Hamburger Sozialpädagogen, Eltern und Lehrer protestieren für Erhalt der »integrativen Regelklassen«
Die Welle des Protests gegen den Abbau sozialer Leistungen durch den Hamburger Senat reißt nicht ab. Für den heutigen Mittwoch ist eine Demonstration von Lehrern, Sozialpädagogen und Eltern zum Rathaus der Hansestadt geplant. Hintergrund: die von der allein regierenden CDU geplante Neukonzeption der sonderpädagogischen Förderung. Kernstück der »Reform« ist der Wegfall der »integrativen Regelklassen«, wie sie derzeit in 36 der 235 Hamburger Grundschulen bestehen. Statt dieser Regelklassen will die CDU schulferne »Diagnose- und Förderzentren« einrichten. Diese kosten, so das christdemokratische Kalkül, erheblich weniger.
Damit werde aber ein Konzept verfolgt, »welches im wissenschaftlichen Diskurs seit 1973 als problematisch eingestuft wurde«, kritisiert Professor Karl Dieter Schuck von der Uni Hamburg in einer Erklärung. Es stehe fest, daß die Förderung von lernschwachen und lernbehinderten Kindern am effektivsten »unterrichtsintegriert« und somit in den allgemeinen Schulen zu realisieren sei. Zu frühe Selektion und zu geringe individuelle Förderung benachteilige gerade diese Kinder, argumentiert der Sozialwissenschaftler.
Mit dem Hamburger Modell der »integrativen Regelklasse« sollen die zusätzlichen Ressourcen der integrativen Pädagogik vor allem in das normale System der Grundschulen eingebracht werden. Es reiche nicht aus, so der »Verband Integration an Hamburger Schulen«, wenn »eine schulfremde Lehrkraft hin und wieder einmal in die Klasse kommt«. Die Beseitigung dieser Regelklassen werde zu erneuter Aussonderung lernbehinderter und lernschwacher Kinder in Sonderschulen führen, befürchten die Kritiker.
Neben der heutigen sind in der Hansestadt weitere Demonstrationen gegen die »Sparpolitik« des Senats angekündigt: Blinde wehren sich gegen Streichungen beim Blindengeld. Beschäftigte in Volkshochschulen, Frauenhäusern, Bücherhallen, bei der Filmförderung, in Drogeneinrichtungen, Schwimmbädern und von Weiterbildungsträgern bereiten Proteste gegen Mittelkürzungen in ihren Bereichen vor. Angehörige des öffentlichen Dienstes wollen gegen die Streichung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes protestieren. Die Gewerkschaft ver.di und das Sozialforum Hamburger Süden schlagen vor, die Proteste Anfang November zu einer gemeinsamen Aktionswoche zusammenzuführen.
* Demonstration von GEW, Elternverein und anderen Initiativen: heute, 16 Uhr, Treffpnkt: Hauptbahnhof Hamburg
http://www.jungewelt.de/2004/09-22/022.php