30. August 2008

Hamburger Gewerkschafter und Elterninitiativen wollen gleiche Bildungschancen durchsetzen

In Hamburg hat der SPD-Grüne-Senat neue Regeln für Volksbegehren und Volksabstimmungen beschlossen. Demnach können Unterstützerunterschriften nicht mehr nur auf dem Amt, sondern auch wieder auf der Straße gesammelt werden. So würden die Voraussetzungen für das anstehende Volksbegehren »Eine Schule für alle« geschaffen, hieß es zur Begründung aus der Innenbehörde. Für den Erfolg des Begehrens müssen rund 60000 Unterstützerunterschriften innerhalb von drei Wochen – vom 19. September bis 9. Oktober – gesammelt werden. Die Unterstützerunterschriften können auch weiterhin in den amtlichen Stellen der Bezirke oder per Briefwahl abgegeben werden. Entsprechende Formulare werden ab heute auf Antrag der Bürger verschickt.

Inhaltlich geht es bei dem Begehren darum, daß künftig alle Hamburger Schüler bis zur 10. Klasse in einer Schule gemeinsam unterrichtet werden. Von der Grundschule kommend wechselten sie bislang schon nach Klasse vier auf drei verschiedene Schulformen. Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen für den CDU/Grünen-Senat konnte die Grün-Alternative Liste (GAL) im Februar 2008 durchsetzen, daß die bisherigen Hauptschulen abgeschafft werden und ein Schulwechsel erst nach der sechsten Klasse erfolgt. Den Initiatoren des Volksbegehrens »Eine Schule für alle«, darunter die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), reichen diese Schritte nicht. Zwar entstehen neue Stadtteilschulen, aber die Gymnasien bleiben wie gehabt. Damit bliebe auch die Ungleichheit der Bildungschancen vor allem für Kinder aus sozial benachteiligten Familien erhalten, so GEW-Landeschef Klaus Bullan am Freitag im Gespräch mit junge Welt. Er kritisiert zudem, daß der »schwarz-grüne« Senat den Betroffenen sein Schulmodell »einfach überstülpen« will. Demokratischer sei es, darüber in einer Volksabstimmung entscheiden zu lassen. Wie das Beispiel skandinavischer Länder zeige, sei die »Schule für alle das gerechtere, leistungsfähigere und zeitgemäßere Schulsystem«, so Bullan gegenüber jW.

Ob sich der Gewerkschafter mit diesem Standpunkt durchsetzen kann, ist allerdings offen. Bereits bei der Gründung der Volksinitiative im Herbst vorigen Jahres als innerhalb von sechs Monaten 10000 Unterschriften gesammelt werden mußten, traten erhebliche Mobilisierungsprobleme zutage. Hinzu kommt, daß sich die Grünen jetzt aus dem Unterstützerkreis für die Initiative weitgehend verabschiedet haben. Bullan gibt sich dennoch optimistisch. Immerhin hätten sich schon jetzt rund 500 Personen als Unterschriftensammler gemeldet. Zudem werde das Begehren auch durch die Partei Die Linke, den DGB und weitere Einzelgewerkschaften wie auch durch den Elternverein massiv unterstützt.

Wer Briefwahlunterlagen anfordern will, kann dies formlos mit einfacher Postkarte bei der Briefeintragungsstelle Volksbegehren im Bezirksamt Hamburg Mitte, Klosterwall 8, Block D, 20095 Hamburg, beantragen

Verwendung: Junge Welt vom 30. August 2008
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