Landgericht Hamburg soll am Freitag über Unterlassungsklage entscheiden
Der Hamburger SPD-Bürgermeisterkandidat und ehemalige Zeit-Mitherausgeber Michael Naumann will dem Vorstandsmitglied der Hamburger Linken, Horst Bethge, gerichtlich die Aussage verbieten lassen, Naumann sei ein »alter Bertelsmann« und habe jahrelang »intime Beziehungen zum Bundesnachrichtendienst (BND)« gepflegt. Über eine entsprechende Unterlassungsklage will das Landgericht Hamburg am Freitag entscheiden.
Bethge hatte die beanstandeten Aussagen Mitte April per E-Mail an einige Bekannte verschickt. Wenige Tage später forderte Naumann eine Unterlassungserklärung, verbunden mit der Aufforderung, Bethge möge unterschreiben, daß er für den »entstandenen oder entstehenden Schaden« aufkomme. Doch sowohl das Landgericht, als auch das Oberlandesgericht wiesen die Eilanträge Naumanns auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurück. Jetzt sucht er sein Glück im Klageverfahren. Gewinnt er es, könnte es für Bethge teuer werden, denn der Streitwert des Verfahrens liegt bei 30000 Euro.
Daß es zwischen Naumann und dem BND Kontakte gegeben hat, steht indes zweifelsfrei fest. Bethge hatte sich in seiner Mail auf den Geheimdienstexperten Erich Schmidt-Eenboom berufen, der in dem Buch »Undercover. Der BND und die deutschen Journalisten« schon 1998 eine Kontaktliste des BND aus dem März 1970 veröffentlicht hatte. Naumann, der dort unter dem Decknamen »Nord-Dorf« geführt wurde, wandte ein, es sei lediglich ein »Zufallskontakt« gewesen. Er habe 1970 bei der Pressestelle des BND angerufen und um Illustrationen für den Nachdruck eines amerikanischen Artikels über den russischen Geheimdienst gebeten.
Zufall hin oder her: Die von Schmidt-Eenboom veröffentlichte Liste von 230 »Pressesonderverbindungen« war auf Ersuchen des damaligen Kanzleramtsministers Horst Ehmke (SPD) erstellt worden, der Licht in das Treiben des seinerzeit von vielen Skandalen geschüttelten Geheimdienstes bringen wollte. Doch selbst wenn Naumann wirklich zufällig auf die Liste gekommen sein sollte der damals 29jährige hatte noch ganz andere Verbindungen. Denn just, als seine steile journalistische Karriere 1970 bei der Zeit begann, heiratete er die Tochter des damaligen BND-Chefs (und ehemaligen Nazioffiziers) Gerhard Wessel. Dieser sagte einmal: »Ich halte es für eine legitime und ehrenvolle Mitarbeit auch von Journalisten, wenn sie dem BND Erkenntnisse vermitteln.« Auffällig ist ebenfalls, daß Naumann, als er 1979 die erste Dossier-Redaktion bei der Zeit übernahm, innerhalb eines Jahres gleich drei Dossiers mit Geheimdienstthemen füllte: eine erste zum Ministerium für Staatssicherheit der DDR, eine zweite über den Zugang israelischer Agenten zu in Deutschland inhaftierten Palästinensern, eine dritte dann im März 1980 zu Lauschangriffen. Alle drei waren laut Schmidt-Eenboom mit »Teilinformationen« aus dem BND gespickt.
Verhandlung vor dem Landgericht Hamburg: Naumann contra Bethge. Freitag, 16. 11. 2007, 11 Uhr im Ziviljustizgebäude, Sievekingplatz 1, Sitzungsraum B 335
Verwendung: Junge Welt vom 14. November 2007
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