Umweltschutzverbände: Ausbau dreier konkurrierender Tiefseehäfen in der BRD kostet die Steuerzahler Milliarden

Aus Anlaß der am gestrigen Dienstag zu Ende gegangenen »Fünften Nationalen Maritimen Konferenz« haben Umweltschutzverbände ihre Forderung nach einem Kurswechsel in der bislang nur auf Standortkonkurrenz basierenden Hafenpolitik von Bund und Ländern bekräftigt. 3,3 Milliarden Euro würde dies sonst dem Steuerzahler allein bis 2010 kosten, hatte Beatrice Claus vom World Wide Fund for Nature (WWF) schon vor der Konferenz gewarnt.

Rund 1000 Hafenmanager, Verwaltungsfachleute und Politiker des Bundes und der Länder Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Bremen hatten seit dem 3. Dezember im Hamburger Kongreßzentrum getagt. Eine koordinierte deutsche Hafenstrategie, die aus dem Bundesumweltministerium bereits im Sommer angemahnt worden war, stand jedoch nicht auf der Agenda der Konferenz, die »konkrete Handlungsempfehlungen zur weiteren Gestaltung der operativen Rahmenbedingungen für die Branche« erarbeiten sollte. Die Einschränkung des Wettbewerbs widerspreche »politischen Vorgaben«. Vielmehr solle er »belebt« werden, betonte die »maritime Koordinatorin der Bundesregierung« und parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium Dagmar Wöhrl (CSU) zu Beginn der Tagung. Darin sieht sie auch die größte Chance zur Stärkung der deutschen Wettbewerbsposition gegenüber den Niederlanden und Belgien.

Gleich drei deutsche Tiefwasserhäfen, die um dieselben großen Containerschiffe mit einer Ladekapazität von bis zu 11000 Standardcontainern (TEU) konkurrieren, sollen entstehen: Zunächst der neue Hafen bei Wilhelmshaven, auf den vor allem Niedersachsen setzt. Allein die dafür erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen werden rund 1,1 Milliarden Euro kosten. Dazu kommen Hamburg und Bremerhaven, wo Elbe und Außenweser mit Landes- und Bundesmitteln in Höhe von 400 Millionen Euro so ausgebaggert werden sollen, daß auch hier die neuen Containerriesen an die Kaimauern gelangen können. Diese müssen ebenfalls für mehrere hundert Millionen Euro ausgebaut und verlängert werden.

Nach Einschätzung von Bernd Quellmalz, Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND), ist dieses Vorgehen volkswirtschaftlich ein Nullsummenspiel. Er erinnerte am Dienstag auch daran, daß mit der weiteren Vertiefung von Elbe und Weser die Gefahr von Sturmfluten weiter wachsen wird. Die Sturmflutwasserstände würden sich dadurch so weit erhöhen, daß auch die Deiche im Unterelbebereich akut gefährdet seien. Weitere Kosten für die Deichsicherung seien eine schon jetzt absehbare Folge. Der BUND forderte deshalb eine »standortübergreifende Hafenplanung« und ein neues Logistikkonzept. Danach würde Wilhelmshaven Hauptanlaufpunkt für die Containerriesen werden. Gleichzeitig könne gewährleistet werden, daß in Hamburg oder Bremen keine Arbeitsplätze verloren gehen.

Doch volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen interessieren die Politik längst nicht mehr. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte jede erdenkliche Unterstützung der Interessen der maritimen Wirtschaft in Hamburg zur »nationalen Aufgabe«.

http://www.jungewelt.de/2006/12-06/029.php