27. Mai 2008

Uwe Menke PorträtAuf der roten Felseninsel Helgoland erzielte Die Linke ihr bestes Ergebnis bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein. Ein Gespräch mit Uwe Menke

Der Wetterdiensttechniker Uwe Menke ist Gemeinderatsmitglied für die Partei Die Linke in Helgoland. Bei den ­schleswig-holsteinischen Kommunalwahlen am Sonntag erreichte die ­Partei auf der Insel bei etwa 1300 Wahlberechtigten zwei von 13 Mandaten.

Ihre Partei bekam am Sonntag 16,1 Prozent der Stimmen und kann in den Gemeinderat von Helgoland einziehen. Haben Sie selbst mit einem so hohen Anteil gerechnet?

Eigentlich schon, denn die Resonanz bei den Bürgern war sehr gut. Als erste Partei überhaupt haben wir in Helgoland einen Wahlkampf geführt. Bislang war das nicht üblich, und es beschränkte sich alles auf eine Postwurfsendung. Mit den Bürgern zu sprechen, das ist unsere Erfindung. Schon deshalb haben wir dieses Ergebnis verdient.

Welche Gründe gibt es für die Helgoländer, die Linke zu wählen? Hartz IV dürfte auf ihrer Insel doch kaum eine Rolle spielen?

Das ist ein Irrtum. Hartz IV und der damit verbundene Sozialklau spielen gerade bei uns eine große Rolle. Wir Helgoländer sind vom Tourismus abhängig. Die Sommersaison ist aber relativ kurz. Viele sind nur sechs bis sieben Monate im Jahr beschäftigt. Für den Rest der Zeit erhielten sie früher Arbeitslosengeld. Jetzt gibt es noch diese Hartz-IV-Sätze, von denen aber kaum jemand leben kann.

Außerdem haben wir das Problem, daß der Tourismus nicht mehr so läuft wie noch vor Jahren. Früher hatten wir jährlich rund 500000 Tagesbesucher. 2007 waren es noch 300000. Eingebrochen sind auch die Umsätze bei den »Butterfahrten«. Da Helgoland zollfrei ist, kann man hier Schnaps und Tabak billiger bekommen. Doch die Besucher kaufen immer weniger. Die bisher im Gemeinderat vertretenen Parteien haben diese Entwicklung verschlafen und häufig nur abgenickt, was ihnen die Verwaltung vorgab. Das werden wir ändern.

Mit welchen Vorschlägen wird Ihre Partei diese Probleme angehen?

Die Bedeutung von Kurzreisen nimmt zu. Für uns geht es deshalb auch um viele Kleinigkeiten. Es kann doch nicht angehen, daß z.B. unser Schwimmbad ausgerechnet am Ostermontag geschlossen ist. In Helgoland gibt es neben der Hauptinsel noch die Düne. Sie gilt als Badeinsel. Wir fordern, daß die Fährverbindung zwischen beiden Inseln verbessert wird. Wenn da, wie jetzt, die letzte Fähre schon um 20 Uhr absetzt, dann befördert dies den Tourismus nicht. Auch daß Kurkonzerte fehlen, während das Geld für irgendwelchen Schickimicki-Krempel ausgegeben wird, ist nicht zu akzeptieren.

Wahlkampf im Schatten der »langen Anna«. Wie kann man sich das vorstellen?

Die alten Fraktionen hatten sich abgesprochen, daß es Infostände oder öffentliche Wahlkampfauftritte nicht gibt. Wir sind zunächst mit einem Bauchladen über die Insel gezogen, um mit den Bürgern zu sprechen, ihnen unser Wahlprogramm bekanntzumachen. Die Zahl unserer Mitglieder wuchs dabei von drei auf 14. Nun ließen wir es uns auch nicht mehr nehmen, Infotische aufzubauen. Das haben wir über die Kommunalaufsicht durchgesetzt. Außerdem geben wir unsere Kleinzeitung »Die rote Socke« heraus, mit der wir die anderen Parteien richtig unter Druck gesetzt haben. Plötzlich schrieb auch die SPD ein Kommunalwahlprogramm. Da haben sie zwar viel bei uns abgekupfert, doch der Wahlkampf wurde so inhaltlicher und es ging nicht mehr nur um Personen. Besondere Unterstützung erhielten wir von unserem Parteichef Lothar Bisky und unserer Landessprecherin Antje Jansen. Seit ihrem Auftritt bei uns betrachten wir die beiden als Freunde unserer Insel.

Ein Hotelbesitzer hat jetzt vorgeschlagen, die Hauptinsel mit der Düne durch eine Landanbindung zu vereinen. Was halten Sie davon?

Da sind wir sehr skeptisch. Zunächst muß diskutiert werden, was das dann für alle Helgoländer heißt.

Bislang konnte Helgoland nur mit Börte-Booten erreicht werden. Sie nahmen die Passagiere der Fährdampfer auf. Jetzt gibt es eine erste Schnellfähre, die direkt anlegt. Was passiert mit den Börte-Booten?

Das Hauptproblem besteht darin, dass die Reeder immer nur rausholen wollten, nichts in ihre Schiffe hineingesteckt haben. Modernen Sicherheitskriterien entsprechen sie deshalb nun nicht mehr. Da muß dringend was gemacht werden, denn an den Börte-Booten hängen 30 Familien. In diesem Zusammenhang: Wir fordern, dass es eine tägliche Verbindung auch im Winter mit dem Festland gibt. Es kann doch nicht sein, daß ein einzelner Ort an bestimmten Tagen nicht erreichbar ist.

Mit wem werden Sie im Gemeinderat zusammenarbeiten?

Das hängt von den Sachfragen ab. Probleme wird es sicherlich mit der SPD geben. Denn die sagt in den Ausschüssen etwas ganz anderes als im Gemeinderat. Solche Unzuverlässigkeit lehnen wir ab.

Verwendung zum Teil in: Junge Welt vom 27. Mai 2008
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