Hamburg: Konferenz der Linkspartei zur Gewerkschaftspolitik geriet zur Wahlkampfveranstaltung
Etwa 200 Menschen waren am Samstag zu einer norddeutschen Regionalkonferenz der Arbeitsgemeinschaft »Betrieb & Gewerkschaft« der Partei Die Linke gekommen. Strategien zur Eindämmung der Leiharbeit, gegen Lohndumping und für die Ausweitung der Mitbestimmungsrechte standen auf dem Programm. Doch 14 Tage vor den Bürgerschaftswahlen in Hamburg spielten die Inhalte dann doch eher eine Nebenrolle. Mittelpunkt der Konferenz war Gregor Gysi, der den anwesenden Gewerkschaftern der IG Metall, von ver.di und GEW prophezeite, seine Partei werde nach dem 24.Februar mit einem »Top-Ergebnis« in das Rathaus einziehen.
Entsprechend mediengerecht war schon der Tagungsauftakt im Bürgerhaus des Arbeiterstadtteils Wilhelmsburg gestaltet: Der frischgebackene niedersächsische Landtagsabgeordnete Manfred Sohn überreichte seinen Hamburger Genossen einen Staffelstab, in den die 5,1- und die 7,1-Prozentmarken, die Wahlergebnisse der Partei in Hessen und Niedersachsen symbolisierend, eingeritzt waren. Nur darüber, also im zweistelligen Bereich, sei nun auf dem Holz noch Platz, erklärte Sohn. Die Szene wurde von den Medienvertretern allerdings kaum wahrgenommen, denn die Kameraaugen richteten sich zum nämlichen Zeitpunkt auf eine Pressekonferenz mit Gysi.
Der bereitete die Öffentlichkeit darauf vor, daß seine Partei nach dem erwarteten glänzenden Hamburger Wahlergebnis die Festung Bayern stürmen werde. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag verwies darauf, daß Exkanzler Gerhard Schröder (SPD) der Vater der aktuellen Erfolge der Partei Die Linke ist. Er habe mit seiner »neoliberalen Politik« die Gründung der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) geradezu herausgefordert, die maßgeblich für den Aufstieg der aus der Fusion mit der PDS-Nachfolgerin Linkspartei hervorgegangenen Partei Die Linke auch im Westen war.
Im Verlauf der Beratung empörte Gysi sich, daß die reiche Bundesrepublik in punkto Lohnhöhe nur auf Platz elf der 15 Kernländer der Europäischen Union steht. Sieglinde Friess, ver.di-Fachbereichsleiterin für den öffentlichen Dienst in Hamburg, forderte Die Linke zur Solidarität mit den Beschäftigten bei Bund und Kommunen in den bevorstehenden Tarifkämpfen auf, kündigte aber auch an, sie werde die Linke im Wahlkampf unterstützen. Sie hoffe dabei, daß die Hamburger Linke »ganz anders« sei als die in Berlin. Friess erhielt dafür den stärksten Beifall des Tages. Gysi erklärte dazu sehr allgemein, die mitregierenden Berliner Genossen hätten zwar »am Anfang sehr viel falsch gemacht«, doch inzwischen laufe auch »vieles richtig«.
Während der Pressekonferenz hatte Gysi erneut bewiesen, daß für ihn jede Solidarität aufhört, wenn es um Kandidaturen von DKP-Mitgliedern auf Linkspartei-Ticket geht. Auf die Frage eines Journalisten, warum wie zuvor in Niedersachsen nun auch in Hamburg DKP-Genossen auf den Wahllisten der Linken zu finden seien, erklärte er, es gebe »unüberbrückbare Gegensätze« zwischen seiner Partei und der DKP, bat aber süffisant um Verständnis für die Westlinke: Die sei in der Alt-BRD stets erfolglos gewesen und hätte folglich froh sein müssen, wenigstens über eine »marxistisch-leninistische Sekte« zu verfügen. Ein klares Feindbild ersetzt beim Linke-Frontmann offenbar weiterhin jede Kenntnis der Lage vor Ort. Auf Begeisterung dürfte er damit bei den Hamburger Genossen nicht stoßen.
Verwendung: Junge Welt vom 11. Februar 2008
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Naja, unabhängig von meiner politischen Meinung muss ich sagen, dass der Gysi schon ein verdammt guter Demagoge ist!
Beste Grüße Dr. Snuggles
demagogisch mutet mir eigentlich immer nur alles an, was von außen über die Linken so geredet wird.
So sind die größten Hetzer eigentlich immer jene, die über Gysie oder Laffontaine „Hetzer“ sagen. Das trifft auf Koch genauso zu, wie auf Beck und seine Schergen.
Die Diebe zeigen von sich weg und schreien „haltet den Dieb“.