14. März 2008

Athanasios Drougias Zahlreiche Ärzte kommunaler Kliniken folgten am Donnerstag einem Aufruf des Marburger Bunds zu Warnstreiks. Gespräch mit Athanasios Drougias

Athanasios Drougias ist Leiter der Verbandskommunikation der Ärztegewerkschaft Marburger Bund und Pressesprecher des Bundesvorstands

Einem Aufruf Ihrer Organisation folgend haben sich am gestrigen Donnerstag zahlreiche Ärzte aus kommunalen Kliniken an Arbeitskampfaktionen beteiligt. Worum ging es bei diesen Warnstreiks?

Hintergrund sind die ins Stocken geratenen Tarifverhandlungen zwischen uns und der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA). Die Arbeitgeber haben in den bisherigen drei Verhandlungsrunden kein Tarifangebot für die rund 55000 Ärzte an den 700 kommunalen Kliniken vorgelegt. Das aber führt unter den Medizinern zu erheblichem Unmut. Und dem haben sie Ausdruck verliehen – vor allem in Baden-Württemberg, Hessen und Nord­rhein-Westfalen. Die Warnstreiks sind ein Schuß vor den Bug der Arbeitgeber.

Wie war die Resonanz unter den Ärzten?

Noch besser als wir es erwartet hatten. Denn wir hatten für diesen ersten Streiktag gar nicht so groß getrommelt, auch um steigerungsfähig zu bleiben. Doch allein bei unserer zentralen Aktion in Wiesbaden waren über 1000 Ärzte an den Protesten beteiligt. Bundesweit waren es mehrere tausend Ärztinnen und Ärzte.

Was fordern Sie konkret?

Wir wollen eine deutliche Erhöhung der Grundvergütung für die Ärzte, denn die liegt im internationalen Vergleich weit unter dem, was üblich ist. Für die Kommunalkliniken fordern wir eine Erhöhung der Gehälter um durchschnittlich 10,2 Prozent. Außerdem verlangen wir die umgehende Anpassung der Ostgehälter an das Westniveau. Es gibt ja immer noch diesen unsäglichen Ostabschlag. Er führt dazu, daß die dort Beschäftigten drei Prozent weniger verdienen als die im Westen.

Wie begründet die Gegenseite, daß sie bisher kein Angebot vorgelegt hat?

Mit dem Hinweis, daß kein Geld da sei. Für mich ist das Verhandlungstaktik, denn schon in der zweiten Tarifrunde wurde angedeutet, daß unsere Forderungen durchaus finanzierbar sind. Außerdem gilt: Was wir jetzt für die Ärzte in den Kommunalkliniken fordern, das wird in den Universitätskliniken und in den berufsgenossenschaftlichen Kliniken längst gezahlt.

In vielen Krankenhäusern sind Arztstellen nicht besetzt. Wie wollen Sie darauf Einfluß nehmen?

Daß etliche Stellen nicht besetzt sind, hängt eben auch damit zusammen, daß die Gehälter so schlecht sind. Es flüchten immer mehr Ärzte ins Ausland, was wiederum Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen des verbleibenden Personals hat. Hinzu kommt, daß etliche Kliniken Probleme damit haben, eine angemessene Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Mit ihrem Sparkurs schneiden sich die Klinikbetreiber ins eigene Fleisch.

In der vergangenen Woche hatte auch ver.di Beschäftigte aus den Kommunalkliniken zu Warnstreiks aufgerufen. Warum gibt es keine bessere Koordination zwischen den Gewerkschaften?

Die Tarifverhandlungen werden getrennt geführt, weil wir ganz unterschiedliche Berufsgruppen vertreten. Wir vertreten die Ärzte, ver.di das übrige Klinikpersonal. Doch es gibt auch inhaltliche Unterschiede: Uns geht es nur um die Entgelttabelle, also um die Gehälter. Bei ver.di geht es auch um den kompletten Mantel, also auch um Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen. Letzteres könnten wir gar nicht neu verhandeln, weil wir da schon einen gültigen Tarifvertrag haben. Ob künftig eine bessere Synchronisation möglich ist, müssen wir sehen.

Ver.di argumentiert, daß bei der gegebenen Form der Krankenhausfinanzierung das Geld, das die Ärzte zuviel erhalten, beim übrigen Personal fehlt. Solidarische Gewerkschaftspolitik sehe anders aus.

Diese Behauptung entspricht nicht den Tatsachen. Es ist noch keine zwei Jahre her, daß wir das erste Mal einen eigenen Tarifvertrag durchgesetzt haben. Auch damals hat uns ver.di kritisiert. Nur was kam heraus? Weil es uns gelang, einen guten Tarifvertrag für die Ärzte durchzusetzen, konnte dann auch ver.di die Forderung erheben, die Gehälter in den Pflegeberufen anzupassen. Da gab es dann 35 Euro im Monat mehr für jede Pflegekraft.

Wie geht es jetzt weiter?

Wir müssen mal sehen, was die Arbeitgeber uns jetzt anbieten. Wenn sie allerdings meinen, gegen uns weiterhin taktieren zu können, uns weiter hinzuhalten, dann kann dieser Tarifkonflikt schnell eskalieren.

Verwendung: Junge Welt vom 14. März 2008
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