26. Februar 2008

Wolfgang JoitheDKP-Debatte schmälert Wahlerfolg: Linke freut sich dennoch über ihren »Achter«. Ein Gespräch mit Wolfgang Joithe

Wolfgang Joithe ist Bürgerschaftsabgeordneter für Die Linke in Hamburg

Die Linke sitzt erstmals mit acht Abgeordneten im Hamburger Rathaus. Doch als am Sonntag abend die ersten Prognosewerte für Ihre Partei bekannt wurden, war die Begeisterung auf Ihrer Wahlparty eher verhalten. Woran lag das?

Daran, daß es unmittelbar vor den Wahlen höhere Umfragewerte gab und wir uns so ausrechneten, vielleicht sogar ein zweistelliges Ergebnis einzufahren. Die Stimmung im Wahlkampf war uns gegenüber ja ausgesprochen positiv. Erst im Laufe des Abends haben wir dann realisiert, daß unser Hauptziel, nämlich mit unserem »Achter« in die Bürgerschaft einzuziehen, erreicht wurde. Das ist ein großer Erfolg.

Wahlforscher gehen davon aus, daß die Debatte um die niedersächsische Landtagsabgeordnete und DKP-Politikerin Christel Wegner das Ergebnis für Ihre Partei negativ beeinflußt hat. Teilen Sie diese Einschätzung?

Fakt ist, daß uns diese Debatte – und die damit verbundene antikommunistische Kampagne – sicherlich nicht genutzt hat. Die Führung der DKP und auch Frau Wegner müssen sich schon die Frage gefallen lassen, warum es geschlagene fünf Tage gebraucht hat, bis sie eine Stellungnahme zur »Panorama«-Sendung vorlegten. Das hat sicherlich zu Irritationen unter unseren Wählern, aber auch bei unseren Mitgliedern geführt. Diese Irritation hat sich erst gelegt, als dann die Stellungnahme des Hamburger DKP-Manns Olaf Harms vorlag, in der sich dieser von Menschenrechtsverletzungen ausdrücklich distanzierte.

Andererseits haben sich Harms und die DKP jetzt bei der Hamburger Linkspartei dafür bedankt, daß diese nicht ihrerseits auf den antikommunistischen Zug aufgesprungen ist. War das unter wahltaktischen Gesichtspunkten nicht falsch?

Wenn ein solcher Antikommunismus auftaucht, dann darf man als Linker dem nicht ausweichen, sondern dann muß man diesem deutlich widerstehen. Doch andererseits müssen wir jetzt auch überlegen, ob wir uns derartigen Angriffsflächen in Zukunft noch einmal aussetzen wollen, indem auf unseren Listen auch Personen aus anderen Parteien kandidieren. Klar muß sein: Wer bei uns kandidiert, muß auch zu den Grundlagen unseres Programms stehen.

Nicht nur das Linke-Wahlergebnis blieb unter den Erwartungen. Auch die SPD hat ihr Ziel von 38 Prozent nicht erreicht. Demgegenüber konnte die CDU ihr zweitbestes Wahlergebnis seit 1946 einfahren. Wahlforscher sagen, das liege vor allem an der Person des Bürgermeisters.

Das liegt sicherlich auch an Ole von Beust, der ja merkwürdigerweise in Hamburg erhebliche Sympathiewerte hat. Doch zum anderen liegt es auch an seinem Herausforderer. Man darf nicht vergessen, daß Michael Naumann erst zum Spitzenkandidaten wurde, nachdem bei der SPD eine Urabstimmung über zwei andere Kandidaten so sehr manipuliert worden war, daß sie schließlich für ungültig erklärt werden mußte. Eingeführt hat sich Naumann zudem mit dem Wahlkampfhelfer Gerhard Schröder und einem Statement, wonach die Agenda-Politik und die Hartz-IV-Gesetze völlig richtig wären. Das hat sicherlich nicht dazu beigetragen, ehemalige Wähler der SPD zu mobilisieren.

Vieles deutet jetzt auf eine schwarz-grüne Koalition hin. Wie wird die Linke die Hamburger Landesregierung unter Druck setzen?

Wenn sich die Grünen darauf einlassen, dann ist das ein Verrat an ihren eigenen Wählern. Wir werden unmittelbar nach Konstituierung der Bürgerschaft deshalb dort beantragen, ein Sozialticket für Erwerbslose wieder einzuführen, die Studiengebühren zu streichen und öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen zu vergeben, die einen Mindestlohn zahlen und Tarifverträge einhalten. Dann werden wir sehen, wie sich Grüne und SPD zu ihren eigenen Wahlversprechen verhalten.

[Dieses Interview ist Teil einer Schwerpunktseite in der Tageszeitung Junge Welt vom 26.02.08. Lesen Sie dazu auch meinen Beitrag Alle haben verloren sowie die Übersicht Statistik: Daten und Fakten. Die gesamte und gestaltete Seite können Sie sich hier zudem als PDF-Datei downloaden. Passend dazu auch eine Erklärung von Politiker der Linkspartei zur Hamburg Wahl.]

Verwendung: Junge Welt vom 26. Februar 2008