18. Februar 2008

Hamburg: Gleich drei rechte Parteien kandidieren für die Bürgerschaft

Rund 600 Antifaschisten haben am Sonntag in Hamburg gegen eine Wahlveranstaltung der Deutschen Volksunion (DVU) mit deren Bundesvorsitzendem Gerhard Frey demonstriert. Kurz zuvor hatte das Oberverwaltungsgericht das städtische Congress-Centrum Hamburg (CCH) verpflichtet, der DVU einen Saal zu vermieten. Dies entspreche dem Grundsatz der »Gleichbehandlung« aller für die Bürgerschaftswahlen am 24. Februar antretenden Parteien, hieß es zur Begründung. Neonazis hätten kein Recht auf eine solche Gleichbehandlung, betonte indes das »Hamburger Bündnis gegen rechts«. Es rief zu einer Protestkundgebung direkt vor dem Center auf.

Daß die DVU ihre Wahlveranstaltung für rassistische Hetze nutzt, wurde gleich zu Beginn der Veranstaltung deutlich. Vor etwa 250 Anhängern, darunter auch Angehörige aus den militant neofaschistischen »freien Kameradschaften« um Neonaziführer Christian Worch, fabulierte Frey über »kriminelle Ausländer« und »rote Politbonzen«, die das Land ruinierten. Er forderte, daß »deutsches Geld« nur für Deutsche zur Verfügung stehe und betonte, daß er noch heute stolz auf die Leistungen seines Vaters in der Wehrmacht sei.

»Jawohl« und »Frey, Frey, Frey«, riefen daraufhin einige der Anwesenden und klatschten so laut, daß Frey mit seiner Rede ins Stocken und schließlich sogar aus dem Konzept geriet. Erst jetzt erkannten die DVU-Ordner, daß der nachhaltige Applaus nicht aus den eigenen Reihen, sondern von etwa 25 Antifaschisten kam, die es trotz der zahlreichen Polizeisperren geschafft hatten, in den Saal zu gelangen. Für sie wurde es nun ungemütlich. Geschubst und getreten, gezerrt und geschlagen, landeten sie schließlich vor der Tür.

Aus dem ultrarechten Lager tritt für die Bürgerschaftswahlen nur die DVU an. Sie ist zwar in Hamburg relativ schwach, doch im sogenannten Deutschland-Pakt zwischen NPD und DVU hatten sich beide Parteien darauf geeinigt, daß es bei Landtagswahlen keine Konkurrenzkandidaturen geben dürfe und man sich gegenseitig und im Wechsel unterstützt.

Doch im Wahlkampf der DVU ist von der NPD bisher wenig zu sehen. Multimillionär Frey finanziert mit seinem Vermögen zwar den Druck der Propagandamaterialien. Doch was nützt dies, wenn das anschließend keiner verteilt? Die DVU-Wahlkampagne bleibe jedenfalls »weit unter dem, was wir erwartet haben«, so Antifa-Bündnis-Sprecher Wolfram Siede gegenüber jW. Er vermutet, daß Teile der NPD, darunter ihr Hamburger Landesverband, den Pakt mit der DVU nicht wollen. Ein schlechtes Wahlergebnis für die DVU würde den innerparteilichen Druck erhöhen, von diesem künftig wieder Abstand zu nehmen.

Ein Einzug der DVU in die Hamburger Bürgerschaft ist jedenfalls nicht zu erwarten. Das gilt auch für zwei weitere Parteien am rechten Rand: die vom ehemaligen CDU-Justizsenator Roger Kusch gegründete Partei »Rechte Mitte Heimat Hamburg« und den von Ex-Innensenator Dirk Nockemann – ein ehemaliger Parteigänger von Ronald Barnabas Schill – aufgebauten Hamburger Landesverband der Deutschen Zentrumspartei. Doch anders als 2001, wo Schill mit seinen Law-and-order-Parolen zum Liebling der Hamburger Boulevardmedien avancierte, stoßen seine Erben zur Zeit auf wenig Resonanz.

Verwendung: Junge Welt vom 18. Februar 2008
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