Geschaßter Justizsenator wird von Springer-Presse in Hamburg als Rechtspopulist aufgebaut

Zieht bei den nächsten Bürgerschaftswahlen im Februar 2008 auch in Hamburg eine neue rechtspopulistische Partei in die Bürgerschaft ein? Unwahrscheinlich ist dies nicht, denn nach dem Rauswurf von Ronald Barnabas Schill aus dem Senat vor rund zwei Jahren hat nun die Springer-Presse eine neue rechtspopulistische Galionsfigur für die Hansestadt entdeckt. Es ist Roger Kusch, der ehemalige Justizsenator, der Anfang des Jahres aus dem Senat flog, weil er vertrauliche Akten weitergegeben hatte. Dessen neue Partei »Heimat Hamburg« erfreut sich jedenfalls auf ihren Veranstaltungen, wie etwa gestern abend im bürgerlichen Nienstedten, erheblichen Zuspruchs und gerammelt voller Säle. Gleich dutzendweise hatten das Hamburger Abendblatt, die Welt, aber auch die Bild-Zeitung – alles Blätter aus dem Springer-Verlag – zuvor Stellungnahmen der neuen Kusch-Partei abgedruckt.

Von einer Gefahr für das christliche Abendland durch die »Herausforderung Islam« sprach Kusch etwa gestern abend. Doch auch die angeblich »steigende Jugendkriminalität« und das wachsende »Drogenelend« sind Themen für den Ex-Senator, der Hamburgs Sicherheit von »Hunderten jungen Intensivtäter« bedroht sieht. Noch mehr Polizei, noch mehr Gefängnisse, noch mehr Abschiebungen, so lauten seine einfachen Antworten. Demgegenüber sei aber die Union unter Angela Merkel und Ole von Beust nun »an den linken Rand gerutscht«, wie sich etwa auch bei der Gesundheitsreform zeige, die für Kusch »Sozialismus pur« ist.

Doch bei all der Demagogie fehlt es dem noblem Kusch bislang noch an jener Ausstrahlungskraft, die Schill hatte, als er 2001 mit sozialer Demagogie und Ausländerfeindlichkeit auf Anhieb nicht nur konservative, sondern auch ehemalige sozialdemokratische Wähler gewinnen und ein Wahlergebnis von fast 20 Prozent einfahren konnte.

Ganz offenkundig arbeitet die Springer-Presse, die 80 Prozent des Zeitungsmarkts in Hamburg beherrscht, gezielt daran, Kusch aufzubauen. Bei Meinungsumfragen liegt die CDU nun schon seit Monaten deutlich unterhalb von 50 Prozent in der Hansestadt. Eine absolute Mehrheit konnte sie dort nur ein einziges Mal holen, als nämlich nach dem Rauswurf von Schill dessen Wähler direkt zur Union wechselten. Ob sich das aber im eher sozialdemokratisch geprägten Hamburg wiederholen läßt, halten selbst Unionsstrategen für unwahrscheinlich. Deshalb suchen sie schon jetzt nach denkbaren Koalitionspartnern. Als Mehrheitsbeschaffer dafür wird nun Kusch ins Spiel gebracht.

http://www.jungewelt.de/2006/10-24/029.php