Streit um Landebahnverlängerung bei Airbus erhält neue Nahrung
Während die Politik über die Airbus-Pläne für den Standort Hamburg erleichtert ist, kündigt der Betriebsrat Proteste an.
Derzeit vergeht kaum ein Tag ohne neue Überraschungen bei Airbus. Am Mittwoch wurde das umstrittene Sparprogramm »Power 8« verkündet, bei dem Hamburg laut Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) mit einem »blauen Auge« davon kam. Doch nun führen Meldungen über einen Baustopp für die geplante Frachterversion des Großraumjets A 380 zu Besorgnis.
Dieser A 380F war in der Hansestadt der Bewilligungsgrund für die umstrittene Verlängerung der Start- und Landebahn am Airbus-Werk in Finkenwerder. Ohne eine solche Verlängerung hätte die Konzernspitze in Toulouse aber auch niemals das Auslieferungszentrum für die Passagiervariante des Megajets genehmigt. Airbus-Deutschland-Chef Gerhard Puttfarcken ist deshalb um Schadensbegrenzung bemüht. Er spricht von einem nur »vorübergehenden Baustopp«, weil bisherige Terminpläne nicht eingehalten worden seien.
Das sieht A 380-Programmchef Mario Heinen offenbar völlig anders. Er sagte gegenüber der »Financial Times Deutschland«, dass es eine Marktperspektive für den Frachter nicht gebe. Großkunden wie die Leasinggesellschaft International Lease Finance sowie Paketversender Fedex und UPS hatten Bestellungen zuvor storniert.
Für die Klägergemeinschaft um die streitbare Obstbäuerin Gabi Quast, die sich jahrelang mit anderen Anrainern gegen die Landebahnverlängerung gewehrt hatte, schafft der Baustopp neue Perspektiven. Gegenüber ND verwies sie darauf, dass das Hauptverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht noch nicht einmal eröffnet worden sei. Bisherige Grundstücksenteignungen und den Baubeginn habe es nur im Wege von Eilverfahren vor dem Landgericht gegeben. Quast fordert jetzt einen sofortigen Rückbau der Baumaßnahmen.
Doch ob das realistisch ist, bleibt abzuwarten. EADS-Konzernchef Louis Gallois hat mit »Power 8« ja nun auch grünes Licht für das neue Hamburger Auslieferungszentrum für den A 380 gegeben. Ein monatelang geführter Streit um die Aufgabenverteilung zwischen den beiden Airbus-Hauptstandorten Hamburg und Toulouse ist damit beendet. Die Landebahnverlängerung forderte die Konzernzentrale auch mit Blick auf künftige noch größere Varianten des Passagierflugzeugs.
Bei Kurz- und Mittelstreckenjets soll Hamburg künftig sogar noch mehr zu tun haben als bisher. Während das Werk bisher nur am Bau für den A 318, den A 319 und den A 321 beteiligt war, kommen nun noch kleinere Kontingente beim A 320 dazu. Und die nächste Generation des erfolgreichen Mittelstreckenflugzeugs, die ab Mitte nächsten Jahrzehnts auf den Markt kommen soll, wird sogar fast vollständig an der Elbe gebaut werden. Entwicklungsverantwortung verbleibt aber auch für den Rumpf und die Kabine des Langstreckenflugzeugs A 350, was für die Hamburger Flugzeugindustrie eine besonders gute Nachricht ist: So bleibt der Standort auch von der neuen Technologie CFK (kohlefaserverstärkter Kunststoff) nicht abgeschnitten, was insbesondere die Politik zuvor befürchtete.
Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sieht die Hansestadt deshalb durch »Power8« auch eher gestärkt. »Fair und angemessen« sei der Standort behandelt worden, hieß es. Doch so viel Euphorie will bei den Beschäftigten und ihrem Betriebsratschef Horst Niehus bisher nicht aufkommen. Niehus weiß, dass auch sein Werk Tribut zahlen muss, wenn Airbus seine Ankündigung wirklich wahrmacht, bis zu 3700 Stellen allein in Deutschland abzubauen. In einigen Medien ist sogar schon von bis zu 1000 Arbeitsplätzen die Rede, die an der Elbe trotz höherer Aufträge verloren gehen könnten.
Das aber will Niehus nicht hinnehmen. Nicht wegen der Personalkosten, sondern wegen Managementfehlern sei Airbus in die Krise geraten. Hunderte seiner Kollegen mobilisierte Niehus deshalb schon am Donnerstag zu ersten Protestaktionen. Und beim europaweiten Aktionstag Mitte März gegen »Power 8« soll Hamburg ein Zentrum der Proteste sein.
Verwendung: Neues Deutschland
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