IMAG3099Hamburger Hafen lahmgelegt: Mehr als 2000 HHLA-Beschäftigte demonstrieren gegen geplanten Teilverkauf. Nächster Protest: »Dienst nach Vorschrift«.

Kraftvoll, kampfbereit und entschlossen haben gestern mehr als 2000 Beschäftigte der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) gegen den Plan des CDU-Senats demonstriert, 49,9 Prozent der Anteile des Unternehmens an Privatinvestoren zu verkaufen. Auf drei von vier der großen Containerterminals im Hamburger Hafen wurde mit Beginn der Frühschicht von sechs Uhr früh bis 15 Uhr nicht gearbeitet. Einfallsreich hatten die Hafenarbeiter ihrem Ausstand eine Belegschaftsversammlung vorgeschaltet, denn der politische Streik wird in Deutschland als verboten angesehen. Doch das Recht auf Information ist geschützt. Geschützt war deshalb auch der Marsch zum HHLA-Aufsichtsrat, von dem die Hafenarbeiter eine Menge erfahren wollten.

Hält der Senat der Hansestadt an seinen Verkaufsplänen für die HHLA fest, könnte es künftig zu weiteren derartigen Aktionen kommen. »Wir Hafenarbeiter sind sehr phantasievoll«, hatte HHLA-Konzernbetriebsratschef Arne Münster bereits am Vortag erklärt und dabei weitere Eskalationsstufen angedeutet. So komme ein »Dienst nach Vorschrift« in Betracht, der dazu führen würde, daß die Kräne demnächst häufiger stillstehen. Das würde die Kosten des Konflikts für Reeder und Hafenwirtschaft und damit auch für den Senat explosionsartig in die Höhe treiben.

Bei Privatisierungen gehe es lediglich darum, »die Profitgier privater Unternehmer zu befriedigen«, so Katharina Ries-Heidtke, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats im Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK), vor den versammelten Hafenarbeitern. Um »so eine Sauerei« zu verhindern, sei jedes Mittel recht. Eindrucksvoll schilderte Ries-Heidtke, wie die Kliniken bereits von »Edelheuschrecken« erobert wurden. Die Folge seien Sozialdumping und Entlassungen gewesen. Das traf den Nerv der Hafenarbeiter, deren Wut und Empörung bei der anschließenden Demonstration deutlich zu spüren war. Am Rathaus angekommen gingen etliche Beschäftigte auf die dort postierten Polizisten zu. Sie fragten die Beamten, für wen sie eigentlich Dienst täten und was sie machen würden, wenn sie selbst von Entlassungen und Sozialabbau bedroht seien.

Die Wut ist verständlich. Schließlich ist klar: Die Teilprivatisierung – die von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) noch am Tag zuvor in einer Bürgerschaftsdebatte mit dem Argument verteidigt worden war, nur so seien die Finanzierungsprobleme beim Bau neuer Kaianlagen zu lösen – ist der Einstieg in den Totalausverkauf des traditionsreichen Unternehmens. Stolz sagen die Hafenarbeiter deshalb, daß die HHLA solche Investitionen auch aus eigener Kraft schultern könne. Das meint auch ver.di-Landeschef Wolfgang Rose. Dieser warnte zudem davor, daß der Hamburger Hafen in die Hände des internationalen Finanzspekulanten Dubai Ports World geraten könnte, der sich keine Gedanken um Arbeitsplätze oder lokale Infrastruktur machen werde. »Wir sind stolz auf unsere gute Arbeit«, sagte Bernt Kamin, Betriebsratschef im Gesamthafenbetrieb GHB, der die HHLA-Beschäftigten der Solidarität aller anderen Mitarbeiter der Hafenbetriebe versicherte. Niemand habe das Recht, »unsere Arbeit so in Frage zu stellen und unsere Arbeitsbedingungen so zu verschlechtern«, kritisierte Kamin. Die Hafenarbeiter hätten »einen Arsch in der Hose« und wüßten sich wirksam zu wehren, warnte er.

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