Zwei Wochen lang boykottierten Insassen des niedersächsischen Abschiebelagers Bramsche das Kantinenessen, um gegen menschenunwürdige Verhältnisse zu protestieren

Wie am Dienstag abend bekannt wurde, ist der Flüchtlingsstreik im niedersächsischen Abschiebelager Bramsche-Hesepe nach zweiwöchiger Dauer am Wochenende beendet worden. Wie berichtet, hatten etliche der rund 300 Insassen mit einem Boykott ihres Kantinenessens und durch verschiedene Blockadeaktionen zuvor mehrfach auf die menschenunwürdigen Lebensbedingungen in dem rund 25 Kilometer vor Osnabrück gelegenen Lager aufmerksam gemacht. Sie forderte in die Gespräche zur Verbesserung der Lebensbedingungen einbezogen zu werden, die inzwischen im Zentralen Aufnahmelager der Ausländerbehörde ( ZAAB ) in Blankenburg bei Oldenburg geführt werden, nachdem dort die Flüchtlinge fast vier Wochen gestreikt hatten. Eine berechtigte Forderung, denn Bramsche ist eine Außenstelle des ZAAB, in der vor allem Flüchtlinge mit abgelehnten Asylanträgen kaserniert werden. In diesen sogenannten »Ausreisezentren« ist aber nicht nur das Essen und die medizinische Versorgung schlecht, sondern die dort Untergebrachten werden zudem durch allerlei Alltagsschikanen immer dazu angehalten, ihre »Ausreise« zu beschleunigen.

»Wir sind uns sicher, daß die Botschaft unseres Streiks verstanden wurde«, kommentierte am Mittwoch ein Sprecher der Flüchtlinge das vorläufige Ende des Protestes in Bramsche. Die politischen Aufklärungsaktionen sollen aber fortgesetzt werden. Schon am Freitag mit einer Demonstration quer durch Osnabrück, bei der die Bevölkerung auch mit Flugblättern und Reden über das Lagerleben informiert werden soll.

Ähnlich wie zuvor in Blankenburg waren auch die Streikaktionen in Bramsche von zahlreichen Repressionsmaßnahmen begleitet. So etwa, als Mitte letzter Woche ein Flüchtling ein Gespräch mit dem Lagerleiter Conrad Bramm verlangte und er daraufhin unter Einsatz von Pfefferspray gleich festgenommen wurde. Dazu kommen etliche Ermittlungsverfahren gegen einzelne Flüchtlinge, weil sie andere angeblich genötigt hätten, an den Protesten teilzunehmen. Die Wirkung solcher Maßnahmen konnte in Bramsche aber nur bedingt durch Unterstützung von außen wieder ausgeglichen werden, denn das Lager ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer zu erreichen und liegt weit außerhalb und abgelegen von Osnabrück und Bramsche. Behindert waren die Streikaktionen aber auch deshalb, weil es an geeigneten Kommunikationsräumen fehlte, weshalb Peer Hilkmann vom Unterstützernetzwerk »NoLager« gegenüber junge Welt nun auch ankündigte, demnächst in unmittelbarer Lagernähe ein Unterstützungscafé für die Flüchtlinge einzurichten.

Das Netzwerk fordert unterdessen, daß sich nun auch die Behörden in Bramsche am Rat der Stadt Oldenburg orientieren. Dieser hatte erst kürzlich in einer Resolution gefordert, die Lagersituation »ernsthaft und intensiv« zu prüfen, um dann gemeinsam mit den Flüchtlingen Lösungswege zu erarbeiten. Entsprechende Gespräche haben in Blankenburg bereits begonnen, während eine Antwort von Innenminister Uwe Schünemann (CDU) auf die ebenfalls erhobene Forderung, landesweit eine unabhängige Untersuchungskommission zur Lagersituation einzurichten, allerdings noch aussteht.

http://www.jungewelt.de/2006/12-07/032.php