Werbung für Marschflugkörper und Jet-Triebwerke in einem Anzeigenblatt. Bundestagsabgeordneter der CDU bekam dafür Geld von Rüstungsfirmen
Die Zahlungen von Rüstungsfirmen wie EADS und MBDA für ein von dem CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus-Peter Willsch herausgegebenes Regionalblatt stoßen auf wachsende Kritik. Denn wie der Stern am Dienstag vorab berichtete, äußerte der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim inzwischen den Verdacht, daß es sich bei diesen Zahlungen um verkappte Parteispenden handelt. Aufgeflogen war die Sache, als Willsch seine Nebeneinkünfte beim Bundestagspräsidium deklarierte und dabei drei nicht näher bezeichnete Anzeigenkunden auffielen, die jeweils Zahlungen von 7000 Euro geleistet hatten. Doch für eine ganzseitige Anzeige ist in dem von Willsch herausgegebenen Monatsblatt lediglich ein Nettogrundpreis von 4624 Euro fällig.
Das seien »Gesamtrechnungen« für gleich mehrere Anzeigen gewesen, sagt nun Willsch. Doch warum den Menschen im südwestlichen Zipfel Hessens überhaupt Marschflugkörper oder Eurofighter-Triebwerke mit dem als kostenlose Wurfzeitung verbreiteten Rheingau Taunus Monatsanzeiger (Auflage 90000 Exemplare) angeboten werden, erklärt das nicht. Sein Blättchen gehe nicht nur an einfache Bürger, sondern auch an »hochrangige Mandatsträger der CDU«, sagt Willsch dazu. Gleich 16 Anzeigen mit einem Gesamtpreis von rund 35000 Euro haben die benannten Rüstungsfirmen laut stern deshalb in dem von Hobbyjournalisten aus dem Umfeld der Jungen Union erstellten Blatt bisher veröffentlicht.
Doch den Vorwurf der Bestechlichkeit oder einer Einflußnahme der Rüstungsfirmen weist Willsch, Vorsitzender des Unterausschusses für Angelegenheiten der Europäischen Union und Mitglied im Haushaltsausschuß des Bundestages, entschieden zurück. Jedem sei es schließlich selbst vorbehalten in »diesem oder jenem Medium« Anzeigen zu schalten. Für die hessische SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti ist das keine ausreichende Erklärung. Sie forderte eine »lückenlose Aufklärung«. Und auch der Fraktionschef der Grünen im hessischen Landtag, Tarek Al Wazir, fragt sich nun laut, »warum weltweit agierende Rüstungsunternehmen« ihre teuren Produkte in dem »Käseblatt« anbieten.
Daß Willsch (er erzielte im vergangenen Jahr Nebeneinkünfte von rund 83000 Euro) ein eigenwilliges Verständnis von der Trennung zwischen Mandat und Geschäftsinteressen besitzt, ist sogar auch den eigenen Parteifreunden aufgefallen. Denn der 46jährige Oberleutnant der Reserve hatte zuvor versucht, die auch innerhalb der Union übliche Parteiabgabe mit Eigenanzeigen der CDU in seinem Anzeigenblatt zu verrechnen. Man könne sich deshalb mit diesem Bundestagsabgeordneten nicht mehr schmücken, sagte dazu der frühere Kreislandwirt und langjährige CDU-Mann Herbert Enders gegenüber der Presse.
Doch nicht nur CDU-Abgeordnete sind das Ziel der Rüstungslobby. Erinnert sei an den Hamburger SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs, der sich im Bundestagswahlkampf 2005 seine Wahlkampf-Flyer und Stellschilder von Krauss-Maffei und Rheinmetall finanzieren ließ. Kahrs gilt als Militärexperte und ist Berichterstatter seiner Partei für das Verteidigungsministerium. Doch ein Schelm, wer Böses dabei denkt, und so hatte auch Kahrs jede Kritik zurückgewiesen. Denn »enge Kontakte von Politik und Wirtschaft« gehörten nun mal zum »Kernbereich unserer parlamentarischen Demokratie«, sagte Kahrs.
Verwendung: Junge Welt vom 26. Juli 2007
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