Hamburg: Die Folgen der Privatisierung des Landesbetrieb Krankenhäuser für die Beschäftigten sind dramatischer als ohnehin befürchtet
Beim Hamburger Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) stehen Massenentlassungen bevor. Bis zu 600 betriebsbedingte Kündigungen seien bereits »eingetütet«, hieß es am Freitag auf einem Krisengipfel aller Betriebsräte des mit 12500 Beschäftigten nach wie vor größten Klinikverbundes in ganz Norddeutschland. Betroffen von dem Stellenabbau, der sich unmittelbar nach der Übertragung der LBK-Mehrheitsanteile an den Gesundheitskonzern Asklepios ab Januar vollziehen soll, sind vor allem die Mitarbeiter in den Servicebetrieben des LBK. Dazu gehören die Bereiche Einkauf und Logistik, Bau und Technik sowie Finanzen und Controlling. Gefährdet sind nun aber auch rund 300 Arbeitsplätze in den Küchenbetrieben, die Asklepios an einen Billiganbieter ausgliedern will. Entlassungen sind ferner für Teile des pflegerischen und ärztlichen Personals in Vorbereitung. Im Allgemeinen Krankenhaus (AK) Barmbek, sollen rund 90 Mitarbeiter ihren Hut nehmen. In Harburg könnten es bis zu 400 Kollegen sein, befürchten die Betriebsräte.
Doch die Angst vor Arbeitslosigkeit grassiert auch deshalb, weil inzwischen nun auch offiziell bestätigt wurde, daß das Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst, das für jene 6800 Beschäftigte gilt, die schon im Mai 1995 einen festen Arbeitsvertrag mit der Stadt hatten, das Papier nicht Wert ist, auf dem es vereinbart wurde. Dieses Rückkehrrecht wirkte 2005, als der CDU-Senat die Privatisierung trotz anderslautenden Volksentscheides in der Bürgerschaft durchsetzte, wie eine Beruhigungspille. Auf Info-Veranstaltungen hat das städtische Personalamt inzwischen aber alle Rückkehrwilligen vor einem solchen Schritt gewarnt, denn entsprechende Arbeitsplätze stünden im öffentlichen Dienst überhaupt nicht mehr zur Verfügung. Und für die Beschäftigten aus den Tochterfirmen des LBK wurde das Gesetz inzwischen klammheimlich dahingehend manipuliert, daß es für sie keine Anwendung mehr findet.
»Lug und Trug« wirft deshalb Katharina Ries-Heidtke, Gesamtbetriebsratsvorsitzende des LBK, Hamburgs Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) vor. Peiner hatte immer versichert, daß durch die Privatisierung keine Arbeitsplätze verloren gehen würden. Nun aber stelle sich heraus, daß die Asklepios-Manager »wie Heuschrecken« über die Krankenhäuser herfallen. Ries-Heidtke forderte eine Ausweitung bisheriger Beschäftigungsgarantien. Und die zuständige ver.di-Sekretärin Hilke Stein verlangt nun sogar, daß die Privatisierung wieder rückgängig gemacht wird. Das forderte auch Martin Wittmaack, Landesgeschäftsführer der Linkspartei.PDS, der von einer »rein ideologisch begründeten Privatisierungspolitik« sprach, die dem Asklepios-Management einen »marktradikalen Amoklauf« ermögliche.
Zynisch weisen die Asklepios-Manager darauf hin, daß auch die Gewerkschaft ver.di eine weitere Beschäftigungssicherung gar nicht mehr wollte. Von den Dienstherren vor die Wahl gestellt, entweder einen Beschäftigungspakt oder aber die Übernahme des Tarifvertrags öffentliche Dienste (TVöD) für die Hamburger Krankenhäuser zu erhalten, entschied sich die Gewerkschaft für den TVöD.
»Wir müssen selber kämpfen«, sagen deshalb nun immer mehr Beschäftigte. Vorbereitet werden derzeit Aktionen und Infoveranstaltungen auch während der Arbeitszeit, denn dies sei die einzige Sprache, die Konzernmanager verstünden. Am heutigen Montag, wenn der LBK-Aufsichtsrat das letzte Mal in seiner alten Zusammensetzung, also unter Beteiligung der Stadt, zusammentritt, besteht dazu eine erste Gelegenheit.
http://www.jungewelt.de/2006/12-11/034.php