23. Februar 2007

Portrait MendrzikHamburger Hafenarbeiter w­ehren sich mit Arbeitsniederlegungen und Großdemonstrationen gegen Teilverkauf der HHLA. Ein Gespräch mit Thomas Mendrzik

Thomas Mendrzik ist stellvertretender Konzernbetriebsratsvorsitzender und Sprecher der Vertrauensleute der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) sowie Betriebsratsvorsitzender im Containerterminal Altenwerder

Mit Arbeitsniederlegungen, einer Betriebsversammlung und einer großen Demonstration haben die Hamburger Hafenarbeiter am Donnerstag erneut gegen den Plan des Senats protestiert, 49,9 Prozent der Anteile der Hafen und Logistik AG (HHLA) zu verkaufen. Während die Arbeit seit Beginn der Frühschicht und bis in die Spätschicht auf allen Containerterminals ruhte, zogen Tausende Hafenarbeiter quer durch die Innenstadt. Was macht die Docker so wütend?

Diese sogenannte Teilprivatisierung ist nichts anderes als eine Enteignung der Hamburger Bürger, die der Senat auf kaltem Weg durchsetzen will. Enteignet wird das größte deutsche Hafenunternehmen, das bisher den Bürgern unserer Stadt jedes Jahr einen beträchtlichen Gewinn einbrachte. 2006 lag der nach Steuern bei über 100 Millionen Euro, und die Tendenz geht weiter nach oben. Warum der Senat unser Unternehmen verkaufen will, ist völlig unklar. Die Argumente wechseln ständig. Zunächst hieß es, daß mit dem Erlös die Hafenanlagen der HHLA modernisiert werden sollen. Inzwischen heißt es, daß mit dem Geld die Infrastruktur des Hamburger Hafens ausgebaut werden soll. Das ist nicht Aufgabe der HHLA, sondern eine Aufgabe des Senats, bei der dann auch die privaten Hafenbetreiber zu beteiligen sind. Die Modernisierung unserer Anlagen können wir aus eigener Kraft schultern. Hinzu kommt, daß alle Berechnungen, die uns der Senat vorlegt, offenbar mit dem dicken Daumen erstellt wurden. Seriös ist das alles nicht.

Der Senat hält dem entgegen, daß er das Geld, gerechnet wird mit einem Erlös von 1,5 bis 2 Milliarden Euro, dringend benötigt.

Auch wir haben uns mit Haushaltsexperten zusammengesetzt und dabei festgestellt, daß die Finanzplanung des Senats Posten enthält, die überhaupt nicht ableitbar und offenbar nur sehr willkürlich festgelegt worden sind. Da wird über Investitionen spekuliert, die, wenn überhaupt, erst in Jahren aktuell und auch äußert fragwürdig sind. Ein Beispiel dafür ist der mittlere Freihafen, den der Senat zuschütten will. Wir bezweifeln, daß es sinnvoll ist, weitere Containerterminals in der unmittelbaren Nähe von Wohngebieten zu schaffen. Da gäbe es doch ganz andere Möglichkeiten, wie etwa eine intensivere Nutzung vorhandener Flächen. Bezüglich dieses angeblichen Finanzbedarfs werden die Bürger durch Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) regelrecht belogen. Tatsächlich ist seine Hafenentwicklungsbehörde nicht einmal in der Lage, die schon jetzt zur Verfügung stehenden Mittel sinnvoll zu investieren. Diese sogenannten Wirtschaftsexperten und dieser unfähige Wirtschaftssenator gefährden mit ihren Milchmädchenrechnungen die Zukunft des Hamburger Hafens.

Sie hatten Herrn Uldall zur Belegschaftsversammlung eingeladen. Warum ist er nicht gekommen?

Er hat sich gedrückt. Seine Absage ist ein klarer Affront gegen alle Hafenarbeiter. Zu EADS ist er hinmarschiert und hat sich als Kämpfer für die Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen aufgespielt. Doch dort, wo er der unmittelbare Dienstherr ist, ist er zu feige, sich einer Diskussion zu stellen.

Werden die Arbeitsbedingungen bei einem Teilverkauf denn schlechter?

Wenn wir uns die Häfen anschauen, wo sich solche Heuschrecken bereits festgesetzt haben, kann ich Ihre Frage eindeutig mit Ja beantworten. Investitionsentscheidungen werden dort nicht mehr von lokalen Standortfaktoren, sondern nur noch von den Rendite- und Profiterwartungen der internationalen Großkonzerne abhängig gemacht. Das geht auf die Knochen der Hafenarbeiter, die ihre Sozialstandards verlieren.

Inzwischen wird auch ein Börsengang als Alternative zum Direktverkauf diskutiert. Wäre das besser?

Wir wollen überhaupt keine Privatisierung. Ein Börsengang ist deshalb auch nur als ein möglicher Kompromiß im Gespräch. Vorstellbar ist er nur, wenn es stimmrechtslose Aktien sind und eine Mitarbeiterbeteiligung möglich wird. Daß es diese Option mit dem Börsengang nun gibt, ist ein erster Erfolg unserer Aktionen. Deshalb müssen wir diese fortsetzen.

Verwendung: http://www.jungewelt.de/2007/02-23/057.php