Hamburg: Querelen im Management von privatisierten Landeskliniken. Ver.di: »massiver Affront«
Schon wieder Ärger in den Hamburger Asklepios-Kliniken. Deren Presseabteilung teilte Anfang der Woche in einem Dreizeiler mit, daß Arbeitsdirektor Volker Frese um eine »einvernehmliche Beendigung seiner Tätigkeit« gebeten habe. Über die Neubesetzung der Stelle solle nun in einem Ausschuß beraten werden.
Der Vorsitzende des ver.di-Landesbezirks, Wolfgang Rose, wies diese Darstellung zurück. »Nach meinem Kenntnisstand ist das Arbeitsverhältnis mit Herrn Frese bereits beendet worden«, sagte er am Mittwoch in Hamburg vor Journalisten. Frese habe seine seine Position keineswegs freiwillig zur Disposition gestellt. Rose, der selbst im Aufsichtsrat des Unternehmens sitzt, sprach von einem »massiven Affront« gegenüber der gesamten Belegschaft.
Die Einsetzung eines Arbeitsdirektors, der sowohl das Vertrauen der Geschäftsführung als auch der Beschäftigtenvertreter im Aufsichtsrat besitzt, war auf Verlangen der Gewerkschaft ver.di vor drei Jahren von Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) im Zusammenhang mit der Privatisierung des ehemaligen Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) den Beschäftigten zugesichert worden. Die Gewerkschaft hatte die Einrichtung der Funktion zur Bedingung für ihre Zustimmung zur Privatisierung der Kliniken gemacht.. Erst als diese Position dann nach einem langwierigen Verfahren vor einigen Monaten besetzt werden konnte, habe die Belegschaft der gebeutelten Kliniken allmählich wieder Hoffnung geschöpft, sagt Rose. Nun aber sei der paritätisch besetzte Aufsichtsrat bei der »Entlassung« von Frese regelrecht »ausgebootet« worden, so der Gewerkschafter. Die Klinikbosse hätten offenbar kein Interesse an Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft und würden die rund 12000 Mitarbeiter nach »Gutsherrenart« behandeln. Doch sauer ist Rose auch über den Senat: Denn obwohl die Stadt weiterhin einen 25prozentigen Anteil an den Kliniken halte, weigere sich der Senat, irgendeine Verantwortung für die Mitarbeiter zu übernehmen. Entscheidungen der Konzernspitze würden im Aufsichtsrat lediglich abgenickt, berichtete Rose.
Gegenüber der Presse gab der Gewerkschaftschef in diesem Zusammenhang an, daß er selbst noch Ende letzter Woche eine Beteiligung des Gremiums in der Frage der Beendigung des Vertragsverhältnisses mit Frese gefordert hatte. Doch sei dies von Gesundheitssenator Dietrich Wersich (CDU) regelrecht »abgeblockt« worden. Mit einem derart »unprofessionellen Vorgehen« würde nun aber neue Unruhe in die Kliniken getragen werden.
Anerkennung in der Belegschaft hatte Frese zuvor auch in der Behandlung der sogenannten Rückkehrberechtigten gewonnen. Für etwa 1200 anspruchsberechtigte Vollzeitkräfte, die nach der Privatisierung des Unternehmens in den Staatsdienst zurückkehren können und wollen, hatte er dort bis Juni die entsprechenden Jobs vermittelt. Gleichzeitig setzte sich Frese so sehr für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein, daß es ihm gelang, rund 100 Rückkehrberechtigte für einen Verbleib in den Kliniken zu gewinnen. Nach der Privatisierung habe sich die Konzernleitung Mitarbeitern gegenüber »nicht immer klug verhalten und Fehler« gemacht, räumte Frese seinerzeit ein.
Anmerkung: In der Veröffentlichung dieses Textes in der Tageszeitung Junge Welt hat sich leider ein kleiner Fehler eingeschlichen. Dort hieß es, dass die Gewerkschaft ihre Zustimmung zur Privatisierung von der Einrichtung der Stelle eines Arbeitsdirektors abhängig gemacht habe. Tatsächlich hat verdi der Privatisierung des ehemaligen LBK natürlich niemals zugestimmt. Die fehlerhafte Stelle ist hier mit eingefügtem kursiven und durchgestrichenen Text verdeutlicht.
Verwendung: Junge Welt vom 28. August 2008
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