14.04.2015

Rede-Manuskript Andreas Grünwald (AGORA Hamburg)
Friedensfest in Lübeck am 14. April 2015
*)

g7-mach frieden

Liebe Freundinnen und Freunde,

Anfang Juni findet im bayrischen Elmau der G7-Gipfel statt. Der Gipfel der führenden westlichen Industrieländer. Russland wurde schon beim letzten Gipfel im Juni 2014 ausgeschlossen. Stattdessen stand dort in Brüssel die Sanktionspolitik auf der Tagesordnung. Beschlossen wurden auch „Hilfspakete“ in Höhe von 35 Milliarden US Dollar für die Ukraine. Doch lasst euch nicht täuschen: mit „Hilfe“ hat das nichts zu tun, denn diese Kredite sind hoch verzinst. Der durch den Krieg ruinierte Staat wird nie wieder diesem Würgegriff entfliehen können. Weitere Themen des Gipfels waren TTIP, TISA und CETA sowie diverse Aktivitäten zur Destabilisierung Syriens.

Schon diese wenige Beispiele verdeutlichen, dass man weniger von G7, denn von einem „Gipfel der Schande“ sprechen sollte. Da wird gedealt um Profit- und Einflusssphären, um den Planeten zu beherrschen.

Und heute wird hier in Lübeck beim Außenministertreffen der nächste Gipfel vorbereitet. Und deshalb sind wir auf der Straße. Weil wir Menschen sind, die sich der Brutalität der Kriege, auch der Brutalität der Wirtschaftskriege entgegen stellen.

Im Großen ist es wie im Kleinen. Ich las von 4000 Polizisten, die diese Herrschaften abschirmen. Sie schirmen sich ab von der eigenen Bevölkerung!

Doch sie müssen es hören, dass wir es satt haben, wie sie unsere Erde im Chaos des Krieges versenken. Dass wir es satt haben, dass einige immer reicher, hingegen viele immer ärmer werden! Dass wir es satt haben, wie ihr unseren Planeten ruiniert. Deshalb stehen wir hier auf diesem Friedensfest um ein Zeichen für die Achtsamkeit und die Liebe zu unserem Planeten und für das Leben zu setzen! Fröhlich, optimistisch, auch entschlossen!

Wir fordern ein Ende dieser eskalierenden und militarisierten Außenpolitik!

Wir fordern den Stopp aller Rüstungsexporte, die Einstellung aller Kriegshandlungen in der Ukraine, auch das Ende dieses gefährlichen Konfrontationskurses mit Russland!

Und wir bekunden unsere Solidarität mit jenen, die zum Opfer eurer Wirtschaftskriege werden. Ob in Griechenland, Spanien oder Afrika!

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15.03.2015

gruenwald-14-03-15Kurzintervention auf der Konferenz der Friedensbewegung am 14. März 2015 in Frankfurt am Main
(Manuskript)

Aus aktuellem Grund sah ich mich veranlasst auf der Konferenz der Friedensbewegung in Frankfurt am Main am 14.03.2015 gleich zu Beginn der Generaldebatte mit einer Kurzintervention einzugreifen. Der Eingriff bezog sich auf zwei Artikel in der taz, die am Vortag der Konferenz öffentlich wurden:

Interview der taz mit Monty Schädel

taz Artikel: Neurechte Friedensbewegung – Tausend mal berührt

Nachfolgend das auf der Anreise nach Frankfurt dafür angefertigte Manuskript. Da ich teilweise frei sprach, wich der wörtliche Vortrag von diesem leicht ab.

Der Diskussionsbeitrag fand unter den etwa 150 Teilnehmenden der Konferenz ganz überwiegend Zustimmung.

***

Guten Tag! Mein Name ist Andreas Grünwald. Ich komme aus Hamburg. Ich bin seit den 1980er Jahren in der klassischen Friedensbewegung aktiv. In unterschiedlichen Gruppen, seit einiger Zeit auch im Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung e.V.

Seit fast 40 Jahren bin ich aber auch Mitglied in der VVN. Nicht ohne Grund. Denn das für mich persönlich wichtigste Datum in diesem Jahr wird im Mai liegen. Dann, wenn für meine Verwandten, die in den Konzentrationslagern Dachau und Neuengamme brutal gequält und dann ermordet wurden, endlich Stolpersteine verlegt werden.

Warum ich das hier erwähne? Es wird euch gleich deutlich werden.

Diese Konferenz ist zusammen getreten, um weitere Aktionen der Friedensbewegung im Rahmen des Friedenswinters zu diskutieren und zu beschließen. Wie immer auf einer klaren antimilitaristischen und antifaschistischen Grundlage!

Umso irritierender ist es deshalb für mich, wenn ich gestern in der taz ein Interview mit Monty Schädel lesen musste. Ein Interview, verfasst, um uns hier so richtig in Stimmung zu bringen … und um die Friedensbewegung zu spalten!

Auf die Frage worum es bei dieser Konferenz gehen würde, antwortet Monty wörtlich …

„Ja. Es wird auch darum gehen, wie der so genannte Friedenswinter, um diesen Propagandabegriff zu verwenden, zu bewerten ist.“

Und auf die Frage, ob dieser Friedenswinter, diese Kampagne der Friedensbewegung, die Monty nun zum „Propagandabegriff“ erklärt, denn nun weitergehen sollte, antwortet Monty …

„Ganz klar: Nein. Der Grundkonsens der Friedensbewegung war immer, dass sie internationalistisch, antimilitaristisch und antifaschistisch ist.“

Aber was heißt denn das im Umkehrschluss? Hat es jemals eine Aktion, eine Demonstration, einen Aufruf oder eine Stellungnahme im Rahmen des Friedenswinters gegeben, die nicht antimilitaristisch, die nicht internationalistisch, die nicht antifaschistische Positionen klar bezogen hat?

Monty: ich verlange von Dir, dass du uns hier auf dieser Konferenz das erläuterst, dass du hier vor uns allen dazu Stellung nimmst. Und zwar ganz konkret und unter Nennung der Personen oder der konkreten Ereignisse, die es dir gestatten, diesen unverschämten Vorwurf zu erheben!

Denn so, wie du es hier machst, geht es nicht. Denn damit wird Vertrauen und Gemeinsamkeit deutlich zerstört.

Aber es kommt noch schlimmer, denn in der gleichen Ausgabe der taz finden wir auch einen längeren Artikel unter der Überschrift „Neurechte Friedensbewegung – Tausend mal berührt“. Und rede dich bitte nicht raus, denn in deinem Facebook Profil forderst du, Monty, Lesende dazu auf:

„dazu gelesen werde sollte auch der Artikel ‚Tausend Mal berührt‘“ …

In diesem Artikel wird unterstellt, dass der Friedenswinter, also wir alle, von antisemitischen Positionen durchdrungen sei. Wörtlich wird festgestellt: „Der Friedenswinter ist ein Querfront-Projekt“.

Als Nachweis dafür werde auch ich aufgeführt:

„So erklärte der Hamburger Ostermarsch- und Friedenswinter-Aktivist Andreas Grünwald, er träume davon, „einfach mal die Zwänge fallen zu lassen“ und sich „mit Konservativen und Rechten mit Nato und EU anzulegen“.“

Wohlgemerkt: als Rechte tauchen in diesem Artikel keine Konservativen, sondern Anhänger des „Nationalen Sozialismus“, also Nazis, Antisemiten und offene Rassisten und Hooligans auf.

Was hatte ich tatsächlich gesagt? In einer kleinen Facebook-Notiz aus Anlass des Regierungswechsels in Griechenland? Ich hatte festgestellt, dass es mich erstaunt, wenn einige Personen aus der politischen Linken immer sehr scharf reagieren, wenn „auch Rechte und Konservative“ sich in der Friedensbewegung engagieren, während sie gleichzeitig die Widersprüchlichkeit der griechischen Koalitionsregierung aber als Erfolg begrüßen. Ganz klar und völlig eindeutig hatte ich aber auch herausgestellt, dass es in der Friedensbewegung Zusammenarbeit nicht geben kann, soweit diese Personen neofaschistisch, antisemitisch oder rassistisch agieren. Ich hatte deutlich gesagt, dass da die Grenze liegt!

Monty Schädel: Was gibt dir und deinen Freunden bei der taz eigentlich das Recht Angehörige der Friedensbewegung in dieser Weise zu denunzieren?

Teil des Artikels ist eine weitere Bemerkung, die offenbar mit Dir besprochen ist:

„Der Antimilitarist Monty Schädel etwa knüpfte seine Teilnahme [an der Konferenz] an die Bedingung, dass die Hamburgerin McClean nicht, wie zunächst geplant, einen Workshop moderieren dürfe.“ Katrin wurden in dem Artikel nationalistische Abweichungen nachgesagt.

Ich will es Dir deutlich sagen: Katrin gehört in Hamburg zu jenen, die ganz eindeutig Positionen des Friedenswinters vertreten, die eine eindeutig antirassistische und antifaschistische Haltung einnehmen, an der es nicht den geringsten Zweifel gibt! Nimm zur Kenntnis: Sie gehört zu jenen, die in Hamburg gemeinsam mit Esther Bejarano, der Ehrenvorsitzenden der Hamburger VVN und Vorsitzenden des Auschwitzkomitees, zur Beteiligung am Ostermarsch aufgerufen hat – und die diesen aktiv mit vorbereitet. Sie hat unser volles und uneingeschränktes Vertrauen.

Ich frage: Was gibt euch das Recht diese aufrichtige Frau so zu beleidigen?

Ich fordere Dich hiermit dazu auf uns hier dazu Auskunft zu geben, dich zu entschuldigen, oder aber eure Vorwürfe zu belegen, wann und wo Katrin jemals bei ihren Reden inhaltlich von diesen Grundsätzen abgewichen ist.

Sonst aber schweig!

… es folgten noch zwei Sätze zu den weiteren Perspektiven der Friedensbewegung.



14.03.2015

Ich bin gerade wieder von der Konferenz der Friedensbewegung in Frankfurt / Main zurück. Dazu dieser erste persönlich gehaltene Bericht, den ein ausführlicherer am Montag folgen wird.

Es war eine streitbare Konferenz, bei der Meinungsunterschiede offen auf den Tisch kamen. Aber zugleich auch eine sehr gelungene, konstruktive und gute Konferenz, denn die unterschiedlichen Gruppen der Friedensbewegung, sie sind mit Frankfurt nun noch ein erhebliches Stück weiter zusammengerückt.

Dazu trugen sicherlich die guten Referate von Reiner Braun (IALANA / Büro Friedenswinter), Wiltrud Rösch-Metzler (Pax Christi), Wolfgang Bittner (Schriftsteller) und Christiane Reymann (Journalistin) entscheidend bei.

Während sich Reiner und Wiltrud auf die Auswertung bisheriger Erfahrungen in der Kampagne „Friedenswinter“ konzentrierten, beschäftigten sich Wolfgang und Christiane sehr detailliert mit der Frage „Wie unabhängig sind unsere Medien“ eigentlich. Sehr detailliert verdeutlichte zum Beispiel Christiane, wie einseitig, ja hetzerisch, ein größerer Teil unserer Medien leider immer wieder auf Aktionen der Friedensbewegung reagiert.

Dies war – aus aktuellem Anlass – auch das Thema des ersten Diskussionsbeitrages in der Generaldebatte, den ich selber hielt. Dabei ging es vor allem um einen Artikel und ein Interview die am Vortage in der taz erschienen waren – und mit denen die taz offenbar Zwietracht unter den Teilnehmenden sähen wollte. Dass das dann auch in einer Kontroverse mit Monty Schädel münden musste, war leider unumgänglich.

Dem folgten noch etliche weitere Beiträge, die sich vor allem mit den weiteren Perspektiven der Friedensbewegung in diesem Jahr beschäftigten. Eine Debatte, die in vier Arbeitsgruppen dann auch am Nachmittag fortgesetzt wurde. Die abschließende Beschlussfassung über weitere Aktionen erfolgte dann in großer Einmütigkeit: Nach den Ostermärschen, die bundesweit an den Ostertagen in zahlreichen Städten stattfinden werden, werden vor allem die Aktionen zum Jahrestag der Befreiung am 8., 9. und 10. Mai einen neuen Höhepunkt für die Friedensbewegung schaffen. Die Konferenz rief in diesem Zusammenhang zur Beteiligung an einer großen Demonstration auf, die am 10. Mai in Berlin stattfinden wird.

Abschließend soll auch die hervorragende Arbeit des Moderatoren-Teams der Konferenz, das aus Susanne Grabenhorst (IPPNW) und Pedram Shahyar (Redner Mahnwache Berlin) bestand, nicht unerwähnt bleiben.

Eine super Stimmung unter den rund 150 Teilnehmenden aus allen Teilen der Bundesrepublik, etliche gute Info-Stände (darunter erstmals auch einer des Verlags Marxistische Blätter), etliche neu gewonnene freundschaftliche Kontakte, runden das Bild dieser streitbaren, aber zugleich auch sehr gelungenen und sehr konstruktiven Konferenz der Friedensbewegung für mich ab.



06.03.2015

logo_vvn_bdaIn seinem Beitrag zur Diskussion in der VVN-BdA „Den Bruderstaat gibt es nicht“ (antifa vom Sept./Okt. 2014, Beilage S.2 ) warnt Mathias Wörsching vor linker Verklärung und Glorifizierung eines imperialen Bonapartisten und Chauvinisten namens Putin. Die russische Großmacht betreibe eine kriegerische Annexionspolitik, die keinen Deut besser sei als die westliche. Ebenso sei dem Bürgerkrieg in der Ukraine keine gerechte Seite abzugewinnen.

Dies sind die zwei wesentlichen Aussagen des Artikels: 1. Russland = Westen; 2. Donezk/Lugansk = Kiew. „Ebenso“ ist dabei das Zauberwort, das die Parteinahme der VVN-BdA in einer schrecklich grauen Welt voller Nationalisten und Faschisten begründen soll. Von seiner Einschätzung Russlands schließt Wörsching umstandslos auf die Situation in der Ukraine und verschreit letztlich jedwede Parteinahme zugunsten der Donezker und der Lugansker Volksrepublik als „ebenso abscheulich“ wie den Interventionismus seitens des Westens und der Kiewer Regierung. Wörsching nimmt die dem „Regime“ Putins zugeschriebenen ideologischen Prämissen und Herrschaftspraktiken zum willkommenen Anlass, die Ostukrainer als „ebenso abscheuliche Faschisten“ wie die westukrainischen Faschisten zu denunzieren und die Solidarität mit den Ostukrainern und ihren als „selbstgemacht“ geschmähten politischen Institutionen zu verwerfen.

Mit solchen gewagten Analogieschlüssen erschwert Wörsching die bitter nötige Debatte in der VVN-BdA. Er verfehlt sogar seinen erklärten Zweck einer solidarischen Kritik an Tendenzen allzu euphorischer Identifikation mit Putin. Denn er benutzt Putin als den Teufel, der die VVN-BdA von der Seite der Donezker und der Lugansker Volksrepublik verscheuchen soll, vermischt also absichtsvoll zwei Fragen, um damit im Ukrainekonflikt Partei gegen die notgedrungen staatlich organisierten Antifaschisten in der Ostukraine zu beziehen.

Die VVN-BdA braucht eine Debatte um die Frage, wie Putin und die Russische Föderation einzuschätzen sind. Und die VVN-BdA braucht Klarheit über den Charakter der Bürgerkriegsparteien in der Ukraine. Beide Fragen hängen miteinander zusammen, aber nicht auf die Weise, die Wörsching insinuiert.

Auch in seinem Fazit vermengt Wörsching diese beiden Fragen mit einer ehrenwert scheinenden Absichtserklärung: „Unser Platz ist bei den linken und antifaschistischen Bewegungen in der Ukraine und Russland, so sehr diese momentan auch an den Rand gedrängt sein mögen.“ Das ist allgemein gesprochen durchaus richtig, unterschlägt aber die Unterschiede zwischen der Situation in Russland und in der Ukraine.

Von welchen abscheulichen Gräueltaten der Ostukrainer hat Wörsching wohl gelesen, die einem Ereignis wie dem Massaker von Odessa gleichkämen? Wo wären die Pressemeldungen des Zentralrats der Juden in Deutschland, die über besorgniserregende Vorkommnisse in der Ostukraine berichten, wie sie es über die Westukraine tun? Woher stammt die eingefleischte Gewissheit, dass russischer Nationalismus qualitativ gleichzusetzen wäre mit dem jetzt in der Westukraine entfesselten völkischen Nationalismus in der Tradition der OUN/UPA? Sind Volksrepubliken-Ausrufungen nebst staatlichen Plakatkampagnen gegen Faschismus jetzt „ebenso abscheulich“ wie die Verherrlichung des Stepan Bandera, Tryzub-Tätowierungen und Kampfansagen gegen „russische Barbaren“ und andere „Fremdlinge“? Ist Solidarität mit den Ostukrainern, nur weil sie nicht so adrett und honorig erscheinen, wie die deutsche Zivilgesellschaft sich dünkt, gleich „Putinismus“, sprich „antidemokratisch, ultranationalistisch, militaristisch und patriarchalisch“?

Mit der Unhaltbarkeit seiner zweiten, kaum subtil untergeschobenen Aussage „Donezk/Lugansk = Kiew“ fällt auch die Aussage „Russland = Westen“. Auch Russland mag als kapitalistisches Land eine Außenpolitik der ,nationalen Interessen‘ betreiben. Nichtsdestotrotz zeigen die Ereignisse in der Ukraine eindeutig, dass Russland hier aus der Defensive agiert, als Status-quo-Macht und nicht als Aggressor. Deswegen ist Russland auch objektiv an die Seite derjenigen ukrainischen Antifaschisten gedrängt, die sich notgedrungen staatlich organisiert haben.

Man muss das neue Russland nicht lieben, um im Ukrainekonflikt seinen „Platz bei den linken und antifaschistischen Bewegungen in der Ukraine“ zu finden. Aber nicht jeder, der Russland liebt, hat darum schon im Ukrainekonflikt den falschen Platz bezogen. Mehr noch: Feindseligkeit gegenüber Russland zur Bedingung der richtigen Haltung zum Ukrainekonflikt zu küren, torpediert und sabotiert die antifaschistische Einheit nicht etwa ebenso wie, sondern ungleich mehr als das in der Tat problematische Einfordern bedingungsloser Solidarität mit „Putin-Russland“ und jeder einzelnen Maßnahme des russischen Staates.

Als organisierte Antifaschisten in der BRD sehen wir uns an der Seite aller von den gegenwärtigen Machthabern in Kiew ihrer demokratischen Rechte beraubten Ukrainer. Unsere Solidarität gilt dabei nicht zuletzt der Kommunistischen Partei der Ukraine und der antifaschistischen Organisation Borotba. Aus der Geschichte wissen wir, dass Verbot, Verfolgung und Zerschlagung kommunistischer Organisationen ein entscheidendes und oft das erste Ziel der äußersten Reaktion auf ihrem Weg in den Faschismus sind.

Wir bitten um Fortführung der Debatte im Sinne der Erarbeitung einer möglichst einheitlichen antifaschistischen Grundposition der VVN-BdA im Ukrainekonflikt bei solidarischer Diskussion der unterschiedlichen Einschätzungen über „Putin-Russland“.

Unterzeichner / Stand 6. März 2015 (Wer den Aufruf zusätzlich unterstützen will, wende sich bitte an Daniel: daniel.leon.schikora@mail.de )

Daniel Leon Schikora, VVN-BdA Rostock,
Jan Steyer, Mitglied des Landesvorstands der VVN-BdA Niedersachsen und Kreissprecher der VVN-BdA Göttingen;
Kees van der Pijl, Vorsitzender der AFVN/BvA;
Tatjana Sambale, VVN-BdA Rostock;
Mario Berríos Miranda, Mitglied des Kreisvorstandes der VVN-BdA Dahme-Spree (Brandenburg);
Steffen Weise, VVN-BdA Berlin-Lichtenberg;
Alfred Fritz, KPD Berlin;
Günter Althaus, Mitglied des Vorstandes der VVN-BdA Rostock;
Stephan Wolf, Kreissprecher der VVN-BdA Göttingen;
Manfred Feldmann, VVN-BdA Landshut;
Gerd Nier, VVN-BdA Göttingen;
Peter Borak, VVN-BdA Ortenau;
Hannelore Rabe, Mitglied des Vorstandes der VVN-BdA Rostock;
Dr. Ulrich Rabe, VVN-BdA Rostock;
Sebastian Carlens, VVN-BdA Niedersachsen;
Jürgen Weise, VVN-BdA Rostock;
Rainer Johanterwage, VVN-BdA NRW;
Alfred Hartung, VVN-BdA Wolfsburg;
Ruth und Hartwig Strohschein, VVN-BdA Pankow;
Hans Brenner, VVN-BdA Nürnberg;
Brigitte und Conny Renkl, VVN-BdA Berlin;
Jürgen Lloyd, VVN-BdA Krefeld;
Udo Spengler, VVN-BdA Hamburg Nord, Mitglied im Kuratorium der Gedenkstätte Ernst Thälmann Hamburg;
Frank Darguß, VVN-BdA Hannover, Kreisvorsitzender der DKP Hannover;
Heinz Klein, VVN-BdA Bad Kreuznach;
Annemarie Heuer-Kiosz, VVN-BdA Hamburg;
Andreas Grünwald, VVN-BdA Hamburg, Mitglied im Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung;
Johannes Oehme, Autor, Berlin;
Uwe Steinberg, DFG-VK;
Markus Bernhardt, Journalist, Berlin;
Stanislav Byshok, CISEMO International Election Monitoring Organization;
Heinrich Bücker, Coop Antikriegscafe Berlin;
Dieter Becker, Schriftführer des OKV e.V., Bernau OT Schönow;
Lukas Saliba, Vorsitzender der Jungen Aramäischen Union;
Uta und Eduard Mader, Leitungsmitglieder FreiDenker, Landesverband Berlin;
Fred Alan Medforth, Publizist;
Alexander Dorin, Publizist;
Dr. Peter Strathmann, Sprecher von DIE LINKE. Ortsverband Göttingen;
Thomas Knecht, Leiter von DKP queer;
Reinhold Spisla, Vorstandsmitglied des Linken Forum Oberberg;
Björn Dicken, Publizist;
Marcel Kunzmann, Publizist;
Jean-Theo Jost, Schauspieler, Berlin;
Cornelia Praetorius, Christliche Friedenskonferenz, Berlin;
Renate Münder, Mitglied des Parteivorstands der DKP;
Hannes Müller, DKP-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern;
Klaus Heck, Journalist, Aachen;
Karin Beinhorn, DKP Göttingen;
Christian Wächter, attac Hamburg, Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung;
Irina Zeim, Berlin;
Sven Glende, Berlin;
Tatjana Müller, Berlin;
Harry Müller, Berlin;
Ilja Barysev, Kleve;
Ulf Trzinski, Rostock;
Thomas Ripper, Berlin;
Stephan Messerschmidt, Dresden.

Diskussion dazu auf meinem Facebook-Profil:

https://www.facebook.com/notes/940472739305286/?pnref=story



14.12.2014

Redemanuskript Andreas Grünwald / Hamburg, 13.12.2014

Auf der Demonstration zum Friedenswinter in Hamburg am 13.12. sprachen als Hauptredner Frank Hornschu für den DGB Nord und der Journalist und Buchautor Kai Ehlers. Darüber hinaus gab es eine Rezitation der Hamburger Schriftstellerin Katrin McClean.

Vor allem die Rede von Hornschuh ließ keinen Zweifel an unseren gemeinsamen Werten: der Verurteilung aller rassistischen Umtriebe, unserer antifaschistischen Grundhaltung, unseren konsequent antimilitaristischen Positionen. Ich hoffe daher, dass wir sie hier noch dokumentieren können.

In Höhe der Lombardbrücke auf dem Weg in die Innenstadt nutze ich selbst die Gelegenheit zu einer Kurzintervention, die sich vor allem auf das Innere unserer Friedensbewegung bezog, auch auf die weitere Perspektive unserer respektvollen Zusammenarbeit.

Das Manuskript dafür sei hier dokumentiert – auch wenn ich es aus Zeitgründen während des Vortrags selbst etwas kürzte.

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24.10.2014

Seit mehr als einem Monat ist die syrisch-kurdische Stadt Kobanê von IS-Kriegern im Süden, Osten und Westen umzingelt. Es besteht die ernste Gefahr, dass die Stadt in die Hände des IS fällt. Mitverantwortlich ist die Türkei, die verhindert, dass kurdische militärische Kräfte aus anderen Regionen über die Türkei nach Kobanê gelangen. Die Eröffnung eines Korridors an der türkisch-syrischen Grenze könnte dazu beitragen, ein Massaker in Kobanê zu verhindern. Trotz des Widerstands der YPG-Kämpferinnen und -Kämpfer gegen den IS sind die Menschen in Kobanê dringend auf Unterstützung und Solidarität angewiesen.

Die kurdische Bevölkerung in Syrien setzt sich in den drei von ihnen ausgerufenen Kantonen seit Beginn des Bürgerkrieges im Jahr 2011 für Frieden sowie den Aufbau einer demokratischen und gleichberechtigten Gesellschaft ein. Rojava ist ein Zufluchtsort für Menschen aus ganz Syrien geworden. Dort leben verschiedene Religionen und Minderheiten gleichberechtigt miteinander. Das Projekt der Selbstverwaltung in Rojava kann ein Vorbild zur Demokratisierung Syriens und darüber hinaus der mittelöstlichen Gesellschaften sein. Gerade das ist jedoch der NATO, den USA und der Türkei – die die Aufrüstung der Dschihadisten zuließen und betrieben – ein Dorn im Auge. Folge davon sind die seit zwei Jahren andauernde Angriffe der al-Qaida-Gruppierungen und zuletzt des IS auf Kobanê.

Deshalb sagen wir: Kobanê und Rojava müssen überleben, solidarisiert euch mit allen Menschen, die dort Widerstand leisten und für eine friedliche und demokratische Gesellschaft streiten. (mehr …)



11.10.2014

Es war in gleich mehrfacher Hinsicht ein wichtiger Durchbruch! Rund 100 Vertreterinnen und Vertreter aus allen Teilen der Friedensbewegung haben heute am 11.10.2014 in Hannover eine gemeinsame Aktionsorientierung bis inkl. zum Mai 2015 beschlossen.

Unter der Losung „Friedenswinter 2014 / 2015 – Gemeinsam für den Frieden“ umfasst das – bei nur einer Gegenstimme und einer Enthaltung – gemeinsam beschlossene Konzept die folgenden zentralen Eckpunkte:

* Eine gemeinsame Aktionswoche für den Frieden in ganz Deutschland, die vom 08. bis zum 13. Dezember stattfinden wird. Diese mündet in fünf regionalen Großdemonstrationen, die am 13. Dezember in Berlin, Hamburg, München, Leipzig und im Ruhrgebiet stattfinden werden.
* Demonstrationen und Aktionstage Ende Februar aus Anlass der in München stattfindenden „Sicherheitskonferenz“.
* Die gemeinsame Gestaltung der Ostermärsche, die in diesem Jahr vor allem am Ostermontag stattfinden sollen.
* Eine bundesweite Großdemonstration aus Anlass des 70. Jahrestages der Befreiung von Krieg und Faschismus Anfang Mai 2015 in Berlin.

Begleitet werden diese zentralen Aktionen von einer Vielzahl weiterer lokal ausgerichteter Aktivitäten, über die sich die Konferenzteilnehmenden austauschten.

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05.10.2014

Rede Andreas Grünwald zum „Tag der deutschen Empörung“ in Hamburg am 03.10.2014
  
 

 
 
Manuskript:

Liebe Freundinnen und Freunde,

Nichts ist mehr, wie es war – so titelte die FAZ vor dem NATO-Gipfel in Wales Anfang September. Der Leitartikler bilanzierte: „Die NATO geht nach Osten“.

Die NATO geht also nach Osten. Aber was heißt denn das? Geht sie nach Osten, wie ich in den Garten meines Nachbarn gehe? Ich denke das ist eine zu harmlose Beschreibung dessen, was da jetzt als Angriffspotential gegen Russland aufgebaut wird.

Im Baltikum, in Polen und Rumänien werden neue Nato-Stützpunkte entstehen. Besetzt mit hochmobilen Eingreiftruppen.

So ganz nebenbei wurde in Wales Russland vom bisherigen Partner nun zum offiziellen Feind erklärt. Entgegen dem Russland-Nato-Pakt von 1997 sollen deshalb westliche Truppen an den russischen Grenzen jetzt dauerhaft stationiert werden.

Doch das sind nur einige Punkte einer Kette der letzten Monate, in deren Verlauf der Grundsatz „Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus“ nun endgültig entsorgt wird.

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20.09.2014

In dieser kleinen Serie beschäftige ich mich mit der Frage „Kapitalismus und Krieg“. Ich möchte das Thema systematisiert darstellen und diskutieren, weshalb die einzelnen Abschnitte aufeinander aufbauen.

In der ersten Folge geht es mir um den Begriff des Imperialismus. Ein Begriff der in der Friedensbewegung relativ häufig genutzt wird. Aber leider nicht so präzise, dass damit dann die Frage wirklich beantwortet werden kann, warum der Kapitalismus in seiner heutigen imperialen Phase zu immer mehr Kriegen führt. Diese Folge verschafft dem Leser einen Überblick zum Thema.

In der zweiten Folge versuche ich der Frage „Warum entstehen Kriege“ dann noch etwas gründlicher – und vor dem Hintergrund der krisenhaften Entwicklung des Kapitalismus – zu untersuchen. Die monopolisierte Kapitalismus führt zu immer höheren Profiten, aber die Profitrate sinkt. Das zwingt die Herrschenden zu einem größeren Kapitalexport, zu einem beständigen Kampf um die Aufteilung der Erde.

Die dritte und vierte Folge basiert auf einem Referat meines Genossen Hans-Peter Brenner, das ich lediglich thematisch etwas sortiert habe – ohne damit seinen Text zu verändern.

In der dritten Folge geht es um eine Bewertung der russischen Ökonomie und Politik. In der vierten Folge um eine Bewertung US-amerikanischer Politik.

Abgleitet wird, dass der US-Imperialismus heute der Hauptkriegstreiber Nummer 1 auf diesem Globus ist. Deshalb ist diese vierte Folge etwas umfangreicher. Im ersten Abschnitt werden historische Entwicklungen nachgezeichnet. In einem zweiten Abschnitt aktuelle Kriegsstrategien der US-Politik dargestellt. In einem dritten Abschnitt werden die Zusammenhänge und besonderen Interessen der deutschen Politik in diesem Zusammenhang betrachtet.

Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!

Andreas Grünwald

Artikelreihe „Kapitalismus und Krieg“
1. Folge: Was ist Imperialismus?
2. Folge: Warum entstehen Kriege?
3. Folge: Zur russischen Politik
4. Folge: Der Hauptkriegstreiber Nr. 1: der US-Imperialismus
4.1. Historische Entwicklung
4.2. US-Kriegsstrategie heute
4.3. Deutsche Interessen

 
 



19.09.2014

Artikelreihe „Kapitalismus und Krieg“
1. Folge: Was ist Imperialismus?
2. Folge: Warum entstehen Kriege?
3. Folge: Zur russischen Politik
4. Folge: Der Hauptkriegstreiber Nr. 1: der US-Imperialismus
4.1. Historische Entwicklung
4.2. US-Kriegsstrategie heute
4.3. Deutsche Interessen

Vorbemerkung:

In dieser Artikelserie beschäftige ich mich mit der Frage „Krieg und Kapitalismus“.

Worin liegen die Ursachen für die heutigen Kriege?
Inwieweit hängen Krieg und Kapitalismus zusammen?
Was ist Imperialismus?

Bislang habe ich dazu hier bei Facebook zwei kleine Aufsätze veröffentlicht:

1. Folge: Was ist Imperialismus?
Was ist Imperialismus?

2. Folge: Warum entstehen Kriege?
Warum entstehen Kriege?

Dazu kam als dritte Folge ein Ausschnitt aus einem Referat von meinem Genossen Hans-Peter Brenner, in dem sich dieser mit dem gegenwärtigen Charakter der russischen Politik beschäftigte:

3. Folge: Zum Charakter der gegenwärtigen russischen Politik
Zum Charakter der gegenwärtigen russischen Politik

Doch das eigentliche Thema von Brenner bei diesem Referat, das er am 13. September in Essen auf einer Veranstaltung hielt, war die theoretische und politische Analyse gegenwärtiger Kriegsgefahren, für die er analysierte, dass der Hauptkriegstreiber Nr. 1 auf unserem Globus der US-Imperialismus ist. Doch diese Führungsrolle des US-Imperialismus, so Brenner, sei auch keine absolute und werde von den anderen starken imperialistischen Mächten durchaus widersprochen, die für eigene Ziele aufrüsten. Das analysiert Brenner am Beispiel des deutschen Imperialismus.

Historisch fundiert, ökonomisch abgeleitet, finde ich auch diesen Teil seiner Ausführungen so überzeugend, dass ich sie hier einfach nur wiedergeben muss, um eine vierte besonders spannende Folge in dieser kleinen Serie zu kreieren.

Dazu noch folgende redaktionelle Anmerkung: Auslassungen aus dem Referat werden hier jeweils mit drei Punkten “…” verdeutlicht. Text-Hinzufügungen sind indes mit eckigen Klammern gekennzeichnet.

Hier in diesem Artikel wird der 3. Teil dieses Themas wieder gegeben. In diesem beschäftigt sich der Autor vor allem mit den spezifischen Interessen deutscher Politik im Kontext dieses Themas.

Wünschen Sie zunächst den 1. und 2. Teil zu lesen, dann klicken Sie hier:

1. Teil: Historische Entwicklungen und Ableitungen – klicken Sie bitte hier:
1. Teil

2. Teil: Aktuelle Fragen der US Strategie – klicken Sie bitte hier:
2. Teil

Ansonsten wünsche ich nunmehr viel Spaß beim Lesen,
Andreas Grünwald…

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19.09.2014

Artikelreihe „Kapitalismus und Krieg“
1. Folge: Was ist Imperialismus?
2. Folge: Warum entstehen Kriege?
3. Folge: Zur russischen Politik
4. Folge: Der Hauptkriegstreiber Nr. 1: der US-Imperialismus
4.1. Historische Entwicklung
4.2. US-Kriegsstrategie heute
4.3. Deutsche Interessen

Vorbemerkung:

In dieser Artikelserie beschäftige ich mich mit der Frage „Krieg und Kapitalismus“.

Worin liegen die Ursachen für die heutigen Kriege?
Inwieweit hängen Krieg und Kapitalismus zusammen?
Was ist Imperialismus?

Bislang habe ich dazu zwei kleine Aufsätze veröffentlicht:

1. Folge: Was ist Imperialismus?
Was ist Imperialismus?

2. Folge: Warum entstehen Kriege?
Warum entstehen Kriege?

Dazu kam als dritte Folge ein Ausschnitt aus einem Referat von meinem Genossen Hans-Peter Brenner, in dem sich dieser mit dem gegenwärtigen Charakter der russischen Politik beschäftigte:

3. Folge: Zum Charakter der gegenwärtigen russischen Politik
Zum Charakter der gegenwärtigen russischen Politik

Doch das eigentliche Thema von Brenner bei diesem Referat, das er am 13. September in Essen auf einer Veranstaltung hielt, war die theoretische und politische Analyse gegenwärtiger Kriegsgefahren, für die er analysierte, dass der Hauptkriegstreiber Nr. 1 auf unserem Globus der US-Imperialismus ist. Doch diese Führungsrolle des US-Imperialismus, so Brenner, sei auch keine absolute und werde von den anderen starken imperialistischen Mächten durchaus widersprochen, die für eigene Ziele aufrüsten. Das analysiert Brenner am Beispiel des deutschen Imperialismus.

Historisch fundiert, ökonomisch abgeleitet, finde ich auch diesen Teil seiner Ausführungen so überzeugend, dass ich sie hier einfach nur wiedergeben muss, um eine vierte besonders spannende Folge in dieser kleinen Serie zu kreieren.

Dazu noch folgende redaktionelle Anmerkung: Auslassungen aus dem Referat werden hier jeweils mit drei Punkten “…” verdeutlicht. Text-Hinzufügungen sind indes mit eckigen Klammern gekennzeichnet.

Hier in diesem Artikel wird der 2. Teil dieses Themas wieder gegeben. Dieser beschäftigt sich mit einigen aktuelle Fragen der US Strategie. Wünschen Sie zunächst den 1. Teil dieses Themas zu lesen – in diesem geht es um einige historische Entwicklungen und Ableitungen – klicken Sie bitte hier:

1. Teil: Der Hauptkriegstreiber Nummer 1 ist der US Imperialismus

In einem dritten Teil wird dann noch das Verhältnis zur deutschen Politik untersucht sowie die Frage behandelt, welche besonderen Interessen die deutsche Politik in diesem Kontext verfolgt.

Ich wünsche nunmehr viel Spaß beim Lesen,
Andreas Grünwald…

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19.09.2015

Artikelreihe „Kapitalismus und Krieg“
1. Folge: Was ist Imperialismus?
2. Folge: Warum entstehen Kriege?
3. Folge: Zur russischen Politik
4. Folge: Der Hauptkriegstreiber Nr. 1: der US-Imperialismus
4.1. Historische Entwicklung
4.2. US-Kriegsstrategie heute
4.3. Deutsche Interessen

Vorbemerkung:

In dieser Artikelserie beschäftige ich mich mit der Frage „Krieg und Kapitalismus“.

Worin liegen die Ursachen für die heutigen Kriege?
Inwieweit hängen Krieg und Kapitalismus zusammen?
Was ist Imperialismus?

Bislang habe ich dazu hier bei Facebook zwei kleine Aufsätze veröffentlicht:

1. Folge: Was ist Imperialismus?
Was ist Imperialismus

2. Folge: Warum entstehen Kriege?
Warum entstehen Kriege

Dazu kam als dritte Folge ein Ausschnitt aus einem Referat von meinem Genossen Hans-Peter Brenner, in dem sich dieser mit dem gegenwärtigen Charakter der russischen Politik beschäftigte:

3. Folge: Zum Charakter der gegenwärtigen russischen Politik
Zum Charakter der gegenwärtigen russischen Politik

Doch das eigentliche Thema von Brenner bei diesem Referat, das er am 13. September in Essen auf einer Veranstaltung hielt, war die theoretische und politische Analyse gegenwärtiger Kriegsgefahren, für die er analysierte, dass der Hauptkriegstreiber Nr. 1 auf unserem Globus der US-Imperialismus ist. Doch diese Führungsrolle des US-Imperialismus, so Brenner, sei auch keine absolute und werde von den anderen starken imperialistischen Mächten durchaus widersprochen, die für eigene Ziele aufrüsten. Das analysiert Brenner am Beispiel des deutschen Imperialismus.

Historisch fundiert, ökonomisch abgeleitet, finde ich auch diesen Teil seiner Ausführungen so überzeugend, dass ich sie hier einfach nur wiedergeben muss, um eine vierte besonders spannende Folge in dieser kleinen Serie zu kreieren.

Dazu noch folgende redaktionelle Anmerkung: Auslassungen aus dem Referat werden hier jeweils mit drei Punkten “…” verdeutlicht. Text-Hinzufügungen sind indes mit eckigen Klammern gekennzeichnet.

Hier in diesem Artikel werden in einem 1. Teil zunächst historische Entwicklungen nachgezeichnet. In einem zweiten Teil geht es dann um aktuelle Fragen US-amerikanischer Kriegsstrategien. In einem dritten Teil geht es um die Interessen des deutschen Monopolkapitals.

Ich wünsche nunmehr viel Spaß beim Lesen,
Andreas Grünwald

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18.09.2014

Artikelreihe „Kapitalismus und Krieg“
1. Folge: Was ist Imperialismus?
2. Folge: Warum entstehen Kriege?
3. Folge: Zur russischen Politik
4. Folge: Der Hauptkriegstreiber Nr. 1: der US-Imperialismus
4.1. Historische Entwicklung
4.2. US-Kriegsstrategie heute
4.3. Deutsche Interessen

Vorbemerkung

In dieser Artikelserie beschäftige ich mich mit der Frage „Krieg und Kapitalismus“.

Worin liegen die Ursachen für die heutigen Kriege?
Inwieweit hängen Krieg und Kapitalismus zusammen?
Was ist Imperialismus?

In dieser Folge habe ich dazu bisher zwei kleine Aufsätze veröffentlicht:

1. Folge: Was ist Imperialismus? / Warum gibt es Kriege?
Was ist Imperialismus?

2. Folge: Warum entstehen Kriege?
Warum entstehen Kriege?

Während es mir in der ersten Folge darum ging einige grundlegende theoretische Fragen in diesem Zusammenhang zu erörtern, konzentrierte sich der 2. Beitrag dann auf die Fragen der Kapitalkonzentration und der besonderen Macht des Finanzkapitals. Ich versuchte nachzuweisen, dass Kriege vor allem auch mit der Notwendigkeit des Kapitalexports im heutigen Kapitalismus und Imperialismus zu tun haben; und dass sich diese nicht zuletzt auch aus den gegebenen Verwertungsproblemen für das Kapital ableiten.

In der Friedensbewegung beschäftigt uns ein Krieg gegenwärtig in besonderer Weise. Es ist der Krieg in der Ukraine. Sowohl der US-amerikanische, wie auch der deutsche Imperialismus haben in diesem Krieg eine besondere Rolle. Einfluss nimmt aber auch Russland.

In zwei weiteren Folgen dieser kleinen Artikelserie sollen deshalb diese Fragen nunmehr im Mittelpunkt stehen, wobei ich mich dafür – in beiden Fällen – auf ein hervorragendes Referat meines Genossen Hans Peter Brenner stützen kann. Hans-Peter hielt dieses am 13. September auf einer Veranstaltung in Essen. Ich finde seine Ausführungen so überzeugend, dass ich sie hier einfach nur wiedergeben muss. Das Rede-Manuskript wurde mir zur Verfügung gestellt.

In dieser hier vorliegenden 3. Folge sind jene Textpassagen zu finden, die sich auf das gegenwärtige Russland und die Politik der russischen Führung beziehen.

In der 4. Folge folgen dann jene Passagen, die sich auf den US-Imperialismus, heute der Hauptkriegstreiber auf unserem Globus, aber auch auf die heutige Entfaltung imperialistischer Widersprüche – und damit auch auf den deutschen Imperialismus – beziehen.

(Siehe hier: Die USA: Hauptkriegstreiber auf unserem Globus)

Doch zunächst zum Thema dieser Folge, für die es hier noch vorab eine kleine redaktionelle Anmerkung gibt: Auslassungen aus dem Referat von Hans-Peter werden hier jeweils mit drei Punkten “…” verdeutlicht. Text-Hinzufügungen sind indes mit eckigen Klammern gekennzeichnet.

Ich wünsche nunmehr viel Spaß beim Lesen,
Andreas

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07.09.2015

Artikelreihe „Kapitalismus und Krieg“
1. Folge: Was ist Imperialismus?
2. Folge: Warum entstehen Kriege?
3. Folge: Zur russischen Politik
4. Folge: Der Hauptkriegstreiber Nr. 1: der US-Imperialismus
4.1. Historische Entwicklung
4.2. US-Kriegsstrategie heute
4.3. Deutsche Interessen

Wikipedia sagt … „Krieg ist ein organisierter und unter Einsatz erheblicher Mittel mit Waffen und Gewalt ausgetragener Konflikt an dem oft mehrere planmäßig vorgehende Kollektive beteiligt sind. Ziel der beteiligten Kollektive ist es, ihre Interessen durchzusetzen.“

Der bekannte Sozialdemokrat Egon Bahr sagte kürzlich vor einer Gruppe von Schülern, dass sie bloß nicht glauben sollten, wenn Ihnen Politiker erzählen, dass es in der Außenpolitik eines Landes jemals um Menschenrechte oder um sonst irgendwelche edlen Ziele gehen würde. Er sagte: es geht immer um die eigenen Interessen. Und dann schockte Bahr seine Zuhörer, in dem er sagte, dass wir in Deutschland in einer Vorkriegszeit leben würden.

Gehen wir systematisch vor: Es geht um Interessen. Dann stellt sich doch die Frage um welche und wessen Interessen es geht?

Wir leben in einer kapitalistischen Gesellschaft. Für jede Gesellschaft gilt, dass die in einer Gesellschaft herrschenden Gedanken, die Gedanken derjenigen sind, die die ökonomische Basis beherrschen. Wir müssen uns also mit der ökonomischen Basis dieser kapitalistischen Gesellschaft beschäftigen.

Was ist Kapitalismus?

Gemeinhin heißt es: Kapitalismus sei freie Konkurrenz auf dem Markt. Doch schauen wir genauer: In Deutschland gibt es 3 Millionen Unternehmer. Von diesen Unternehmen machen 0,3 Prozent 62 Prozent aller Umsätze. Ein Schweizer Forscherteam hat 2007 Daten von über 37 Millionen Unternehmen weltweit untersucht. Sie identifizierten darunter 43.000 internationale Unternehmen. Dann kristallisierten sie aus diesen 43000 international tätigen Unternehmen 1318 Konzerne heraus, die also wiederum andere Unternehmen beherrschen.

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05.09.2014

Artikelreihe „Kapitalismus und Krieg“
1. Folge: Was ist Imperialismus?
2. Folge: Warum entstehen Kriege?
3. Folge: Zur russischen Politik
4. Folge: Der Hauptkriegstreiber Nr. 1: der US-Imperialismus
4.1. Historische Entwicklung
4.2. US-Kriegsstrategie heute
4.3. Deutsche Interessen

In den Diskussionen der Friedensbewegung ist immer wieder vom Kapitalismus und vom Imperialismus die Rede. In Reden wird gefordert, dass vor allem die westlichen Großmächte ihren Kurs imperialistischer Großmachtpolitik aufgeben müssten. Nur dann sei eine Chance für dauerhaften Frieden gegeben.

Bei einer dieser Kundgebungen widersprach mir kürzlich jemand, als ich sagte, auch Russland sei ein kapitalistisches, auch ein imperialistisches Land, allerdings ein solches das sich in der Defensive befinde. Wie mir scheint gibt es nicht nur hinsichtlich der Begriffe großes Wirrwar. Doch nur, wenn wir solche Fragen diskutieren, können wir uns auch auf die Frage zubewegen, warum es eigentlich Kriege gibt und was heute die Ursachen dafür sind. Also abseits irgendwelcher ideologischer Begründungen.

Damit möchte ich heute beginnen.

1. Was ist Kapitalismus?

Moderner Kapitalismus, wie wir ihn kennen, ist auf der Basis kapitalistischen Eigentums an den Produktionsmitteln, vor allem durch eine umfassende Vergesellschaftung der Produktivkräfte, also durch Großindustrien, durch ein System planmäßiger Arbeitsteilung, auch durch eine Verwissenschaftlichung der Produktion sowie durch die Ausdehnung der Märkte zu einem Weltmarkt gekennzeichnet.

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14.07.2014

Ein wichtiger Schritt ist getan: Für den 28. Juli 2014 rufen alle Gruppen der Hamburger Friedensbewegung(en) zu einer gemeinsamen Demonstration und Kundgebung auf. Aus Anlass des 100. Jahrestags des 1. Weltkriegs, gegen die den Frieden bedrohenden Großmächte, auch mit der Forderung: Nein zum Krieg in der Ukraine!

Die Aktion beginnt am 28. Juli um 17 Uhr mit einer Kundgebung vor dem Kriegsklotz am Dammtordamm. Dem folgt eine gemeinsame Demo (mit Zwischenkundgebung) über den Jungfernstieg bis zum Gerhart-Hauptmann-Platz.

Eine Premiere, denn zu der Demo rufen mit einem eigenen Aufruf sowohl die Organisationen aus der klassischen älteren Friedensbewegung, wie beispielsweise das Hamburger Forum, die DFG VK, Die Partei Die Linke, die DIDF, die DKP oder zum Beispiel Attac auf, andererseits aber auch das Orga-Team der Hamburger Montagsmahnwache und das Studierendenparlament der Hamburger Uni. Letztere jeweils mit einem eigenen Aufruf, der sprachlich stärker dem dort diskutierten Verständnis von Friedensaktionen entspricht.

Neu ist auch, dass nach der Demonstration Diskussionsrunden auf offener Straße zur weiteren Perspektive der Hamburger Friedensbewegung stattfinden sollen. Die Mahnwachen wollen dann ab 19 Uhr unter dem Titel „Was ist Frieden“ ihre Debatte am Jungfernstieg fortsetzen. Klassische Organisationen der älteren Friedensbewegung, wie zum Beispiel das Hamburger Forum oder Attac, bieten derweil Diskussionsrunden auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz an, bei denen es unter anderem auch um die Vorbereitung des Antikriegstages geht.

Alle Gruppen sind zudem in einem Friedensnetzwerk vertreten, in dem weitere Aktivitäten besprochen werden können. Einige dieser Gruppen bereiten in Vorbereitung auf die Demo zudem Informationsveranstaltungen zur Lage in der Ukraine vor (siehe unten).

Sicherlich noch kein optimaler Ablauf. Aber es ist ein großer Schritt, der in Richtung einer stärkeren und handlungsfähigeren Friedensbewegung zeigt.

Nachfolgend der
Aufruf der klassischen Hamburger Friedensbewegung sowie die erwähnten Infoveranstaltungen …
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30.06.2014

Rede am Jungfernstieg vor der Mahnwache für den Frieden in Hamburg



Hamburg, 08.06.2012

Offizielles Programm von Syriza / Griechenland / Eigenübersetzung

Der tägliche Informationsdienst der Refundatione Comunista hat am 29. Mai das offizielle Programm der griechischen Linkskoalition Syriza dokumentiert. Aus dem Italienischen wurde der Text dann für die Webseite http://www.countercurrents.org/ ins Englische übersetzt. Ich habe das nun ins Deutsche übersetzt, wobei ich alle Leser darum bitte zu beachten, dass ich selbst kein Sprachspezialist bin und auch kein Dolmetscher. Für eine offizielle Verwendung sollte deshalb das englische Original genutzt werden. Auch wenn ich auf die nachfolgenden Zeilen somit keine 100-prozentige Garantie geben kann, so vermittelt der Text uns trotzdem einen interessanten Einblick in die griechischen Verhältnisse und in die Politik von Syriza. Andreas

Programm von Syriza

1. Moratorium hinsichtlich der Verschuldung der öffentlichen Haushalte. Neuverhandlung der fälligen Zinsen und Aussetzung aller Zahlungen, bis eine Wiederbelebung der griechischen Wirtschaft, Wachstum und Beschäftigung, erreicht sind. Wir fordern von der Europäischen Union, die Rolle der Europäischen Zentralbank dahingehend zu ändern, dass aber über diese auch öffentliche Investitionsprogramme finanziert werden können.

2. Anhebung des Einkommensteuersatzes / Spitzensteuersatzes auf 75% für alle Einkommen über 500.000 Euro.

3. Veränderung der Wahlgesetze in Richtung eines Verhältniswahlrechtes.

4. Anpassung der Besteuerung für große Unternehmen auf das in Europa übliche Niveau.

5. Einführung einer Finanztransaktionsteuer und einer Sondersteuer für Luxusgüter.

6. Verbot der Finanzspekulation mit Derivaten.

7. Beseitigung der finanziellen Privilegierung für die Kirche und die Schiffbauindustrie.

8. Das bisher vorhandene Bankgeheimnis muss dahin gehend verändert werden, dass eine Bekämpfung der Kapitalflucht ins Ausland möglich wird.

9. Drastische Reduktion der Ausgaben für das Militär.

10. Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von 750 Euro pro Monat.

11. Regierungs-, Bank- und Kirchengebäude sollten Obdachlosen geöffnet werden.

12. Einführung von Schulspeisungen in den Öffnen Schulen, um für alle Kinder ein kostenloses Frühstück und Mittagessen zu ermöglichen.

13. Wir fordern eine kostenlose Nutzung der Einrichtungen des Gesundheitswesens für Erwerbslose, Obdachlose und Geringverdienern.

14. Ärmere Familien, die mit Hypotheken belastet sind und ihre Zahlungen nicht erfüllen können, sollten staatliche Zuschüsse in Höhe von 30% auf die Hypothek erhalten

15. Erhöhung der Subventionen für die Erwerbslosen. Mehr staatliche Maßnahmen zum Schutz für Familien, vor allem Alleinerziehenden, aber auch für Rentnerinnen und Rentner, Behinderte und für Familien mit geringem Einkommen.

16. Steuersenkungen für alle lebensnotwendigen Güter.

17. Verstaatlichung der Banken.

18. Rekommunalisierung ehemals staatlicher Einrichtungen, die privatisiert wurden in strategisch wichtigen Bereichen des Verkehrswesens, der Post und der Energiebetriebe.

19. Umorientierung in der Energiepolitik: Präferenz für erneuerbare Energien und dem Schutz der Umwelt.

20. Gleiche Löhne für Männer und Frauen.

21. Einschränkung von Leih- und Zeitarbeit. Umwandlung in feste, unbeschränkte Arbeitsverhältnisse.

22. Ausbau des Systems der Arbeitnehmerrechte. Gehaltserhöhungen für Teilzeitbeschäftigte.

23. Vollständige Wiederherstellung der Systeme des kollektiven Arbeitsrechts.

24. Mehr staatliche Inspektionen im Bereich der Arbeit, Neujustierung des Systems für öffentliche Aufträge.

25. Eine Verfassungsänderung mit klarer Trennung von Staat und Kirche. Aufnahme eines Rechts auf Bildung, Gesundheitsversorgung und einer Garantie zum Schutz Umwelt.

26. Über alle Verträge und Abkommen mit der Europäischen Union sind Volksabstimmungen erforderlich.

27. Abschaffung der Privilegien für Abgeordnete und Minister. Die Justiz soll ohne Vorbedingungen das Recht haben auch gegen Abgeordnete und Minister zu ermitteln.

28. Entmilitarisierung des Küstenschutzes und der Spezialtruppen für die Bekämpfung von Unruhen im Inneren. Polizisten soll es verboten sein Masken zu tragen bzw. bei Demonstrationen von der Schusswaffe Gebrauch zu machen. Die Polizisten müssen geschult werden, um sich mit den Problemen der Einwanderung, aber auch bei Drogendelikten besser verhalten zu können. Sie sollen soziale Faktoren berücksichtigen.

29. Garantie der Menschenrechte auch in den Haftanstalten für Einwanderer.

30. Erleichterung der Familienzusammenführung von Menschen mit Migrationshintergrund.

31. Nicht Drogensüchtige, nicht der Konsum soll illegalisiert und bekämpft werden, sondern der Drogenhandel. Der Staat muss mehr Mittel für die Rehabilitationseinrichtungen aufbringen.

32. Wir sind für ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung, dass in den Gesetzen verankert sein muss.

33. Aufstockung der Mittel für das öffentliche Gesundheitswesen auf das in Europa übliche Niveau, also auf etwa 6 % des Bruttoinlandsprodukts. In Griechenland liegt dieses nur bei etwa 3%.

34. Beseitigung der Zahlungen von Bürgern für die nationalen Gesundheitsdienste. Private Kliniken sollen verstaatlicht werden. Eine privatrechtliche Beteiligung am nationalen Gesundheitssystem ist auszuschließen.

35. Abzug der griechischen Truppen aus Afghanistan und aus dem Balkan. Griechische Soldaten sollen jenseits der eigenen Grenzen nicht eingesetzt werden.

36. Kündigung der militärischen Zusammenarbeit mit Israel. Unterstützung der Palästinenser für einen eigenen Staat, in den Grenzen von 1967.

37. Stabilisierung / Normalisierung des Verhältnisses zur Türkei.

38. Schließung aller ausländischen Militärbasen in Griechenland. Austritt aus der Nato.

***



Hamburg, 07.06.12

Das Kuratorium der Hamburger Gedenkstätte Ernst Thälmann, macht auf die feierliche Verlegung von Stolpersteinen für in der Nazi-Zeit ermordete Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft vor dem Rathaus am 08. Juni aufmerksam:

Stolpersteine werden um 10:30 Uhr verlegt und eingeweiht für die folgenden ehemaligen Abgeordneten:

Dr. Kurt Adams, MdHB 1924-1933 SPD, tot am 7.10.1944; Etkar Josef André, MdHB 1921 KPD, im UG Holstenglacis hingerichtet am 4.11.1936; Bernhard Bästlein MdHB seit 1921 KPD, im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet am 18.9.1944; Adolf Biedermann MdHB 1919 – 1927 SPD, am 11.5.1933 wurde er tot aufgefunden; Gustav Brandt MdHB 1931-1933 KPD, erschossen durch die SS im April 1945; Valentin Ernst Burchard MdHB 1932 – 1933 DStP, ermordet in Minsk; Dr. Max Eichholz MdHB 1920-1933 DDP / DStP, in Auschwitz ermordet am 12.1.1943; Hugo Eickhoff MdHB 1931-1933 KPD, gestorben im Sonderbataillon Dirlewanger am 15.12.1944 in Rumänien; Dr. Theodor Haubach MdHB 1927 – 1929 SPD, hingerichtet in Berlin Plötzensee am 23.1.1945; Wilhelm Heidsiek MdHB 1933 SPD, in Neuengamme am 7.11.1944 umgebracht; Ernst Henning MdHB 1928-1931 KPD, in Kirchwerder am 14.03.1931 von der SA erschossen; Hermann Hoefer MdHB 1928-1931 KPD, gestorben an den Haftfolgen; Franz Jacob MdHB 1932-1933 KPD, im Zuchthaus Brandenburg-Görden enthauptet am 18.9.1944; Friedrich Lux MdHB 1928 – 1933 KPD, misshandelt in der Gestapo-Zentrale und tot am 6.11.1933; Fritz Simon Reich MdHB 1927 – 1928 Reichspartei des dt. Mittelstandes, ermordet am 31.5.1944; August Schmidt MdHB 1928-1931 KPD, gestorben an den Haftfolgen am 3.8.1939; Otto Schumann MdHB 1931-1933 SPD, gestorben am 3.5.1945 auf dem Todesmarsch der „Cap Arcona“; Theodor Skorzisko MdHB 1931-1932 KPD, Schicksal unbekannt; Ernst Thälmann MdHB 1919-1933 KPD ermordet am 18.8.1944; Hans Westermann MdHB 1928-1930 KPD erschlagen am 16.3.1935.

Der Vorsitzende des Kuratoriums Hein Pfohlmann bittet darum Blumen mitzubringen und diese vors Rathaus zu legen.

Dazu folgender Hinweis: Ich selber mache im nächsten Jahr aus Anlass des 80. Jahrestages von 1933 mehrere Rundgänge durch Hamburg, die als Kooperationsveranstaltungen mit der Hamburger Volkshochschule stattfinden:

Der erste Rundgang findet am 08. Mai 2013 statt:
Beginn um 17:30 Uhr vor der Jacobikirche, Jacobikichweg. Anmeldungen sind ab Herbst dieses Jahres über die Hamburger Volkshochschule möglich. Der Ankündigungstext ist folgender:

Im März 1933 begannen auch in Hamburg die Razzien und Hausdurchsuchungen um Regimegegner aufzuspüren. Wir suchen die Wirkungsstätten solcher Menschen auf, die für ihren Widerstand gegen die Diktatur sterben mussten. Ihre Spuren finden wir am Jungfernstieg, am Alten und Neuen Wall, auch in der Mönckebergstraße. Wir hören von ihrem Leben, ihren unterschiedlichen Motiven und ihrem Schicksal in der Nazizeit.

Der zweite Rundgang ist am 01. August 2013:
Beginn um 16 Uhr am S-Bahnhof Holstenstraße. Anmeldungen sind ab Herbst dieses Jahres über die Hamburger Volkshochschule möglich. Der Ankündigungstext ist folgender:

Vor 80 Jahren – am 1. August 1933 – gab es die ersten Hinrichtungen durch die Nazi-Justiz: Vier junge Arbeiter wurden im Hof des heutigen Altonaer Amtsgerichts mit dem Handbeil ermordet. Den Anlass dafür bot der „Altonaer Blutsonntag“ vom 17. Juli 1932, als rund 7.000 SA-Uniformierte durch die verwinkelten Gassen des „roten Altona“ marschieren wollten. Wir erkunden die Hintergründe der damaligen Ereignisse.

***



05. September 2008

Heftige Auseinandersetzung in Hamburger Bürgerschaft. CDU diffamiert Abgeordnete der Linken

In der ersten Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft nach der Sommerpause hat die Linkspartei-Abgeordnete Christiane Schneider am Mittwoch abend die Polizeiübergriffe auf Teilnehmer des dort kürzlich veranstalteten Klima- und Antirassismuscamps kritisiert. »Was zählen in dieser Stadt eigentlich die Bürgerrechte?« fragte die Vizechefin der Linksfraktion in der Aktuellen Stunde. Der CDU/Grünen-Senat habe zur »Wahrung des Koalitionsfriedens« zwar während der Camps auf einen offenen »Law and Order«-Kurs verzichtet. Später hätten sich aber die CDU-Hardliner, wie etwa Innensenator Christoph Ahlhaus, durchgesetzt. Auf dem Höhepunkt der Camps habe Ahlhaus dann mit seiner Parole »den Chaoten kein Pardon« grünes Licht für Polizeiübergriffe gegeben, die Grundrechte „außer Kraft“ gesetzt hätten. Vor allem die Versammlungsfreiheit wäre dabei »auf der Strecke geblieben«, so Schneider. Wie berichtet, hatte die Abgeordnete bereits in der Woche zuvor auf einer Pressekonferenz ein Video vorgestellt, auf dem deutlich zu sehen ist, wie Polizeibeamte Teilnehmer von Aktionen der Camps grundlos zu Boden warfen und mißhandelten. In der Bürgerschaft sprach die Abgeordnete deshalb von einer »arroganten Demonstration polizeilicher Macht« auf Kosten der Grundrechte. Als innenpolitische Sprecherin ihrer Frak­tion forderte Schneider, die Vorkommnisse gründlich aufzuarbeiten.

Der Auftritt sei ein »dreister Angriff auf die Integrität unserer Polizei«, reagierte der innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, Kai Voet van Vormizeele. Ähnlich erregt zeigte sich SPD-Innenpolitiker Andreas Dressel, der die Frage aufwarf, welche Rolle die Linksfrak­tion in diesem »Grenzbereich zwischen illegalen und legalen Protest« spiele. Schneider habe mit »ihren Solidaritätsadressen für Chaoten« der Demokratie einen Bärendienst erwiesen und selbst den Boden für »Krawall und Chaos« geschaffen. Dressel reagierte damit auch auf Vorwürfe von Schneider. Da der SPD-Mann ein Verbot solcher Camps gefordert hatte, sei er mitverantwortlich für die »Kriminalisierung« des berechtigten Protests etwa gegen Abschiebungen. Sicherlich, so Schneider: Bei einzelnen Aktionen, sei die Grenze zur Gewalt überschritten worden, was sie selbst bedaure. Doch wer dies dann, wie etwa Dressel oder Ahlhaus, zum Vorwand nehme, um gleich Hunderte von Demonstranten »in eine Art von gesinnungsmäßiger Sippenhaftung« zu nehmen, der verlasse auch selbst »den Boden des Rechts«.

Ganz aus dem Häuschen war daraufhin CDU-Hardliner Karl-Heinz Warnholz: »Wir kennen Ihre kommunistische Vergangenheit«, schrie er Schneider an. »Halten Sie künftig zu diesem Thema den Mund«, so der Vorsitzende des Innenausschusses, der den Verdacht äußerte, Schneider habe ihr Video gefälscht. Schließlich forderte er die Abgeordnete auf, ihr Mandat niederzulegen. »Sie sind eine Schande für das ganze Haus«, rief er aus.

Und die in der Hansestadt mitregierenden Grünen? Die Polizei habe »insgesamt ihre Einsätze gut gelenkt«, doch offenbar gebe es »Einzelfälle«, wo dies nicht so war, müßten diese geprüft werden, versuchte die Abgeordnete Antje Möller einen komplizierten Spagat. Dass die Versammlungsfreiheit missachtet worden wäre, wies ihr Parteikollege und Justizsenator, Till Steffen, indes klar zurück. Er suchte den Fokus der Kritik nun auf SPD-Mann Dressel zu lenken. Dieser habe seiner Forderung des Verbots den Bogen überspannt. »Denken Sie doch nur an ihre eigene Geschichte und daran, dass die Vorstellung, man könne staatskritischen Protest einfach ersticken, schon unter Bismarck scheiterte«, rief er Dressel zu. Immerhin: Steffen versprach Schneider nun alle Vorwürfe gegen einzelne Beamte auch durch seine Behörde zu prüfen. Die CDU-Fraktion quittierte dies mit eisigem Schweigen.

Anmerkung: In der Veröffentlichung für die Tageszeitung junge Welt mussste dieser Artikel aus Platzgründen leider gekürzt werden. Die entsprechenden, dort nicht veröffentlichten Passagen, sind hier kursiv gesetzt. Leider ging dadurch verloren, daß Schneider in der Sache durchaus einen kleinen Erfolg erzielte: der Justizsenator sicherte ihr immerhin zu, die Vorwürfe zu prüfen.

Verwendung: Zum Teil in Junge Welt vom 5. September 2008
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30. August 2008

Hamburger Gewerkschafter und Elterninitiativen wollen gleiche Bildungschancen durchsetzen

In Hamburg hat der SPD-Grüne-Senat neue Regeln für Volksbegehren und Volksabstimmungen beschlossen. Demnach können Unterstützerunterschriften nicht mehr nur auf dem Amt, sondern auch wieder auf der Straße gesammelt werden. So würden die Voraussetzungen für das anstehende Volksbegehren »Eine Schule für alle« geschaffen, hieß es zur Begründung aus der Innenbehörde. Für den Erfolg des Begehrens müssen rund 60000 Unterstützerunterschriften innerhalb von drei Wochen – vom 19. September bis 9. Oktober – gesammelt werden. Die Unterstützerunterschriften können auch weiterhin in den amtlichen Stellen der Bezirke oder per Briefwahl abgegeben werden. Entsprechende Formulare werden ab heute auf Antrag der Bürger verschickt.

Inhaltlich geht es bei dem Begehren darum, daß künftig alle Hamburger Schüler bis zur 10. Klasse in einer Schule gemeinsam unterrichtet werden. Von der Grundschule kommend wechselten sie bislang schon nach Klasse vier auf drei verschiedene Schulformen. Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen für den CDU/Grünen-Senat konnte die Grün-Alternative Liste (GAL) im Februar 2008 durchsetzen, daß die bisherigen Hauptschulen abgeschafft werden und ein Schulwechsel erst nach der sechsten Klasse erfolgt. Den Initiatoren des Volksbegehrens »Eine Schule für alle«, darunter die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), reichen diese Schritte nicht. Zwar entstehen neue Stadtteilschulen, aber die Gymnasien bleiben wie gehabt. Damit bliebe auch die Ungleichheit der Bildungschancen vor allem für Kinder aus sozial benachteiligten Familien erhalten, so GEW-Landeschef Klaus Bullan am Freitag im Gespräch mit junge Welt. Er kritisiert zudem, daß der »schwarz-grüne« Senat den Betroffenen sein Schulmodell »einfach überstülpen« will. Demokratischer sei es, darüber in einer Volksabstimmung entscheiden zu lassen. Wie das Beispiel skandinavischer Länder zeige, sei die »Schule für alle das gerechtere, leistungsfähigere und zeitgemäßere Schulsystem«, so Bullan gegenüber jW.

Ob sich der Gewerkschafter mit diesem Standpunkt durchsetzen kann, ist allerdings offen. Bereits bei der Gründung der Volksinitiative im Herbst vorigen Jahres als innerhalb von sechs Monaten 10000 Unterschriften gesammelt werden mußten, traten erhebliche Mobilisierungsprobleme zutage. Hinzu kommt, daß sich die Grünen jetzt aus dem Unterstützerkreis für die Initiative weitgehend verabschiedet haben. Bullan gibt sich dennoch optimistisch. Immerhin hätten sich schon jetzt rund 500 Personen als Unterschriftensammler gemeldet. Zudem werde das Begehren auch durch die Partei Die Linke, den DGB und weitere Einzelgewerkschaften wie auch durch den Elternverein massiv unterstützt.

Wer Briefwahlunterlagen anfordern will, kann dies formlos mit einfacher Postkarte bei der Briefeintragungsstelle Volksbegehren im Bezirksamt Hamburg Mitte, Klosterwall 8, Block D, 20095 Hamburg, beantragen

Verwendung: Junge Welt vom 30. August 2008
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28. August 2008

Hamburg: Querelen im Management von privatisierten Landeskliniken. Ver.di: »massiver Affront«

Schon wieder Ärger in den Hamburger Asklepios-Kliniken. Deren Presseabteilung teilte Anfang der Woche in einem Dreizeiler mit, daß Arbeitsdirektor Volker Frese um eine »einvernehmliche Beendigung seiner Tätigkeit« gebeten habe. Über die Neubesetzung der Stelle solle nun in einem Ausschuß beraten werden.

Der Vorsitzende des ver.di-Landesbezirks, Wolfgang Rose, wies diese Darstellung zurück. »Nach meinem Kenntnisstand ist das Arbeitsverhältnis mit Herrn Frese bereits beendet worden«, sagte er am Mittwoch in Hamburg vor Journalisten. Frese habe seine seine Position keineswegs freiwillig zur Disposition gestellt. Rose, der selbst im Aufsichtsrat des Unternehmens sitzt, sprach von einem »massiven Affront« gegenüber der gesamten Belegschaft.

Die Einsetzung eines Arbeitsdirektors, der sowohl das Vertrauen der Geschäftsführung als auch der Beschäftigtenvertreter im Aufsichtsrat besitzt, war auf Verlangen der Gewerkschaft ver.di vor drei Jahren von Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) im Zusammenhang mit der Privatisierung des ehemaligen Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) den Beschäftigten zugesichert worden. Die Gewerkschaft hatte die Einrichtung der Funktion zur Bedingung für ihre Zustimmung zur Privatisierung der Kliniken gemacht.. Erst als diese Position dann nach einem langwierigen Verfahren vor einigen Monaten besetzt werden konnte, habe die Belegschaft der gebeutelten Kliniken allmählich wieder Hoffnung geschöpft, sagt Rose. Nun aber sei der paritätisch besetzte Aufsichtsrat bei der »Entlassung« von Frese regelrecht »ausgebootet« worden, so der Gewerkschafter. Die Klinikbosse hätten offenbar kein Interesse an Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft und würden die rund 12000 Mitarbeiter nach »Gutsherrenart« behandeln. Doch sauer ist Rose auch über den Senat: Denn obwohl die Stadt weiterhin einen 25prozentigen Anteil an den Kliniken halte, weigere sich der Senat, irgendeine Verantwortung für die Mitarbeiter zu übernehmen. Entscheidungen der Konzernspitze würden im Aufsichtsrat lediglich abgenickt, berichtete Rose.

Gegenüber der Presse gab der Gewerkschaftschef in diesem Zusammenhang an, daß er selbst noch Ende letzter Woche eine Beteiligung des Gremiums in der Frage der Beendigung des Vertragsverhältnisses mit Frese gefordert hatte. Doch sei dies von Gesundheitssenator Dietrich Wersich (CDU) regelrecht »abgeblockt« worden. Mit einem derart »unprofessionellen Vorgehen« würde nun aber neue Unruhe in die Kliniken getragen werden.

Anerkennung in der Belegschaft hatte Frese zuvor auch in der Behandlung der sogenannten Rückkehrberechtigten gewonnen. Für etwa 1200 anspruchsberechtigte Vollzeitkräfte, die nach der Privatisierung des Unternehmens in den Staatsdienst zurückkehren können und wollen, hatte er dort bis Juni die entsprechenden Jobs vermittelt. Gleichzeitig setzte sich Frese so sehr für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein, daß es ihm gelang, rund 100 Rückkehrberechtigte für einen Verbleib in den Kliniken zu gewinnen. Nach der Privatisierung habe sich die Konzernleitung Mitarbeitern gegenüber »nicht immer klug verhalten und Fehler« gemacht, räumte Frese seinerzeit ein.

Anmerkung: In der Veröffentlichung dieses Textes in der Tageszeitung Junge Welt hat sich leider ein kleiner Fehler eingeschlichen. Dort hieß es, dass die Gewerkschaft ihre Zustimmung zur Privatisierung von der Einrichtung der Stelle eines Arbeitsdirektors abhängig gemacht habe. Tatsächlich hat verdi der Privatisierung des ehemaligen LBK natürlich niemals zugestimmt. Die fehlerhafte Stelle ist hier mit eingefügtem kursiven und durchgestrichenen Text verdeutlicht.

Verwendung: Junge Welt vom 28. August 2008
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09. August 2008

Nach tagelangem Mauern des schwarz-grünen Senats wird ein Gelände bereitgestellt

Am 15. August beginnen in Hamburg das diesjährige antirassistische Sommer- und das erste deutsche Klimaaktionscamp. Bis zu 2500 Aktivistinnen und Aktivisten aus unterschiedlichen Bewegungen und Initiativen werden dazu erwartet. Am Freitag sagte der schwarz-grüne Senat der Hansestadt den Veranstaltern nun endlich einen Ort für das Treffen zu. Es wird nun auf einem Platz im Vorhornweg im Stadtteil Lurup stattfinden. Zuvor hatten die Behörden den Organisatoren einen angemessenen Platz verweigert. Die hatten einen Park auf der dem Hafen zugeneigten Halbinsel Entenwerder vorgeschlagen. Doch das zuständige Bezirksamt berief sich auf die Grünanlagenverordnung, die das Kampieren in Parkanlagen verbiete. Für den Fall der Zuwiderhandlung war ein Zwangsgeld von 25000 Euro angedroht worden. Mit der Mobilisierung geht es unterdessen voran. »Die elektrischen Leitungen fliegen wie Wolken über unsere Dörfer, wir haben aber selbst keinen Strom« und »Wer von Migration redet, darf von Weltwirtschaft nicht schweigen« lautet der Titel einer Veranstaltung am Montag, mit der möglichst viele Hamburger für eine Teilnahme an den Aktionen zwischen 15. und 24. August gewonnen werden sollen.

Das Podium am Montag wird hochkarätig mit internationalen Gästen besetzt sein, unter ihnen der Botschafter Boliviens in der BRD, Walter Magne, und Victor Nzuzi Mbembe von der internationalen Kleinbauernorganisation Via Campesina. »Wir haben es bewußt so eingerichtet, daß dort nur Nichteuropäer sitzen«, sagte Margret Geitner von der Initiative »Kein Mensch ist illegal« gegenüber jW. Den Veranstaltern gehe es auch nicht nur um Aktionen, sondern auch um die Diskussion gemeinsamer Strategien sozialer Bewegungen.

Walter Magne wird am Montag über einen Brief des bolivianischen Präsidenten Evo Morales an Institutionen der Europäischen Union informieren. Schon im Juni hatte er darin die neue Abschieberichtlinie der EU scharf kritisiert. Sie verletze »in schlimmster Weise« die Menschenrechte. Trete sie in Kraft, müsse sich sein Land vorbehalten, die Verhandlungen über einen Freihandelsvertrag mit der EU abzubrechen. Auch Bolivien könne Visapflichten für EU-Bürger einführen, so Morales, der daran erinnerte, daß während des Zweiten Weltkrieges Millionen Flüchtlinge aus Europa in Lateinamerika aufgenommen worden waren. Zudem habe Europa diese Länder jahrhundertelang ausplündert, während die heutigen Migranten durch Geldüberweisungen einen Beitrag zur Prosperität ihrer Herkunftsländer bzw. einen Teil jener Entwicklungshilfe leisten, der sich die EU immer noch entziehe.

Der kongolesische Landwirt Victor Nzuzi gilt seit Jahren auch in Deutschland als ein besonders engagierter Streiter für eine gerechtere Welt. Er beschreibt die Probleme Afrikas meist an Hand vieler Bilder aus seinem Dorf im Westen Kongos.

Mobilisierungsveranstaltung für die Camps am 11. August, 19 Uhr, HWP, Von-Melle-Park 9, Großer Hörsaal

Verwendung: Junge Welt vom 9. August 2008
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06. August 2008

Vizepräsident der Hamburger Bürgerschaft will »Hartz IV«-Beziehern bei Behördenbesuchen Beistand leisten

In Hamburg hat einer der Vizepräsidenten der Bürgerschaft, der Linkspartei-Abgeordnete Wolfgang Joithe angekündigt, »Hartz IV«-Bezieher künftig als »Beistand« bei ihren Besuchen in der für sie zuständigen Leistungsbehörde zu begleiten. Damit wolle er ein Beispiel für »tätige Solidarität« geben, erklärte der Politiker gegenüber jW. »Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.« Wer die »Arbeitsgemeinschaft SGB II« (ARGE) aufsuche, sei vielfach »behördlichen Schikanen« ausgesetzt. Joithe spricht aus eigener Erfahrung: Bis zu seinem Einzug in die Bürgerschaft im Februar 2008 war er als Erwerbsloser auch selbst von Leistungen der »Hartz IV«-Behörde abhängig.

Die Hinzuziehung eines solchen Beistandes ist im Paragraphen 13, Absatz 4 des Sozialgesetzbuches X (SGB X) geregelt. Eine sinnvolle Bestimmung, die allerdings viel zu wenig genutzt werde, meint Joithe und verweist auf das Beispiel eines 23jährigen Mannes. Ohne dessen Zustimmung hätten ARGE-Mitarbeiter diesem eine »Eingliederungsvereinbarung« und einen Ein-Euro-Job aufnötigen wollen. Als er sich weigerte, die »Vereinbarung« zu unterzeichnen, da er zunächst seinen Hauptschulabschluß nachholen wollte, habe ihm das Amt mit dem Entzug sämtlicher Leistungen gedroht. »Völlig rechtswidrig« sei dies gewesen, so Joithe, denn der Betroffene habe ja selbst konstruktive Vorschläge für die Verbesserung seiner Vermittlungschancen vorgebracht. Vorschläge, die das Amt am Ende auch akzeptierte – doch erst, nachdem Joithe interveniert hatte.

Im Gespräch mit junge Welt verweist der Abgeordnete auf eine Vielzahl solcher Widrigkeiten, mit denen sich Erwerbslose fast täglich konfrontiert sehen. Besonders schlimm sei es auch dann, wenn etwa Anträge auf Bewilligung von Leistungen »systematisch« verschleppt oder unsachgemäß, häufig zu Lasten des Leistungsempfängers, bearbeitet werden. Ohne Beistand seien die Betroffenen solcher Willkür dann aber häufig recht hilflos ausgesetzt. Durchführen will Joithe seine eigenen Beistandsbesuche deshalb in Kooperation mit der Erwerbsloseninitiative PeNG! (»Aktive Erwerbslose und Geringverdiener«). Durch sein eigenes Beispiel ermutigt, hofft Joithe, daß sich dann weitere Freiwillige nach einem kurzen Einführungsseminar als ehrenamtlich tätige Beistände zur Verfügung stellen. Ein »Netzwerk konkreter Hilfe und Solidarität« könne so flächendeckend entstehen. Wer selbst helfen möchte oder aber einen Bestand benötigt, kann sich an das Abgeordnetenbüro des Vizepräsidenten wenden. Rufnummer: (040) 79695004.

Verwendung: Junge Welt vom 6. August 2008
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05. August 2008

Mecklenburg-Vorpommern will Hilfen für Sehbehinderte drastisch reduzieren

Die im Juli bekanntgewordenen Pläne der SPD-CDU-Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern, das Blindengeld dort ab 2009 von monatlich 546 auf 333 Euro pro Peson zu kürzen, haben den Widerstand der Blinden- und Sehbehindertenverbände hervorgerufen. Für den heutigen Dienstag ist eine Mahnwache vor der Staatskanzlei in Schwerin angekündigt. Der Protest richtet sich auch gegen eine Kabinettsvorlage von Finanzministerin Sigrid Keler (SPD). Darin hatte sie die Kürzung des Blindengeldes damit begründet, daß der in Mecklenburg-Vorpommern bisher gezahlte Zuschuß um etwa 150 Euro über dem Durchschnitt der Zahlungen in allen anderen ostdeutschen Bundesländern liege. »Ich dachte, die Zeiten wären vorbei, da zwischen Ost und West unterschieden wird«, empört sich etwa Bernd Uhlig vom Blinden- und Sehbehindertenverein Greifswald.

Die Landesregierung will auch die Zuschüsse für hochgradig sehbehinderte Menschen außerhalb von Blindeneinrichtungen, das sogenannte kleine Blindengeld, auf etwa die Hälfte des derzeit ausgezahlten Betrages von monatlich 136 Euro reduzieren. Keler erhofft sich so Haushaltseinsparungen von 8,7 Millionen Euro allein 2009. In den drei Folgejahren sollen es jeweils 8,2 Millionen Euro sein. Für Blinde und Sehbehinderte wäre das »fatal«, empört sich Gudrun Buse, Vorsitzende des Blinden- und Sehbehindertenvereins in Mecklenburg-Vorpommern. In einer Erklärung verweist sie auf die gestiegenen Kosten nicht nur für Blinden-Hilfsgeräte, sondern vor allem auch für die Begleitung sehbehinderter Personen. Ohne diese seien Blinde kaum in der Lage Einkaufsfahrten, Arzt- und Behördenbesuche, Freizeitaktivitäten und Urlaub zu organisieren. Würden die Pläne aus dem Finanzministerin umgesetzt, sei eine »angemessene Teilhabe« am gesellschaftlichen Leben für diesen Personenkreis kaum noch möglich. »Bittere Armut« und ein weitgehender Mobilitätsverlust wären die Folgen. Eine Ausweitung der Proteste kündigte Buse deshalb bereits an; notfalls auch mit »mehreren tausend Teilnehmern aus dem gesamten Bundesgebiet« vor dem Schweriner Schloß. Blinde, so Buse, halten schließlich zusammen.

Die Landesregierung erhofft sich Einsparungen. Tatsächlich werde so aber das Geld nur »von einer Tasche in die nächste geschoben«, bemängelt Irene Müller, sozialpolitische Sprecherin der Partei Die Linke, und als Blinde selbst betroffen. Sie sagt: Kürzungen beim Blindengeld erhöhen gleichzeitig die Ausgaben bei der sogenannten Blindenhilfe. Letzteres ist eine spezielle Form der Sozialhilfe, die ebenfalls aus einem Topf des Landes finanziert werden muß. Dann allerdings verbunden mit dem Nachteil, daß Blinde zunächst ihr mühsam Erspartes aufbrauchen müssen. Auch Müller kündigte im Namen ihrer Partei Widerstand gegen die Kürzungspläne an.

heute, 9.30 Uhr, Mahnwache vor dem Haupteingang der Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommern, Schloßstraße 2–4 in Schwerin

Verwendung: Junge Welt vom 05. August 2008
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04. August 2008

Kritiker befürchten, dass der Stadtteil an seinen Bewohner vorbeientwickelt werde. Manche wehren sich gegen Strukturveränderungen, andere kritisieren den Mangel an konkreten Verbesserungen

VON KRISTINA GERSTENMAIER

Gegen die Internationale Bauausstellung (IBA) 2013 in Wilhelmsburg regt sich Widerstand. Kleingärtner sorgen sich um ihre Oasen, Studenten um die billigen Mieten, andere bemängeln, dass die Bewohnerschaft nicht genügend an den bevorstehenden Veränderungen beteiligt werde. „Die IBA ist nur für die IBA da“, behauptet Michael Rothschuh, Professor für soziale Entwicklung.

Obwohl sich IBA-Mitarbeiter, Investoren und die Bewohner Wilhelmsburgs einig waren, dass im Stadtteil etwas passieren muss, haben sich seit dem Auftakt im vergangenen Jahr mehrere kritische Initiativen gebildet. „Es besteht die Gefahr, dass hier wohnende Menschen durch Mietsteigerungen und durch die Umwandlung von Sozial- in Eigentumswohnungen vertrieben oder in Randbereiche abgedrängt werden“, sagt der Journalist und Stadtteilaktivist Andreas Grünwald. Dies betreffe vor allem Migrantenfamilien und Wenigverdiener. Seit Monaten beschäftigt er sich im Aktionskreis „Wilhelmsburg gehört uns!“ damit, wie man „die asozialen Komponenten der ,Durchmischung‘ genannten Vertreibung eines Teils der Bevölkerung“ entgegentreten kann.

Die Immobilienpreise stiegen zwischen 2005 und 2007 schon von 1.018 Euro pro Quadratmeter auf 1.233 Euro. Das städtische Wohnungsunternehmen Saga vermeldet keinen Leerstand mehr, seit viele Studenten und Künstler in Wilhelmsburg ihre Zukunft sehen. Eine Mietsteigerung gebe es jedoch nicht, sagt eine Saga-Sprecherin.

Sanierungsarbeiten im Reiherstiegviertel haben bereits begonnen. Dabei werden in einem IBA-Projekt die Außenfassaden der Gründerzeitgebäude erneuert. Das „Weltquartier“, das Menschen von über 30 Nationalitäten beherbergt, wird unter Beteiligung der BewohnerInnen umgebaut. Die 820 Wohnungen des Quartiers sollen renoviert und vergrößert werden, so dass 130 wegfallen. Allerdings werden auch neue Wohnungen gebaut.

Bei den Projekten werde nicht viel herauskommen, unkt Michael Rothschuh. Auch Projekte, die sich erst einmal positiv anhörten, seien nicht nachhaltig. Sie würden nur angegangen, um 2013 etwas präsentieren zu können. Das so genannte Open House, bei dem „ein buntes Straßenleben“ mit Geschäften und Cafés entstehen werden soll, hält er für überfrachtet. Auch Andreas Grünwald spricht von einer „reinen Inszenierung“.

Es gebe kein einziges Projekt, das den Bewohnern nutze, behaupten einige. „Ihr habt viel versprochen, aber umgesetzt wurde bis jetzt nichts“, schimpfte Günther Katz, Vorsitzender des Bürgervereins, bei einer IBA-Veranstaltung. Der Zollzaun am Spreehafen im Norden des Stadtteils solle endlich geöffnet werden, damit die Anwohner Zugang zum Wasser hätten. Ein Fahrradweg solle den Stadtteil mit dem Alten Elbtunnel und St. Pauli verbinden.

„Der IBA stehen eine Millionen Euro zur Verfügung“, kritisiert Jörg von Prondzinski, der seit seiner Geburt im Stadtteil lebt. „Dafür wird Goldlametta gekauft und in die Luft gepustet.“ Eigentlich werde nur die Werbetrommel gerührt, um Investoren anzulocken.

Gute Ansätze wie der Themenschwerpunkt „soziale Stadt“ seien zwar vorhanden, meint Michael Rothschuh, aber die IBA habe keine Erfahrung damit. Deswegen sei die Umsetzung unzureichend. „Eine Befragung im Weltquartier ist keine längerfristige Bürgerbeteiligung“, sagt Rothschuh.

Die Bürgerbeteiligung ist der IBA wichtig. „Hier gibt niemand fertige Lösungen vor – schon gar nicht gegen den Willen der Betroffenen“, teilt sie im Internet mit. Tatsächlich hat sie schon eine Reihe von Diskussionsforen auch unter Beteiligung von Bewohnern veranstaltet. Eine Ausstellung in einem ehemaligen Supermarkt gibt einen Überblick über die Themen und Pläne.

Für Jörg Prondzinski steht fest, dass das grundlegende Problem Wilhelmsburgs der Lärm ist, dessen Lösung nicht angegangen werde. Im Zuge des IBA-Kultursommers, der in erster Linie Werbung für den Stadtteil machen solle, habe der Lärm sogar noch zugenommen. „Es wird versucht, Negativ-Lärm, wie die Container vom Hafen, mit Positiv-Lärm zu überdecken“, moniert er.

Prondzinski ist Mitbegründer der Lärmschutzinitiative „60 Dezibel“, die der IBA vorwirft, die lärmempfindliche Bevölkerung verdrängen zu wollen. Zwar würde die IBA gern die zentrale Wilhelmsburger Reichsstraße verlegen und den Durchgangsverkehr um den Stadtteil herumlenken. Doch zugleich plant der Senat einen neuen Containerhafen am Rande des Stadtteils.

Auch unter den Kleingärtnern regt sich Widerstand. Die Gruppe „Zornige Gartenzwerge“ kämpft um ihre Kolonie Bauernfelde, die teilweise geräumt werden soll. Die Gärten sollen Teil des Geländes der mit der IBA verbundenen Gartenschau werden. Die meisten Kleingärten sollen aber nur umgestaltet werden. Die Kleingärtner üben grundsätzliche Kritik an den IBA-Projekten: „Schwachsinn ist es“, sagt Kleingartenbesitzer Ronald Wilken, „wenn Grün gegen Grün kämpfen muss.“

Beileibe nicht alle Wilhelmsburger sehen die IBA so kritisch. Manuel Humburg von der Bürgerinitiative „Zukunft Elbinsel“ könnte vieles von den allgemeinen Projekten unterschreiben. Er glaubt nicht, dass der Stadtteil nach ökonomischen Kriterien umstrukturiert wird. „Der Mensch braucht mehr als bezahlbaren Wohnraum“, meint er, „zum Beispiel Bildung“. Darum kümmere sich die IBA in Gestalt einer neuartigen Stadtteilschule. Einige Kritiker argumentierten „unglaublich oberflächlich“.

IBA 2013

Die IBA ist ein Prozess, mit dem die Lebensbedingungen im Stadtteil über mehrere Jahre hinweg verbessert werden sollen. Die zentrale Idee ist, dass mitten in der Großstadt, auf der Elbinsel zwischen der City und Harburg, Stadtentwicklung betrieben wird. Dabei will das IBA-Büro wegweisende Lösungen für das 21. Jahrhundert finden. Sie orientieren sich an drei Themenkreisen: dem Zusammenleben vieler unterschiedlicher Ethnien, dem Klimawandel und den „inneren Stadträndern“, denn Wilhelmsburg ist umgeben von Hafen-, Industrie- und Verkehrsflächen. KNÖ

Verwendung: taz hamburg vom 04. August 2008
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26. Juli 2008

Klimaschützer und Antirassisten rufen zum gemeinsamen Camp in Hamburg auf. Stadt verweigert Fläche

In drei Wochen werden Klimaschützer und Antirassisten in Hamburg ihre Zelte aufschlagen. Am Donnerstag nachmittag informierte ein Initiativenbündnis während einer Barkassenfahrt durch den Hafen über zwei Protestcamps, die vom 15. bis 24. August in Hamburg organisiert werden. »Wir rechnen mit etwa 2500 Anreisenden aus ganz Deutschland und dem europäischen Ausland«, so eine Sprecherin der Initiative gegenüber junge Welt. Um so ärgerlicher sei das Verhalten der Behörden in der Hansestadt. Alle Vorschläge für eine Fläche, auf der sowohl das Klima- als auch das antirassistische Camp Platz gefunden hätten, seien zurückgewiesen worden. »Wir haben einen Spießrutenlauf durch die Ämter hinter uns«, so die Sprecherin. Ohne Ergebnis. Nun fordern die Organisatoren einen Park auf der dem Hafen zugeneigten Halbinsel Entenwerder. Sollte die Stadt auch diesen Vorschlag ignorieren, müsse die Fläche halt besetzt werden, so Ines Kohburger von der Vorbereitungsgruppe. Der schwarz-grüne Senat sei dringend aufgefordert, die Fläche offiziell zur Verfügung zu stellen, heißt in einer Erklärung des Bündnisses, in dem u. a. ATTAC, NoLager Bremen, six hills aus Berlin, die BUND-Jugend, zahlreiche Flüchtlingsinitiativen sowie die Bundeskoordination Internationalismus (Buko) aktiv sind. Der zuständige Bezirksamtsleiter von Hamburg-Mitte, Markus Schreiber (SPD), lehnt das ab. Unterstützung bekommt er vom Fraktionschef der Grünen im Bezirk, Michael Osterberg: In Hamburger Parkanlagen sei das Zelten »grundsätzlich verboten«, so der Grüne vor der Presse.

Die Initiativen haben sich bewußt für Hamburg entschieden. Zum Beispiel, weil die Hansestadt eine »so traurige Rolle als norddeutsche Abschiebezentrale« spiele, begründet Conni Gunßer für die antirassistischen Initiativen. Eindringlich verwies sie auf die zahlreichen – vor allem afghanischen – Flüchtlinge, die die Ausländerbehörde, häufig im Rahmen von Sammelabschiebungen, in ihre vom Krieg gezeichneten Länder zurückgeschickt habe. Regelmäßig werde dafür das Nachtflugverbot für den Flughafen außer Kraft gesetzt. Vor allem gegen Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern komme es häufig zu »brutalen Polizeiübergriffen«. Allein für das kommende Jahr bereite die europäische Grenzschutzagentur Frontex noch zehn Sammelabschiebungen vor. Ausgehend von den Camps wird es deshalb am 22. August einen Aktions-tag auf dem Hamburger Flughafen geben. Gunßers Hoffnung ist es, das Gebäude »mit Tausenden von Teilnehmern zu fluten«. Bereits am 18. August wollen die Camper einen Discounter besetzen, um auf die »rabiate Geschäftspolitik von Supermarktketten und ihre rassistische Ausbeutung« aufmerksam zu machen.

Aktionen wird es während der Camps auch gegen das geplante Steinkohlekraftwerk in Moorburg (Besetzung des Bauplatzes am 15. August) sowie gegen verschiedene Produzenten im Düngemittel- und Pestizidbereich geben, berichtete Heinz Wittmer vom Aktionsnetzwerk Globale Landwirtschaft. Die Vorherrschaft der Agrochemie führe in zahlreichen Ländern dazu, die bäuerliche Landwirtschaft in Abhängigkeit von solchen Konzernen zu halten. Das Ergebnis seien Hunger und Unterernährung. Wittmer verwies im Hafen auf eine Biodieselraffinerie, die vom Agrarkonzern Archer Daniels Midland (ADM) betrieben wird. Dort würde »Gensoja aus Südamerika und das Palmöl der gerodeten Urwaldflächen Indonesiens« für deutsche Autos verarbeitet. Am 19. August rufen die Camper daher zu einer Demonstration zum Firmensitz von ADM im Stadtteil Wilhelmsburg auf.

camp08.antira.info

Verwendung: Junge Welt vom 26. Juli 2008
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23. Juli 2008

Mannschaftsbild

Wie ist es für einen deutschen Fußballtrainer im Baseball-Land Kuba? Ein Gespräch mit Reinhold Fanz

Reinhold Fanz ist Trainer der kubanischen Fußballnationalmannschaft

Sie sind seit Januar 2008 Trainer der kubanischen Fußballnationalmannschaft. Zuvor waren Sie beim Bonner SC. Wie kam es zu diesem Wechsel?

Der Bonner SC pflegt seit über zehn Jahren Beziehungen mit Kuba. Aus dem Präsidium des SC kam deshalb immer wieder der Vorschlag, daß ich selbst nach Kuba gehe, damit der dortige Fußball sich entwickeln kann. Nach Auslaufen meines Vertrags ergab sich dazu dann die Gelegenheit. Einige Spiele der Kubaner – etwa die gegen Mexiko oder Panama im Rahmen des Gold-Cups – hatte ich mir zuvor bereits angeschaut. Sie zeigten mir, daß aus diesem kubanischen Fußball noch eine Menge zu machen ist. Daß dafür jetzt auch die Rahmenbedingungen – zum Beispiel die Situation auf den Sportplätzen – noch deutlich verbessert wird, hat mich schließlich überzeugt.

Was zeichnet die kubanischen Fußballspieler aus?

Sie sind schnell, sehr talentiert und auch technisch sehr gut drauf. Dazu kommt ihr enormer Fleiß. Was fehlt, sind Taktik und jene Disziplin, die europäische wie deutsche Spitzenmannschaften auszeichnet. Schließlich kommt es im Fußball nicht nur darauf an, ein schönes Spiel zu machen. Man muß auch Tore schießen.

Reinhold FanzUnmittelbar nach Ihrem Wechsel haben Sie die Teilnahme Kubas an den Weltmeisterschaften 2010 zur Zielmarke erklärt. Ist das realistisch?

Es ist ein sehr anspruchsvolles Ziel, das gebe ich zu. Doch die kubanischen Spieler haben dafür das Potential. Erstmals seit über zwölf Jahren konnten wir die zweite Qualifikationsrunde im Vorfeld einer Fußball-WM erreichen. Ich gehe davon aus, daß wir in dieser Gruppe am Ende einen zweiten Tabellenplatz belegen und somit dann auch die nächste Qualifikationsrunde erreichen werden.

Daran glauben Sie fest?

Im Fußball ist fast alles möglich. Vorausgesetzt man arbeitet gut und die Spieler haben erstens das Potential sowie zweitens auch den Willen, ein solches Ziel zu erreichen. Für die kubanische Mannschaft trifft beides zu.

Nach dem jüngsten Sieg über Antigua und Barbuda stehen schwierigere Begegnungen für einen solchen Aufstieg allerdings noch bevor. Mit besonderer Spannung wird das Spiel gegen die USA am 6. September erwartet. Erstmals seit 61 Jahren werden US-amerikanische Fußballer dann in Havanna antreten.

Dieses Spiel wird etwas ganz Besonderes. Es wird ein Spiel Bush gegen Castro. Da geht es um sehr viel mehr als nur um den Sport. Meine Spieler werden deshalb alles dafür tun, die USA zu schlagen. Als Trainer gehe ich davon aus, daß wir nicht nur in diesem Spiel, sondern zuvor bereits gegen Trinidad und Tobago sowie dann gegen Guatemala die erforderlichen Punkte für den Aufstieg in die nächste Runde holen werden.

Gegenwärtig hält sich Ihre Mannschaft zu Testspielen in Europa auf. Gegen die österreicherische Nationalmannschaft mußte sie eine 4:1-Niederlage einstecken. Wie ist Ihre Gesamtbilanz?

Ich muß das relativieren, denn bei diesem Spiel traten die Österreicher mit etwa 30 Fußball-Profis an. In dem drei mal 35 Minuten dauernden Match konnten sie so ihre Spieler mehrfach austauschen. Wir hingegen waren nur mit 13 Kickern präsent. Im ersten Drittel, als diese noch frisch waren, gab es ein 1:1. Die weiteren Tore mußten wir einstecken, nachdem unsere Jungs kräftemäßig schon ziemlich mitgenommen waren. Immerhin hatten wir zu dieser Zeit fast jeden Tag ein anderes Spiel.

Und Ihre Gesamtbilanz?

Wir sind gegen etliche kleinere Mannschaften, auch gegen Zweitligisten, angetreten. Unter den Gegnern befinden sich auch der FC Freiburg und der FC St. Pauli. Mir wurde bei den schon absolvierten Spielen deutlich, wie sich unsere Spieler, ja die gesamte Mannschaft, fast von Spiel zu Spiel steigern konnte.

Warum wollten Sie unbedingt gegen den FC St. Pauli antreten?

Im Millerntor-Stadion herrscht eine besondere Atmosphäre. Wir haben vor dem Spiel geradezu gehofft, daß es ein richtiger Hexenkessel wird. Für unsere Spieler war das eine sehr gute Vorbereitung auf New York. Denn dort werden wir später vor bis zu 70000 Zuschauern unter Flutlichtbedingungen antreten müssen. Dann sollten unsere Spieler mit einer vergleichbaren Situation bereits vertraut sein.

FC-St.-Pauli-Präsident Corny Littmann hat junge Welt gegenüber betont, daß er sich eine Ausdehnung der Beziehungen seines Vereins zum kubanischen Fußball wünscht. Er hofft nun, Sie könnten dabei behilflich sein.

Wenn ich das kann, werde ich es tun. Doch das Entscheidende leisten die Kubaner selbst. Jetzt zum Beispiel ist im Gespräch, daß wir in unserem Stadion einen Kunstrasenplatz erhalten. So könnten die guten klimatischen Verhältnisse, die es in Kuba zwischen November und Februar für Fußballspiele gibt, dann besser auch für Trainingslager europäischer Mannschaften genutzt werden. Auch den Austausch von Schüler- und Jugendmannschaften kann ich mir vorstellen.

Trotzdem ist Kuba eher ein Baseball-Land. Welchen Stellenwert hat der Fußball?

Die Begeisterung nimmt zu. Deutlich wurde dies auch während der Europameisterschaften, die vom kubanischen Fernsehen übertragen wurden. Auch auf der Straße sehe ich immer mehr Jugendliche, die Fußball spielen. Wenn dazu dann noch ein Erfolg der Nationalmannschaft käme, würde der Fußball richtig aufblühen. Havanna unterstützt die sportlichen Aktivitäten seiner Bürger immerhin in besonderer Weise.

Zu einer anderen Frage: In den hiesigen Medien ist häufiger von einem gelähmten Land die Rede. Wie erleben Sie die kubanische Gesellschaft?

Kuba, das ist ein Land im Aufbruch. Die Reformen von Raúl Castro tragen dazu sicherlich bei. Doch es hilft auch, daß jetzt zum Beispiel das EU-Embargo gefallen ist.

Anmerkung:

Dieses Interview, das ich mit Reinhold Fanz noch vor dem Spiel gegen den FC St. Pauli am 18. Juli führte, ist Bestandteil einer 12-seitigen Sonderbeilage der Tageszeitung Junge Welt vom 23. Juli 2008. Weitere Beiträge in dieser Beilage, darunter solche von Hans Modrow, aber auch von kubanischen Revolutionären, zu den Perspektiven des gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses in Kuba, lesen Sie bitte hier.

Verwendung: Junge Welt vom 23. Juli 2008



1 Kommentar

23. Juli 2008

Experimentelle Landwirtschaft: Kubanische Bauern bauen Zwiebeln auf einem Feld in Hydrokultur an. Die Methode ist auf kleinsten Flächen anwendbar

Es ist nun knapp zwei Jahre her, daß Fidel Castro aus den Regierungsgeschäften ausschied. Seitdem hat sich in Kuba viel verändert. Neue Sozialprogramme wurden aufgelegt, Wirtschaftsabkommen wurden geschlossen. Im vergangenen Sommer initiierte die Regierung in Havanna – damals noch unter dem Interimspräsidenten Raúl Castro – eine Volksbefragung zu den bestehenden Problemen des Landes. In Betriebsgruppen und Nachbarschaftskomitees nahmen Hunderttausende an der Aussprache teil. Von Stagnation und Frustration, die Kuba im Ausland gerne unterstellt werden, keine Spur. Ähnliches ist in der Außenpolitik zu beobachten. Das sozialistische Kuba baut nicht nur seine Wirtschaftskontakte zu Asien und Afrika aus, Havanna gehört sogar zu den Gründungsmitgliedern des Wirtschaftsbündnisses Bolivarische Alternative für Amerika (ALBA). Vor dem 50. Jahrestag der Revolution zeigt sich die Inselrepublik als integraler Bestandteil der lateinamerikanischen Gemeinschaft.

In Europa wird all das kaum wahrgenommen. Die Mehrheit der hiesigen Medien arbeitet sich noch immer an Fidel Castro ab, als hätte es einen Wechsel nie gegeben. Ihr politischer Tunnelblick ist verständlich: Die kubanische Realität im Jahr 2008 anzuerkennen hieße, die eigenen Fehleinschätzungen einzugestehen. Nach Fidel Castros Rückzug aus der aktiven Politik ist nichts von dem eingetreten, was westliche Medien und Politologen für die »Post-Castro-Ära« prognostiziert haben. Trotzdem ist die kubanische Gesellschaft im Umbruch. 17 Jahre nach dem Beginn der »Spezialperiode in Zeiten des Friedens«, wie die kubanische Krise nach dem Zusammenbruch des europäischen Sozialismus genannt wurde, hat sich die Wirtschaft so weit erholt, daß Reformen in Angriff genommen werden können. Mit dieser Situation befaßt sich die diesjährige Kuba-Beilage der Tageszeitung junge Welt.

Dabei kommen auch kubanische Stimmen zu Wort. Der Schriftsteller und Essayist René Vázquez Díaz schreibt nicht nur über die Veränderungen auf der Insel, sondern auch über die Irrtümer zu Kuba in Europa. Von seiner Wahlheimat Schweden aus setzt sich Vázquez Díaz mit den westlichen Verleumdungen Kubas auseinander. Kuba in Zeiten von CIA-Folterflügen und NATO-Kriegen von der europäischen Warte aus als Diktatur zu bezeichnen, sei »absurd«, urteilt er in dem Plädoyer für die Souveränität seines Heimatlandes. Trotzdem endet sein Text mit einem Zweifel: Werden die jungen Generationen den bisherigen Konsens weiterhin mittragen?

Auf die Debatte über einen Sozialismus des 21. Jahrhunderts gehen Jorge Luis Santana Pérez und Concepción Nieves Ayús ein. Die beiden Mitarbeiter des Philosophischen Instituts der Universität Havanna sehen die Diskussion über ein neues Sozialismus-Modell in Lateinamerika als große Chance. Die Lehre aus Kubas Entwicklung sei es, sich bei diesen Diskussionen nicht nur an Theorien, sondern an der Lebensrealität der Menschen zu orientieren. In Kuba sei der Sozialismus »nicht eine beliebige Option unter vielen. Er ist eine Notwendigkeit, die das Überleben, die gesellschaftliche Entwicklung, die Verteidigung und Festigung der Identität gewährleistet«, schreiben Santana Pérez und Nieves Ayús. Gerade deswegen werden auch die Fehler thematisiert. Die deutsche Lateinamerikanistin Ute Evers faßt in diesem Zusammenhang die Diskussion kubanischer Intellektueller über die »grauen fünf Jahre« zusammen – eine Zeit repressiver Kulturpolitik in den 1970ern. Daß dieser Meinungsaustausch heute von der Regierung forciert wird, zeigt die Qualität des politischen Umgangs in Kuba.

Mehrere deutsche Autoren schreiben hier über Kuba. Unter ihnen der ehemalige DDR-Ministerpräsident Hans Modrow, der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke und der Sozialwissenschaftler Edgar Göll. Die Kuba-Beilage der Tageszeitung junge Welt liefert auch in diesem Jahr ein breites Spektrum an Beiträgen für die Diskussion. Nicht über, sondern mit Kuba.

Anmerkung:

Der vorliegend veröffentlichte Beitrag aus einer heute erschienenen 12-seitigen Kuba-Extra-Beilage der Tageszeitung Junge Welt, stammt von meinem jW-Redaktionskollegen Harald Neuber. Einleitend beschreibt er eine Beilage, in der unterschiedliche und sehr respektable Autoren zu den Entwicklungen auf der Karibikinsel Stellung nehmen. Ich veröffentliche diesen Beitrag hier, weil ich selbst zu dieser Beilage einen kleinen Beitrag leisten konnte: ich interviewte den Fußball-Nationaltrainer von Kuba, Reinhold Fanz. Dieses Interview lesen Sie hier.

Darüber hinaus stelle ich den Leserinnen und Lesern meiner Web-Seite hiermit zudem die gesamte Beilage zu Kuba vom 23. Juli als PDF-Datei (3,4 MB) zur Verfügung. Verstehen Sie dies als einen besondere Dienstleistung für die Leser meiner Seite, denn diese, sehr informative Beilage, ist im Internet sonst nur für jW-Abonnenten erreichbar!

Verwendung: Junge Welt vom 23. Juli 2008



17. Juli 2008

Hafenrundfahrt350 Kilometer Schienennetz sollen an die Hochbahn AG der Hansestadt übertragen werden

Dem Hamburger Hafen stehen gewaltige Veränderungen bevor, meldete Welt online Anfang der Woche. Offenbar, so der Springer-Internetdienst, habe der schwarz-grüne Senat sich vorgenommen, mit einem »ehernen Grundsatz« aller bisherigen Bürgermeister der Hansestadt zu brechen. Dieser besagt erstens, daß sich die Hafenwirtschaft zwar selbst um die sogenannte Suprastruktur ihrer Kaianlagen, also um Gebäude und Kräne, kümmern muß. Er besagt zweitens, daß die Stadt sämtliche Infrastrukturkosten für den Hafen übernimmt. Sollte das geändert werden, wäre die bisher bestimmende Hafenbehörde, die Hamburg Port Authority (HPA), weitgehend entmachtet. Das entspricht einer Forderung der Grünen, die schon seit Jahren vertreten, die HPA solle sich auf ihr Kerngeschäft, die Organisation des Hafens, zurückziehen. Pflege und Ausbau des Straßen- und Wegenetzes hingegen müßten der Stadtentwicklungsbehörde überlassen werden.

Entschieden sei diesbezüglich noch nichts, betonte am Dienstag ein Sprecher des Senats. Oder doch? Beschlossen scheint, daß die Hafenbahn mit ihrem fast 350 Kilometer langen Schienennetz aus dem HPA-Komplex herausgelöst werden soll. Senatsvertreter bestätigten ein erstes Treffen zwischen Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) und dem Chef der Hochbahn AG Günter Elste zur Übernahme der Hafenbahn. Die Hochbahn AG betreibt in Hamburg bisher nur das Bus- und U-Bahn-Netz.

Dahinter steckt der Gedanke, daß eine so »entschlackte« HPA ihre Restaufgaben, darunter den Ausbau der Kaianlagen, ohne weitere Haushaltsmittel, also aus eigener Kraft finanzieren könnte. Linkspartei, Grüne und Umweltschutzverbände fordern seit Jahren die Aufgabe der milliardenschweren Subventionspraxis. Erstaunlich wäre allerdings, wenn sich dem nun auch die CDU unter Bürgermeister Ole von Beust anschließen würde. Vieles spricht eher dafür, daß sich dort allmählich ein realistisches Bild vom Wachstum des Hafens und den damit verbundenen Infrastrukturkosten abzeichnet. Fast zehn Millionen Standardcontainer (TEU) werden an der Elbe schon jetzt jährlich umgeschlagen. Auf über 18 Millionen TEU soll diese Kapazität in den nächsten sieben Jahren anwachsen. Neues Geld muß dringend her. Geld, das die HPA durch eine Beleihung städtischer Grundstücke beschaffen soll – 700 Millionen Euro schon im nächsten Jahr. Erst nach und nach sollen dann auch die Hafenunternehmer zur Tilgung der Bankkredite durch leicht erhöhte Pachtzinsen herangezogen werden.

Dieses Prinzip nennen die Grünen »ökologisch«, weil es ein »nachhaltiges« Flächenmanagement ermögliche. Handelskammer-Syndikus Reinhard Wolf betont indes, daß durch die Mobilisierung des zusätzlichen Kapitals der Ausbau des Hafens »ein Stück weit von der Haushaltslage der Stadt« entkoppelt werden könnte, ohne diese allerdings aus ihrer »Verantwortung« zu entlassen. Ähnlich der Blick der Kammer auf die Hafenbahn: Um sie auszubauen, bestünde ein Investitionsstau von 500 Millionen Euro. Damit »private Partner« sich an der Lösung dieses Problems beteiligen könnten, sei ihre Ausgliederung in die rechtlich verselbständigte Hochbahn dringend erforderlich.

Sollte die Bürgerschaft so beschließen, wäre das für den städtischen Haushalt allerdings verheerend. Experten verweisen darauf, daß die Hochbahn – sollte sie die Regie über die Containerzüge übernehmen – auch die Eisenbahnlinie Altona–Kaltenkirchen–Neumünster (AKN) mitsamt der dort vorhandenen Rangierbetriebe übernehmen müßte. 50 Prozent der AKN-Anteile hält Schleswig-Holstein, das seine Anteile nicht unter Wert verkaufen will. So erweist sich das Gerede vom angeblichen Ausstieg aus der Hafensubventionierung bei näherer Betrachtung als reiner Betrug.

Verwendung: Junge Welt vom 17. Juli 2008
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