10. März 2008

Klauis-Rainer RuppMit Änderungsanträgen zum Haushalt will Die Linke in der Bremischen Bürgerschaft Profil zeigen. Ein Gespräch mit Klaus-Rainer Rupp

Klaus-Rainer Rupp ist haushalts- und finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke in der Bremischen Bürgerschaft

Zum Haushaltsentwurf 2008/2009 des SPD-Grünen-Senats hat Ihre Fraktion 42 Änderungsanträge eingereicht. Wo liegen die Schwerpunkte?

Unsere Anträge zielen erstens auf eine Vielzahl kleinerer und nun von Haushaltskürzungen betroffener Sozialprojekte. Da geht es um Summen, die so gering sind, daß sie das Haushaltsgesamtvolumen kaum tangieren würden. Andererseits wäre es genau dieses fehlende Geld, das Einrichtungen in ihrem Bestand gefährdet. Beispielhaft will ich dafür den Notruf für Frauen und Mädchen und die Beratungsstelle für Prostituierte erwähnen. Ein weiterer Teil unserer Anträge zielt schließlich auf Bereiche, wo Bremen, um seinen sozialen Zusammenhalt zu stärken, dringend mehr Geld investieren muß. 18 Millionen Euro fordern wir z.B. für den Aufbau eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors. Beantragt haben wir außerdem, daß 35 weitere Lehrer für die Primarstufe, 20 Fallmanager für die Jugendarbeit und fünf zusätzliche Hebammen für die Betreuung von Risikofamilien eingestellt werden. Nicht einverstanden sind wir zudem mit den Senatsplanungen, die Gehaltserhöhungen für die Beamten vom Januar 2008 auf den November zu verschieben.

Welche zusätzlichen Kosten würden durch Ihren Vorschlag entstehen?

Für 2008 wäre es ein Volumen von 85, für 2009 von 107 Millionen Euro. Bezogen auf den gesamten Haushalt, wäre das eine Erhöhung um etwa zwei Prozent. Das liegt also selbst noch unter dem, was im Rahmen eines Inflationsausgleichs notwendig wäre.

Trotzdem haben die Regierungsparteien eingewandt, daß viele Anträge angesichts der Haushaltslage nicht finanzierbar sind.

Auch wenn die Linke nicht dafür verantwortlich ist, daß Bremen nun Staatsschulden von über 15 Milliarden Euro aufweist, können wir einer überbordenden Staatsverschuldung nicht das Wort reden. Andererseits muß beim Schuldenabbau eine Abwägung zwischen den – von uns so genannten – sozialen Schulden und den fiskalischen Schulden erfolgen. Wir sind in Bremen an einem Punkt angelangt, wo weitere Kürzungen im Sozial-, Bildungs- und Kulturbereich, nur dazu führen, daß eine ganz neue Form von Schulden entsteht. Schulden, die dann auch mit Geld nicht mehr auszugleichen wären. Nehmen Sie z.B. die nur mit zwei Mitarbeitern besetzte Beratungsstelle für die Prostituierten. Wer die weiter zusammenstreicht, der muß uns erklären, wie er die daraus entstehenden sozialen Probleme bewältigen will.

Wie haben Sie Ihre Anträge mit Initiativen oder Sozialprojekten abgestimmt?

Durch öffentliche Anhörungen. Unmittelbar nachdem die Eckwerte des Haushaltsplans vorlagen, haben wir zu einer Reihe von Anhörungen – für die Bereiche Arbeit und Soziales, Wissenschaft, Bildung und Kultur sowie Stadtentwicklung und Umwelt – eingeladen. Die Gewerkschaften, die von Sozialkürzungen betroffenen Initiativen und Projekte sowie weitere außerparlamentarische Gruppen nahmen daran teil. So erfuhren wir, wo der Schuh am meisten drückt, wo wir mit Anträgen aktiv werden müssen.

In einem Thesenpapier hat Ihre Fraktion kürzlich gesagt, daß die Haushaltspolitik des Bremer Senats die Landesverfassung verletzt. Wäre es da nicht konsequent, den gesamten Haushaltsentwurf abzulehnen?

Das werden wir tun. Doch dies enthebt uns nicht von der Pflicht, durch konkrete Detailanträge das einzufordern, was zum Erhalt wichtiger sozialer Projekte unabdingbar ist. So wird zudem deutlich, daß wir nicht in einem Wolkenkuckucksheim leben, sondern daß unsere Forderungen realistisch sind.

Richtig ist, daß unsere Landesverfassung seit Jahren verletzt wird. Sie enthält eine Vielzahl von Bestimmungen, die darauf hinauslaufen, daß die wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungsmöglichkeiten für alle Bremer Bürger annähernd gleich sein müssen. Daß also soziale Unterschiede durch öffentliche Dienstleistungsangebote teilweise weit ausgeglichen werden müssen. Mittelfristig muß es deshalb auch darum gehen, die Einnahmeseite zu stärken, anstatt immer weiter zu kürzen. Durch eine gerechtere Besteuerung höherer Einkommen und einen solidarischen Länderfinanzausgleich wäre dies möglich.

Nähere Infos: www.linksfraktion-bremen.de

Verwendung: Junge Welt vom 10. März 2008
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