13. Dezember 2007

Peter ErlansonDie Linke in der Bremischen Bürgerschaft arbeitet sich nach anfänglichen Fehlern in die Parlamentsarbeit ein. Ein Gespräch mit Peter Erlanson

Peter Erlanson ist Vorsitzender der Fraktion »Die Linke« in der Bremischen Bürgerschaft

Ihre Fraktion sorgt gegenwärtig vor allem für Negativschlagzeilen. Vor allem in der taz ist von Machtkämpfen und davon die Rede, daß Ihre Fraktion bereits zerrissen und damit paralysiert sei. Stimmt das?

Wo gearbeitet wird, da werden Fehler gemacht. Das will ich für die Bremer Linke und auch für unsere Fraktion keineswegs abstreiten. Doch das, was jetzt an Vorwürfen kommt, ist so an den Haaren herbeigezogen, daß es mit der Realität kaum noch etwas zu tun hat. Sind wir etwa paralysiert, wenn wir zum Beispiel am Donnerstag eine große Solidaritätsveranstaltung mit Beschäftigten aller städtischen Kliniken gegen die Teilprivatisierung der Krankenhäuser machen? Sind wir zerrissen, wenn wir das Thema vorher schon in die Bürgerschaft gebracht haben? Ähnlich läuft es in anderen Fragen, die wir als linke Fraktion bereits in den ersten sechs Monaten unserer Repräsentanz in dieser Bürgerschaft bearbeitet oder angestoßen haben. Zum Beispiel die Schulbeihilfen und das Sozialticket für Bezieher von Arbeitslosengeld II, das wir fordern. Stolz bin ich darauf, daß unter unserem Druck die Zahl der Zwangsumzüge für Hartz-IV-Empfänger deutlich reduziert werden mußte. Ohne unsere Fraktion hätte es bis heute keine Öffentlichkeit bei den Ausschuß- und Deputationssitzungen gegeben. Gerade für Initiativen ist das von besonderer Bedeutung! Die Fraktionsarbeit läuft also gar nicht so schlecht.

Doch warum dann diese Medienschelte?

Die taz hat uns vorgeworfen, wir seien mit dem Versprechen angetreten, alles anders oder besser zu machen. Dieses Versprechen hätten wir nicht eingelöst. Wir streiten für eine andere Politik – aber, daß wir die besseren Menschen sind, die keine Fehler machen, haben wir nie gesagt. Wir befinden uns in einem Lernprozeß. Jede und jeder einzelne Abgeordnete, die gesamte Fraktion. Daß uns die taz als kritische Zeitung diesen Prozeß nicht zubilligt, finde ich schade. Sie sieht ihre Aufgabe offenbar nur darin, auf uns einzuhauen.

Wie erklären Sie sich das?

Wenn es um Konflikte geht, bei denen auch Emotionen und menschliche Zerwürfnisse auftreten, dann besteht bei Journalisten oft ein besonderes Interesse. Vielleicht gilt das für kleinere Zeitungen in besonderer Weise. Also mal den Bohrer herauszuholen und zu zeigen: Seht her, wenn wir wollen, dann können wir das und das mit euch machen. Richtig nachvollziehen kann ich einen solchen Ehrgeiz nicht.

Wie ging es Ihnen, als Sie am Freitag letzter Woche die von der taz erhobenen Vorwürfe auch im Neuen Deutschland (ND) nachlesen konnten?

Das ND will keine Parteizeitung sein, sondern versteht sich als Blatt, das dem kritischen Journalismus verpflichtet ist. Das nehme ich ernst und das respektiere ich auch. Doch bei allem Respekt: Was da jetzt abgeliefert wurde, das hat mit kritischem Journalismus nichts zu tun. Das war üble Nachrede. Ich frage mich, warum tun die das? Nicht nur wir sind ja die Geschädigten, sondern auch die Wahlkämpfer in Hamburg, Hessen und Niedersachsen. Oder sollte die Botschaft sein, daß die Westlinke einfach zu blöde ist, um kluge Parlamentsarbeit zu betreiben?

Hat nicht auch Ihre Fraktion Fehler gemacht?

Etliche! Ich kann sie gar nicht alle aufzählen. Doch andererseits ärgert es mich schon, wenn jetzt einige so tun, als hätten sie den Stein der Weisen bereits gefunden – also, wie man linke Oppositionspolitik in einem westdeutschen Landesparlament optimal betreibt. Wir wollten in dieses Parlament, um dort Sprachrohr für die außerparlamentarischen Bewegungen und für die Interessen unserer Wähler zu sein. Doch wir sind allesamt keine Berufspolitiker. Wir kommen aus Initiativen, aus Gewerkschaften und Betriebsräten. Das aber bedeutet, daß wir das eine oder andere auch noch lernen müssen. In Bremen führen wir regelmäßige Plenumsveranstaltungen durch. Dort kann jeder einzelne, auch wenn er nicht zur Linken gehört, durchaus auf die Inhalte unserer Parlamentsarbeit Einfluß nehmen.

Wie wollen Sie die Öffentlichkeitsarbeit Ihrer Fraktion verbessern?

Zugespitzt gesagt, gibt es auf dem Bremer Zeitungsmarkt die taz und den Weser-Kurier. Darüber verstärkt nachzudenken, wie wir unsere Wähler vielleicht auch direkt erreichen können, wäre deshalb eine lohnenswerte Aufgabe.

[Dieser Artikel ist Teil einer Schwerpunktseite in der Tageszeitung „Junge Welt“ vom 13. Dezember 2007. Lesen Sie deshalb auch die anderen beiden Artikel dieser Seite: Die Linke in Bremen und Kleine Schwächen. Die gesamte und gestaltete Zeitungsseite können Sie sich hier auch als PDF-Datei herunterladen.]

Verwendung: Junge Welt vom 13. Dezember 2007
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