06. August 2008

Vizepräsident der Hamburger Bürgerschaft will »Hartz IV«-Beziehern bei Behördenbesuchen Beistand leisten

In Hamburg hat einer der Vizepräsidenten der Bürgerschaft, der Linkspartei-Abgeordnete Wolfgang Joithe angekündigt, »Hartz IV«-Bezieher künftig als »Beistand« bei ihren Besuchen in der für sie zuständigen Leistungsbehörde zu begleiten. Damit wolle er ein Beispiel für »tätige Solidarität« geben, erklärte der Politiker gegenüber jW. »Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.« Wer die »Arbeitsgemeinschaft SGB II« (ARGE) aufsuche, sei vielfach »behördlichen Schikanen« ausgesetzt. Joithe spricht aus eigener Erfahrung: Bis zu seinem Einzug in die Bürgerschaft im Februar 2008 war er als Erwerbsloser auch selbst von Leistungen der »Hartz IV«-Behörde abhängig.

Die Hinzuziehung eines solchen Beistandes ist im Paragraphen 13, Absatz 4 des Sozialgesetzbuches X (SGB X) geregelt. Eine sinnvolle Bestimmung, die allerdings viel zu wenig genutzt werde, meint Joithe und verweist auf das Beispiel eines 23jährigen Mannes. Ohne dessen Zustimmung hätten ARGE-Mitarbeiter diesem eine »Eingliederungsvereinbarung« und einen Ein-Euro-Job aufnötigen wollen. Als er sich weigerte, die »Vereinbarung« zu unterzeichnen, da er zunächst seinen Hauptschulabschluß nachholen wollte, habe ihm das Amt mit dem Entzug sämtlicher Leistungen gedroht. »Völlig rechtswidrig« sei dies gewesen, so Joithe, denn der Betroffene habe ja selbst konstruktive Vorschläge für die Verbesserung seiner Vermittlungschancen vorgebracht. Vorschläge, die das Amt am Ende auch akzeptierte – doch erst, nachdem Joithe interveniert hatte.

Im Gespräch mit junge Welt verweist der Abgeordnete auf eine Vielzahl solcher Widrigkeiten, mit denen sich Erwerbslose fast täglich konfrontiert sehen. Besonders schlimm sei es auch dann, wenn etwa Anträge auf Bewilligung von Leistungen »systematisch« verschleppt oder unsachgemäß, häufig zu Lasten des Leistungsempfängers, bearbeitet werden. Ohne Beistand seien die Betroffenen solcher Willkür dann aber häufig recht hilflos ausgesetzt. Durchführen will Joithe seine eigenen Beistandsbesuche deshalb in Kooperation mit der Erwerbsloseninitiative PeNG! (»Aktive Erwerbslose und Geringverdiener«). Durch sein eigenes Beispiel ermutigt, hofft Joithe, daß sich dann weitere Freiwillige nach einem kurzen Einführungsseminar als ehrenamtlich tätige Beistände zur Verfügung stellen. Ein »Netzwerk konkreter Hilfe und Solidarität« könne so flächendeckend entstehen. Wer selbst helfen möchte oder aber einen Bestand benötigt, kann sich an das Abgeordnetenbüro des Vizepräsidenten wenden. Rufnummer: (040) 79695004.

Verwendung: Junge Welt vom 6. August 2008
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