Lebensraum für Fische und Vögel in Gefahr: Tausende protestierten zwischen Hamburg und Dresden gegen Vertiefungs- und Begradigungsprojekte des Flusses
Am gesamten Flußlauf der Elbe in Deutschland haben am Sonntag abend rund 15000 Umweltschützer in 35 Orten mit Fackeln gegen die Pläne zur Vertiefung des Gewässers sowie zahlreiche weitere Bauprojekte, wie etwa den Ausbau der Mittel- und Oberelbe, demonstriert. Nach Angaben des Veranstalters, des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), wurden die Proteste von etwa 40 regionalen Umweltinitiativen, Verbänden und Vereinen unterstützt.
Am größten war das Lichtermeer in Dresden, wo sich allein fast 3000 Menschen an der Aktion »Fackeln für die Elbe« beteiligten. Hier demonstrierten die Teilnehmer gegen den Bau der Waldschlößchenbrücke. Dem Protest gegen dieses von der sächsischen Landesregierung geplante Bauvorhaben sei besondere Bedeutung zugekommen, weil damit ein UNESCO-Welterbestatus und ein bedeutsames Erholungsgebiet verlorengehe, erklärte der BUND-Vorsitzende, Professor Dr. Hubert Weiger, am Montag.
Mehrere tausend Teilnehmer verzeichnete der BUND auch bei den Protesten in Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Hier stand vor allem die vom Hamburger Senat geplante Elbvertiefung um einen weiteren Meter im Mittelpunkt der Aktionen. Umweltschützer und Anrainer befürchten, daß dadurch die Sturmflutgefahr beträchtlich steigt. Da durch die Maßnahme die Flußgeschwindigkeit zunehme, seien zahlreiche Lebensräume für Fische und Seevögel bedroht. Im Hamburger Hafen verwiesen Redner vor etwa 300 Bürgern darauf, daß die »ökologische Belastungsfähigkeit« der Elbe bereits jetzt erreicht sei.
Proteste gegen überdimensionierte Verkehrsprojekte gab es auch in Torgau und in Dömitz (Kreis Ludwigslust). Während es in Torgau um die Wirkungen einer neuen und in Tschechien geplanten Elbstaustufe sowie um die Einengung und Vertiefung im mittleren und oberen Elblauf ging, zogen etwa 300 Menschen in Dömitz an ihren Fluß, um gegen die dortigen Pläne zum Begradigen eines bislang noch relativ naturbelassenen Elbabschnitts zu protestieren. Das Gebiet würde bisher von zahlreichen Zugvögeln auch als Rast- und Überwinterungsgebiet genutzt, was aber bei dessen Ausbau in Frage gestellt sei. Daß die Flußlandschaft der Elbe bundesweit »zu einem der größten Bioreservate in ganz Deutschland« gehört, betonte am Montag auch der Vorstand des BUND in einer Erklärung. Es sei »aller höchste Zeit, daß die Politiker in Bund und Ländern ihre Ignoranz beenden« und das Feld nicht »nur einigen wenigen Profiteuren der jeweiligen Bauprojekte überlassen«, forderte Ernst Paul Dörfler, Leiter des BUND Elbeprojektes.
Verwendung: Junge Welt vom 15. Januar 2008
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