Hamburg: Bürgerschaft konstituierte sich. Neue Fraktion soll Verfassungsschutz nicht kontrollieren dürfen
Zweieinhalb Wochen nach der Wahl in Hamburg ist die Bürgerschaft am späten Mittwoch nachmittag zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammengetroffen. Zum neuen Parlamentspräsidenten wurde mit großer Mehrheit der CDU-Politiker Berndt Röder gewählt. Zu einem ersten Disput kam es bei der Besetzung des Parlamentarischen Kontrollausschusses für den Verfassungsschutz. Der Fraktion Die Linke stehe ein eigener Sitz dort nicht zu, argumentierten unisono Redner von CDU, SPD und Grünen. Linke-Fraktionschefin Dora Heyenn forderte, daß gerade für diesen Ausschuß ihre Partei berücksichtigt werden müsse. Da die anderen Parteien dem nicht folgten, lehnte es die Linke schließlich ab, sich überhaupt an der Wahl der sieben Ausschußmitglieder zu beteiligen.
Geschnitten wird Die Linke auch mit Hilfe der Sitzordnung im Plenarsaal. Sie hatte beantragt, ganz links sitzen zu dürfen. Doch da dieser Platz auch von den Grünen beansprucht wurde, entschied Röder nach einer Sitzung des Ältestenrats, daß die Vertreter der Linkspartei zwischen den Abgeordneten von SPD und Grünen, noch dazu durch einen Mittelgang voneinander getrennt, Platz nehmen müssen. So teilt Dora Heyenn nun eine Bank mit Grünen-Fraktionschefin Christa Götsch. Der linke Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch fürchtet, daß die Arbeitsfähigkeit seiner Fraktion dadurch leiden könnte.
Als Stellvertreter von Heyenn gehört der Ex-Grüne Hackbusch neben Ex-PDS-Landeschefin Christiane Schneider seit Anfang der Woche zum Fraktionsvorstand der Linken. Eine hervorgehobene Rolle soll auch der in Erwerbsloseninitiativen engagierte Wolfgang Joithe spielen. Anfang April wird er zu einem der Vizepräsidenten des Parlaments gewählt werden. Wie die Funktionen in der Fraktion aufzuteilen sind, hatte ein Landesparteitag am vergangenen Wochenende vorgegeben.
Parlamentspräsident Röder plädierte für »einen fairen Umgang aller Abgeordneten« miteinander. Dies sei besonders wichtig, weil die »Legitimation des Parlaments« durch die geringe Wahlbeteiligung (63,5) Prozent einen Knacks bekommen habe. Röder vermutet, daß unter den 450000 Nichtwählern viele sind, die »vom Parlamentarismus« enttäuscht sind. Da »die Freiheit in ganz Deutschland erst seit weniger als 20 Jahren« existiere, sei dies besorgniserregend. Artig klatschten da auch vier der acht Linksparlamentarier. Noch bis zum Wahlabend hatte Die Linke mit mindestens zwölf Sitzen gerechnet. Doch nach dem Auftritt der inzwischen fraktionslosen niedersächsischen Landtagsabgeordneten Christel Wegner (DKP) in der ARD-Sendung Panorama, sei das Wahlergebnis verhagelt, meint inzwischen auch Heyenn. Nicht eingezogen ins Parlament ist deshalb DKP-Mann Olaf Harms. Ebenso wenig, wie die Iranerin Zaman Masudi, die Sozialpädagogin Angelika Traversin, die frühere Regenbogen-Abgeordnete Heike Sudmann und Schwerbehindertenvertreter Gerlef Gleiss. Tragisch. Denn allesamt gehören sie zum linken, auf Kooperation mit außerparlamentarische Gruppen orientierten Parteiflügel. Doch nach dem Auftritt der inzwischen fraktionslosen niedersächsischen Landtagsabgeordneten Christel Wegner (DKP) in der ARD-Sendung »Panorama« sei das Wahlergebnis »verhagelt«, meint Heyenn. Den Einzug ins Parlament verfehlten dadurch jedoch ausschließlich Leute, die zum linken, auf Kooperation mit außerparlamentarischen Gruppen orientierten, Parteiflügel gehören.
Verwendung: Junge Welt vom 14. März 2008
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