23. März 2007
Der nachfolgende Beitrag ist ein Gastbeitrag von Wolfgang Joithe
Glos lässt Katze aus dem Sack: Zwangsarbeit für Hartz-IV-Geschädigte
Laut einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 23.03.07 will der Wirtschaftsminister 1,4 Millionen Stellen für Geringverdiener schaffen. Das erarbeitete Konzept sieht eine Arbeitspflicht für alle Hilfsbedürftigen vor. Die Ökonomen des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) glauben, dass die Pläne von Glos ein wahres Job-Wunder auslösen können.
Ob die entwickelte Reform aus der Feder des Herrn Glos und seiner Mitarbeiter stammt, sei einmal dahingestellt. Wie wir wissen, erbeitet die Wirtschaftslobby den Regierenden gern zu was bei der fehlenden Fachkompetenz nur allzu bereit angenommen wird.
Dass hier eine Journalistin der Süddeutschen Zeitung (Nina Bovensiepen) dieses Konzept ohne jede kritische Bemerkung in einen Artikel gießt, zeigt den Zustand der journalistischen Arbeit in Deutschland und den Zustand unserer BILDungsgesellschaft.
Einen Blick in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland hätte Frau Bovensiepen doch wohl werfen können:
Artikel 12 GG:
Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.
Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen Dienstpflicht.
Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
Zumindest hier hätte man einige kritische Anmerkungen erwarten dürfen. Das ein Bundesminister das Grundgesetz auf Grund setzen will, wäre doch die eine oder andere Zeile wert gewesen oder ist unsere Verfassung das Papier nicht mehr wert, auf dem es gedruckt ist?
Noch besser kommt es mit dem unabhängigen IZA-Institut. Haben die kein Archiv mehr bei der Süddeutschen Zeitung?
Im Februar 2006 schlug der IZA-Direktor für Arbeitsmarktpolitik, Dr. Hilmar Schneider, vor, die Arbeitskraft von Hartz-IV-Geschädigten zu versteigern, der Sklavenmarkt ließ grüßen.
Direktor des Instituts ist Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann, der der Initiative für (A)Soziale Marktwirtschaft nahe steht und auch Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ist . Zimmermann ist vehementer Verfechter der Arbeitsmarkreformen und trimmt das ehemals gut beleumdete DIW auf den neoliberalen Kurs.
Last but not least: Präsident des IZA ist Klaus Zumwinkel, der Vorstandsvorsitzende der Deutsche Post World Net, die sich das IZA hält.
Bei der IZA handelt es sich also nicht um ein unabhängiges Institut, sondern um ein Instrument jener, die den Raubtierkapitalismus weiter (bis zum Endsieg?) vorantreiben wollen, der verharmlosend auch Neoliberalismus (besser: Neofeudalismus) genannt wird.
Eine Nachfrage sei gestattet: Wieso nur 1,4 Millionen Stellen? Nach den offiziellen Zahlen müssten doch mindestens 4 Millionen Zwangsarbeit-Jobs geschaffen werden! Da man sich bei diesen Herren, denen das Grundgesetz einfach schnuppe ist, reichlich aus dem Fundus unserer jüngsten, unrühmlichen Geschichte bedient (Reichsarbeitsdienst, der unter den Nazis zum Zwangsdienst wurde), lässt diese Lücke nur einen Schluss zu: die restlichen 2,6 Millionen werden um im Jargon der Schmarotzer, Parasiten, Zwangsarbeit-Hetzer zu bleiben der Endlösung zugeführt. Ganz im Sinne unseres Bundesministers Müntefering: Nur wer arbeitet, soll essen. Und wie sagte der Präsident des HWWI (Hamburger Welt-Wirtschafts-Institut), Prof. Dr. Thomas Straubhaar (Botschafter der Initiative (A)Soziale Marktwirtschaft), kürzlich: Zuckerbrot und Peitsche.
Glos, Clement, Zimmermann, Zumwinkel, Schneider, Straubhaar: nur die Mode hat sich geändert. Man trägt heute dezentes Grau bis Schwarz und ist kräftig dabei, das Grundgesetz auf Grund zu setzen.
Der Autor dieses Beitrages Wolfgang Joithe ist aktiv in der Erwerbslosengruppe PeNG! Näheres siehe: hier
Der besprochene Artikel in der Süddeutschen Zeitung ist unter folgendem Link zu finden: Süddeutsche Zeitung
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