Hamburger LINKE-Parteitag lehnt Regierungsbeteiligung ab
Hamburgs LINKE wird in den Wahlkampf für die Bürgerschaftswahlen im Februar 2008 mit einem klaren Oppositionsverständnis und einer alternativen Wirtschafts- und Gesellschaftskonzeption eingreifen. So jedenfalls beschlossen es die etwa 130 Delegierten am späten Samstagabend und nach rund 13-stündiger Parteitagsdebatte.
Einstimmig wurde das Wahlprogramm beschlossen, mit überwältigender Mehrheit der Wahlaufruf »Veränderung beginnt mit Opposition«. In diesem beschlossen die Vertreter der etwa 1000 Hamburger Parteimitglieder, dass sie nur als Oppositionskraft zur Verfügung stehen werden.
Nach einem Einzug in das Parlament werde man jedenfalls nicht das »Zünglein an der Waage« sein. Denn die Wahl eines anderen Bürgermeisters als des amtierenden Amtsinhabers Ole von Beust (CDU) werde es mit der LINKEN nur geben, wenn sich der auf das Sofortprogramm der LINKEN beziehe und sich auch dazu verpflichte, es umzusetzen. Nur als Oppositionskraft werde sich die Hamburger Linke gegen weiteren Sozialabbau, gegen weitere Privatisierungen und die Kürzungen im Bildungs-, Kultur-, Jugend- und Sozialbereich wehren.
Das bestätigte auch Bundesparteichef Oskar Lafontaine, der sich in seiner Rede gegen jegliche Kungeleien mit dem sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Michael Naumann ausgesprochen hatte. Denn dieser sei ein Befürworter dessen, womit es durch die LINKEN niemals Frieden geben dürfe: Hartz IV, dem Sozial- und Rentenklau. Mit Blick auf den Hamburger Bürgermeister Ole von Beust (CDU) setzte sich dann Lafontaine vor allem für eine Stärkung von Volksentscheiden ein. Denn Demokratie heiße, dass sich »die Interessen der Mehrheit bei politischen Entscheidungen« nicht aber nur die »Minderheit der Abgeordneten« durchsetzten müsse.
Dass es für die Hamburger LINKE einen Frieden mit Hartz IV nicht geben kann, wurde indes schon vor Beginn des zweitägigen Parteitags deutlich. Denn ursprünglich hatte der Landesvorstand ein neues und öffentlich gefördertes Beschäftigungsprogramm vorgeschlagen, das sich in seiner Umsetzung auf die im Sozialgesetzbuch II als Alternative zu den Ein-Euro-Jobs vorgesehenen »Arbeitsgelegenheiten« mit der sogenannten Entgelt variante bezog. Dies aber stieß bei der parteiinternen Arbeitsgemeinschaft »Arbeit und Armut« auf heftigen Protest. Sie lehnte Arbeitsgelegenheiten grundsätzlich ab und sprach von einem »staatlich exekutierten Arbeitszwang«. Dem aber schlossen sich schließlich auch die Antragskommission und der Landesvorstand an. Die LINKE fordert, dass es ein solches Beschäftigungsprogramm nur auf der Grundlage aller tarif-, sozial- und arbeitsrechtlichen Standards geben könne.
Heftige Konflikte traten indes bei der Wahl der Kandidatenliste für die Bürgerschaftswahlen auf. Denn für die ersten acht Plätze kandidierten rund 30 Bewerber. Zu einer regelrechten Kampfkandidatur kam es dabei schon um Platz eins. Doch allen Unkenrufen zum Trotz konnte sich hier die schon seit Wochen als Spitzenkandidatin gehandelte, ehemalige SPD-Frau und 58-jährige Lehrerin Dora Hayenn relativ klar gegen ihre Gegenkandidatin aus dem linken Parteilager, der 60-jährigen Iranerin Zaman Masudi durchsetzen. Hayenn erhielt 48 von insgesamt 87 gültigen Stimmen, während für Masudi nur 27 Delegierte votierten.
Gekämpft wurde auch um die weiteren Plätze, auf denen sich schließlich der Sozialwissenschaftler Joachim Bischoff für Listenplatz zwei, Linkspartei-Landessprecherin Christiane Schneider für Listenplatz drei durchsetzen konnten. Für Platz vier gilt die Wahl des 57-jährigen Erwerbslosenvertreters Wolfgang Joithe als sicher. Letzteres ist die eigentliche Überraschung des Parteitages, denn der ehemalige EDV-Systembetreuer gilt bei den Hamburger LINKEN als New-Comer. Die weiteren Wahlen dauerten bei Redaktionsschluss noch an.
Verwendung: Printausgabe Neues Deutschland vom 01. Oktober 2007
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