weitere 5 Milliarden Euro, die an Fluggesellschaften wegen der Lieferverzögerungen zu zahlen sind. Ob dann aber noch der A 380 jemals in die Phase der Serienproduktion tritt, bleibt trotzdem unklar, denn 2007 kann nur ein einziger A 380 ausgeliefert werden, während allein zur Kapitalamortisation mindestens 400 dieser Fluggiganten verkauft werden müssten. Doch sind nur 159 Flugzeuge bestellt und Großabnehmer, wie die Emirate Airline, denken schon jetzt über einen Wechsel zu Boeing nach. Deshalb befürchten nun auch Wirtschaftsanalytiker, dass sich EADS von rund 40 Prozent seiner Airbus-Produktionskapazitäten trennen könnte, was dann vor allem für Hamburg eine Riesenpleite wäre, wo die Stadt fast 1 Milliarde Euro für den Ausbau des Airbus-Ports schon jetzt investiert hat.

Kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe wird der Rücktritt von Konzernchef Christian Streiff bekannt gegeben. Der neue Airbus-Chef Louis Gallois will dort weiter machen, wo Streiff aufhörte mit konzernweiter Arbeitsplatzvernichtung. Der sogenannte Sanierungsplan „Power8“ soll „sofort“ umgesetzt werden, was die Zukunft nicht nur der 12 500 Hamburger Airbus-Beschäftigten in Frage stellt. Der notwendige Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze geht also in eine neue Runde.

Quelle: Wochenzeitung „Unsere Zeit“, 13.10.06, Seite 1 (Titel)



Konzernboß Gallois kündigt schmerzhaften Sparkurs an. KfW-Einstieg nicht vom Tisch. Deutschland-Chef soll bleiben

[Der nachfolgende Artikel wurde gemeinsam mit jW-Redakteur Klaus Fischer verfasst]

Der neue Airbus-Lenker ­Louis Gallois hat aufkeimende Hoffnungen von Belegschaft und Gewerkschaften abgewürgt. Am Dienstag kündigte Gallois einen harten Sparkurs beim größten europäischen Flugzeugbauer an. »Es wird Entlassungen geben«, sagte er dem französischen Radiosender Europe-1. Für konkrete Angaben über das Sanierungsprogramm sei es allerdings noch zu früh. Zunächst wolle man mit den Sozialpartnern beraten.

Neuer starker Mann

Der Airbus-Mutterkonzern EADS (European Aeronautic Defence and Space Company) hatte am Montag abend den bereits gerüchteweise bekannten Personalwechsel an der Führungsspitze bestätigt. Der Verwaltungsrat akzeptierte den Rücktritt von Christian Streiff und berief Gallois zu dessen Nachfolger. Der 62jährige Sozialist Gallois war erst Anfang Juli an die EADS-Konzernsspitze aufgerückt. Zuvor hatte er sich einen Namen als Chef der französischen Staatsbahn SNCF gemacht, wo er ein knallhartes Sparprogramm ohne großen Widerstand der Gewerkschaften durchsetzen konnte. Vermutlich will der Top-Manager, der auch seinen Chefposten bei EADS behält, dies nun auch bei Airbus versuchen und Betriebsräte sowie Gewerkschaften stärker einbinden.

Vorgänger Streiff hatte sich nur drei Monate an der Airbus-Spitze gehalten. Im Zusammenhang mit den jüngsten Lieferverzögerungen beim Großraumflugzeug A 380 wollte er den Gesamtkonzern umstrukturieren. Dabei sollten politisch gewachsene Strukturen des mit Steuermilliarden aus Deutschland und Frankreich aufgepäppelten Konzerns zerschlagen und u.a. die A380-Produktion vollständig in Toulouse konzentriert werden.

Gallois hingegen sieht das größte Handicap des Konzerns nicht in seinen komplizierten Führungs- und Fertigungsstrukturen. Er macht vor allem die Schwäche des US-Dollar verantwortlich dafür, daß Konkurrent Boeing wieder besser dastehe als Airbus. »Der Dollar ist zusammengebrochen«, so Gallois. Dennoch gab er sich zuversichtlich, daß die Sanierung des europäischen Flugzeugbauers schneller abgeschlossen sein könnte als von seinem Vorgänger Streiff befürchtet. Dieser hatte von einer 15-jährigen Konsolidierungsphase gesprochen. Zumindest an den Börsen wird Gallois’ Berufung willkommen geheißen. Am Dienstag legte die EADS-Aktie bis Mittag um vier Prozent zu.

Inwieweit die Beschäftigten am größten deutschen Konzernstandort Hamburg jetzt aufatmen können, bleibt abzuwarten. Zwar scheint die Idee, die Montage des A380 aus Hamburg abzuziehen, vom Tisch. Doch auch hier könnte der angekündigte Stellenabbau für Entlassungen sorgen. Als einer der ersten sollte Presseberichten zufolge Airbus-Deutschland-Chef Gerhard Puttfarcken betroffen sein. Dem drohe der Rauswurf, hieß es in der Welt. Dem langjährigen Manager werden zwar keine direkten Versäumnisse vorgeworfen. Doch gehört Puttfarcken zu den Verantwortlichen, die die Produktionsprobleme in Hamburg seit längerem kannten und dennoch nicht angemessen darauf reagiert haben, hieß es. Die Spekulationen hätten keine Grundlage, sagte Airbus-Sprecher Tore Prang am Dienstag. Puttfarckens Position »stand und steht definitiv nicht zur Disposition«.

Inzwischen hat sich auch der zurückgetretene Streiff zu Wort gemeldet. Die bisherige Organisation innerhalb des EADS-Konzerns habe als Hauptziel, »das subtile Gleichgewicht von Machtmenschen und Postitionen« zu erhalten, so der Exmanager in der Tageszeitung Le Figaro. Dies sei angesichts der schweren Krise, in der sich das Unternehmen befinde, ein großes Hindernis. Airbus sei auch Jahre nach seiner Gründung »zum Teil noch immer eine Nebeneinanderreihung von vier Gesellschaften«, so Streiff.

Berliner Notfallplan

Auch die Bundesregierung scheint dem derzeitigen Burgfrieden bei EADS und Airbus nicht zu trauen. Einem Bericht des Handelsblatts zufolge arbeite Berlin entgegen aller offiziellen Bekundungen an einem Geheimplan, um notfalls beim Airbus-Mutterkonzern EADS einzusteigen. Demzufolge solle die bundeseigene KfW-Bankengruppe im Auftrag von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ein Modell entwickeln, das einen zeitlich befristeten Kauf von EADS-Aktien möglich mache. Die Beteiligung solle so ausgestaltet werden, daß die KfW dafür keine Aktien von Telekom oder Post verkaufen müsse, zitierte das Blatt einen hohen Regierungsbeamten. Die Bundesregierung prüfe gleich mehrere Optionen für den Fall, daß der Autokonzern DaimlerChrysler seinen Anteil an EADS weiter reduziert,wie die Zeitung weiter berichtete. Derzeit hält DaimlerChrysler 22,5 Prozent, hat aber bereits angekündigt, den Anteil auf bis zu 15 Prozent zu verkleinern. In jedem Fall wolle die Bundesregierung verhindern, daß der deutsche Einfluß durch den Rückzug der Stuttgarter sinke, hieß es.

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Airbus-Belegschaften werfen Management schwere Versäumisse vor

Belegschaftsvertreter aus allen deutschen Airbus-Standorten wollen gemeinsam gegen Standortschließungen und Personalabbau kämpfen. »Wenn einer von uns angegriffen wird, sind wir alle angegriffen«, betonte am Freitag Thomas Busch, stellvertretender Gesamtbetriebsratsvorsitzender auf dem Krisengipfel der Belegschaftsvertreter in Hamburg.

Eine Verlagerung der A 380 Produktion nach Toulouse werde nicht hingenommen. »Wenn jemand uns dieses Projekt wegnehmen will, wird er spüren, was Hamburg auf die Beine stellen kann«, sagte der Betriebsratschef des Hamburger Werks, Horst Niehus.

Kurzfristig setzen die Betriebsräte auf ein System von Arbeitszeitkonten, das, um branchentypische Auftragsschwankungen abzufangen, schon 2003 eingeführt wurde. Die Strukturprobleme müssten hingegen in einer gemeinsamen Steuerungsgruppe von Management und Belegschaftsvertretern besprochen werden. Dem schloss sich IG-Metall-Küste-Chefin Jutta Blankau an, die zudem eine »andere Unternehmenskultur« und mehr Risikomanagement forderte. Arbeitnehmer hätten immer wieder auf technische Probleme, die jetzt zu den Produktionsverzögerungen führten, hingewiesen. Doch solche Einwände habe das Management stets »vom Tisch gewischt«, weshalb zeitliche Fertigungsvorgaben unrealistisch blieben.

Fertigungsschwierigkeiten haben bei Airbus auch etwas mit der komplizierten Eigentümerstruktur des Mutterkonzerns EADS zu tun, der zudem von Rüstungsaufträgen der französischen, deutschen, spanischen und britischen Regierung vielfältig abhängig ist. So war die Verteilung von Produktionskomponenten auf weit entfernte Standorte, was erhebliche logistische und technische Koordinationsprobleme auslöste, stets auch eine Frage des Proporzes. Dazu kommen Eitelkeiten und Machtkämpfe im Management, das sich auch letzte Woche wieder wunderbar austobte.

Während der deutsche EADS-Co-Chef Tom Enders in Berlin gegenüber Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) vom Erhalt aller deutschen Standorte sprach, erklärte in Paris der Franzose Christian Streiff, dass dies keineswegs sicher sei. Im Tausch für den Großraumjet A 380 könne Hamburg gegebenenfalls Produktionsanteile der Flugzeugtypen A 330 und A 340 übernehmen. Bisher war dafür nur der Verkaufsschlager A 320 im Gespräch, was aber in Frankreich auf heftigen Widerstand stieß. Für Analysten wird indes zunehmend unklar, ob der A 380 überhaupt noch die Phase einer Serienproduktion erreicht. 12 Milliarden Euro hat das deutsch-französische Prestigeprojekt schon an Entwicklungskosten verschlungen. Nun kommen weitere 5 Milliarden Euro hinzu, die an die Fluggesellschaften gezahlt werden müssen. Um das aufzufangen, müssten mindestens 400 Flugzeuggiganten mittelfristig verkauft werden. Bestellt sind aber erst 159. Großabnehmer wie Emirate Airline (43 georderte Maschinen) denken längst über einen Wechsel zu Boeing nach.

Der US-Konkurrent bietet ab 2009 eine überarbeitete Version des B 747 an, der dem Fassungsvermögen des A 380 weitgehend entspricht, aber billiger ist. So werden nun selbst in Hamburg Stimmen laut, die von einer Fehlplanung der Stadtregenten sprechen, die Industriepolitik mit Prestige verwechselt hätten.

http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=98287&IDC=3



Airbus-Belegschaften wollen sich nicht gegeneinander ausspielen lassen

Wann endlich schenkt Airbus seinen Mitarbeitern reinen Wein ein? Diese Frage beschäftigte Betriebsräte und Gewerkschafter aus allen deutschen Standorten des Flugzeugbauers gestern in Hamburg. Die Beschäftigtenvertreter betonten auf ihrer Krisensitzung in der Hansestadt, daß man sich nicht gegeneinander ausspielen lassen wolle. »Wenn einer von uns angegriffen wird, sind alle angegriffen«, erklärte der Hamburger Betriebsratschef Horst Niehus. Der stellvertretende Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats (GBR), Thomas Busch, ergänzte, zwischen die Belegschaften des Konzerns passe »kein Blatt«.

Wie das gegenseitige Ausspielen der Standorte bislang funktionierte, konnte man am Vortag beobachten, als der Co-Chef des Mutterkonzerns EADS, Tom Enders, bei einem Gespräch mit Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) der deutschen Öffentlichkeit eine Beruhigungspille nach der anderen verabreichte, und Airbus-Chef Christian Streiff zugleich in Paris vor die Presse trat – mit entgegengesetzten Nachrichten. Während sich Enders in Berlin für den Erhalt aller deutschen Standorte aussprach und erklärte, Hamburg – samt A 380 – bleibe einer der wichtigsten Produktionsstätten, betonte Streiff gegenüber Le Monde, die Verlagerung der A380-Fertigung werde weiterhin erwogen und sei eine »offene Frage«. Der Airbus-Chef zog dann eine völlig neue Variante aus dem Ärmel: Demnach könnten im Tausch gegen den A380 nun die Flugzeugklassen A330 und A340 nach Hamburg wechseln. Bislang war stets nur von einem möglichen Wechsel des Verkaufsschlagers A320 die Rede. Doch das bringt Arbeitsplätze in Frankreich in Gefahr, weshalb die französischen Gewerkschaften gegen einen solchen Plan erbitterten Widerstand ankündigten.

Gleiches taten nun jedoch auch die deutschen Belegschaftsvertreter. »Wenn jemand versucht, ein Projekt wie den A380 aus Hamburg abzuziehen, dann wird er spüren, was Hamburg auf die Beine stellen kann«, drohte Niehus. In einem Positionspapier des GBR heißt es allerdings, man wolle den Dialog mit der Unternehmensspitze »konstruktiv führen, ohne dabei Grundpositionen aufzugeben«.

http://www.jungewelt.de/2006/10-07/052.php

Anmerkung: Zum Thema Airbus habe ich viele Beiträge verfasst. Analytisch darüber hinaus geht aber ein Beitrag meines Kollegen Winfried Wolf. Da dieser Online nur bedingt zu lesen ist, füge ich hier eine PDF-Datei hinzu. Der Beitrag schildert, wie wahnsinnig das ganze A 380 Projekt von Anfang an gewesen ist …

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Fluggesellschaften stornieren Bestellungen und wechseln zur Konkurrenz. Glos trifft Streiff zu Krisengespräch

Die Airbus-Krise hat sich am Mittwoch weiter zugespitzt, nachdem die EADS-Manager am Vorabend bekanntgeben mußten, daß sich die Auslieferung bestellter A-380-Großraumjets um ein weiteres Jahr verzögern wird. Die Firma Singapore Airlines, die zehn Flugzeuge bestellt hatte, teilte daraufhin mit, nun beim Konkurrenten Boeing zu kaufen. Einen solchen Wechsel prüft auch der größte Airbus-Kunde Emi­rates Airlines, auf den 43 der insgesamt 159 vorliegenden A-380-Bestellungen kommen. Auch die australische Qantas setzt auf Boeing, wie Finanzchef Peter Gregg in Sydney mitteilte. In Malaysia forderte Airlines-Gewerkschaftschef Mustafa Maarof einen Ausstieg seiner Linie aus dem A-380-Programm.

Damit ist die Zukunft des mit 12000 Mitarbeitern größten deutschen Airbus-Standortes in Hamburg noch unsicherer als zuvor. Zwar hat sich der EADS-Verwaltungsrat bislang nicht auf eine neue Aufgabenverteilung zwischen Hamburg und Toulouse einigen können, doch vieles spricht dafür, daß das Management das A-380-Programm auf Toulouse konzentrieren könnte. Die Lage ist jedenfalls so ernst, daß sich Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) am Donnerstag in Berlin mit Airbus-Vorstandschef Christian Streiff treffen will.

Spekuliert wird unterdessen, ob der Bund über die Förderbank KfW bei EADS mit einsteigt. Das hatten Regierungssprecher zwar stets dementiert, doch durch die nun immer wahrscheinlicher werdende Verlagerung der A-380-Produktion auf Toulouse sieht die Bundesregierung das »europäische Gleichgewicht« in dem Luftfahrtkonzern gefährdet, wie Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) am Mittwoch erklärte.

Da niedersächsische Standorte ebenfalls von Produktionsstillegungen betroffen sein könnten, will sich auch Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) in der kommenden Woche mit der Konzernspitze treffen. Belegschaftsvertreter und die IG Metall kündigten erste Arbeitskampfaktionen gegen den drohenden Jobverlust an.

http://www.jungewelt.de/2006/10-05/057.php



Sparbeschlüsse des Verwaltungsrates zu Lasten der Beschäftigten

Der Verwaltungsrat des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS wollte gestern über das Sanierungsprogramm »Power 08« für die Flugzeugtochter Airbus entscheiden. Heute soll das Management informiert werden.

Mit einem rigorosen Sparprogramm will der Airbus-Mutterkonzern EADS den weltweit größten Hersteller von Passagierflugzeugen aus der Krise führen. Der Sanierungsplan, der seit Freitag im Verwaltungsrat diskutiert wird, soll nach Informationen der französischen Wirtschaftszeitung »Les Echos« auch Produktionsverlagerungen und -ausgliederungen für die 17 europäischen Airbuswerke mit ihren 57 000 Mitarbeitern vorsehen. So soll das Hamburger Werk, wo rund 12 000 Beschäftigte arbeiten, sein neues A380-Auslieferungszentrum im Tausch gegen Produktionsanteile am A320 schon wieder verlieren. Damit wäre auch die Landebahnverlängerung, die die Hansestadt nach jahrelangem Rechtsstreit mit Anrainern gerade erst durchgesetzt hat, überflüssig. Die A380-Produktion würde vollständig auf Toulouse konzentriert, wo die Konzernspitze heute Nachmittag 400 Top-Manager über Details des Sparprogramms informieren will.

Es regen sich bereits Proteste. In Toulouse fürchten Belegschaftsvertreter und die Gewerkschaft CGT einen Arbeitsplatzverlust für 1400 Mitarbeiter, weil hier die A320-Familie bisher 90 Prozent aller Bestellungen ausmachte. Widerstand gibt es aber auch in Hamburg, wo derzeit A380-Rumpfsegmente gebaut sowie der Innenausbau und die Endlackierungen für das mit bis zu 853 Sitzplätzen weltweit größte Passagierflugzeug erfolgen. Die Hansestadt hat für das Auslieferungszentrum zudem fast 800 Millionen Euro, vor allem für Flächenerweiterungen, investiert. Der frühere grüne Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch, der jetzt in der Wahlalternative WASG aktiv ist, spricht davon, dass sich die Hamburger Wirtschaftspolitiker haben abzocken lassen.

Auf die Einhaltung von Verträgen pocht Wirtschaftssenator Gunnar Ulldal. Der CDU-Politiker forderte Anfang der Woche, dass der Bund direkt bei EADS einsteigt, um so deutsche Interessen besser zu sichern.

Selbst wenn es Uldall noch gelingt, einen GAU abzuwenden, dürften in Hamburg hunderte Arbeitsplätze zur Disposition stehen. Stellen sind zudem an den Produktionsstandorten Stade, Buxtehude und Nordenham gefährdet, die auf einer Streichliste der EADS-Manager stehen sollen. Bis zu 30 Prozent der Airbus-Produktionskapazitäten sollen an Fremdfirmen, mittelfristig auch in Niedriglohnländer wie Russland und China, ausgegliedert werden. So sollen die eigenen Kosten um jährlich etwa 2 Milliarden Euro sinken.

Doch diese Summe muss Airbus allein für Vertragsstrafen kalkulieren, die sich aus den Auslieferungsverzögerungen beim A380 ergeben. Softwareprobleme hatten nach Angaben von Airbus-Chef Christian Streiff dazu geführt, dass Produktionskomponenten nicht zusammenpassten. Verzögerungen gab es aber auch beim Langstreckenflugzeug A350 und beim Militärtransporter A400 M, weshalb CGT-Gewerkschafter vor Einsparungen von bis zu zehn Milliarden Euro bis 2011 warnen.

Analysten argumentieren, Airbus müsse billiger und effektiver werden, da sonst Fluggesellschaften wie Virgin Atlantic oder Air France zum Konkurrenten Boeing wechseln könnten. Dies zu prüfen, hat am Dienstag die Fluggesellschaft Emirates, die mit 43 Bestellungen für den A380 größter Kunde des Super-Airbus ist, schon angekündigt. Dies war eine Reaktion auf die Ankündigung weiterer Verzögerungen um zehn Monate bei der Auslieferung des A380. Das erste Exemplar wäre im August 2008 verfügbar.

Arbeitsplätze sind außer an den Produktionsstandorten auch in der Zuliefererindustrie in Gefahr. Die kleineren Firmen haben Entwicklungskosten häufig vorfinanziert, während Airbus erst nach Auslieferung der Flugzeuge zahlt. Branchenkenner spekulieren, dass Airbus europaweit die Anzahl seiner Zulieferer von gegenwärtig 10 000 auf rund 7000 senken will.

http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=97972&IDC=3



Managementfehler beim europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzern könnten Tausende den Job kosten

Am heutigen Mittwoch nachmittag wird der Verwaltungsrat des europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzerns EADS dem Gesamtbetriebsrat in Toulouse Einzelheiten seines Sanierungsprogramms zur Airbus-Krise vorlegen. Denn obwohl die Spitzenmanager schon seit Freitag hinter verschlossenen Türen in Amsterdam beraten, konnte das international besetzte Betriebsratsgremium wegen des »Tags der Deutschen Einheit« selbst bisher nicht zusammentreten. Es wird eine brisante Sitzung, denn geplant sind Einsparungen in Milliardenhöhe, wie die französische Zeitung Les Echos erst am Montag berichtete. Demnach sollen alle europäischen Airbus-Werke von Produktionsverlagerungen und massivem Personalabbau betroffen sein. Alarmstimmung herrscht nun auch in Hamburg, wo rund die Hälfte der etwa 22000 deutschen Airbus-Mitarbeiter arbeiten. Durchgedrungen war zuvor, daß die Konzernmanager den Großraumjet A 380 am liebsten nur noch in Toulouse bauen und ausliefern lassen möchten, um so die Produktionsabläufe zu straffen. Das aber wäre auch das Ende für das neue A-380-Auslieferungszentrum in Hamburg, für das die Hansestadt zuletzt eine umstrittene Landebahnverlängerung gegen den Widerstand betroffener Anrainer auch mit Enteignungen durchsetzte.

GAU für Hamburg?

Kein A-380-Auslieferungszentrum in Hamburg? Wirtschaftspolitisch wäre das eine Katastrophe, denn um Flächen für den Werksausbau und die verlängerte Landebahn zur Verfügung zu stellen, hat die Stadt inzwischen fast eine Milliarde Euro ausgegeben. Für WASG-Vertreter Norbert Hackbusch, der den Airbus-Werksausbau schon als früherer Bürgerschaftsabgeordneter der Gruppe »Regenbogen« heftig kritisiert hatte, haben die Wirtschaftspolitiker von SPD und CDU damit nicht nur viel Geld, sondern auch das »Naturschutzgebiet Mühlenberger Loch und ein halbes Dorf im Poker um die Landebahnverlängerung verzockt«. Demgegenüber pocht Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) auf »vertragliche Vereinbarungen«. Doch sicher ist sich Uldall damit offenbar nicht. Auch er befürwortet nun eine direkte Beteiligung des Bundes an EADS, um so einen besseren Interessenausgleich zwischen deutschen und französischen Standorten zu sichern. Doch selbst wenn der »Super-GAU« so für die Hansestadt doch noch abzuwenden ist, kann ein massiver Personalabbau offenbar nicht mehr verhindert werden. Bis zu 15 Prozent der Airbus-Produktionskapazitäten sollen an Billiglohnländer wie Rußland und China vergeben werden, wofür der Einstieg von russischem Kapital bei EADS und die Vorbereitung einer A-320-Fertigungsstraße in China gerade recht kommen. Weitere 30 Prozent der Airbus-Kapazitäten sollen an europäische Fremdfirmen ausgegliedert werden, weshalb Les Echos nun auch berichtete, daß mindestens sieben europäische Airbus-Standorte, darunter die in Stade, Buxtehude und Nordenham, direkt zum Verkauf anstünden. So sollen die Produktionskosten um jährlich etwa zwei Milliarden Euro gedrückt werden.

Vertragsstrafen drohen

Doch diese Summe entspricht lediglich dem, was Airbus an Vertragsstrafen für die Auslieferungsverzögerungen beim A 380 wird zahlen müssen. Softwareprobleme hatten dazu geführt, daß die in Hamburg produzierten Spezialkabel schlicht zu kurz waren. So werden nach Angaben des neuen Airbus-Chefs Christian Streiff auch 2007 nur vier Maschinen ausgeliefert werden können. Produktionsverzögerungen gab es aber auch beim Langstreckenflugzeug A 350 und dem Militärtransporter A400 M, wodurch weitere Kosten in Milliardenhöhe entstehen werden. Wegen dieser Managementfehler muß Airbus nun billiger und schneller werden, weshalb die französische Gewerkschaft CGT inzwischen erwartet, daß bis 2011 jedes Jahr mindestens eine Milliarde Euro »eingespart« wird, um doch noch den Profitinteressen der Eigner gerecht zu werden. Andere Beschäftigtenvertreter sprechen gar von zehn Milliarden Euro, weil Fluggesellschaften wie Air Emirates, Virgin Atlantic oder die Air France andernfalls zur US-amerikanischen Boeing-Konkurrenz wechseln könnten, die nach anfänglichen Schwierigkeiten bei der Produktivität für Großraumflugzeuge Airbus inzwischen längst eingeholt hat.

Doch nicht nur die Arbeitsplätze eines Teils der rund 57000 europäischen Airbus-Beschäftigten sind gefährdet – allein in Toulouse sollen 1400 Zeitarbeitsverträge nicht verlängert werden. Auch in der Luftfahrtzulieferindustrie, die häufig Risikopartnerschaften eingegangen ist und einen Teil ihrer Entwicklungskosten für die Fertigung von Airbus-Komponenten vorfinanziert hat, stehen Jobs auf dem Spiel. Allein in Hamburg könnten dadurch Hunderte weitere Arbeitsplätze in Gefahr geraten. Europaweit will EADS die Anzahl seiner Zulieferer von derzeit 10000 auf rund 7000 senken.

http://www.jungewelt.de/2006/10-04/043.php

http://www.initiativenzeitung.org/nachricht/meldung/alarmstimmung-bei-eads/



Hamburgs Wirtschaft und Politprominenz buhlten bei Visite von Ministerpräsident Wen Jiabao um Gunst der Mächtigen im Reich der Mitte. Festwochen eröffnet

Mit einem Gespräch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel endete am Donnerstag eine Stippvisite des chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao in der BRD, der zuvor am China-Gipfel der EU in Helsinki teilgenommen und dann den britischen Premier Anthony Blair in London besucht hatte. Wie es hieß, ging es bei dem Gespräch im Kanzleramt vor allem um Probleme wie den amerikanisch-iranischen Atomkonflikt, aber auch um den weiteren Ausbau der deutsch-chinesischen Handelsbeziehungen, die nach chinesischen Angaben im ersten Halbjahr 2006 einen Rekordwert von fast 42 Milliarden Euro erreichten. Strittige Fragen wie die in China verbreitete Produktpiraterie könnten nur in gleichberechtigten Konsultationen gelöst werden, betonte Wen dabei gegenüber der Kanzlerin.

Doch im Mittelpunkt des Besuchs stand nicht Berlin, sondern Hamburg, wo Wen schon am Abend zuvor am Eröffnungsdinner für die Wirtschaftskonferenz »China trifft Europa« teilgenommen hatte. Schließlich werden in der Hansestadt jedes Jahr fast 2,2 Millionen Standardcontainer mit chinesischen Absende- oder Empfängeradressen umgeschlagen und mit rund 400 Filialen haben in Hamburg mehr chinesische Firmen einen Sitz als in jeder anderen europäischen Stadt. Das bringt allein im Containerverkehr Zuwachsraten von jährlich fast 30 Prozent. Gleichzeitig sind 700 Hamburger Unternehmen in China tätig.

Da sich auch Xu Kuangdi, Präsident des chinesischen Industrieverbandes, vor der Konferenz für die Ausweitung dieser Wirtschaftsbeziehungen ausgesprochen hatte, wurde Wen besonders herzlich begrüßt. Nicht nur Bürgermeister Ole von Beust (CDU), sondern auch Altbundeskanzler Helmut Schmidt, Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Handelskammerpräses Karl-Joachim Dreyer waren als Festredner angetreten. Der Konferenz folgen anläßlich des 20. Geburstages einer Städtepartnerschaft mit Shanghai nun auch noch drei Festwochen, mit denen Hamburg seine China-Kompetenz in nahezu allen Bereichen unter Beweis stellen will. Ein Spektakel, das am Mittwoch abend mit einer »Nacht der Harmonie« begann. Werner Marnette, Chef der Norddeutschen Affinerie, der nach eigenen Angaben ins chinesische Kupfergeschäft einsteigen möchte, hatte dafür extra einen 5,50 Meter hohen und sieben Meter langen Kupferdrachen anfertigen lassen, der nun auf einem Alsterponton die Stadt bewacht.

http://www.jungewelt.de/2006/09-15/018.php



Chinas Regierungschef bei Wirtschaftskonferenz an der Alster

Chinas Regierungschef Wen Jiabao begann seinen Deutschlandbesuch gestern Abend passend in Hamburg. Denn der größte deutsche Seehafen nimmt eine wesentliche Rolle im europäisch-chinesischen Handel ein. Erst heute wird Wen Jiabao in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammentreffen.

Mit einer hundertköpfigen Delegation aus Wirtschaft und Politik reiste Wen Jiabao gestern Abend in Hamburg an. Die Hansestadt empfing den Ministerpräsidenten der Volksrepublik China feierlich zum Eröffnungsdinner der dreitägigen Wirtschaftskonferenz »China trifft Europa« im Festsaal des Rathauses. Neben Bürgermeister Ole von Beust (CDU) traten auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos, Altbundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) und Handelskammerpräsident Karl-Joachim Dreyer als Festredner auf. Die Veranstaltung ist Teil dreiwöchiger Festwochen – unter dem Motto »China Time 2006« zum 20. Geburtstag der Städtepartnerschaft mit Shanghai.

Wen Jiabao sieht die Stadt als Drehscheibe für den deutsch-chinesischen Handel. Der hat sich bundesweit im ersten Halbjahr 2006 auf einen Warenwert von rund 42 Milliarden Euro gesteigert. Die Chinesen streben eine Ausweitung der Handelsbeziehungen vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen an, erhoffen sich aber auch Anstöße für weitere Geschäfte im Logistik-, Petrochemie-, Energie- und Umweltbereich. Über Letzteres wird Ex-UN-Umweltdirektor Klaus Töpfer sprechen. Chinas Bedarf an Ressourcen wird ebenfalls ein Thema sein.

Mit Hamburgs Rolle als »Europas Tor für China« begründet Stadtrat Reinhard Stuth (CDU), der als »Außenminister« des Bürgermeisters gilt, die Veranstaltung. Mit Wachstumsraten von jährlich um zehn Prozent ist China gerade für Hamburger Kaufleute interessant, wo man auf eine lange Tradition in den Beziehungen blickt. Das erste chinesische Handelsschiff legte 1792 an, und als man anderenorts China gerade entdeckte, eröffneten dortige Kaufleute schon 1842 eine Handelsvertretung in Shanghai. Pionierarbeit, die sich bis heute auszahlt. Mehr als 700 Hamburger Unternehmen – darunter Beiersdorf und Airbus, aber auch Mittelständler – sind in der Volksrepublik engagiert. Die bringt es ihrerseits auf rund 400 Firmenfilialen in der Alster-Stadt, laut Senatsangaben mehr als in jeder europäischen Stadt. Das sind meist kleinere Handelsfirmen, aber auch Europazentralen chinesischer Großkonzerne wie Chinatex, Baosteel, Cosco und China Shipping. Sie beschäftigen insgesamt rund 1500 Mitarbeiter. Wichtigste Importgüter sind dabei Kleidung, Elektrogeräte, Maschinen und pharmazeutische Grundstoffe.

Dank des florierenden Handels boomt der Hamburger Hafen. Hier wird mehr als die Hälfte des deutschen Außenhandels mit China abgewickelt. Pro Jahr werden 2,2 Millionen Standardcontainer mit chinesischen Absender- oder Empfängeradressen umgeschlagen. Gerade die Zufuhr chinesischer Billigprodukte bringt hier Zuwachsraten von bis zu 30 Prozent pro Jahr. Doch was für eine Hansestadt gut ist, bereitet der produzierenden Wirtschaft in ganz Europa wachsende Sorgen. Denn mit den Preisen der fernöstlichen Konkurrenz kann sie nicht mithalten. Und der Ausgleich durch die Erschließung Chinas als neuer Absatzmarkt wird von den Chinesen erschwert.

Doch Hamburg feierte den Jahrestag der Städtepartnerschaft mit Shanghai gestern mit einer »Nacht der Harmonie«, bei der auch Drachentänze um die Alster aufgeführt wurden. Der Norddeutsche-Affinerie-Chef Werner Marnette stiftete dafür einen 5,5 Meter hohen und sieben Meter langen Kupferdrachen, der nun drei Wochen auf einem Alsterponton über der Stadt wacht. Nach eigenen Angaben will Marnette ins chinesische Kupfergeschäft einsteigen. Ungeachtet der Wirtschaftsgespräche wird es bis Anfang Oktober auch rund 270 kulturelle Veranstaltungen geben.

Infos unter www.hamburg.de

Quelle: Nur Printausgabe des ND, 14.09.2006, Seite 10



Hamburger Wirtschaftssenator treibt Elbvertiefung für Hafenausbau voran und ignoriert unkalkulierbare Risiken

In Hamburg hat die städtische Hafenentwicklungsgesellschaft Port Authority am Mittwoch einen Antrag auf Planfeststellung der Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe bei den zuständigen Behörden eingereicht. Dies sei ein großer Schritt für die weitere Zukunftsfähigkeit des Hafens, schwärmte Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU), der nun den Fluß bis zur Mündung bei Cuxhaven um einen bis 1,50 Meter vertiefen will. Damit könnten auch Containerriesen mit einem Tiefgang von 14,50 Metern den Hafen erreichen, während bis jetzt bei 13,50 Metern Schluß ist.

Doch der Naturschutzbund (NABU) warnt vor erhöhten Sturmflutgefahren, die diese nun fünfte Elbvertiefung bringen würde. Zudem sei eine weitere Verschlackung ökologisch wertvoller Flachwasserbereiche sowie der Yacht- und Überseehäfen zu befürchten. Nun prüfen die Naturschützer, ob sie Widerspruchsverfahren einleiten können.

Das aber könnte für die Wirtschaftsbehörde zu erheblichen Problemen führen. Nach eigenen Angaben erwarten die Reeder von ihr, das geplante Vorhaben bis Ende 2009 abzuschließen. Auch die Zuschüsse des Bundes, der zwei Drittel der Gesamtkosten von rund 330 Millionen Euro tragen will, sind nur auf diesen Zeitraum bezogen. Gleichzeitig bestehen Schleswig-Holstein und Niedersachsen auf Ausgleichsfonds für Verschlackungsschäden in ihren eigenen Elbehäfen und für die Sicherheit ihrer Deiche. Die Einrichtung dieser Fonds hat Hamburg zwar zugesagt, doch über die genaue Höhe muß noch verhandelt werden.

Von einem »Vabanquespiel« spricht deshalb Christian Maaß, Umweltpolitiker der Hamburger Grünen. Er verweist darauf, daß noch nicht einmal die mit der letzten Elbvertiefung von 1999 zugesagten ökologischen Ausgleichsmaßnahmen vollständig realisiert worden sind.

Unkalkulierbar sind vor allem die Folgekosten für die Deichsicherung, da durch klimatische Veränderungen bereits jetzt mit einem weiteren Anstieg des Spiegels der Nordsee zu rechnen ist. Darüber hinaus erhöht sich mit jeder Fahrrinnenvertiefung der Pegelstand der Elbe bei Sturmfluten.

Abgesehen davon bezweifelt der NABU auch die ökonomische Notwendigkeit einer weiteren Elbvertiefung. Die Wirtschaftsbehörde hatte die geplante Maßnahme nur mit angenommenen, künftigen Entwicklungen bei der Größe der Containerschiffe begründet. Dies ersetze nicht eine dringend notwendige echte Kosten-Nutzen-Analyse, sagte Hamburgs NABU-Vorsitzender Rolf Bonkwald. Er fordert ein gemeinsames Hafenkonzept für Norddeutschland, was auch einen Ausbau von Cuxhaven und Wilhelmshaven einschließe.

http://www.jungewelt.de/2006/09-14/012.php



Deutscher Standort ist keineswegs gesichert

Bricht Airbus sein Versprechen, ein Auslieferungszentrum für den A 380 in Hamburg zu bauen? Seit der neue Airbus-Chef Christian Streiff dieser Tage einen Einstellungsstopp für alle Airbus-Werke verkündete, grassiert in der Hansestadt dieses Gerücht.

Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) hat bestätigt, dass die Gefahr »einer veränderten Arbeitsteilung zwischen Toulouse und Hamburg« bestehe, der er sich aber energisch widersetzen werde. Also kein Auslieferungszentrum für Hamburg? »Das wäre ein beispielloser Affront«, sagte auch der wirtschaftspolitische Sprecher der grünen Bürgerschaftsfraktion, Jens Kerstan. Er schoss sich Donerstagnachmittag schon mal auf den Senat ein. Dieser hätte dem Forderungsdruck der Airbus-Spitze in Toulouse immer wieder und zu schnell nachgegeben, kritisierte Kerstan und nannte die Landebahnverlängerung für das Airbus-Werk. Ultimativ hatte Toulouse diese gefordert, damit auch Frachtversionen des A 380 starten und landen könnten. Schärfer reagieren Naturschützer. Sie fordern einen sofortigen Baustopp.

Dass die Airbus-Spitzen für den Hamburger Standort keineswegs entschieden sind, hätte schon im Juni 2006 klar werden können. Damals gab der frühere EADS-Konzernchef Noël Forgeard auch Hamburg eine Mitschuld, dass Liefertermine nicht eingehalten werden konnten und Großkunden mehrere bestellte A 380 stornierten. Branchenkennern zufolge hatten auch Abstimmungsprobleme zwischen einzelnen Produktionsstandorten die Lieferengpässe verursacht. Streiff verkündete nun ein »A-380-Aufholprogramm«, doch wie die Produktion gestrafft werden soll, wird Ende September in Toulouse entschieden.

Dabei kostet allein die Landebahnverlängerung 60 Millionen Euro. Ihr Ausbau hat erst kürzlich begonnen, weil sich Anrainer jahrelang weigerten, ihre Grundstücke zu verkaufen. Weitere 750 Millionen Euro musste die Stadt zuvor für die Zuschüttung einer großen Elbbuchtung berappen, mit der zugleich ein großes Naturschutzgebiet (das Mühlenberger Loch) weitgehend vernichtet wurde. Grund waren die Pläne, neue Produktionshallen für die Endlackierung und Ausrüstungsmontage des A 380 zu bauen.

So hat Uldall Recht, auf Vereinbarungen mit der Konzernspitze zu pochen. Doch solche haben die Airbus-Manager schon einmal gebrochen, als sie nach der Zuschüttung etwa die Landebahnverlängerung zur Bedingung machten. Auch die ist nun erfüllt. Trotzdem ist in Toulouse nichts entschieden, wie Firmensprecher Arndt Hellmann gegenüber dem »Hamburger Abendblatt« bestätigte. Er gehe zwar davon aus, dass das Auslieferungszentrum komme, doch wo dem Spardruck nachgegeben werden könne, vermochte er nicht zu sagen.

Allein die Stornierungen hätten bei Airbus ein 300-Millionen-Euro-Loch gerissen, berichtete die französische Zeitung »La Tribune«. Kostendruck sei zudem entstanden, weil Boeing seinen Jumbojet 747-8 zu einem wirklichen Konkurrenzmodell zum A 380 ausgebaut hat. Ausführlich berichtete das Blatt auch vom Ausbau des neuen A-380-Auslieferungszentrum in Toulouse, das bald fertig gestellt werden könne. In Hamburg wird hingegen noch bis Juli 2007 allein an der Landebahnverlängerung gebaut.

http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=96806&IDC=3



In Hamburg rührt sich Widerstand gegen den Ausbau des Hafens

Der Hafenpolitik des Hamburger Senats droht ein Rückschlag. Anwohner und Naturschützer erheben Einwände gegen das Großprojekt.

Wie jetzt bekannt wurde, klagen 31 Bürger gegen den Ausbau des Containerterminals am Burchardkai. Sie wohnen auf der anderen Elbseite und befürchten »unzumutbaren Lärm«. Der im Februar gefasste Planfeststellungsbeschluss, der städtische Investitionen von 60 Millionen Euro vorsieht, berücksichtige nicht, dass die Häuser denkmalgeschützt sind. Ein erster Verhandlungstermin vor dem Verwaltungsgericht ist für den 20. September anberaumt. Damit droht der gesamte Hafenentwicklungsplan, der ein milliardenschweres Investitionsprogramm vorsieht, zeitlich aus den Fugen zu geraten. Ungemach droht auch von Naturschutzverbänden, die Einwände gegen ein Genehmigungsverfahren zur Fahrrinnenvertiefung der Elbe angekündigt haben. Allein vom Bund kommen dafür Zuschüsse von 245 Millionen Euro.

Der Burchardkai ist die größte Anlage für Containerumschlag im Hamburger Hafen; 40 Prozent aller Stahlboxen werden hier abgefertigt. Jährlich heben 18 Containerbrücken 2,6 Millionen Standardcontainer (TEU) von über 5000 Schiffen über die Kaikante. Wie überall im Hafen soll hier die Umschlagskapazität erhöht werden – auf 5,2 Millionen TEU bis 2015 –, wofür die Kaimauern um 1100 Meter verlängert werden müssen.

Auf der anderen Elbseite liegen die Stadtteile Neumühlen und Övelgönne, wo man das Dröhnen der Schiffsaggregate und den schrillen Schrei der Van-Carrier schon jetzt Tag und Nacht deutlich hört. Der Lärmpegel liege bei 60 Dezibel, berichten Anwohner, die einen weiteren Anstieg befürchten, wenn der Kai verlängert wird. Vertreten durch die Anwaltskanzlei Mohr & Partner, die bereits Airbus-Gegner vertrat, wenden sie ein, dass es keine ausreichende Begründung für den Hafenausbau gebe.

Für die Wirtschaftsbehörde könnte dies ein großes Problem darstellen. Die Gesamtplanung, die auch drei weitere Großterminals, die Hafenbahn und die Autobahnzubringer umfasst, basiert auf erhofften künftigen Entwicklungen. Die Behörde rechnet mit Wachstumspotenzialen von jährlich 9,4 Prozent und verweist auf bisherige Entwicklungen im Warenverkehr und Wettbewerbsvorteile gegenüber den anderen Nordrange-Häfen. Verwertbare Fakten stehen indes kaum zur Verfügung.

Ebenfalls nur auf vagen Prognosen fußt die Planung zur Vertiefung der Elbfahrrinne. Die weltweit größten Containerfrachter mit bis zu 9000 TEU an Bord und größerem Tiefgang wären schon bald normale Arbeitspferde, heißt es, doch bislang ist bei 13,50 Meter Schluss. Daher soll die Elbe in Hamburg ab 2007 für 347 Millionen Euro um 1,50 Meter ausgebaggert werden.

Nachweisbar sind hingegen Einwände des Naturschutzbundes (NABU), der auf Verschlackungen und für Fische tödliche Sauerstofflöcher schon nach der letzten Elbvertiefung von 1999 hinweist. Ein weiteres Ausbaggern erhöhe zudem die Sturmflutwasserstände, was die Deichsicherheit bedrohe, weil Forschungserkenntnisse über steigende Meeresspiegel nicht berücksichtigt seien, sagen die Naturschutzverbände.

»Wenn die Deiche brechen, säuft ein Drittel meines Wahlkreises ab«, warnt deshalb auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Magrit Wetzel aus dem Landkreis Stade. Doch solche Kritik aus Politikermunde ist bislang die Ausnahme. Denn am Hafen, so heißt es, hängen in der ganzen Region bis zu 154 000 Arbeitsplätze. Das verschlägt auch der Linken die Sprache, während die frühere Wählervereinigung Regenbogen milliardenschwere Hafeninvestitionen vor Jahren in Frage stellte. Fast eine Milliarde Euro waren damals in eine supermoderne Containeranlage auf Altenwerder geflossen. Doch gerade weil sie so modern ist, gibt es dort ganze 280 Arbeitsplätze.

http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=96510&IDC=3



Letztes Grundstück für neue Startbahn enteignet

Das Bundesverfassungsgericht hat gestern grünes Licht für die Verlängerung der Airbus-Startbahn in Hamburg-Finkenwerder gegeben. Schon zuvor schuf der Senat Fakten: Die letzten Obstbäume wurden gefällt.

Erwartungsgemäß hat das Bundesverfassungsgericht in einem Eilverfahren eine Verfassungsbeschwerde von neun Airbus-Gegnern zurückgewiesen. Sie hielten bislang im Rahmen einer 30-köpfigen Eigentümergemeinschaft ein etwa zehn mal zehn Meter großes Sperrgrundstück inmitten des Flächenkorridors für die Pistenverlängerung des Flugzeugwerkes im Hamburger Stadtteil Finkenwerder. Die Kläger wehrten sich gegen die Enteignung ihres Grundstücks, die das Hamburgische Oberlandesgericht (OLG) zuvor für rechtens erklärte. Das Grundstück müsse gehalten werden, so ihre Argumentation, weil es ein Messgrundstück zur Überprüfung der Folgen des Airbus-Werksflugplatzes für den örtlichen Obstanbau sein werde.

Ein jahrelanges politisches und juristisches Tauziehen um die Landebahnverlängerung hat damit sein Ende gefunden. Für die Gegner der Erweiterung eine letzte Schlacht, denn nach der Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht wird nichts mehr möglich sein. Die für die Flächenherrichtung zuständige Realisierungsgesellschaft (Rege) hatte angekündigt, das Grundstück unmittelbar nach dem Urteil in Besitz zu nehmen. Gestern am frühen Nachmittag, noch vor dem Karlsruher Richterspruch, meldete die Hamburger Wirtschaftsbehörde Vollzug – sechs Apfelbäume wurden gefällt. Begründung: Das Bundesverfassungsgericht habe noch kein Urteil gefällt. Damit sei die OLG-Verkündung rechtskräftig, dass das Grundstück zum 31. Juli in die Hände der Stadt falle.

Eine Piste für den A 380

Airbus hatte in der Auseinandersetzung immer wieder betont, die Pistenverlängerung sei notwendig, damit auch in Hamburg Frachtversionen des neuen Großraumjets A 380 starten und landen können. Die Gegner argumentierten, dies könne über den benachbarten Lufthansaairport abgewickelt werden. Nach einer Verlängerung der Piste um 589 Meter würde diese bis unmittelbar vor den Kern ihres Dorfes in Neuenfelde reichen; der Bestand des Wohnorts wäre dann in Gefahr. Wiederholt zweifelten die Kritiker an, dass von dieser Landebahnverlängerung Arbeitsplätze abhängig seien, was Airbus stets behauptete. Anrainer und Obstbauern weigerten sich, ihre Grundstücke zu verkaufen.

Das Thema wurde im letzten Jahr schließlich zur Chefsache für Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU). In Toulouse hatte die Spitze des Airbus-Mutterkonzerns EADS offen damit gedroht, sich notfalls für einen anderen Standort für die Endarbeiten am A 380 zu entscheiden, werde nicht binnen kürzester Zeit Planungssicherheit bezüglich der geforderten Landebahnverlängerung gegeben sein. Im Hamburger Werk erfolgen die Endlackierung und der Innenausbau des Superjets. Nun wurde der Druck auf die Grundstücksbesitzer so groß, dass die meisten von ihnen schließlich und für sehr viel Geld einem Grundstücksverkauf zustimmten.

Letzter Joker Obstbaum

Übrig blieb jenes kleine Grundstück, das 30 Mitglieder der »Schutzgemeinschaft Süderelbe«, darunter die streitbare Obstbäuerin Gabi Quast, schon zuvor als ihren letzten Joker erworben hatten. Sie hofften auf eine zumindest zeitweilige Verzögerung im Enteignungsverfahren, denn schon Mitte August will die EADS-Konzernspitze über das endgültige Schicksal des Hamburger Werks entscheiden. Wenn es bis dann noch immer keine Planungssicherheit gebe, hätten sich die verärgerten Manager, so das Kalkül, vielleicht auch für einen anderen Standort für den Innenausbau und die Endlackierung des A 380 entscheiden können. Ohnehin seien die Hamburger kürzlich auch erst wegen der Lieferverzögerungen beim A 380 ins Gerede geraten.

http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=94617&IDC=3



Ex-DDR bleibt Deutschlands Mezzogiorno

Eine Wende am Arbeitsmarkt in den neuen Bundesländern ist nicht in Sicht. Wie das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) am Dienstag mitteilte, sinkt die Beschäftigtenzahl weiterhin dramatisch, die Unterbeschäftigung nimmt zu und die Arbeitslosigkeit stagniert auf hohem Niveau. Nach einer Institutsprognose wird es in den fünf Bundesländern im diesem Jahr etwa nur noch 5,54 Millionen Beschäftigte geben. Davon sind 1,6 Millionen un­terbeschäftigt, weitere 1,24 Millionen werden im Jahresmittel als arbeitslos registriert sein.

Damit bleibt die »Aufholjagd« für die neuen Bundesländer, wie sie Bundes- und Landespolitiker aller Parteien immer wieder vollmundig einforderten, erneut ohne Wirkung. Erst Ende Juni hatte das Institut prognostiziert, daß das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner in Ostdeutschland selbst im Jahr 2020 nur 64,7 Prozent des Westniveaus erreichen werde. Zudem resultieren Produktionszuwächse in den neuen Ländern laut der aktuellen Studie fast ausschließlich aus Steigerungen in der Arbeitsproduktivität, also aus Arbeitsverdichtung und Rationalisierung, während es Auftragserweiterungen kaum gibt. Arbeitslosigkeit kann so aber nicht reduziert werden. Das IWH rechnet nun für 2007 damit, daß die Zahl der registrierten Arbeitslosen auf 1,21 Millionen sinkt.

Billiglohnzone

Zum Stillstand kommt die Sonderentwicklung im Bausektor, der bis 2004 für leichte Entspannung am Arbeitsmarkt gesorgt hatte. Hier sank die Wertschöpfung schon 2005 um neun Prozent, während das Institut für 2006 und 2007 ein weiteres Minus von 6,5 Prozent voraussagt. Seinen Tribut fordert schließlich auch der Abbau von Stellen im öffentlichen Dienst, wo die Bruttowertschöpfung seit 2003 kontinuierlich sinkt. Auch die Steigerungsraten des Bruttoinlandsproduktes sinken. Nehmen die Experten für 2006 noch einen Steigerungswert von 1,4 Prozentpunkten an, so wird dieser für 2007 auf nur noch 0,6 Prozent geschätzt.

Dafür machen die bürgerlichen Wirtschaftswissenschaftler nun »allgemeine Strukturschwächen« in der Region und einen Rückgang der Investitionen verantwortlich. Positiv heben sie hingegen hervor, daß die Kostenbelastung für die Unternehmer gesunken sei. Doch geringere Lohnstückkosten bezahlen die Beschäftigten mit Lohnverzicht und einer größeren Arbeitsverdichtung. Immer mehr Unternehmen steigen zudem aus der Tarifbindung aus. Im Jahr 2005 unterlagen im verarbeitenden Gewerbe der neuen Bundesländer nur noch 17 Prozent aller Betriebe einem Branchentarifvertrag. Rund 44 Prozent dieser Betriebe hatten überhaupt keine tarifliche Orientierung mehr.

Kaum Binnennachfrage

Positiv hoben die Wirtschaftsexperten außerdem gestiegene Warenausfuhren ins Ausland hervor, wo die Region vom Außenhandel mit den neuen Mitgliedsstaaten in Mittelosteuropa profitiert. Gemessen am Gesamtexport liegt der entsprechende Anteil in den neuen Ländern bei 14,3 Prozent, während er in den alten Bundesländern nur 8,2 Prozentpunkte erreichte. Doch den dramatischen Rückgang der Binnennachfrage – vor allem durch eine negative Einkommensentwicklung – kann das nicht kompensieren. In den fünf Ländern sind inzwischen 1,8 Millionen Personen und damit jeder dritte Erwerbstätige im Niedriglohnbereich beschäftigt oder in Teilzeit mit Löhnen, die einem Niedriglohn entsprechen. Die Anzahl ausschließlich geringfügig Beschäftigter, stieg jetzt sogar um weitere 30000 auf nunmehr 520000 Menschen an. Über 100000 Menschen waren zudem schon 2005 in sogenannten Ein-Euro-Jobs beschäftigt, die zwar einerseits die Arbeitslosenstatistik schönen, aber andererseits ebenfalls dem Niedriglohnbereich zugerechnet werden müssen. Auch gestiegene Kosten für die Lebenshaltung haben nach Aussage des Instituts die Binnennachfrage geschwächt. Restriktive Finanzpolitik der öffentlichen Hand kommt dann noch dazu.

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) hat deshalb nun die Bundesregierung aufgefordert, ihr Reformtempo zu steigern. »Nur wenn die Reformen greifen, hätten auch die ostdeutschen Länder eine Chance, wirtschaftlich aufzuholen«, sagte Althaus am Mittwoch dem Handelsblatt. Einen Vorschlag des Ostbeauftragten der Bundesregierung, Wolfgang Tiefensee (SPD), jetzt nur noch Wachstumskerne öffentlich zu fördern, lehnte Althaus hingegen ab.

Demgegenüber erklärte die mittelstandspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, Sabine Zimmermann, auf Anfrage von junge Welt, daß die IWH-Konjunkturprognose vor allem beweise, daß ein »neoliberal-angebotsorientierter Kurs in der Wirtschaftspolitik« nur Fehlschläge produziere. Eine reine Exportorientierung lehnte Zimmermann ab, die statt dessen eine Stärkung der Kaufkraft vor allem durch kommunale Investitionen einforderte. Noch 1992 hätten diese für die fünf Länder bei einem Wert von fast zehn Milliarden Euro gelegen, der inzwischen aber auf ein Drittel gesunken sei. Dafür trage vor allem die Bundesregierung Verantwortung, die durch Steuersenkungen für Unternehmen, die Finanzmisere der Kommunen mit ausgelöst habe. Zimmermann kritisierte außerdem, daß ab 2007 Fördermittel der Europäischen Union für die neuen Bundesländer um 3,7 Milliarden Euro gekürzt werden sollen. Sie forderte einen Ausgleich durch den Bund.

http://www.jungewelt.de/2006/07-27/018.php



Hamburger Werk des Flugzeugbauers wird vom Konzernchef für Lieferschwierigkeiten verantwortlich gemacht. Jetzt hat es erneut Probleme mit Landebahngegnern

Mitten in die Turbulenzen um Lieferschwierigkeiten beim Großraumflugzeug A380 kommen nun abermals erhebliche Probleme bei der geplanten Landebahnerweiterung für das Hamburger Airbus-Werk hinzu: Ein etwa 100 Quadratmeter großes Grundstück darf vorerst nicht enteignet werden. Dies hat das Hamburger Landesgericht beschlossen. Das Enteignungsverfahren der Wirtschaftsbehörde sei vorläufig gestoppt worden, um dem Gericht mehr Zeit zur Meinungsbildung zu verschaffen, erklärte eine Gerichtssprecherin am Montag nachmittag. Die Behörde hatte die Inbesitznahme des Grundstücks, das von einer Eigentümergemeinschaft aus widerständigen Anrainern gehalten wird, schon für vorige Woche fest eingeplant. Dagegen hatten die Landebahngegner Rechtsmittel eingelegt.

Mit der Gerichtsentscheidung sind die Bauarbeiten für die Landebahn nun erneut erheblich behindert. Den Grundstückseigentümern muß bis zu einer endgültigen Klärung in der Sache, die nicht vor Mitte Juli erwartet wird, nämlich freier Zugang zu ihrem Grundstück garantiert werden. Es liegt mitten auf der Baustelle. Ein Sprecher der Wirtschaftsbehörde bezeichnete den Gerichtsentscheid denn auch als »sehr ärgerlich«.

Etwa 30 Anrainer hatten das Grundstück vor gut einem Jahr erworben, nachdem zahlreiche von der Enteignung bedrohte Obstbauern angesichts eines enormen öffentlichen Drucks ihren Widerstand aufgegeben und verkauft hatten. Erst im März hatte das Verwaltungsgericht einen Baustopp aufgehoben, den Naturschutzverbände durchgesetzt hatten. Das öffentliche Interesse an den durch eine Landebahnerweiterung angeblich neu entstehenden Arbeitsplätzen habe das größere Gewicht gehabt, begründete das Verwaltungsgericht seine Entscheidung.

Die Startbahnverlängerung ist nur für Starts und Landungen der Frachtversion des Airbus A380 nötig. Doch gerade solche Maschinen hatten vergangene Woche die einflußreichen »Emirates Airlines« wieder abbestellt, weil Airbus die zugesagten Liefertermine nicht einhalten kann. So trifft die Gerichtsentscheidung den Flugzeugkonzern mitten in einer Krise, für die Konzernchef Noël Forgeard das Hamburger Werk verantwortlich gemacht hatte. Hamburg ist für den Innenausbau der neuen Superjets zuständig, bei dem es aber unerwartete technische Probleme gegeben hatte. Airbus-Deutschland-Chef Gerhard Puttfarcken wies Forgeards Vorwürfe am Montag auf einer Personalversammlung in Hamburg zurück und rief alle Betroffenen zur Besonnenheit auf.

http://www.jungewelt.de/2006/06-21/057.php



Hamburger Wirtschaftssenator mit neuem Konzept zum Aufdecken von »Leistungsmißbrauch« durch Erwerbslose

Mit einem »Aktionsplan zur Verbesserung der Handlungsfähigkeit« für die städtische Arbeitsgemeinschaft (ARGE) SGB II will Hamburgs Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) den Druck auf Erwerbslose erhöhen. Wie jetzt bekannt wurde, soll die ARGE als Sofortmaßnahme 180 neue Mitarbeiter einstellen dürfen, deren Gesamtzahl sich damit auf 1600 erhöht. Die Hauptaufgabe des neuen Personals sieht Uldall dabei im Aufspüren von Leistungsmißbrauch, so daß Zuwendungen gekürzt werden können. Außerdem soll ein privater Träger, die Beschäftigungsgesellschaft »Hamburger Arbeit« ( HAB ), das Vermittlungsmonopol für die staatlich finanzierten Zwangsarbeitsverhältnisse, die sogenannten Ein-Euro-Jobs, erhalten. Bislang sind nicht alle der gegenwärtig 10000 Ein-Euro-Job-Stellen in Hamburg besetzt, weil sich immer mehr Erwerbslose weigern, solche Stellen anzutreten – selbst, wenn ihnen dann Zuwendungen gestrichen werden. Die HAB soll Betroffene künftig auch in ihren Wohnungen aufsuchen dürfen, um sie noch stärker unter Druck zu setzen.

Davon sind in der Hansestadt 146000 Erwerbslose in 114000 Bedarfsgemeinschaften betroffen. Zwischen Januar und Mai 2006 konnten die Vermittler »nur« 5633 Sanktionen gegen angebliche Betrüger und Arbeitsverweigerer durchdrücken. Das reicht dem selbsternannten Botschafter der Initiative »Neue soziale Marktwirtschaft« Uldall längst nicht aus. Er hält seine Mitarbeiter dazu an, ihre Klienten schon bei der Beantragung von Arbeitslosengeld stärker auf »Selbsthilfemöglichkeiten« zu verweisen. Die zusätzlich eingestellten Schnüffler sollen eheähnliche Gemeinschaften durch vermehrte Hausbesuche aufspüren, damit denen Leistungen gekürzt oder ganz gestrichen werden können. Für diesen enormen Zusatzaufwand ist offenbar reichlich Geld vorhanden – und auch für die weitere Schulung der Mitarbeiter.

Doch das ehrgeizige Programm stößt auf Widerstand. Die Vergabe des Zuweisungsmanagements für die Ein-Euro-Jobs an einen einzigen Träger, der selbst etwa 1700 solcher »Arbeitsmöglichkeiten« verwaltet und deshalb an ihnen ein starkes ökonomisches Eigeninteresse hat, ist rechtlich fragwürdig. Da werde der Bock zum Gärtner gemacht, kritisierte etwa Wolfgang Joithe vom Erwerbslosenverein Peng e.V. Rund 440 Euro Fallkostenpauschale kassiert die HAB schon jetzt pro Monat und Jobber – zusätzlich zu dem, was als Mehraufwandspauschale für die Erwerbslosen gedacht ist. Ein lukratives Geschäft. Und nun kommt auch noch Geld und Personal dafür dazu, daß man sich die Billigarbeiter künftig auch selbst zuweist. Dafür ist die HAB dann auch bereit, im Dienste des Senats die Privatsphäre von Erwerbslosen zu verletzen und in schlimmster Vertretermanier deren Wohnungen zu belagern.

Grüne und SPD beklagen unterdessen, daß mit dem neuen Konzept ein Kerngedanke der Hartz-Gesetze außer Kraft gesetzt werde. Sie hatten den Arbeitslosen seinerzeit versprochen, in Sachen Jobvermittlung würden ihnen künftig auf ihr persönliches Profil zugeschnittene Dienstleistungen von sagenhafter Qualität und aus einer Hand geboten. Dies sieht die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Gudrun Köncke durch Uldalls neues Konzept gefährdet. Daß solche Forderungen des Sozialgesetzbuches in der Praxis schon jetzt kaum eine Rolle spielen, wußte
Köncke offenbar nicht. Ebenso aburd muß Erwerbslosen das Gejammer anderer Beschäftigungsträger erscheinen, die sich gegenüber der HAB benachteiligt fühlen und »Wettbewerbsverstöße« monieren.

http://www.jungewelt.de/2006/06-19/029.php



Gute Nachricht für Hamburger Landebahngegner: Großkunde des Konzerns bestellte zwei A380 ab

Nachdem die »Emirates Airlines« zwei Frachtmaschinen des neuen Superjets A380 wieder abbestellt haben, sehen sich die Gegner einer Landebahnerweiterung für das Hamburger Airbuswerk im Aufwind. Für eine »vorzeitige Besitzanweisung« eines Sperrgrundstücks fehle nun die Grundlage, erklärte am Dienstag Grundeigentümeranwalt Peter C. Mohr, der einen Eilantrag beim Landgericht dagegen ankündigte. Die Besitzanweisung wollte die Enteignungsbehörde der 26köpfigen Eigentümergemeinschaft für die 100 Quadratmeter kleine Fläche noch vor dem eigentlichen Enteignungshauptverfahren bis Ende dieser Woche zustellen. In der Eigentümergemeinschaft hatten sich die verbliebenen Landebahngegner aus dem Stadtteil Neuenfelde zusammengeschlossen, nachdem sich die anderen Anrainer ihre Grundstücke bereits teuer von der Stadt hatten abkaufen lassen. Aus Sicht von Airbus muß auch dieses letzte Grundstück für eine Landebahnerweiterung zur Verfügung stehen, damit auch die Frachtversionen des A380 in Hamburg landen und starten können.

Wie erst am Wochenende bekannt wurde, haben nun die in Dubai beheimatete Emirates Airlines zwei dieser Frachtflugzeuge wieder abbestellt. Fluggesellschaftschef Tim Clark begründete dies mit unpünktlichen Lieferterminen für die Flugzeuge, deren Innenausbau und Lackierung das Airbuswerk in Hamburg übernommen hat. Airbus hatte ursprünglich eine Lieferung für April 2007 zugesagt, dann aber mitgeteilt, daß der Termin nicht zu halten sei. Die Absage läßt nun die Alarmsirenen schrillen, denn die arabische Fluggesellschaft gehört mit insgesamt 45 bestellten A380 zu den Großkunden des Airbus-Konzerns.

Clark forderte Airbus auf, seine Produktionskapazitäten kurzfristig zu verdoppeln, um die Nachfrage befriedigen zu können. Doch das will man in der Toulouser Airbus-Zentrale nicht, wo man damit rechnet, daß der gegenwärtige Flugzeugbau-Boom schon Ende 2008 wieder abebbt. Weil aber Clark zu den einflußreichsten Figuren der internationalen Flugzeugbranche gehört, meint man, seinen Wunsch nicht ignorieren zu können. Schon Clarks Kritik am A350 führte dazu, daß Airbus vor einigen Jahren gleich mehrere Milliarden Euro in ein völlig neues Flugzeug investierte. Clark will seine Flugzeuglinien ständig erweitern und dabei Zwischenlösungen nicht akzeptieren. »Die Jungs müssen uns die verdammten Dinger endlich bauen, und wenn es zehn Milliarden kostet«, so Clark am Wochenende.

http://www.jungewelt.de/2006/06-14/024.php



Bremen: Am Mittwoch Großdemo gegen Jobabbau

Zu einer Großdemonstration in Bremen unter dem Motto »Das haben wir nicht verdient – Gemeinsam gegen Arbeitsplatzvernichtung« rufen Gewerkschaften, soziale Initiativen, Betriebs- und Personalräte aus Bremen, aber auch die örtliche Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit für Mittwoch auf. Hintergrund des Aufrufs ist der Abbau von über 4 000 Arbeitsplätzen in Bremen im vergangenen Jahr. Auch 2006 sollen mehrere tausend Stellen vernichtet werden. Die Verantwortung dafür liege ausschließlich bei den Großkonzernen, so der örtliche DGB in seinem Demoaufruf. DaimlerChrysler will 2 700 Arbeitsplätze abbauen. Bei Kraft Foods fürchten mehrere hundert Beschäftigte um ihren Arbeitsplatz. Unilever plant Produktionskapazitäten von Bremerhaven nach Tschechien zu verlagern.

Doch Verantwortung für Stellenabbau und Arbeitslosigkeit trage in Bremen auch der SPD-CDU-Senat, betont die WASG und verweist auf den Stellenabbau in den Krankenhäusern, wo 2 000 Arbeitsplätze beseitigt werden sollen, und auf Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst, wo in zehn Jahren 20 Prozent aller Arbeitsplätze vernichtet worden seien. Scharf kritisiert die WASG zudem, daß der Stadthaushalt durch Steuergeschenke an Unternehmen und Vermögende wie auch durch unsinnige Großprojekte extrem belastet worden sei.

Auf einer Konferenz am 15. Februar hatten 100 Betriebs- und Personalräte die Demonstration vorbereitet. Dort berichteten Beschäftigte von Kraft Foods, DaimlerChrysler, aus den Stahlwerken und dem Klinikum Mitte sowie von der Telekom von Stellenabbauplänen in ihren Betrieben. Mitgeteilt wurde zudem, daß in der Unternehmensgruppe Schmidt&Koch Urlaubstage, betriebliche Sonderzahlungen, Weihnachts- und Urlaubsgeld gestrichen werden sollen. Gegen solche Umtriebe will man in Bremen nun ein gemeinsames Zeichen des Widerstands setzen, wie die Bremer DGB-Vorsitzende Helga Ziegert auf der Konferenz unterstrich. Allein von DaimlerChrysler werden 2 000 Demonstrationsteilnehmer erwartet. Unterstützt wird die Demo inzwischen auch von Lehrern und Schülern, von Belegschaftsvertretern aus kirchlichen Einrichtungen sowie Betriebsräten aus dem Bremer Airbuswerk.

Die Demonstration beginnt am 1. März um 15.30 Uhr am Bremer Hauptbahnhof

http://www.jungewelt.de/2006/02-28/061.php