16. Februar 2007

IMAG3071Senat scheint bei Hafen-Verkauf einzulenken

Auch der Druck der Hafenarbeiter führte dazu, dass sich Hamburg von einem Direktverkauf von 49,9 Prozent der Hafengesellschaft HHLA offensichtlich verabschiedet hat – zu Gunsten eines Börsengangs mit stimmrechtslosen Aktien.

Als Hamburgs CDU-Finanzsenator Michael Freytag Anfang der Woche bekannt gab, er ziehe nun einen Börsengang für die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), mit 3400 Mitarbeitern das größte deutsche Hafenunternehmen, in Betracht, brach bei den Betriebsräten nicht der große Zorn, sondern ein verhaltenes Schulterklopfen aus. Denn gerade dies hatte HHLA-Konzernbetriebsratschef Arno Münster Ende Januar gegenüber Bürgermeister Ole von Beust (CDU) als Kompromiss angedeutet – nachdem die Docker seit Dezember mit Betriebsversammlungen, Arbeitsniederlegungen und Demonstrationen Druck gegen den zunächst angekündigten Verkauf von 49,9 Prozent an einen privaten Investor gemacht hatten.

Absurd ist das nur auf den ersten Blick. Denn in Hamburg wird ein Börsengang offenbar mit Vorzugsaktien anvisiert, die zwar mit höheren Dividenden verbunden sind als normale Anteile, aber nicht mit Stimmrechten. Solche Beteiligungen sind selten geworden – in Zeiten des Shareholder Value legen Aktionäre Wert auf ihren Einfluss. Im Fall des Hamburger Hafens aber sollte es möglich sein, die Scheine auch ohne Mitspracherecht loszuwerden, denn das Containergeschäft verspricht langfristig hohe Gewinne.

Dies – und die Chance, in weiteren Verhandlungen die Ausgabe eines Teils der Aktien an Mitarbeiter zu erreichen oder die zu verkaufenden Unternehmensanteile deutlich zu reduzieren – macht den Börsengang auch für Betriebsräte akzeptabel. Zumal unter den Kaufinteressenten neben Konzernen wie der Deutschen Bahn auch Investmentbanken und Investoren mit Heuschreckenimage gewesen waren, was Ängste um Sozialstandards und vor einer Zerschlagung der HHLA befeuert hatte.

Entschieden ist noch nichts. Doch dass es noch zu einem Direktverkauf kommen könnte, damit rechnet in Hamburg kaum jemand. Zwar dürften die Einnahmen für die Stadt bei einer solchen Abgabe in Aktienstreubesitz geringer ausfallen als bei einem Direktverkauf am Stück. Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) würde die 2,2 Infrastruktur-Milliarden, die er in einen weiteren Ausbau des maritimen Goldesels stecken will, schwieriger zusammenbekommen.

Doch scheint die Regierung einen Konflikt mit den gut organisierten Hafenarbeitern zu scheuen, der sich bis ins Wahljahr 2008 ziehen könnte. Die HHLA-Beschäftigten können sich nicht nur der Unterstützung der 1100 Mitarbeiter des Gesamthafenbetriebs (GHB) und der 1400 Leute des HHLA-Konkurrenten Eurogate sicher sein, sondern auch glaubhaft damit drohen, im Konfrontationsfall nicht nur Hamburg dichtzumachen, sondern durch internationale Solidarität auch ein Ausweichen nach Rotterdam oder Antwerpen zu verhindern.

Hamburgs ver.di-Chef Wolfgang Rose hält diese Art des Börsengangs dennoch nur für die »zweitbeste Lösung«, denn die HHLA, die 2006 nach Steuern 100 Millionen Euro verdiente, könne allein genug Kapital aufbringen. Um sicherzustellen, dass der Direktverkauf nicht doch wieder auf die Agenda kommt, wollen die Docker ihren Druck zunächst beibehalten. Für kommenden Donnerstag sind neue Demonstrationen und Arbeitsniederlegungen geplant.

Verwendung: http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=105167&IDC=2&DB=archiv