15. Mai 2007

IMAG3685Jubel bei der Linken über Bremer Wahlergebnis. Sie versteht sich als parlamentarische Plattform für die arbeitenden Menschen

Als »historischen« und »in dieser Höhe nicht erwarteten Erfolg« haben Politiker der Linken am Montag das Ergebnis der Bremer Bürgerschaftswahlen bewertet. Mit einem Stimmenanteil von 8,4 Prozent gelang es der Linken erstmals, in ein westdeutsches Landesparlament einzuziehen. Zu diesem Erfolg gehören nicht nur die sieben Mandate im Bremer Landesparlament. Denn die Linke ist erstmals auch in der Stadtverordnetenversammlung von Bremerhaven vertreten. Mit einem Ergebnis von 6,1 Prozent stellt sie auch hier drei Abgeordnete, was für den neu gewählten linken Bürgerschaftsabgeordneten Jost Beilken die eigentliche Überraschung dieses Wahl­abends war. Bremerhaven war bisher als Hochburg der Rechten bekannt.

Fundamental dagegen

Die Bremer Landesvorstände von WASG und Linkspartei betonten unterdessen, der Erfolg von Bremen sei nur mit einer »fundamentalen Oppositionspolitik« möglich gewesen. Nur so seien die »arbeitenden Menschen, die prekär Beschäftigten und auch die Erwerbslosen« erreicht worden, denen man eine »parlamentarische Plattform« geben wolle, hieß es in einer Mitteilung. Daß nur ein »konsequent geführter Oppositionswahlkampf« diesen Erfolg ermöglicht habe, betonten auch die Bundestagsabgeordneten Nele Hirsch und Ulla Jelpke, die Europaabgeordneten Sahra Wagenknecht und Tobias Pflüger sowie Sabine Lösing und Thies Gleiss vom Bundesvorstand der WASG. Positiv sei gewesen, daß man nicht wie in Berlin »gebuckelt« habe, um sich als Koalitionspartner anzudienen, sondern auf klare linke Opposition gesetzt habe.

Dafür steht in Bremen der WASG-Mann und linke Spitzenkandidat Peter Erlanson, den die Bundesvorstände von WASG und Linkspartei eigentlich nicht haben wollten. Diese konnten sich jedoch mit ihrem Vorschlag, den Bundesabgeordneten Axel Troost als Spitzenkandidaten für die Bürgerschaftswahl zu nominieren, an der Basis nicht durchsetzen. Nun aber steht Erlanson, der selbst Betriebsrat im Krankenhaus Links der Weser ist, für die neue Linke, unterstrich der Bürgerschaftsabgeordnete Jost Beilken gegenüber jW. Erlanson sei jemand, der jede Privatisierung öffentlichen Eigentums für Diebstahl halte und sich nicht einwickeln lasse.

Dies kam in den Bremer Arbeitervierteln und unter den Erwerbslosen der Hansestadt besonders gut an, wo die Linke fast durchweg zweistellige Ergebnisse erzielte. Unter Erwerbslosen kam die Linke nach Angaben der Forschungsgruppe Wahlen sogar auf 22 Prozent. Daß die Bremer Linke die in sie gesetzten Hoffnungen nun auch umsetzen will, daran ließen Parteivertreter keine Zweifel. Auf einer Landespressekonferenz kündigten sie erste parlamentarische Initiativen für die konstituierende Sitzung des Landesparlaments im Juni an. Dann soll die Umwandlung von Ein-Euro- Jobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, der Verzicht auf jegliche Zwangsumzüge und die Einführung eines Sozialtickets für Erwerbslose beantragt werden. Auch die noch vom alten Senat geplante Teilprivatisierung der Kliniken steht erneut auf der Tagesordnung des Parlaments.

Zulauf aus der SPD?

Als bedeutend für die Gesamtentwicklung der Linken bezeichnete Oskar Lafontaine das Bremer Ergebnis. »Eine Reihe von Sozialdemokraten und Gewerkschaftern« überlege nun zur Linken zu wechseln, sagte Lafontaine der Sächsischen Zeitung. Er selbst rechne auch bei den Bürgerschaftswahlen in Hamburg und den Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen mit dem Einzug der Linken in die Parlamente.

Verwendung: Junge Welt

Dieser Artikel ist Teil einer Schwerpunktseite in der jW vom 15. Mai. Lesen Sie deshalb auch die Artikel »Wir sprechen vom ›Wunder von Bremen‹« und Denkzettel. Wer mit wem?

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