23. November 2007

Michael Naumann und Kurt BeckHamburger Linke setzt SPD unter Druck

In Hamburg gibt es derzeit einiges zu bestaunen: die Hafencity als des Kontinents größte Baustelle, eine imposante Ausstellung über die antiken Gräber von Paestum. Vor allem aber den „Linksruck“ der SPD. Denn mit jedem Tag, da die Bürgerschaftswahlen am 24. Februar 2008 nun näher rücken, umwirbt SPD-Bürgermeisterkandidat Michael Naumann auch die nach links schlagenden Herzen immer offensiver. Gefragt, was er von Ein-Euro-Jobs halte, ließ er diese Woche an diesen kein gutes Haar. Ähnlich bizarr auch die Auslegung des Wahlprogramms der SPD in anderen Fragen: Ein „Mindestlohn für Geringverdiener“ müsse nun her, ein „Stopp der Privatisierungen“, der „Verzicht auf die Studiengebühren“ sowie eine „kostenlose Kita-Betreuung“. sagt der 65-jährige ehemalige Staatsminister aus dem Kabinett von Gerhard Schröder. Es sind halt Wahlkampfzeiten und da sagt der Kandidat zu allem ja.

Doch aus dem Umfragetief kommt Naumann trotzdem nicht. Vor Wochen polterte er noch gegen „Die Linke“, weil deren Forderung nach einer Rekommunalisierung der Kliniken „Politik des letzten Jahrhunderts“ und aus der „Mottenkiste der DDR“ gewesen wäre. Doch das half auch nicht. Die Meinungsforschungsinstitute geben ihm und seiner Partei seit Monaten nur magere 32 Prozent. Von vier auf fünf, dann auf sechs, schließlich sogar auf sieben bis acht Prozent stiegen hingegen die Umfragewerte für „Die Linke“.

Olaf Harms (DKP) auf Listenplatz 10

Dass deren Ergebnis am Wahlabend noch viel besser wird, dafür kämpft die
linke Spitzenkandidatin Dora Heyenn. Sie spüre auf Wochenmärkten und auf Veranstaltungen ein großes Interesse, sagt die 58-jährige Lehrerin und frühere schleswig-holsteinische Landtagsabgeordnete der SPD gegenüber der UZ. Mit ihrer alten Partei brach Heyenn, als Oskar Lafontaine das Handtuch warf. Glaubwürdigkeit habe es in der Regierungspolitik seitdem nicht mehr gegeben. Die Hamburger Linke werde sich auch deshalb an keiner Regierung beteiligen. Selbst wenn sie das „Zünglein an der Waage“ wäre, sagt Heyenn. Doch selbst eine Tolerierung schlossen die 130 Delegierten eines Wahl-Parteitages Ende September weitgehend aus. Die könne es nur geben, wenn sich ein anderer Kandidat als der amtierende Bürgermeister Öle von Beust (CDU) auf das linke Sofortprogramm beziehe und dieses dann auch umsetze.

Deutlich wird diese Haltung auch an der Kandidatenliste. Denn auf den weiteren als aussichtsreich empfundenen Listenplätzen kandidieren der Wirtschaftswissenschaftler Joachim Bischoff und die bisherige Sprecherin der Hamburger Linken, Christiane Schneider, der Erwerbslosenvertreter Wolfgang Joithe, die Bauer-Betriebsrätin Kersten Artus, Mehmet Yildiz von der Föderation der türkischen Arbeitervereine (DIDF), die iranische Marxistin Zaman Masudi, der Ex-Grüne Norbert Hackbusch (er verließ seine Partei anlässlich des Kosovo-Kriegs) und DKP-Landeschef Olaf Harms.

Dass die Kommunisten die LINKEN unterstützen, das beschloss eine Mitgliederversammlung der DKP erst nach Aufstellung der Kandidatenliste. Hier wollte man zunächst abwarten, ob der Verzicht auf Regierungsbeteiligungen und die Absage weiterer Privatisierungen wirklich beschlossen werden. Entscheidungsrelevant war außerdem, ob sich die Orientierung auf „offenen Listen“ und auf die außerparlamentarischen Bewegungen durchsetzt.

Nun sieht es freilich so aus, als wenn mit Harms auch ein Kommunist wieder in die Bürgerschaft einziehen könnte. Oberhalb eines Ergebnisses von acht Prozent wäre dies wahrscheinlich, heißt es aus dem linken Wahlbüro. Gute Chancen, Parlamentsmandate zu erringen, hat die DKP aber auch in Harburg und in Wandsbek. Denn hier kandidieren Kommunisten schon ab Platz 3 der jeweiligen linken Wahlvorschläge für die „Bezirksversammlungen“ genannten Kommunalparlamente.

DKP unterstützt die Kandidatur von „Die Linke“
* Die DKP unterstützt die Kandidatur der Partei „Die Linke“ bei den Wahlen zur Hamburgischen Bürgerschaft und zu den Bezirksversammlungen am 24.2.2008 und wird daher zu diesen Wahlen eine Eigenkandidatur nicht durchführen.
* Die DKP-Hamburg wird sich inhaltlich mit ihren eigenen politischen Forderungen und Aussagen in den Wahlkampf einbringen. Hierzu wird ein Wahlaktiv, bestehend aus unseren Kandidatlnnen sowie mindestens je einem Mitglied pro Grundorganisation gebildet und die Herstellung von eigenen DKP-Wahlkampfmaterialien (Plakat, Flugblätter) organisiert. Als weiteres zentrales Wahlkampfmaterial wird die Broschüre „Hamburg – Stadt der Klassengegensätze“ gedruckt und in Umlauf gebracht.
* Die Gliederungen der DKP-Hamburg greifen aktiv in den Wahlkampf ein.
* Unser Ziel sind starke Fraktionen der linken und fortschrittlichen Kräfte mit einer klaren Orientierung auf die außerparlamentarischen Bewegungen
(Beschluss der DKP-Hamburg zu den Wahlen zur Bürgerschaft und zu den Bezirksversammlungen am 24.02.08 in Hamburg)

Verwendung: Unsere Zeit, Printausgabe 23.11.07, Seite 7
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