Gipfeltreffen Anfang Juni in Heiligendamm wird weiträumiger abgeriegelt als bislang angenommen. Polizei steckt »erweiterten Maßnahmenraum« ab
Während des G-8-Gipfels Anfang Juni im Ostseebad Heilgendamm will die Polizei eine erweiterte Sicherheitszone einrichten, die über den durch einen derzeit im Bau befindlichen Sperrzaun abgetrennten Bereich weit hinausgehen soll. Das gab der Chef der mit der Absicherung des Gipfels befaßten polizeilichen Sondereinheit »Kavala«, Knut Abramowski, am Donnerstag bei einem Treffen mit Aktivisten der G-8-Gegner bekannt. Eigentlich hatte es bei dem Treffen zwischen Vertretern der »G-8-Protest-CampAG« und der Polizei um die Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten für Globalisierungskritiker während des Gipfels gehen sollen.
Nach Vorstellungen der »Kavala« sollen Proteste in einem um fünf bis zehn Kilometer »erweiterten Maßnahmenraum« um den Zaun herum während des Gipfels »unmöglich« sein, teilte die »CampAG« in einer am Donnerstag verbreiteten Erklärung mit. Ende Januar hatte die Landesregierung der Sondereinheit für die Zeit vom 25. Mai bis 15. Juni auch die Funktion einer Versammlungsbehörde für die Hansestadt Rostock und die Landkreise Bad Doberan und Güstrow übertragen. Der »Maßnahmenraum« umfaßt neben Heiligendamm die Gemeinden Kühlungsborn und Bad Doberan und reicht im Osten bis an die Rostocker Stadtgrenze. Als »unproblematisch« sieht die Polizei den Angaben zufolge lediglich Aktionen und Camps westlich von Reddelich, Steffenshagen, Wittenbeck, Kühlungsborn, südlich von Bad Doberan sowie in Rostock selbst an.
Das »mit heißer Nadel gestrickte Sicherheitskonzept der Polizei« widerspreche »den zu erwartenden Realitäten des Protestes«, heißt es in der Reaktion der G-8-Gegner. Man sei sich sicher, daß wenigstens die Gemeinde Bad Doberan aus der Sicherheitszone herausgenommen werden müsse.
»Immer neue gesperrte Bereichen werden nicht dazu beitragen, daß weniger Menschen zum Protest nach Mecklenburg-Vorpommern kommen, sondern nur dazu, daß er sich unorganisiert äußert und sich seine Plätze selbst sucht«, wird Monty Schädel, Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft und Koordinator im Rostocker Bündnis zur Vorbereitung der G-8-Proteste, in der Erklärung zitiert.
Die G-8-Protestvorbereitung benötigt nach eigenen Angaben für die Zeit vom 1. bis zum 8. Juni 2007 Unterbringungsmöglichkeiten für rund 15000 Teilnehmer. Außerdem sollen in den Camps Gesprächs- und Kulturveranstaltungen stattfinden, bei denen sich die Protestteilnehmenden, aber auch Einwohner der Region und Gäste, über die Folgen der Globalisierung verständigen und Alternativen diskutieren können.
Weil »Kavala« die Schotten dicht macht, fürchtet die Hamburger Polizei, daß sich ein Teil der Aktionen an die Elbe verlagern könnte. Im Gegensatz zu ihren schleswig-holsteinischen Kollegen, die im Juni 1000 Beamte nach Heiligendamm schicken wollen, verweigern sich die Hamburger, wie Polizeisprecher Ralf Meyer dieser Tage bekanntmachte. Begründet wird dies mit dem Asien-Europa-Treffen, zu dem sich Ende Mai bis Anfang Juni rund 1400 politische Spitzenbeamte und mehrere Dutzend Außenminister aus ganz Europa und Asien in der Elbmetropole einfinden werden. Laut Meyer fürchtet die Polizeiführung, daß dieses Treffen für die »linken Kräfte« zu einer »Generalprobe« für Aktionen gegen den G-8-Gipfel werden könnte. Denkbar sei aber auch, daß sich G-8-Gegner, kämen sie in Heiligendamm und Umgebung nicht durch, während des G-8-Treffens auf Hamburg umorientieren könnten, so der Polizeisprecher. Aus diesem Grunde habe der Stadtstaat nun selbst polizeiliche Unterstützung bei anderen Bundesländern beantragt. Insgesamt werden Anfang Juni in Heiligendamm rund 16000 Polizeibeamte der Länder sowie 2000 Bundespolizisten erwartet.
[Der Artikel ist ein gemeinsames Produkt von Joern Boewe und Andreas Grünwald]
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