Klinikverkauf: Hat sich ver.di Hamburg über den Tisch ziehen lassen?
Bei der Privatisierung der Hamburger Kliniken verzichtete die Gewerkschaft auf eine Jobsicherung, weil sie sich auf ein Rückkehrrecht für Beschäftigte verließ. Dies könnte nun für Hunderte verhängnisvoll werden.
Die Privatisierung des Hamburger Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) mit 12 500 Beschäftigten wird zum Januar 2007 abgeschlossen. Der Klinikkonzern Asklepios übernimmt weitere 25 Prozent und wird mit 74,9 Prozent Mehrheitseigentümer. In den heftigen Auseinandersetzungen um die Privatisierung hatte ver.di stes auf das sogenannte Rückkehrrecht verwiesen, das für zwei Drittel der Beschäftigten gilt. Das LBK-Gesetz besagt, dass Mitarbeiter, die zum 1. Mai 1995 einen unbefristeten Vertrag hatten, in den öffentlichen Dienst zurückkehren können, sobald eine LBK-Mehrheit verkauft ist. Doch nun stellt sich offenbar heraus, dass dieses Recht löchrig ist und die Stadt nicht daran denkt, hunderte, oder gar tausende Rückkehrer aufzunehmen.
Das Gesetz stammt von 1995, als der rot-grüne Senat den LBK in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführen wollte, was ohne Rückkehrrecht nicht durchsetzbar gewesen wäre. Im Artikel 17 des Gesetzes steht sogar, dass Rückkehrer bis dahin erreichte Entgeltgruppen nicht verlieren dürfen.
Dieses Rückkehrrecht ist vor allem in den Servicebetrieben des LBK, die Asklepios ab Juli 2007 ausgliedern will, die letzte Rettung. Denn die ver.di-Verhandler hatten beim Tarifabschluss im Oktober dieses Jahres keine Beschäftigungssicherung gefordert, weil sie sich darauf verlassen hatten. Im Gegenzug hatten die Arbeitgeber auf Mehrarbeit verzichtet.
Doch nun haben die Betroffenen eine Einladung zu Informationsveranstaltungen erhalten, auf denen die Stadt »über die aktuelle Arbeitsmarktsituation in der Hamburgischen Verwaltung informieren« will. Das Problem scheint zu sein, dass die Stadt anders als noch 1995 geeignete Stellen für die Pfleger sowie die Handwerker und Angestellten der Servicebetriebe gar nicht mehr hat. Damit wäre aber die Gefahr, dass nach einer Rückkehr betriebsbedingte Kündigungen greifen, groß. Auch der besondere Kündigungsschutz im öffentlichen Dienst der Hansestadt, der für Mitarbeiter mit mehr als 15 Dienstjahren gilt, wenn sie älter als 40 sind, hilft da wenig. Dies gilt nur, wenn die Stellen auch vorhanden sind.
Dass sich ver.di über den Tisch hat ziehen lassen, vermuten Aktive aus dem Marburger Bund ( MB ): Das Rückkehrrecht wäre zwar als politisches Instrument geeignet gewesen, Druck auf die Stadt zu entfalten. Aber den einzelnen Mitarbeitern gebe es keine echte Sicherheit. Ärzte sind aber bislang von Ausgliederungen kaum betroffen, deswegen will sich der MB nicht offiziell einmischen.
Ver.di-Sekretärin Hilke Stein glaubt indes, dass solche Kündigungen »juristisch nur schwer durchsetzbar« seien und wertet die Info-Veranstaltungen als »Panikmache«. Vor einer Kündigung sei die Stadt zu Qualifizierung verpflichtet, um Rückkehrern einen Job anbieten zu können. Dass es »im Einzelfall« zu Lohnminderungen kommen kann, wollte auch Stein nicht mehr auschließen.
Völlig verschwiegen zeigt sich derweil die Stadt. Sebastian Panknin, Sprecher der Finanzbehörde, lehnt Stellungnahmen »zum gegenwärtigen Zeitpunkt« ab. Zunächst müsse abgewartet werden, wie viele LBK-Mitarbeiter zurückkehren wollten.
http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=100099&IDC=42
[Dieser Artikel wurde aus einer längeren Originalfassung abgeleitet. Siehe dazu:
Hat sich ver.di über den Tisch ziehen lassen?]