21. Mai 2008

Protest gegen Nazi-Aufmarsch in Kiel, Januar 2005Schleswig Holstein: Antifaschistisches Bündnis mobilisiert vor Kommunalwahlen am Sonntag zu Protesten gegen rechts

Unter der Losung »Keine Stimme den Nazis« ruft ein »Runder Tisch gegen Rassismus und Faschismus« für Samstag in Kiel zu einer Demonstration auf. Anlaß für diese Aktion am Vorabend der schleswig-holsteinischen Kommunalwahlen, sei der Versuch der NPD, am Sonntag auch in den Kieler Stadtrat einzuziehen. Doch nicht nur in der Landeshauptstadt, auch in Ostfriesland, Ostholstein und Lauenburg will die Neonazipartei mit 102 Kandidaten und unter der Losung »Deutsche Sozialleistungen nur für Deutsche« bei diesen Kommunalwahlen punkten. »Selbst haben die nur 240 Mitglieder«, sagte Bettina Jürgensen, eine der Sprecherinnen des antifaschistischen Bündnisses und Bezirkschefin der DKP in Schleswig-Holstein gegenüber junge Welt. Aber sie seien eng verwoben mit den »Freien Kameradschaften«, und ihr Wahlkampf ziele auf »Haß gegen Minderheiten, Rassismus und Ausgrenzung«. Durch die Beteiligung an den Wahlen und den möglichen Einzug in die Kommunalparlamente versuchten die Rechten zu einem »Teil des akzeptierten politischen Spektrums« zu werden, so Jürgensen. Doch weder in Kiel, noch irgendwo sonst in Schleswig-Holstein sei ein Platz für die Nazis, heißt es in dem Aufruf für die Demonstration, die von der DIDF, diversen Gewerkschaftsgruppen, dem Kreisschülerrat, der VVN-BdA sowie Linkspartei und DKP unterstützt wird.

Daß etliche der rechten Kandidaten wegen Körperverletzung oder Volksverhetzung bereits rechtskräftig verurteilt worden sind, macht ihr Auftreten zu einem besonderen Skandal. Das Antifa-Bündnis verweist in diesem Zusammenhang beispielsweise auf die in Kiel antretenden Zwillingsbrüder Lars und Filip Jochimsen. Erst kürzlich mußten beide wegen schwerer Körperverletzung und illegalem Waffenbesitz eine einjährige Haftstrafe absitzen. Verwiesen wird außerdem auf den vorbestraften NPD-Kandidaten Peter von der Born. Dieser fiel in der Vergangenheit auch dadurch auf, daß er Antifaschisten mehrfach zusammenschlug.

Solche Leute würden nun in Kiel versuchen, auch die Kontrolle über Teile des öffentlichen Raums zu erlangen, so Jürgensen. Was das heißt, wurde vielen Kielern am 20. April bewußt: Unter Polizeischutz feierten 30 grölende Neonazis in der Preetzer Straße im Stadtteil Gaarden Hitlers Geburtstag. Mit nächtlichen Anschlägen auf Räume von Initiativen, Kultur- und Wohnprojekten, einem Kinder- und einem Buchladen, aber auch auf Privatwohnungen hielten sie anschließend den Stadtteil eine Woche lang im Atem. Vor Veranstaltungslokalen der Linkspartei zerstachen sie Fahrradreifen und warfen Pflastersteine in Fenster- und Schaufensterscheiben. Auch die Scheiben einer Arbeitsloseninitiative gingen zu Bruch. Hinzu kamen mehrere Messerattacken gegen ausländische Jugendliche.

Die Angriffe richteten sich »gezielt gegen Personen, Projekte und Einrichtungen, die nicht in das rassistische und menschenfeindliche Weltbild der Neofaschisten passen«, sagte Jürgensen. Doch Polizei und Staatsschutz würden deren Krawalle nur als Teil eines »Bandenkriegs« bewerten und dem Treiben keinen Einhalt gebieten. Anfang Mai demonstrierten rund 500 Antifaschisten gegen die zunehmende rechte Gewalt. Am Samstag soll ein noch deutlicheres Zeichen gegen rechts in Kiel gesetzt werden.

Samstag, 24. Mai, 11.30 Uhr, Bahnhofvorplatz: »Keine Stimme den Nazis«, Demo

Verwendung: Junge Welt vom 21. Mai 2008
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