22. Januar 2007

Publizistische Alternative zur Springer-Presse in der Hansestadt nach nur fünf Ausgaben eingestellt

Vielseitig, kompakt und kontrovers« wollte die im April 2006 erstmals erschienene Hamburger Initiativenzeitung (HIZ) sein. Doch nun steht das Zweimonatsblatt, das bisher in einer Druckauflage von 100000 Exemplaren kostenlos verteilt wurde, bereits nach fünf Ausgaben wieder vor dem Aus. »Wir müssen das Erscheinen der HIZ für eine nicht bestimmte Zeit einfrieren«, gab Herausgeber Ralf Flechner bereits Ende vergangener Woche bekannt. Er verwies vor allem auf die Lücken aus dem Anzeigengeschäft, mit dem sich das Blatt hauptsächlich finanziert.

Eigentlich sollte die HIZ ein »Gegengewicht zur engen Hamburger Zeitungsszene« werden, die zu 80 Prozent von der Springer-Presse dominiert wird. Ungeschminkt sollten darin Bürger- und Basisinitiativen zu Wort kommen. Doch um die Betriebskosten zu decken, sollten diese im Gegenzug die Verteilung des Blattes übernehmen und auch Anzeigen schalten. Keine schlechte Idee, denn die Notwendigkeit einer alternativen Massenzeitung für Hamburg wird in der Hansestadt schon seit Jahren diskutiert. Etwa im November 2004, als sich auf Einladung der Deutschen Journalisten-Union (dju) in ver.di 150 Journalisten im Schauspielhaus versammelten und eine »neue und unabhängige Tageszeitung« forderten. Anlaß hierfür war seinerzeit eine gemeinsame Kampagne der Springer-Gazetten, die sich über jene Obstbauern hermachten, die eine Veräußerung ihrer Grundstücke zur Landebahnerweiterung bei Airbus verweigert hatten. Wahlweise wurden die Bauern als »bekloppt« oder »raffgierig« dargestellt. Doch wie zuvor bei ähnlichen Anlässen blieb auch diese Debatte weitgehend ergebnislos. Für eine neue Zeitung fehlte es an Geld – vor allem aber an Risikobereitschaft.

Diese brachte Flechner mit, der zuvor bereits die Walddörfer Umweltzeitung (WUZ) gegründet hatte, die seit nunmehr zehn Jahren – ebenfalls als Anzeigenblatt – im einkommensstarken Hamburger Nordosten erscheint. Dort war Flechner auch für die Grünen im Ortsausschuß. Das prägte allerdings auch das neue Zeitungsprojekt, in dem zwar viel über Demokratiedefizite, Umweltprobleme und stadtplanerische Fehlentscheidungen zu lesen war, aber erheblich weniger über die ebenfalls drängenden sozialen Probleme der Stadt. Wenn doch, dann standen »Kürzungen bei der Polizei« oder bei den »verdammt wichtigen« grün-alternativen Prestigeprojekten fast schon auf gleicher Augenhöhe mit den Leistungskürzungen bei Erwerbslosen oder für Zehntausende Beschäftigte der Stadt.

Natürlich kann niemand aus seiner Haut und der Versuch Flechners, eine Massenalternative zur Springer-Presse aufzubauen, verdient Respekt. Doch war es abzusehen, daß ein solches Projekt – orientiert es sich wie die kleinen, auf einzelne Stadtteile zugeschnittenen Anzeigenblätter fast ausschließlich auf lokale Themen und rot-grüne Nischenmilieus, ohne dabei ein klares politisches Profil aufzuweisen – als Massenzeitung keine Chance haben würde. Lücken traten deshalb nicht nur im Anzeigengeschäft, sondern auch bei der Verteilung des Blattes auf. Ganze Zeitungsstapel blieben oftmals liegen.

Verwendung: http://www.jungewelt.de/2007/01-22/033.php