Holger

Initiator der Hamburger Bettlermärsche starb mit 56 Jahren. Er gründete auch ein Café für Wohnungslose

Sein Leben lang kämpfte Holger Hanisch für Gerechtigkeit. Ohne ihn würde es die Obdachloseneinrichtung »CaFée mit Herz« mitten auf St. Pauli nicht geben. Dort war er Gründer, Motor, Koordinator, aber auch Spendensammler und Lobbyist in Personalunion. Wie das »CaFée mit Herz« jetzt mitteilte, starb Hanisch Anfang der Woche im Alter von 56 Jahren an Leukämie. Heute findet auf St. Pauli die Trauerfeier statt.

Dort auf dem Kiez kannte jeder diesen »Engel der Obdachlosen«, der Abend für Abend mit der Spendendose unter dem Arm durch die Bars und Kneipen tingelte, um Geld für den Fortbestand seiner Einrichtung zu sammeln. Nachdem ein Obdachloser 1998 erfroren war, hatte er diese auf dem Gelände des ehemaligen Hafenkrankenhauses gegründet. Seitdem werden dort täglich 100 Menschen mit Essen, Trinken und Kleidung versorgt.

Hanisch verband sein karitatives Handeln stets mit politischem Engagement. Scharf kritisierte er die zunehmende Ausgrenzung der Armen schon unter »Rot-Grün«. Als Bürgermeister Ole von Beust (CDU) den Rechtspopulisten Ronald Barnabas Schill in den Senat holte und dieser gegen Obdachlose hetzte, fand er in Hanisch einen entschiedenen Gegner. »Schill wollte eine sterile Stadt. Öffentliche Straßen sollten verpachtet werden, damit private Sicherheitsdienste die Bettler vertreiben können«, resümierte er später. Mit dem Megaphon in der Hand organisierte Hanisch die großen Bettlermärsche.

Wie bitter Armut ist, mußte Hanisch schon als Zweijähriger erfahren, als ihn seine Mutter in ein Heim abschob. Sein Stiefvater, der weggeworfenes Obst und Gemüse auf Wochenmärkten sammelte, holte ihn später zurück. Mit 17 wurde er Telegrammbote bei Philips, wo er 25 Jahre arbeitete und sich zum Auftragssachbearbeiter qualifizierte. Hier war er über viele Jahre Vertrauensmann und später Betriebsrat. Um noch mehr zu bewegen, schloß sich Hanisch in den 70er Jahren der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) an, wo ihn die Genossen als den besten Verkäufer der Parteizeitung Unsere Zeit schätzen lernten.

Die Trauerfeier findet am heutigen Freitag um 17 Uhr in der St. Pauli Kirche am Pinnasberg 80 statt. Anschließend gibt es einen Untrunk in der Gaststätte »Silbersack« (Silbersackstraße, St. Pauli). Statt Blumen wird um Spenden für die Obdachloseneinrichtung gebeten. CaFée mit Herz, Haspa-Konto 1206134304, BLZ 20050550.

http://www.jungewelt.de/2006/10-20/033.php