13. November 2007

Lorenz Gösta Beutin, Landessprecher der Partei Die Linke in Schleswig-HolsteinDie Linke Schleswig-Holsteins zieht mit antikapitalistischen Positionen und offenen Listen in den Wahlkampf. Ein Gespräch mit Lorenz Gösta Beutin

Lorenz Gösta Beutin ist Landessprecher der Partei Die Linke in Schleswig-Holstein

Auf der Fortsetzung des Gründungsparteitages der Partei Die Linke in Schlewig-Holstein ist am Sonntag in Kiel ein Leitantrag verabschiedet worden. Gestritten wurde im Vorfeld über Fragen einer möglichen Regierungsbeteiligung und ob in einem landespolitischen Forderungskatalog auch sozialistische Zielsetzungen ihren Platz haben. Welche Positionen haben sich durchgesetzt?

Wir haben deutlich gemacht, daß landes- und kommunalpolitische Alternativen in eine gesellschaftspolitische Perspektive zur Überwindung des Kapitalismus eingebettet sein müssen. Denn wir wollen eine Gesellschaft, die frei ist von der Herrschaft des Kapitals. Lokal handeln, aber global denken, das war unser Motto auch auf diesem Parteitag.

Ebenso klar ist unsere Haltung zur Frage möglicher Regierungsbeteiligungen. Wir werden sowohl bei den Kommunalwahlen als auch bei den dann folgenden Landtagswahlen als eine klare Oppositionskraft zum neoliberalen Mainstream antreten.

Aber wie würden Sie sich verhalten, wenn nach den Landtagswahlen die Bildung einer neuen Landesregierung nur mit Unterstützung der Linken möglich wäre?

Dann würden wir eine solche Regierung nur tolerieren, wenn sie zu einem grundsätzlichen Politikwechsel bereit wäre. Das aber hieße zum Beispiel, daß sie für die Erhöhung der Erbschaftssteuer und für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer aktiv eintreten müßte. Daß sie sich den Hartz-IV-Gesetzen verweigert, Ein-Euro-Jobs abschafft und durch reguläre und sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse ersetzt. Ebenso müßte eine solche Regierung das bisherige selektierende Schulsystem durch eine Schule für alle ersetzen. Definitiv Schluß sein müßte mit der bisherigen Privatisierungs- und Kürzungspolitik.

Linke Politik muß glaubwürdig sein. Deshalb haben wir unterstrichen, daß es uns nicht nur um einen Parteienwechsel, sondern um einen Politikwechsel geht. Außer dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) sind die anderen Parteien doch nur Wasserträger des Neoliberalismus.

In Ihrem Leitantrag haben Sie sich gegen den Überwachungsstaat und für eine Rücknahme der Verschärfung des Polizeirechts in Schleswig-Holstein ausgesprochen. Wie stehen Sie angesichts dieser Positionierung zur angestrebten Verschärfung des Polizeirechts in Berlin?

Auf Bundesebene vertritt Die Linke die gleiche Position wie wir auf Landesebene. Was in Berlin passieren soll, widerspricht der Position der Gesamtpartei deutlich. Vor diesem Hintergrund habe ich in meiner Rede meiner Freude Ausdruck verliehen, daß in Berlin dazu jetzt eine Diskussion in Gang kommt. Da sollten wir unseren Berliner Genossinnen und Genossen den Rücken stärken, damit sie den Mut haben, diesen Weg in Richtung Überwachungsstaat nicht mitzugehen.

Unterstrichen hat Ihr Parteitag das grundsätzliche Nein zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Auch wenn sich diese auf der Grundlage von Kapitel VII der UN-Charta vollziehen. Was waren dafür die Motive?

So wie in der alten PDS gibt es auch in der neuen Partei durchaus einige, die diese friedenspolitischen Positionen aufweichen möchten. Deshalb haben wir mit ganz großer Mehrheit verdeutlicht, daß dies mit uns nicht zu machen ist.

Im Mai 2008 finden Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein statt. Wie und mit welchen Zielen wird Ihre Partei daran teilnehmen?

Wir wollen in alle Kreistage und in etliche Gemeindevertretungen in Fraktionsstärke einziehen. Für den Wahlkampf wurden kommunalpolitische Eckpunkte bereits erarbeitet, die nun auf einem weiteren Parteitag Anfang 2008 verabschiedet werden sollen. Auch dort steht der Kampf gegen Privatisierungen und den weiteren Sozialklau im Vordergrund. Wir fordern zudem eine Rekommunalisierung aller bereits privatisierten Bereiche. Wichtig für uns ist auch der Antifaschismus. Denn auf kommunaler Ebene nehmen die Aktivitäten von Neonazis in Schleswig-Holstein bedrohlich zu.

Bereits festgelegt haben wir außerdem, daß wir bei den Kommunalwahlen mit offenen Listen antreten werden. Wir bemühen uns, Vertreter der außerparlamentarischen Bewegungen, aus lokalen Initiativen und aus anderen linken Gruppen für unsere Kandidatenlisten zu gewinnen. Diese Haltung kam auch in einer Solidaritätsresolution mit den streikenden Lokführern zum Ausdruck. Wir unterstützen ihre Forderungen nach deutlichen Lohnerhöhungen genauso wie ihr Engagement gegen die Privatisierung der Bahn.

Verwendung: Junge Welt vom 13. November 2007
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