Langfassung des Beitrages Unterschiede statt Gemeinsamkeiten von Manfred Sohn, Fraktionsvorsitzender der Linken im niedersächsischen Landtag, zum Wahlerfolg seiner Partei am 27. Januar 2008 und zu den Ereignissen, die schließlich zum Mandatsklau durch Christel Wegner (DKP) führten:
Diese Langfassung wurde auch an alle Kreis- und Basisverbände der Partei Die Linke in Niedersachsen versandt.
Unterschiede statt Gemeinsamkeiten (Langfassung)
Anmerkungen zu einem Wahlerfolg und seinen Nachwehen
von Manfred Sohn
Am 27. Januar 2008 zog die Partei DIE LINKE mit ihren jeweiligen Landeslisten durch 5,1 Prozent der Stimmen in das Landesparlament von Hessen und durch 7,1 Prozent in das von Niedersachsen ein. Knapp einen Monat später, am 24. Februar erreichte sie 6,4 Prozent und damit eine neue Fraktion auch in der Hamburger Bürgerschaft. Nach dem Erfolg bei den Bremer Wahlen im Mai 2007, bei denen sie mit 8,4 Prozent der Stimmen erstmals in ein westdeutsches Parlament einzog, gelang ihr durch diese Serie der Landtagswahlen der parlamentarische Durchbruch in den alten Bundesländern. Sie ist seitdem gemessen an der Stärke ihrer Landtagsmandate unbestreitbar und mit einigem Abstand zu FDP und den GRÜNEN die drittstärkste parlamentarische Kraft in Deutschland.
Die folgenden Betrachtungen beschränken sich auf den niedersächsischen Anteil an diesem vierfachen Erfolg. Sie sind hochgradig subjektiver Natur, sind nicht mit anderen Mitgliedern der Partei DIE LINKE oder ihrer Fraktion im Niedersächsischen Landtag abgestimmt und stellen insofern eine persönliche Einzelmeinung eines der inzwischen fast 3000 Mitgliedern der niedersächsischen Landesorganisation unserer Partei dar. Sie versuchen neben einer Einschätzung einzelner Aspekte unseres Erfolgs auch eine Darstellung der Ereignisse, die zu dem Ausschluß eines der Mitglieder der neugewählten Landtagsabgeordneten aus der Fraktion DIE LINKE im Niedersächsischen Landtag geführt haben.
Der Erfolg
Der Erfolg hat bekanntlich viele Väter (der Erfolgsanteil der Mütter ist meist sowohl eindeutiger als auch bescheidener dargestellt), der Misserfolg ist ein Waise. Der Erfolg des 27. Januar hat in der Tat viele Väter und manche schämen sich zu Recht ihrer Vaterschaft. Natürlich und vor allem ist er zustande gekommen dank des Einsatzes der im Wahlkampf um fast 50 Prozent gewachsenen Mitgliedschaft der Partei DIE LINKE. In gewisser Weise läßt sich sagen: Dieser Kampf um das Leineschloß dem Sitz des Niedersächsischen Landtages – hat diese Landespartei in der jetzigen Form erst hervorgebracht. Blenden wir erst fünf Jahre, dann noch einmal gut zwei Jahre zurück, zu den Landtagswahlen 2003 und den Bundestagswahlen 2005: Da bestand der Vorläufer dieser Partei die PDS aus rund 500 Mitgliedern, deren Kandidaten bei den Wahlen dann rund 20.000 Stimmen erreicht hatten. Bei den Bundestagswahlen traten die Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) und die zur Linkspartei umgeformte PDS noch getrennt an und sie erreichten mit rund 205.000 Stimmen 4,3 Prozent der Stimmen. Dieser damalige Erfolg, der organisiert war von den damals knapp 1500 Mitgliedern beider Parteien, war die Grundlage des Sieges vom 27. Januar, die Plattform, von der aus der Angriff auf das Leinepalais überhaupt gewagt werden konnte.
Der positive Sog der mit 8,7 Prozent gewonnenen Bundestagswahl und die Ausstrahlung der anschließend gebildeten Fraktion DIE LINKE in Berlin mündete in Niedersachsen zu einem Zuwachs an Mitgliedern in beiden Quellparteien. Sie hatten am 16. Juni 2007, bei der Verschmelzung zur neuen Partei, jeweils knapp 1000 Mitglieder. Sowohl qualitativ wie auch quantitativ gab es in Niedersachsen anders als in den meisten anderen Bundesländern eine gleiche Augenhöhe beider Parteien, aus denen DIE LINKE gebildet wurde. Diese Tatsache ist meines Erachtens erstens ein großes Glück und wird zweitens gelegentlich in ihrer Bedeutung unterschätzt. Neben einem Arbeiten aller handelnden Personen des Landesvorstandes hier vor allem der Vorsitzenden der Linkspartei, Diether Dehm und Marianne König und der Sprecher der WASG, Kreszentia Flauger, Peter Kurbjuweit, Walter Gruber und anderer mit dem Ziel, keine Übervorteilung des einen durch den anderen Partner zuzulassen, war die Tatsache der gleichen Augenhöhe für die spätere Parteibildung von zentraler Bedeutung. Der Landtagswahlkampf selbst entwickelte vor allem in den Monaten Dezember und Januar eine weitere Sogwirkung, so daß die Mitgliederzahl sich von insgesamt rund 2000 zum Zeitpunkt der Parteineubildung auf fast 3000 zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels erhöhte. Dies sind dieser Aspekt ist wichtig für das Verständnis einiger weitere Überlegungen im Folgenden überwiegend junge oder auch schon etwas lebensältere Leute, die bisher aber wenig parteipolitische Erfahrung hatten oder solche, die vor allem aus der SPD zu uns gekommen sind.
Diese Mitglieder haben mit bescheidenen finanziellen Mitteln einen bemerkenswerten Wahlkampf geführt.
Es sei dem Autor, der seit zwanzig Jahren im Vertrieb einer Versicherungsgesellschaft gearbeitet hat, gestattet, auch einen betriebswirtschaftlichen Hinweis zu geben, der kein Betriebsgeheimnis enthüllt: Sie haben auch so gearbeitet, daß jedes Unternehmen sie, wären sie ein Profit-Center, mit Ehrungen nur so überschüttet hätte. Denn eingesetzt wurden im Wahlkampf Mittel vor allem der Bundes- und damit der anderen Landesparteien von gut 300.000 Euro. An Wahlkampfkostenerstattung fließen im Laufe der kommenden fünf Jahre auf die Konten der Partei fast eine Million Euro. Es ist Ehrensache: So wie vor allem die schon vorher starken Landesverbände im Osten uns zwischen Küste und Harz ins hiesige Parlament geholfen haben, so werden wir mit Freude diese hier erwirtschafteten Mittel entsprechend unserem Statut der Bundespartei dafür zur Verfügung stellen, jetzt auch an anderen Stellen (Gruß nach Bayern!) die niedersächsische Erfolgsstory zu wiederholen.
Aber in jedem Kampf zählt das Geld einfach, der Mut und der Wille der Kämpfenden zehnfach. Ich habe als Mitglied in F.D.P., SPD und DKP – schon viele Wahlkämpfe erlebt, aber einen solchen Einsatz noch nie. Es gab Mitglieder, die waren kalkweiß vor Anstrengung und mussten zuweilen zum Schlafen zwangsverpflichtet werden, damit sie das durchhalten, was in jedem Winterwahlkampf unglaubliche Kräfte zehrt: bei Wind und Wetter rund 30.000 A-1-Plakate in buchstäblich jedes kleine Dorf im zweitgrößten Flächenland Deutschlands aufzuhängen, vor Hunderten von Betrieben bei Nacht-, Früh- und Normalschicht-Beginn Zehntausende von Flugblättern zu verteilen, in Tausenden von Einsätzen auf allen Fußgängerzonen dieses Landes fast eine dreiviertel Million Kurzwahlprogramme Hand in Hand, Auge in Auge an die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes zu geben und teilweise im wahrsten Sinne des Wortes mit Blasen an den Füßen eine Million Bürgerbriefe von Gysi und Lafontaine in die gar nicht weniger werdenden, häufig weit auseinanderliegenden Briefkästen dieses Landes zu stecken. Wir gestehen: Allein durch die vor allem in der Fläche dabei notgedrungen gefahrenen tausenden von PKW-Kilometern, deren Benzinkosten in der Regel kein Mitglied, auch die Hartz-IV-Empfänger nicht, überhaupt zur Erstattung beantragt hat, haben wir 3000 LINKE in Niedersachsen in diesem Winter zur CO-2-Bilanz Deutschlands nicht positiv beigetragen.
In diesen Kämpfen ist diese Partei entstanden. Wir sollten sie hüten wie unsere Augäpfel.
Aber wir waren nicht nur verdammt gut. Wir haben auch das Glück der Tüchtigen gehabt. Denn gut gekämpft haben auch die Hessen. Gut gekämpft haben auch die Hamburger. Und dennoch haben wir ein prozentual besseres Ergebnis erzielt. Das hat außerhalb von Niedersachsen keiner erwartet und hier bei uns in der norddeutschen Tiefebene Hand aufs Herz die meisten auch nicht. Das ist auch hochgradig erklärungsbedürftig. Hessen ist strukturell und traditionell das linkere Bundesland. Außerdem ist es viel kleiner und dichter besiedelt als das stärker bäuerlich und kleinbürgerlich geprägte Niedersachsen. Und Hamburg ist noch viel kleiner, noch viel städtischer und sozial noch zerklüfteter. Die Reihenfolge des erhofften Siegeseinlaufes der drei Landtagswahlen schien vor Weihnachen 2007 allen Strategen in Berlin und anderswo klar zu sein: Hamburg, Hessen und mit viel, viel Glück Niedersachsen. So recht auf dem Zettel hatte uns keiner. Der Leser außerhalb von Harz und Heide mag uns, die wir immer noch ein bisschen die Erschöpfung des Januar in den Knochen spüren, verzeihen: Es hat uns Spaß gemacht, als erster zur Ziel zu gehen, obwohl so wenige auf uns gewettet haben.
Die Niedersachsen sind vom Charakter her eher bedächtige, bescheidene Leute: Diesen Abstand von 1,3 Prozentpunkten zu Hamburg und von 2 Prozentpunkten zu Hessen verdanken wir erst in zweiter Linie unserer wahlkampftaktischen Klugheit und unserem Kampfgeist. Wir verdanken sie auch der doppelten Dummheit der Gegner.
Die niedersächsische SPD hat den verschnarchtesten Wahlkampf geführt, den diese Partei die einst Niedersachsen allein regierte je hierzulande entfaltet hat. Sie hatte einen Spitzenkandidaten, der als erste Personalentscheidung einen linken Gewerkschafter in sein Schattenkabinett berufen hat. Damit machte er schon im Herbst klar: Ich will den CDU-Ministerpräsidenten Wulff gar nicht ablösen, ich will vor allem DIE LINKE aus dem Landtag heraushalten. Denn wer die CDU/FDP ablösen will, muß vor allem Signale an die Wähler der bürgerlichen Mitte senden und links Raum lassen. Er aber sendete sein erstes Signal nach links und räumte die bürgerliche Mitte. Den treusten Truppen seiner Mitgliedschaft hat das die Restmotivation genommen. Die war durch Agenda 2010, durch Rente mit 67, Hartz IV und Afghanistan-Krieg sowieso schon geschrumpft, gebeutelt und lustlos, für so eine politische Scheiße einen Winterwahlkampf zu führen. Das Ergebnis war ein Erlebnis für den Autor dieser Zeilen. Meinen Jahresurlaub hatte ich genommen, um im Dezember und Januar als einer der Kandidaten auf der Landesliste von Emden bis Einbeck abends Veranstaltungen zu machen und dann möglichst immer morgens vor einem Betrieb zu verteilen. Da habe ich die Kolleginnen und Kollegen die übrigens meist zu rund 80 Prozent unsere Kurzwahlprogramme genommen haben immer gefragt, ob die SPD denn auch schon verteilt hätte. Und die Antwort war meistens: Die waren noch nicht hier. Selbst am Donnerstag vor der Wahl kam diese Antwort bei der Frühschicht im Stahlwerk Salzgitter in Peine das war mal eine scheinbar unbezwingbare Hochburg der SPD. Auch die zum Teil spärlich besetzten Infostände boten Hinweise darauf, daß der SPD in Niedersachsen die Mitgliedschaft als Wahlkampftruppe zu großen Teilen weggebrochen ist.
Durch die Konfrontation Koch Ypsilanti und auch in Hamburg war das anders. Da war Sog zugunsten der SPD drin. Der hat in Niedersachsen komplett gefehlt und das war ein wichtiger Faktor für unseren Überraschungssieg, den wir dankbar und demütig entgegengenommen haben.
Der zweite Faktor war die falsche Strategie der CDU und der mit ihr verbundenen Leitmedien uns gegenüber. Vielleicht hatten sie uns auf dem Zettel. Auf jeden Fall aber hatten sie sich erkennbar auf die gegenüber DKP und PDS zu früheren Zeiten ja auch immer bewährte Linie verständigt: Totschweigen, nicht vorkommen lassen und wenn, dann mit der Bemerkung: Kommen sowieso nicht rein. Zeitungsmäßig ist Niedersachsen beherrscht durch drei Gruppierungen: Den Madsack-Konzern (Hannoversche Allgemeine und fast 20 Mantelblätter von Harke bis Wolfsburger Allgemeine), die Braunschweiger Zeitungsgruppe und die Osnabrücker Nachrichten. Die Medienlandschaft ist durch den NDR beherrscht, daneben spielen die in Privatbesitz befindlichen Sender ffn und Antenne eine gewisse Rolle. Alle sind personell mit der CDU gut verwoben und alle haben sich an die oben skizzierte Linie bis kurz vor der Wahl gehalten.
Diese Strategie ist von zwei Seiten unterspült worden eine davon kam direkt von uns. Die andere ist Ergebnis der herrschenden Politik. Die konsequente Blockade aller Medien früher gegen alles, was links war, fußte nämlich auch auf einer in gewisser Weise materiell begründeten Arroganz der Journalisten allem Linken gegenüber. Platt gesagt: Journalisten waren in der Regel gut bezahlt und die Linken in der Regel arme Hunde. Entsprechend hochnäsig wurden sie von der schreibenden Zunft abgehandelt wenn überhaupt beachtet. Bei den meisten Leitmedien ist das immer noch so: Da die gut bezahlten Journalisten, hier die armen Hunde.
Aber der gnadenlose Lohnabbau in den Lokal- und Funkmedien hat einen Preis. Ich kenne keine systematischen Untersuchungen. Aber so wie ich alle Kumpels vor den Betriebstoren nach der SPD gefragt habe, so habe ich alle Lokalredakteure bei den erwähnten Veranstaltungen (in der gebotenen Zurückhaltung) gefragt, wie denn ihr Anstellungs- und Bezahlungsstatus sei. Und die Antwort war fast durchgängig: Bezieher von Ergänzungsleistung oder zumindest anspruchsberechtigt dafür. Wer für 15 Cent die Zeile über uns schreibt, ist nicht nur ein armer Hund wie die meisten von uns. Er ist fühlt sich innerlich häufig zu uns hingezogen und so haben sie auch in den Lokalteilen meist über uns geschrieben: fair und ausführlich.
Wir hatten damit eine gespaltene Medienlandschaft: Arroganz und Ignoranz oben, klammheimliche Sympathie und vierspaltige Aufmerksamkeit unten.
Und den Rest haben wir gemacht: Mit unseren roten Plakaten, den Umhängetaschen, den Gysi/Lafontaine-Briefen und dann noch (dank Dehm) Werbespots in allen Alternativkinos und -radios. Die Lokalmedien und wir haben die CDU-Madsack-Strategie der Ignoranz und Arroganz so lange unterspült, bis sie vier Tage vor der Wahl zusammenbrach. Das war nämlich der Zeitpunkt, wo die etwas klügeren Köpfe in diesem Meer von Ignoranz und Arroganz versucht haben, umzuschalten und auf Seite 1 der Madsack-Kette mit der Hilfe eines ausgetretenen Mitglieds aus Hannover doch noch versucht haben, uns mit DKP und DDR am Zieleinlauf zu hindern. Aber das war zu zaghaft und zu spät und so blieb es bei dem, was irgendein trotziger Mensch von uns am Samstag vor der Wahl auf ein Plakat in der Wahlkampfzentrale gekritzelt hatte: CDU und HAZ schießen auf uns mit DDR und DKP wir aber stürmen das Leinepalais.
Die Hereinnahme der DKP …
Das Arbeiten an einem Werkstück Wahlen beginnt in politischen Betrieben in der Regel ein Jahr vor dem Urnengang. Ausnahmen wie vorgezogene Bundestagswahlen bestätigen diese Regel.
Zum Jahresbeginn 2007 gab es daher auf einer gemeinsamen Sitzung der Landesvorstände von WASG und PDS den Tagesordnungspunkt (TOP) Landtagswahlen 2008. Das war vor dem Bremer Durchbruch. Wir hatten gemeinsam zwar 4,3 Prozent bei den Bundestagswahlen eingefahren aber vor allem, so war das Gefühl, durch den Rückenwind einer ganz außergewöhnlichen bundespolitischen Konstellation. Nach der Erinnerung des Autors dieser Zeilen gab es damals die Stimmung zu diesem TOP: Wenn überhaupt, dann haben wir nur eine geringe Chance, allein auf uns gestellt, ohne den medialen Rückenwind einer Bundestagswahl, diese 4,3 Prozent auf 5 Prozent zu erhöhen. Wie das bei solchen Sitzungen so ist, haben wir uns gegenseitig beteuert, daß angesichts der 0,x-Zahl bei den letzten Landtagswahlen auch 4 oder gar 3 Prozent ein Riesenerfolg wäre. Und dann haben wir wie das bei solchen Sitzungen auch üblich ist gemeinsam aufgelistet, was wir denn alles machen müssten, um die winzige Chance zu nutzen, vielleicht doch die 5 Prozent zu knacken. Auf dem Zettel stand dann neben Betteln bei Bodo unter anderem auch: dafür sorgen, daß wir auf der Linken alleine kandidieren. Das ergab sich schon aus der Arithmetik: als die PDS bei den Landtagswahlen 20.000 Stimmen geholt hatte, hatten auch auch DKP und die Grauen rund 10.000 geholt.
Nun gibt es angesichts der Ereignisse nach dem 27. Januar eine Reihe altkluger Menschen, die sagen, NIEMALS hätten wir die Frage der DKP zu einer Frage der Wahlarithmetik machen dürfen. Oh, ewige Jungfrauen, die Ihr über Kinderscharen plappert! Ihr wäret vermutlich dieselben gewesen, die diesen Landesvorstand gesteinigt hätten, wenn wir nach einem harten Wahlkampf am 27. Januar bei 4,9 Prozent gelandet wären, die DKP bei ihren 0,2 und die Grauen wenn sie denn nicht ihr Geld veruntreut hätten (was vor einem Jahr noch niemand wusste) angesichts der Massaker zur Rente mit 67 bei 0,4 Prozent. Das waren nämlich ungefähr die Werte, die in die damalige bange Rechnung eingingen. Und in der Tat: Ein Landesvorstand, der in einer solchen Lage nicht versuchen würde, um jeden 1000er-Stimmenblock zu kämpfen und nicht versuchen würde, Konkurrenzkandidaturen auszuschließen, verdiente nicht, Wahlkämpfe zu führen.
Also gab es Gespräche mit den Grauen, die nicht den gewünschten Erfolg hatten, was aber im Ergebnis wegen unserer Sogkraft und der Pleite der Grauen nicht ins Gewicht fiel.
Und es gab Gespräche mit der DKP unter Einbeziehung des Autors, über die die Landesvorstände der damals in Fusionsgesprächen befindlichen Parteien ordentlich informiert wurden. Das Ergebnis dieser Gespräche war schlicht und undramatisch: Wir machen mit Euch kein Parteienbündnis. Aber wenn Ihr (die DKP) auf eine eigene Kandidatur verzichtet, sind wir bereit, daß eine von Euch benannte Kandidatin oder einen Kandidaten sich auf unseren Versammlungen zur Auswahl von Landeslisten-Kandidaten vorstellt. Außerdem, so das damalige Ergebnis, sei denkbar, daß Kandidaten von Euch dort, wo unsere Kreisorganisationen noch schwach sind, sich als Direktkandidaten zur Verfügung stellen. Die DKP hat dann gesagt, sie wolle einen der sogenannten sicheren Plätze, also Platz 1 bis 7 das wären die gewesen, die wir bekommen hätten, wenn wir genau 5 Prozent erreicht hätten. Das haben wir zurückgewiesen. So etwas würde nur Sinn machen, wenn wir verhandeln würden mit jemanden, der stabil mindestens 0,5 der Stimmen bei Wahlen erreichen würde. Davon ist die DKP aber meilenwert entfernt und entfernt sich weiter.
Im Grunde war auch das skizzierte Ergebnis dieser Gespräche schon ein Gnadenakt. Denn bei nüchterner Betrachtung hat die DKP wenigstens in Niedersachsen überhaupt nicht mehr die organisationspolitische Kraft für eine eigenständige Kandidatur. Auch hier sprechen Zahlen eine klare Sprache. Nach eigenen Angaben hat die DKP bundesweit knapp 4000 Mitglieder, die im Durchschnitt gut 60 Jahre alt sind. Nach eigenen Angaben kommen von diesen Mitgliedern nur noch rund ein Drittel einmal im Monat oder häufiger überhaupt zu Versammlungen zusammen. Niedersachsen ist für begrenzt mathematisch begabte Menschen wie mich immer ein angenehmes Land. Man braucht alle Bundeszahlen immer nur durch zehn zu teilen, weil wir 10 Prozent der Einwohner Deutschlands haben und auch sonst ziemlich durchschnittlich sind. Danach hat die DKP in Niedersachsen rund 350 bis höchstens 400 Mitglieder, von denen gut 100 aktiv in dem Sinne sind, daß sie mindestens einmal im Monat für eine politische Aktivität das Haus verlassen. Das ist das Maximum ihrer organisationspolitischen Kraft und damit das, was sie in Wahlkampf-Vorverhandlungen in die Wagschale legen können nicht mehr und nicht weniger.
Das ist keinen Platz 1 bis 7 wert, bei nüchterner Betrachtung noch nicht einmal einen von 8 bis 15. Aber wir haben gesagt, sie können das versuchen. Und der Autor bekennt freimütig: Angesichts der eigenen Biographie und der Überzeugung, daß zu den Aufgaben der Linken auch gehört, den Schrecken vor dem Kommunismus, den Thomas Mann zu Recht als die Grundtorheit unserer Epoche bezeichnet hat, zurückzudrängen, hat er das unterstützt.
Die DKP also hat auf eine eigene Kandidatur verzichtet und die Krankenschwester Christel Wegner (CW) als ihre Kandidatin benannt. Es hat über diese Kandidatur eine sehr ausführliche, zum Teil sehr zugespitzte und kontroverse Debatte in unseren E-Mail-Verteilern und demzufolge vermutlich auch auf Mitgliederversammlungen gegeben.
Zum besseren Kennenlernen der Listenkandidaten haben wir seitens des Landesvorstandes sechs Regionalversammlungen organisiert, zu denen alle Mitglieder der jeweiligen Regionen eingeladen wurden. Einige der Kandidatinnen und Kandidaten für die Landesliste haben die Möglichkeit, sich dort persönlich vorzustellen, genutzt (wie auch der Autor), andere nicht oder nur teilweise. Christel Wegner hat sich bei den meisten dieser Versammlungen vorgestellt und eine Reihe von Fragen zu ihrer Person beantwortet. Sie hat sich dort zum Programm der DKP bekannt, aber erklärt, daß sie bei dieser Wahl auf der Basis des damals noch in Erarbeitung befindlichen Wahlprogramms kandidiere und dies in den Mittelpunkt ihres politischen Wirkens stellen wolle.
Am 3. November haben wir auf einer LandesvertreterInnenversammlung unsere Kandidaten für die Landesliste gewählt. Auch dort gab es um die Person Wegner, die dort auf Platz 9 angetreten ist, eine kontroverse Diskussion.
Und nach der ausführlichen, allen Mitgliedern zugänglichen Diskussion im Netz, auf allen Regionalversammlungen, auf Mitgliederversammlungen, auf der VertreterInnenversammlung, gab es dann eine Entscheidung der Delegierten: Sie haben mit knapper, aber von niemanden angefochtener Mehrheit Christel Wegner auf Platz 9 dieser Liste gewählt.
Durch den Wahlerfolg vom 27. Januar war sie damit als Landtagsabgeordnete gewählt.
Nun ist es ein politisches Ammenmärchen, daß Diskussionen durch Beschlüsse beendet sind. Basta-Politik hat noch nie funktioniert. Also ist es völlig normal und in Ordnung, daß auch nach der Entscheidung vom 3. November die Diskussion um die DKP anhielt. Überzogen haben lediglich die Freunde, die dann vor lauter Wut über diese Entscheidung mit verschränkten Armen danebenstanden, während wir anderen die Kleistereimer in die Autos gewuchtet haben. Davon gab es zum Glück wenige, aber es gab sie.
Vor allem gab es ein vernehmliches Grummeln, das mit der oben beschriebenen Schwäche der DKP zusammenhängt. Als sich die winzige Möglichkeit, in den Landtag einzuziehen, im Januar zu einer realen entwickelte, weitete sich der Widerspruch zwischen dem hervorragenden Platz, den wir Christel Wegner zugebilligt hatten und den Möglichkeiten der DKP. Die DKP spielte von einzelnen Kreisen abgesehen in diesem Wahlkampf praktisch keine Rolle. Sie hatte zwar etwas vollmundig angekündigt, einen sichtbaren, solidarischen und eigenständigen Wahlkampf zu führen. Das blieb aber Ankündigungspolitik. Weder frühmorgens vor den Betriebstoren noch bei den Plakateinsätzen war Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel von den Kommunisten viel zu sehen. Wenn aber Wahlkämpfer das Gefühl haben, sie rödeln sich den Arsch ab für Leute, die sie außer bei der Kandidatenaufstellung nicht zu Gesicht bekommen, macht sie das in der Regel verdrießlich. Das hat weniger mit politischen Inhalten zu tun. Das hat mit dem sozialen Gesetz zu tun, daß daß man Räume, die man beansprucht, auch ausfüllen können muß. Das aber war bei der DKP angesichts ihrer hohen Listenposition im Verlaufe des praktischen Wahlkampfes immer weniger der Fall.
Dann kam der Wahltag und alle haben sich gefreut, DKP und Christel Wegner eingeschlossen. Sie hat das in der Zeitung ihrer Partei mit den Worten kommentiert, sie sei zum Mandat gekommen wie die Jungfrau zum Kinde1.
Das widerspiegelt in etwas flapsigen Worten in der Tat den oben skizzierten Widerspruch zwischen Platzierung und der Schwäche der Organisation, der sie angehört.
Schon am Tag nach der Wahl war ersichtlich, daß die Leitmedien in Norddeutschland allen voran BILD finster entschlossen waren, die Scharte Niedersachsen auszuwetzen, ihren Fehler des Unterschätzens und Totschweigens nicht zu wiederholen und in den wenigen verbleibenden Tagen bis zum Wahlgang in Hamburg alles zu tun, damit dort die Deiche, die aus ihrer Sicht in Niedersachsen gebrochen waren, nicht auch noch brechen.
In dieser taktischen Lage hat sich am 29. Januar 2008 um 14 Uhr im hannoverschen Freizeitheim Ricklingen die gewählte Liste Christel Wegner als voll integriertes, von allen freudig begrüßtes Mitglied eingeschlossen zu ihrer ersten Fraktionssitzung getroffen.
… und ihre Ohrfeige den LINKEN gegenüber.
Damit wir nicht in Tagespolitik und klein-klein versumpfen, haben wir sowohl im Landesvorstand als auch in der Fraktion die gute Regel, daß wir vor dem Einstieg in die eigentliche Tagesordnung eine 30minütige, durch einen reihum vergebenen 7-Minuten Vortrag eingeleitete Aktuelle halbe Stunde machen. An diesem 29. Januar habe ich diese 7 Minuten übernommen und sie einer kurzen Wahlauswertung gewidmet. Weil wir uns bis dahin alle genug auf die Schulter geklopft hatten, habe ich in das Zentrum dieser 7 Minuten den Hinweis gestellt, daß wir auch viel Glück gehabt hätten. Ich habe das in Auswertung der Presse von Montag und Dienstag mit der Vermutung verknüpft, daß die Gegenseite jetzt in ganz Norddeutschland mit Blick auf Hamburg das Thema DKP und DDR in den Mittelpunkt rücken würde. Da bei uns ein DKP-Mitglied eingezogen ist und zwei weitere Hans-Henning Adler und ich – jeweils rund zwei Jahrzehnte dieser Partei angehört haben, war klar, daß wir im Zentrum dieses Angriffs stehen würden.
Als Schlussfolgerung habe ich in Abstimmung mit Tina Flauger vorgeschlagen, daß wir alle überregionale Pressearbeit bis zur Hamburg-Wahl auf sie und mich konzentrieren und meines Wissens launig hinzugefügt, daß wir dann wenigstens wüssten, wer schuld ist, wenn uns die Pressearbeit daneben geht. An diese Orientierung haben sich alle gehalten mit einer Ausnahme: Christel Wegner.
Sie hat in dieser Sitzung darauf hingewiesen, daß sie zu ihrer Lokalpresse guten Kontakt hätte und gefragt, ob diese Konzentration auf Tina und mich auch für die lokale Ebene gelte. Ich habe das verneint und sie und alle anderen angesichts der oben erläuterten Spaltung der bürgerlichen Medienlandschaft ermuntert, die Lokalpresse weiter gut zu bedienen. Von Panorama war zumindest mir gegenüber auf dieser Sitzung definitiv nicht die Rede und unter Lokalmedien ist diese schlitzohrigste aller schlitzohrigen Sendungen auch kaum zu subsumieren.
Klar war in jener Woche, daß Christel als erste DKP-Abgeordnete seit Konstituierung dieser Partei, als erste Parlamentarierin nach dem KPD-Verbot, einen zentralen Rang bei der sich jetzt entwickelnden politischen Lage bekommen würde. Klar war auch, daß innerhalb weniger Tage die vorher bei vielen auch politisch interessierten Leuten vorhandene Frage, ob es die DKP überhaupt noch gibt, erledigt sein würde.
Nun kenne ich den Laden und bin nicht neu im politischen Geschäft. Wer vier Jahrzehnte lang von Medien geschnitten wird und dann drängen sich plötzlich Kameras und Mikrophone aus dem Nichts heraus um einen herum, dann kommt man schnell in die Gefahr des seit vier Tagen in der Wüste Durstenden, der sich in den kühlen Teich der Oase stürzt und dann, weil er unvernünftig schnell trinkt, nicht an Verdurstung, sondern an zuviel kaltem Wasser im ausgedörrtem Leib verreckt.
Also habe ich, auch eingedenk des oben genannten Grummelns aus dem Wahlkampf, Christel Wegner um ein Gespräch mit ihr, ihrem Bezirks- und ihrem Parteivorsitzenden gebeten. Das hat am Nachmittag des 9. Februar am Rande der Gewerkschaftspolitischen Konferenz unserer guten AG Betrieb und Gewerkschaft in Hamburg stattgefunden, zu der ich eingeladen war, um noch ein bisschen Wahlkampfhilfe zu leisten.
Allen drei habe ich noch einmal eindringlich dargelegt, welches rohe Ei sie mit diesem Landtagsmandat in den Händen halten, daß Christel Wegners Kandidatur innerhalb der Linken angesichts der Positionen der DKP verständlicherweise nach wie vor nicht unumstritten sei und daß die Frage, ob jemals wieder für ein DKP-Mitglied auf Listen der LINKEN kandidieren könne, in hohem Maße von dem abhinge, was jetzt in Niedersachsen passiere.
Erst am Ende des Gespräches haben Christel Wegner und ihr Parteivorsitzender dann en passant mitgeteilt, sie hätten auch etwas mit Panorama gemacht. Gemacht nicht vor, zu machen. Da war die Sache ganz offensichtlich schon gelaufen. Ich habe das daher auch nicht weiter kommentiert. Wenn die Abgeordnete Wegner nun in der Jungen Welt (jw) am 21.02.08 sagt, ich hätte von dem Panorama-Interview gewusst und damit intendiert, ich hätte davon vorher gewusst, ist das mindestens ebenso schlitzohrig wie Panorama.
Die Sendung selbst deutet darauf hin, daß hier leider viel mehr passiert ist als die Entgleisung einer einzelnen frisch gebackenen und vielleicht im Umgang mit nicht wohl gesonnenen Medien unerfahrenen Landtagsabgeordneten.
Was die Aufregung verursacht hat, war je kein isoliertes Interview mit der Abgeordneten. Es war ein nach Panorama-Manier aus drei Teilen zusammengeschnittener Bericht. Da war zum einen ein Ausschnitt aus der Beerdigung des Genossen Erlebach, mit einem Ausschnitt aus der Rede des Parteivorsitzenden der DKP, zum anderen eine Sequenz, bei der der Hamburger Bezirksvorsitzende im Wahlkampf begleitet wurde und dann ein Interview mit CW bei ihr zu Hause. Der Rest (Rede Herbert Mies etc.) war aus dem Archiv.
Das heißt aber: Panorama ist wie von uns befürchtet gleich nach dem Niedersachsen-Desaster aktiv geworden und hat mehrere Größen der DKP vor die Kamera gebeten. Und der eigentliche Skandal Nummer eins ist: Sie alle haben sich wie die Kinder gefreut, daß sie endlich gefilmt werden und haben sich stolz filmen lassen: Parteivorsitzender, verdiente Genossen, Bezirksvorsitzender und die einzige Landtagsabgeordnete sozusagen die Creme der Partei. Und all dies an der Liste vorbei, der sie den für sie selbst überraschenden (Jungfrau zum Kinde) Einzug in den Niedersächsischen Landtag verdanken.
Dies kann nur zweierlei bedeuten. Entweder das ist ein kollektiver Blackout der Führung der führenden Partei der Arbeiterklasse. Oder aber es ist zwei Wochen vor ihrem Parteitag Ergebnis der Überlegung, den parteieigenen Kritikern an der Politik, auf Listen der LINKEN zu kandidieren, durch einen wohlüberlegten Paukenschlag deutlich zu machen, daß man sehr wohl willens und in der Lage sei, eine eigenständige mediale Rolle als DKP trotz einer Integration einzelner Kommunistinnen und Kommunisten in Listen der LINKEN zu spielen. Im ersten Fall wäre es eine völlige Disziplinlosigkeit einer Partei, die einst nicht ganz zu unrecht auf revolutionäre Disziplin stolz war. Im zweiten Fall ist es ein Hintergehen eines Partners. Beides aber kann nur dazu führen, daß dieser Partner mit einer solchen Organisation, die so vorgeht (entweder disziplinlos oder bewusst intrigant) anders zusammenarbeitet als vor einem solchem Ereignis.
Jeder der mittlerweile 140 Abgeordneten der LINKEN in Niedersachsen hat diese Situation schon erlebt: Der Journalist kommt, aber statt nach sozialen Problemen zu fragen, kommt die unvermeidliche Frage nach der DDR. Und jeder von uns weiß, daß er oder sie dann tunlichst darauf verweist, daß er oder sie gerne zu dieser Frage ausführlicher etwas sagt, wenn zu diesem Thema eingeladen ist, im Moment aber dringende soziale Fragen zu erörtern sind.
Von einer Landtagsabgeordneten kann erwartet werden, daß sie ebenso handelt. Sie hat zwei Tage nach dem Wahlsieg in der ersten Fraktionsbesprechung Themenfelder für künftige Ausschussarbeit bekommen, die sie hätte ansprechen können. Wichtig ist mir persönlich der Hinweis: Sie war in dieser Sitzung voll integriertes Mitglied dieser Fraktion trotz einiger juristischer Probleme, auf die ich weiter unten noch zu sprechen komme. Sie hätte sich konzentrieren können auf die im Wahlprogramm niedergelegten Aufgaben der Liste im Landtag. Das alles hat sie nicht getan. Sie hat nicht das Gemeinsame aller Kandidatinnen und Kandidaten der Liste 5 in den Vordergrund gestellt, sondern das, was sie von allen anderen unterscheidet und sich anschließend bitter darüber beklagt, daß die Fraktion dieser Logik folgend nun auch in den Vordergrund das stellt, was diese eine Landtagsabgeordnete der Liste 5 von allen anderen unterscheidet: ihre eigene Parteimitgliedschaft.
Deshalb ist es auch müßig, darüber zu streiten, ob ihre Äußerungen mit dem Landtagswahlprogramm der LINKEN kompatibel sind. Sie selbst betont in dem Interview ja gerade das trennende die Position, daß man so ein Organ wieder braucht, das Gewähr dafür bietet, sich davor zu schätzenso einen Staat von innen auf(zu)weichen, die Position zur Berliner Mauer, die Position zu Reform und Revolution. Es ist eine Umkehrung der Abläufe, jetzt so zu tun, als sei sie durch eine Art politischer Gewaltakt von der Fraktion getrennt worden. Sie hat sich durch Führung und Inhalt des Interviews für die ARD von der Fraktion getrennt und diese hat die Trennung lediglich quittiert.
Legendenbildung
Es sollte seitens derer, die jetzt die LINKE kritisieren, wenigstens zur Kenntnis genommen werden, daß sich sowohl der Landesausschuß in Niedersachsen wo alle Kreisverbände mit mindestens einem Delegierten vertreten sind – als auch die Fraktion zunächst sehr ernsthaft und gründlich mit verschiedenen politischen und persönlichen Aspekten des Falls befasst haben und dann jeweils nicht kontrovers, sondern (im Falle des Landesausschusses bei zwei oder drei Enthaltungen und Gegenstimmen) einstimmig für die in der jw auch korrekt abgedruckten Maßnahmen entschiedenen haben. Jedem steht es frei, die ganze LINKE für einen Hort antikommunistischer Verschwörung zu erklären aber die Geschlossenheit in dieser Frage sollte wenigstens nachdenklich zur Kenntnis genommen werden.
Der Hintergrund ist vor allem inhaltlicher Natur. Auf die Zusammenschnitts-Problematik komme ich gleich. Wir haben erklärt: Das ist nicht der Dreh- und Angelpunkt. Denn auch die von CW nirgends bestrittenen Äußerungen sind solche, die mit den in der LINKEN erarbeiteten Positionen nichts gemein haben und übrigens (aber das ist hier nicht mein Thema) nach meiner Kenntnis auch nicht deckungsgleich sind mit dem Programm der DKP.
Keine Partei in Deutschland hat sich dermaßen selbstkritisch und selbstquälerisch mit der Geschichte der DDR auseinandergesetzt wie DIE LINKE. Sie hält ihre vorhandenen sozialen Leistungen und ihren Beitrag zur Aufrechterhaltung des Friedens in Europa hoch. Das tun ihre Abgeordneten in den Parlamenten und das tun wir in den Programmatischen Eckpunkten, wo wir allen Angriffen zu Trotz erklären: Dabei wendet sie (DIE LINKE) sich gegen Pauschalisierungen, antikommunistische Vorurteile und einseitige Beurteilungen und bemüht sich um differenzierte und ausgewogene Einschätzungen. Wir haben aus der Geschichte gelernt: Respekt vor den Ansichten Andersdenkender ist Voraussetzung von Befreiung. … Und bei der Thematisierung der gegenwärtigen grassierenden Ablegung sozialstaatlicher Fesseln betonen wir: Als mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion das größte Gegengewicht wegfiel, konnten sich die zerstörerischen Tendenzen des ungehemmten kapitalistischen Marktes immer mehr entfalten. Die Unterstellung, wir würden in dieser Frage zurückweichen, ist eine Farce, die weder in unseren programmatischen Grundlagen noch in den Handlungen ihrer Funktionsträger irgendeinen Beleg findet. Es gibt kein Einknicken der niedersächsischen Partei vor dem Antikommunismus. Aber wir werden uns weigern, uns nach Verletzung der Solidarität durch eine Frau, die wir als Gast auf unsere Liste genommen haben, unter einer zum Geschrei und Instrument verzerrten Scheinsolidarität dazu treiben zu lassen, der DKP oder einzelnen ihrer Mitglieder in den Blödsinn zu folgen, die Sturheit, aus der Niederlage des sozialistischen Anlaufs 1917-89 etwas zu lernen, mit Prinzipienfestigkeit zu verwechseln. Die DDR ist nicht gescheitert an der Bösartigkeit ihrer Gegner das wäre ungefähr so, als würde jemand nach einem verlorenen Fußballspiel die Niederlage damit erklären, daß die bösen Leute in den anderen Trikots gemeinerweise immer auf das Tor geschossen hätten. Der sozialistische Anlauf ist gescheitert aufgrund der Unfähigkeit, mit der Aufgabe der NÖP das Produktivitätspotential einer Gesellschaft so zu entwickeln, daß sie hinsichtlich der Arbeitsproduktivität mit dem Kapitalismus wenigstens Schritt halten konnte und sie ist zweitens gescheitert an ihrer Unfähigkeit, das Gleichheitszeichen zwischen Sozialismus und Rechtsstaatlichkeit und damit der Vorherrschaft des Gesetzes gegenüber allen Teilen der Gesellschaft zu setzen, ohne das es wie wir in unserer Begründung für den Fraktionsausschluß schreiben keinen Sozialismus mehr geben darf und im übrigen, weil die Menschheit kollektiv niemals denselben Fehler zweimal macht, auch nie geben wird.
Wer diese Position nicht teilt, kann versuchen, für andere Positionen Mehrheiten zu gewinnen aber er wird dafür DIE LINKE nicht benutzen können.
Die ganze Kritik gegenüber der angeblich zu harten Umgangsweise mit der Abgeordneten Wegner konzentriert sich um den Vorwurf, wir hätten sie ohne Prüfung der Tatsachen aus der Fraktion geworfen. Das ist ein Märchen. Als am Donnerstag die Vorabinformationen zur abendlichen Panorama-Sendung kamen, hat unsere Landesvorsitzende und Fraktionsvorsitzende im Beisein des Autors CW angerufen und sie gefragt, ob sie die dort über den Ticker laufenden Äußerungen so getan hätte. Sie hat das nicht abgestritten, aber um Bedenkzeit für genauere Prüfung gebeten. Tina Flauger hat ihr dann im solidarischen, ruhigen Ton, allerdings auch auf die Dramatik der Hamburg-Wahl hinweisend gesagt, daß wir ihr in dem Fall, daß das alles so sei, wie Panorama behaupte, den Mandatsverzicht nahe legen und ihren Fraktionsausschluß prüfen würden. Zumindest für Niedersachsen kann ich bezeugen, daß der Ausschluß nicht, wie CW in der jw vom 21.02.08 behauptet, schon vor der Ausstrahlung der Panorama-Sendung feststand. Und niemand anders als die niedersächsische Fraktion konnte diesen Ausschluß beschließen.
Wir haben sie an diesem Tag angesichts der Gefahr für die Wahl in Hamburg in der Tat gebeten, zunächst öffentlich nichts weiter zu diesem Thema zu sagen, aber auch möglichst schnell eine eigene schriftliche Stellungnahme zu dem Vorgang zu verfassen. Diese Stellungnahme lag zumindest mir als ihrem Noch-Fraktionsvorsitzenden erst am Sonntag abend um 21:00 Uhr vor. Kernsatz: Mein Aussage im Interview bezog sich nicht auf die Stasi.
Das aber läßt sich presserechtlich klären. Also habe ich gut eine Stunde später sie und ihren Rechtsanwalt ebenfalls schriftlich um das Einlegen von Rechtsmitteln gebeten, um eine Herausgabe des Interviewmitschnitts zu erwirken. Bis heute (4.März 2008) kenne ich kein Schriftstück, mit dem das auch nur versucht wird.
Stattdessen erschien am 21.02.08 ein Interview von CW in der jw, in der sie abwinkend erklärt: Bestenfalls würde in einer Panorama-Sendung eine Richtstellung in zwei Sätzen erfolgen. Das lohnt nicht wirklich … Bestenfalls! Das lohnt nicht! Und so sollen wir kämpfen in diesem Lande? Bestenfalls! Das lohnt nicht! Nur zwei Sätze im nationalen Fernsehen? Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es ein Stück aus dem Tollhaus der führenden Partei der Arbeiterklasse und welcher Kontrast zu den Zeiten der Kämpfe gegen die Berufsverbote, wo diese DKP zu recht um jeden Fußbreit Boden vor den Gerichten gefochten hat.
Einen Tag nach diesem jw-Interview hat Panorama schriftlich erklärt: Der Kontext wäre so gewesen wie dargelegt: Anders als jetzt von Frau Wegner behauptet, ging es dabei nicht um irgendeinen Geheimdienst, sondern durchgängig ganz konkret um die DDR Staatssicherheit.
Eine oder einer lügt hier. Und das kann herausgefunden werden. Aber nur durch die interviewte Person und die von ihr beauftragten Rechtsanwälte. Solange warten wir.
Gewartet haben wir auch in den dramatischen Tagen nach der Sendung. Und solange haben wir nicht einknickend allem Drängen auf die Nennung eines Termins, bis wann wir denn auf eine Erklärung der Abgeordneten Wegner warten würden, geantwortet, daß wir ihr kein Ultimatum stellen würden. Vielleicht hätten wir es ja tun sollen aber ihr Schweigen auch uns gegenüber hat dazu geführt, daß es in unserem Landesverband dann in der Tat kein Verständnis mehr dafür gab, den Trennungsstrich, den sie zwischen uns und ihr gezogen hatte, dann auch nicht unsererseits nachzuziehen.
Die damit verbundene Forderung nach Mandatszurückgabe ist nur konsequent. Auch hier läßt sich die Absurdität der Position der Abgeordneten Wegner anhand ihrer eigenen Interviews belegen. Zum Vorwurf der Wählertäuschung sagt sie2, das sei absurd, denn: In meinem Wahlkreis bin ich als Direktkandidatin aufgetreten und in der Lokalpresse als Kandidatin für DIE LINKE, aber auch als DKP-Mitglied vorgestellt worden. Sie sollte aber zur Kenntnis nehmen, daß sie keine direkt in Buchholz, sondern über die Liste gewählte Abgeordnete ist.
Und wir nehmen zur Kenntnis, daß sie stur und damit Abgeordnete bleibt. Die gegenseitige Zuneigung fördert das nicht.
Ein paar Worte zur jungen Welt
Als langjähriger Leser und Autor der jW sei mir auch ein kritisches Wort zu dieser Zeitung gestattet, die ich mit für das wertvollste halte, das es zur Zeit als täglich gedrucktes Material in Deutschland gibt. Da ich diese Zeitung mit herausgebe, ist es gleichzeitig eine selbstkritische Bemerkung: Die jW hat ausführlich und sehr kritisch über die Vorgänge um Christel Wegner berichtet. Das ist gut und aus meiner Sicht auch in der Zuspitzung hilfreich. Hilfreich wäre es allerdings auch gewesen, wenn die Zeitung auch nur 10 Prozent dieser Aufmerksamkeit vor dem 27. Januar darauf verwendet hätte, den Wahlkampf zu nutzen, um das Potential marxistisch orientierter Kräfte in Niedersachsen zu stärken. Dieser Wahlkampf fand in der jW praktisch nicht statt. Das ist keine Kleinigkeit. Man könnte denken: Leser der jW wählen doch eh die LINKE. Aber es hat natürlich Wirkung innerhalb der in diesen Wochen durch neue Kräfte kontinuierlich gewachsenen Partei hinein, wenn sie von marxistisch orientierten Genossen auf eine Zeitung als Alternative zu HAZ und Braunschweiger Zeitung aufmerksam gemacht werden und feststellen, daß sie selbst mit ihrem Kampf darin überhaupt nicht vorkommen und diese Zeitung dann folglich auch nicht weiter beachten.
Es ist geschenkt, daß die Redaktion eine Solidaritätsveranstaltung mit Christel Wegner organisiert hat, die so kurzfristig angesetzt war, daß die provokant gemeinten, öffentlich verkündeten Einladungen an Vertreter der Partei DIE LINKE selbst dann nicht hätten wahrgenommen werden können, wenn diese bereit gewesen wären, sich vorführen zu lassen. Aber es besteht hoffentlich auch aus den Augen der Redaktion der jw ein gewisser Kontrast zwischen dieser organisatorischen Kraft und Schnelligkeit und der Tatsache, daß es in den ganzen langen Winterwochen des niedersächsischen Wahlkampfes nicht eine einzige Leserversammlung der jw zwischen Nordsee und Harz gegeben hat, auf der gemeinsam überlegt worden wäre, wie Leser dieser Zeitung denn helfen können, die LINKE und damit jetzt die als Verfolgte gefeierte Christel Wegner in den Landtag zu bekommen.
Es ist geschenkt, daß die jW jetzt Unterschriften gegen eine Hexenjagd sammelt und nach der Existenz eines Radikalenerlasses jetzt auch in der Partei die Linke fragt (jW vom 23./24. Februar 2004). Aber zumindest hätte erwartet werden können, bei dem vielen Schaum vor dem Mund mal kurz die Brille freizuwischen, um wenigstens zu realisieren, daß die Konstituierung des Niedersächsischen Landtages nicht Ende März, wie in der großmundig Berliner Erklärung genannten Unterschriftensammlung stattfindet, sondern sie Ende Februar stattgefunden hat. Kein Wunder, daß auch über diese Konstituierung dann in der jW recht wenig zu finden war und damit auch nichts darüber, daß DIE LINKE (nicht die Abgeordnete Wegner, die ihr Rederecht nicht wahrgenommen hat) dort die erste längere Rede dafür genutzt hat, auf die Opfer der KPD in der Zeit des Faschismus hinzuweisen und alle Abgeordneten aufzufordern, die an der Wolga begrabenen Rotarmisten zu ehren. Über all das: Kein Sterbenswörtchen in der jungen Welt stattdessen Anklagen gegen eine angebliche Hexenjagd gegenüber einer mit 6.500 Euro Monatseinnahmen nicht allzu sehr drangsalierten Kommunistin.
Wie weiter?
Die vielen tausend Unterschriften, die dann Ende März, einen Monat nach der konstituierenden Sitzung des Landtags eintreffen werden, stehen unter der Forderung, CW wieder einen Status innerhalb der Landtagsfraktion … zu geben. Auch hier hat die Redaktion schlecht recherchiert. Alle Abgeordneten auch CW – haben von der Landtagsverwaltung zwei Tage nach der Wahl unter anderem die Geschäftsordnung (GO) des Landtags ausgehändigt bekommen. Sie ist auch im Internet verfügbar. Einige haben die gelesen, andere offenbar nicht. Dort heißt es im § 2: Fraktionen sind Vereinigungen, zu denen sich Mitglieder des Landtages zusammenschließen können, die der gleichen Partei angehören …. Solange die Mehrheit des Landtages die aus CDU und FDP besteht – diese GO nicht ändert, kann CW nicht Mitglied einer ihrer Fraktionen werden. Wenn es denn je eine Chance gegeben hat, an dieser Bestimmung vorbei zu verhindern, daß CW fraktionslose Abgeordnete wird mit dem Klingeln der Panorama-Leute an ihrer Haustür und ihrem freundlichen Kommen Sie rein war diese Chance vorbei und auch noch so viele Unterschriften unter die Listen der jw werden daran nichts mehr ändern.
Also sitzt sie jetzt allein im Landtag und bleibt auch auf absehbare Zeit die einzige Vollzeit-Parlamentarierin der DKP. Durch ihre gemütliche Stunde mit den Panorama-Leuten in ihrem Wohnzimmer hat sie im Ergebnis vermutlich ihren Genossen Harms kurz vor dem Eingang in die Hamburger Bürgerschaft von der Treppe geschossen auch das gehört zu den Folgerungen dieser Einzelaktion.
Im übrigen wird es weder ein Schneiden der Abgeordneten durch ihre ehemaligen Listenkollegen geben noch eine Hexenjagd. Wir nehmen zur Kenntnis, daß sie öffentlich erklärt hat, weiter für die Umsetzung des Wahlprogramms der Liste 5 zu wirken.
Ansonsten gilt zumindest aus persönlicher Sicht des Autors dieser Zeilen, daß sich die Partei DIE LINKE gegenüber Mitgliedern der DKP so verhalten sollte wie gegenüber Mitgliedern aller anderen Parteien, die zu unserer Programmatik Deckungsflächen aufweisen. Konkurrierende Kandidaturen haben mich noch nie gehindert, mit SPD-Leuten in der Gewerkschaft oder im Personalrat/Betriebsrats-Bereich zusammenzuarbeiten. Und die Zusammenarbeit mit GRÜNEN ist in einer Reihe von Bürgerinitiativen ebenfalls eng und herzlich. Warum sollte das bei DKP-Leuten anders sein oder werden?
Die Frage aber des Umgangs mit der DKP ist eine Nebenfrage, durch die wir uns nicht von der Hauptfrage abdrängen lassen werden: Wie finden wir mit den Millionen Menschen, die sich sozial benachteiligt fühlen, gemeinsam einen Weg, um die weiter drohende Verschärfung der sozialen Spaltung abzuwenden und den Weg für eine soziale und das heißt unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts sozialistische Gesellschaft zu öffnen, in der Gemein- über Privateigentum, Demokratie über Kapitalzirkel, Politik über die Wirtschaft bestimmen statt umgekehrt.
Täusche sich niemand: So wie der Kollaps der US-amerikanischen Getreidemärkte im Herbst 1929 einige Quartale brauchte, um sich bis in die Realwirtschaft Europas durchzuarbeiten, um dort dann erst 1930/31 eine Explosion der Verzweiflung und wieder zwei Jahre später eine Explosion der Barbarei hervorzubringen, so liegt der Tsunami des Bebens der US-amerikanischen Immobilienkrise nicht hinter, sondern noch vor uns.
Und dieses kommende Krisenszenarium entwickelt sich in einer Zeit, in der im April die ersten Verbände der Bundeswehr nach Asien verabschiedet werden sollen, die nun auch offiziell nicht mehr den Auftrag zum Brunnenbohren und zum Waffengebrauch nur zur Selbstverteidigung, sondern den zur offensiven Liquidierung gegnerischer Einheiten in den Marschbefehl geschrieben bekommen.
Krise und Krieg ist das, was auf uns alle und damit die noch zerbrechliche junge Partei DIE LINKE zukommt, deren Verantwortung, fürchte ich zuweilen, uns in ihrer ganzen historischen Dramatik erst zu dämmern beginnt.
Nehmen wir noch einmal Niedersachsen: Eine Partei, deren Stimmenzahl (hier mal PDS mit LINKE gleichgesetzt) innerhalb von fünf Jahren von 20.000 auf eine Viertelmillion explodiert, ist nicht stabil. Sie kann das gar nicht sein. Unter der Viertelmillion sind viele, die das sagen, was mir jüngst eine mit Begeisterung und Verzweiflung zugleich in der Stimme sagte: Ich habe Sie gewählt, weil wir überhaupt nicht mehr wissen, wie wir klarkommen sollen. Die Rechten kann man nicht wählen hoffentlich schaffen Sie, etwas zu ändern.
Keiner von uns soll sich irgendwelchen Illusionen hingeben: Wenn diese Partei versagt entweder weil sie sich in ihre Bestandteile zerlegt oder weil sie angesichts der Fleischtöpfe des Parlamentarismus so wird wie die anderen dann sind diese Wähler, die so viel verzweifelte Hoffnung in uns setzen, bei den nächsten Wahlen weg wie Flugsand. Und dann sind die Faschisten über uns.
Wir werden uns mit Blick auf diese Viertelmillion, denen sozial und materiell das Wasser bis zum Halse steht, von nichts und niemanden von der Leitlinie unserer drei Wahlplakate abdrängen lassen: Armut bekämpfen Bildung gebührenfrei für alle Privatisierung stoppen. Wir werden uns von nichts und niemanden im nachhinein unseren Sieg vom 27. Januar zerreden oder zerschreddern lassen.
Wir werden als Partei und als Fraktion das tun, was uns der Landesausschuß unserer Partei in demselben Beschluß, in dem er die von Christel Wegner uns gegenüber gezogene Trennungslinie nachgezogen hat, als Auftrag auf den Weg gegeben gab:
Die Durchsetzungsfähigkeit unserer Ziele hat sich durch den Wahlerfolg verbessert. Sie ist nicht von der Erringung einer Regierungsmehrheit abhängig. Entscheidend ist auch in Zukunft unsere Fähigkeit als Partei, in enger Zusammenarbeit mit Gewerkschaften, sozialen, ökologischen und feministischen Initiativen die Menschen, die das politische Geschehen bis jetzt noch überwiegend in einer nach links verschobenen Zuschauerdemokratie von außen oder lediglich als Akteure in der Wahlkabine begleiten, zu kontinuierlich Handelnden für die eigenen Interessen zu machen. … Insofern bleibt es bei der Priorität des außerparlamentarischen Kampfes vor dem parlamentarischen und dabei, daß die Partei die Fraktion im Niedersächsischen Landtag politisch führt.
Entsprechend diesem Beschluss konzentrieren wir uns auf die Entwicklung einer Kampagne zum Mindestlohn, auf die Erhöhung des Druckes für die Überwindung der unsozialen Selektionsschule und ihre Ersetzung durch Gesamtschulen und auf die Entwicklung des Widerstands gegen die Entsendung von Kampftruppen insbesondere der 1. Panzerdivision aus Hannover nach Afghanistan.
Noch einmal: Von diesen Hauptaufgaben werden uns nicht abdrängen lassen. Durch nichts und niemanden.
1 Unsere Zeit (UZ), 1.2.08, S. 2
2 jW, 21.02.08
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