15. Dezember 2007

Olaf HarmsGespräch mit Olaf Harms zu den Bürgerschaftswahlen in Hamburg

Für die Bürgerschaftswahlen am 24. Februar 2008 kandidierst Du auf Platz 10 der Kandidatenliste der LINKEN. Mit Rücksicht auf die Föderation der türkischen Arbeitervereine (DIDF) hattest Du darauf verzichtet, für Platz 6 der Liste zu kandidieren. Warum geschah dies und wie bewertest Du dein eigenes Ergebnis?

Die Hamburger LINKE hatte schon vor Monaten signalisiert, dass sie mit offenen Listen antreten will. Allerdings sah sich der Vorstand nicht dazu in der Lage, einen Personalvorschlag für die Delegierten des Wahlparteitages zu unterbreiten. So gab es viele Bewerber. Wir hatten verdeutlicht, dass wir uns nicht auf Konkurrenzkämpfe mit anderen Gruppen einlassen werden. Die DIDF ist eine große Migrantenorganisation und sie gehört zu unseren Bündnispartnern.

Was mein Ergebnis anbetrifft, so will ich unterstreichen, dass dies das Resultat der Arbeit unserer gesamten Bezirksorganisation ist. Es zeigt, dass unsere Genossen in ihrer Tätigkeit, insbesondere in den Stadtteilen, anerkannt sind. Dass wir nach 1989 an einer eigenständigen Kommunistischen Partei festhielten und dann das Profil kommunistischer Politik in harter Arbeit wieder schärften, das wird heute auch von den LINKEN anerkannt.

Antikommunistische Ressentiments gab es nicht?

Auf dem gesamten Wahlparteitag gab es keine Äußerung, die in diese Richtung wies. Etliche Delegierte setzten sich sogar dafür ein, dass die DKP auf der Kandidatenliste vertreten ist. Diesen Standpunkt hat die Listen-Erste Dora Heyenn auch auf unserer eigenen Bezirkskonferenz unterstrichen. Sie sagte, dass ihr die Zusammenarbeit auch deshalb sehr wichtig sei, weil die DKP als marxistisch-leninistische Partei Aufgaben hätte, die von der LINKEN gar nicht übernommen werden könnten.

Nach Meinungsumfragen liegt die LINKE bei sieben bis acht Prozent. Werden es 8,3 Prozent, steht die Chance nicht schlecht, dass du selbst in die Bürgerschaft einziehst.

Das ist für mich nicht entscheidend. Viel wichtiger ist es, dass überhaupt eine linke Fraktion in das Rathaus einzieht. Bei 5 Prozent wären es sechs Abgeordnete. Darunter ein guter Vertreter der Erwerbsloseninitiativen und Aktive aus Betrieb und Gewerkschaft.

Für die DKP wäre es doch aber von Bedeutung, wenn auch ein Kommunist in die Bürgerschaft zöge. So wie in die Bezirksversammlungen von Wandsbek und Harburg. Denn hier kandidieren DKP-Mitglieder schon ab Platz 3 der jeweiligen Listen.

Ein Kommunist in der Bürgerschaft – das wäre natürlich von Bedeutung. Doch lass uns darüber diskutieren, wenn es der Fall sein sollte. Zu den Bezirken möchte ich ergänzen, dass wir auch in Altona gute Chancen haben, mit einer Genossin in das Bezirksparlament einzuziehen. Für uns ist das eine große Chance. Denn diese Genossen benötigen dann die feste Einbindung und die Unterstützung ihrer Wohngebietsgruppen. So könnten wir unser kommunalpolitisches Profil deutlich schärfen.

Was wäre daran das Spezifische?

Sich, wie es Lenin sagt, um das Teewasser zu bekümmern. Also um die Alltagssorgen der Menschen. Diese müssen wir mit den außerparlamentarischen Bewegungen und den dortigen Kämpfen verbinden. Es reicht nicht aus, wenn die SPD zum Beispiel fordert ein kommunales Stadtwerk zu gründen und das dann als Großkunde bei den Energieversorgungsunternehmen auftritt. Die Energiepreise werden sich nur senken lassen, wenn auch die Versorgungsunternehmen wieder in staatlicher Hand sind. Hier verknüpfen sich die Interessen der Belegschaften mit denen der Konsumenten. Zudem gilt: Nur mit dem Druck der Straße, werden wir in den Parlamenten etwas erreichen.

Wie und mit welchen Schwerpunkten wird die DKP Wahlkampf betreiben?

Wir unterstützen den Wahlkampf der LINKEN. Gleichzeitig entwickeln wir eigene Aktivitäten und geben auch eigene Materialien heraus. Inhaltlich geht es um jene vier Punkte, die auch im Sofortprogramm der LINKEN betont werden: Der Kampf für mehr Demokratie und gegen den Abbau demokratischer Rechte. Zum Beispiel bei den Volksentscheiden. Der Kampf gegen weitere Privatisierungen und für die Rekommunalisierung privatisierter Bereiche. Dann der Bereich Arbeit und Soziales. Wir sagen:„Hartz IV muss weg“. Kompromisse kann es da nicht geben. Bis dies erreicht ist, fordern wir eine Anhebung des Regelsatzes auf mindestens 500 Euro. Alternativen zu der auf Ausgrenzung und Selektion gerichteten Bildungspolitik des Hamburger CDU-Senats, bilden den vierten Schwerpunkt.

Als DKP werden wir außerdem friedenspolitische und antifaschistische Positionen betonen. Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts. Hamburg ist eine Rüstungsmetropole. Wir sagen: Rüstung vernichtet Arbeitsplätze, ist eine gigantische Verschwendung öffentlichen Vermögens. Im antifaschistischen Bereich kämpfen wir gegen den Einzug der DVU in das Landesparlament. Deshalb haben wir im „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ den Aufruf „Keine Stimme den Nazis“ mit initiiert. Als Erstunterzeichner konnten bekannte Schauspieler, Fußball-Kicker, zahlreiche Wissenschaftler, aber auch etliche Gewerkschafter und Betriebsräte gewonnen werden. So soll ein Klima entstehen, in dem die Nazis keine Chance haben, ihre rassistischen Aktivitäten zu entfalten.

Warum hat es sich die DKP eigentlich so schwer gemacht, die LINKE zu unterstützen? Die Entscheidung fiel ja erst nach Aufstellung der Kandidatenlisten.

Das kann ich so nicht akzeptieren. Denn schon im Dezember 2006 haben wir politische Kriterien erarbeitet. Selbst nicht zu kandidieren und stattdessen die LINKE zu unterstützen, das haben wir davon abhängig gemacht, ob es ihnen gelingt, klare Position gegen die Privatisierungen, für die Zusammenarbeit mit außerparlamentarischen Bewegungen, für eine konsequente Oppositionspolitik zu finden. Wir mussten ja berücksichtigen, dass es eine neue Partei mit zahlreichen neuen Mitgliedern ist. Wir wollten dann schon abwarten, wie sich diese positionieren. Denn eines ist doch auch klar: Wäre es so wie in Berlin, dann hätte es die Unterstützung der DKP nicht gegeben.

Wahlumfragen besagen, dass Bürgermeister Ole von Beust (CDU) nur abgelöst werden kann, wenn nach den Wahlen alle Oppositionsparteien bei der Bürgermeisterwahl zusammen stehen. Wie ist deine Haltung zu diesen Fragen?

Das halte ich für abwegig. Es widerspräche zudem den Beschlüssen der Linkspartei. Selbst wenn eine linke Fraktion das Zünglein an der Waage wäre, so geht es doch auch dann um inhaltliche Fragen. Ich sehe die Aufgabe einer solchen Fraktion eher darin, die Finger in die Wunden der Regierungspolitik zu legen und aus der Opposition heraus Veränderungen zu bewirken.

Die SPD hat aber gerade ein Wahlprogramm beschlossen, wo man meinen kann, es sei bei den LINKEN abgeschrieben.

Links blinken, heißt noch nicht links zu handeln. Wenn SPD-Bürgermeisterkandidat Michael Naumann nun bestimmte Positionen übernimmt, dann ist das ein erster Erfolg. Doch bisher ist es nur Wahlkampfgetöse. Denn wenn die SPD ihre Politik tatsächlich korrigieren möchte, dann könnte sie schon jetzt entsprechende Anträge in die Bürgerschaft einbringen. Zum Beispiel für die Abschaffung der Ein-Euro-Jobs und deren Ersatz durch reguläre Arbeitsplätze.

Verwendung: Wochenzeitung Unsere Zeit vom 15.12.07, Seite 2