Mit einer machtvollen Demonstration haben am 1. Mai mehr als 8000 Menschen gegen einen Neonaziaufmarsch im Hamburger Arbeiterstadtteil Barmbek demonstriert. Unter dem Motto »Arbeit und soziale Gerechtigkeit für alle Deutschen« war deren Zusammenrottung vor allem als Provokation gegen die Gewerkschaften gedacht. Denn 75 Jahre nachdem die Gewerkschaftshäuser von Nazis besetzt worden waren, hatten deren Erben ihre Veranstaltung ausgerechnet für jenen Ort angemeldet, an dem der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) seine traditionelle Maikundgebung durchführen wollte. Der verzog sich daraufhin in das zehn Kilometer entfernt liegende St. Pauli, was von vielen Gewerkschaftern als Zurückweichen vor den Rechtsextremisten kritisiert wurde.
Dagegen hielten allerdings eine Barmbeker Anwohnerinitiative und das »Hamburger Bündnis gegen Rechts«, welches auch von der Gewerkschaftsjugend unterstützt wurde. Die erfolgreiche Mobilisierung führte dazu, daß die rund 1000 angereisten Neonazis kaum vom Fleck kamen, obwohl ein Großaufgebot von Bereitschaftspolizisten mit Wasserwerfern und Knüppelattacken immer wieder versuchte, das »Demonstrationsrecht« der Neonazis zu »verteidigen«. Und das, obwohl das Oberverwaltungsgericht Hamburg am Vorabend die ursprünglich von der Innenbehörde verfügte Absperrung des Stadtteils, vor allem der Fuhlsbüttler Straße, für die antifaschistischen Demonstranten aufgehoben hatte.
Unter dem Motto »Barmbek nimmt Platz« verzögerten die Teilnehmer ihr Marschtempo erheblich, was dazu führte, daß der braune Aufmarsch steckenblieb. Es sei eine »Schande für die Demokratie und für Hamburg«, daß erst couragierte Antifaschisten kommen müßten, um die Neofaschisten zu stoppen, hatte zuvor die 84jährige Naziverfolgte und Auschwitz-Überlebende Esther Béjarano den Teilnehmern der antifaschistischen Demonstration das Ziel des Tages vorgegeben: Nazis zu stoppen, wo immer man sie trifft. Auch außerhalb des Demonstrationszuges schnitten daraufhin Antifaschisten den Ansammlungen der Neonazis immer wieder ihren Weg ab. Lange Zeit blieben diese deshalb in kleinere und von Gegendemonstranten belagerte Kleinstgruppen aufgeteilt. Sporadisch kam es dabei zu Auseinandersetzung zwischen Nazigegnern und der Polizei. Augenzeugen berichteten, daß einige Mülltonnen und Papierkörbe angezündet sowie Rauchbomben geworfen wurden. Ein Einsatzfahrzeug der Polizei sei umgeworfen worden, sagte ein Behördensprecher.
Einen weiteren größeren NPD-Aufmarsch gab es mit 1000 Teilnehmers in Nürnberg, wo der Parteivorsitzende Udo Voigt als Hauptredner auftreten sollte. Seit dem Vormittag zogen 4000 Antifaschisten durch die Stadt, die von der Polizei daran gehindert wurden, zu den Neonazis vorzudringen. Laut Polizei kam es zu »vereinzelten leichten Rangeleien« zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten.
Bilder zur antifaschistischen Demonstration sehen Sie hier.
Verwendung: Junge Welt vom 02. Mai 2008